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seien. Dem hält Leuckart (1. c. p. 37) entgegen, dass die Bildung der Eindrücke ganz unabhängig sei von der physiologischen Action der Muskeln und bereits in einer früheren Zeit des embryonalen Lebens vor sich gehe. Ich muss nun gestehen, dass mir die Deutung Dufours doch nicht so ohne weiteres verwerflich erscheint, besonders da sie sich auch ganz gut mit der von Leuckart gegebenen, scheinbar dagegen sprechenden, vereinbaren lässt. Mir scheint, dass diese Eindrücke durch den mechanischen Effekt des Muskelzuges entstanden sind; dieser Zug wird aber nicht allein durch die Contraction der Muskeln hervorgerufen, sondern vor allen Dingen auch durch den Druck des prallgefüllten Magens auf diese Muskeln. Sie sind jederseits in siebenfacher Zahl vorhanden und laufen von den Grübchen der Bauchseite zu den entsprechenden der Rückenseite. Zwischen den Muskelpaaren der rechten und linken Körperhälfte hindurch zieht aber der sackartige, fast den ganzen Körper ausfüllende Magen. Naturgemäss werden die Muskelbänder mit zunehmender Turgescenz des Magens auf die Seite gedrängt und legen sich bogenförmig an die innere Körperwandung an. Der dadurch erzeugte Zug auf die Ansatzpunkte der Muskeln ist nun meiner Ansicht nach sehr wohl geeignet, die äusseren Eindrücke zu Stande zu bringen.

Eine besondere Auszeichnung besitzt der Vorderkörper der älteren Larven in Gestalt einer bogenförmigen Linie, welche, etwas mehr dorsal gelegen, horizontal um den vorderen Körperpol herumläuft, die sogenannte Bogennaht (Fig. 3). Der mittlere Teil dieser Linie liegt über dem Munde an der Basis des Vorsprunges, der die Mundöffnung trägt; zwei Schenkel erstrecken sich von hier aus rechts und links etwa ein Sechstel der Körperlänge nach rückwärts. Diese Linie stellt, wie schon der Name sagt, eine Naht dar, und repräsentiert die Stelle, an welcher später die Haut aufspringt, um nach vollendeter Verwandlung der Imago den Austritt aus der Puppenhaut zu ermöglichen. Die Muscidenlarven zeigen bekanntlich eine ganz ähnliche Bildung, die Brauer1) sogar als systematisches Merkmal benutzte, indem er auf Grund der Nahtbildung die Pupiparen mit den Muscariden, die er Diptera cyclorrhapha nennt, vereinigte, und denjenigen, die im Puppenstadium keine solche Bogennaht aufweisen, sondern die Puppenhaut in einer geraden Linie auf dem Rücken sprengen, den Diptera orthorrhapha, gegenüberstellte. Ich werde bei der Beschreibung der Cuticula und Hypodermis diese Naht und ihre Bildung noch ausführlicher zu besprechen haben.

Ausser der Bogennaht erwähnt Leuckart (1. c. p. 37) noch eine Ringnacht, welche von den Enden der Bogennaht aus quer um den Körper herumläuft. Seiner Ansicht nach markiert sie den hinteren Rand der Kappe, welche von dem ausschlüpfenden Tiere abgehoben wird. In der That konnte auch ich bei sehr alten Larven eine solche Ringnaht wahrnehmen; jedoch bin ich der

1) Monographie d. Oestriden etc.

Meinung, dass dieselbe nichts anderes ist, als die Andeutung einer Grenze zwischen zwei Segmenten, möglicherweise zwischen Thorax und Abdomen. Die Untersuchung an Schnitten beweist aufs deutlichste, dass diese Ringnaht histologisch ganz verschieden von der Bogennaht ist. Während erstere nur eine seichte Chitinfurche darstellt, erweist sich die Bogennaht als eine ziemlich complizierte Bildung, die aus einer specifisch differenzierten Masse besteht, die von einem darunter liegenden Strange ebenfalls besonders differenzierter Hypodermiszellen sezerniert wird.

Unmittelbar nach der Geburt hat die Haut der Melophaguslarve, an welcher alle die eben beschriebenen Eigentümlichkeiten erkennbar sind, noch eine weissliche Farbe; nur die Stigmenplatte und der Afterring treten deutlich dunkelbraun hervor. Vielfach kann man jedoch bemerken, dass schon vor der Geburt auch an dem Körper eine leichte Bräunung anhebt. Dieser Process beginnt an der Rücken- und Bauchfläche, welche gewöhnlich schon in der mütterlichen Scheide eine hellbraune Farbe annehmen. Nach der Geburt färben sich auch die übrigen Teile der Körperoberfläche, und nach kurzer Zeit hat die Larve ein gleichmässiges, tiefes Kastanienbraun angenommen. Diese Farbenveränderung hängt zusammen mit einer bedeutenden Verdickung und Verhärtung der Cuticula, welche sehr schnell von statten geht und dem Processe der Verpuppung entspricht. Die Larvenhaut selbst wird zur Puppenhaut, und da von dem Momente der Geburt an auch die Nahrungsaufnahme von Seiten der Larve aufhört, fallen Pharynx und Mund in sich zusammen und die Mundzapfen gehen verloren. Der vordere, papillenartige Vorsprung, auf welchem der Mund gelegen ist, verschwindet ebenfalls, und der ganze Vorderkörper bekommt die abgestutzte Form des Hinterkörpers: es entsteht die für die Musciden so charakteristische Tönnchenpuppe. Zur Sicherung der Puppe ist die neugeborene Larve mit einem schmierigen, dunklen Secret bedeckt, mit Hilfe dessen sie an die Wolle des Wirtes geklebt und während der ganzen Puppendauer in ihrer Lage festgehalten wird.

Die junge Imago schlüpft erst drei Wochen nach der Geburt der Larve aus der Tonnenhaut hervor.

Die Anatomie der Larve.

1. Cuticula.

Die alte Melophaguslarve ist von einer dicken (0,025 mm) Cuticula umhüllt, welche sich sowohl in den Pharynx und den Anfangsteil des Oesophagus, als auch in den Enddarm einstülpt und die Auskleidung dieser Organe liefert. Bei ihrem Eintritte in dieselben wird sie sehr dünn; das Gleiche tritt auch in den Stigmengruben des Hinterkörpers ein, wo sie nur eine Dicke von 0,003 mm aufweist. In der Afteröffnung ist sie ausserdem eigentümlich ge

zackt, und auch in der Mundhöhle sieht man sie mehrfach leistenartig nach innen vorspringen. Der vordere, den Mund einschliessende, papillenförmige Vorsprung hat dagegen eine etwas dickere Bekleidung als der übrige Körper. Die Cuticula setzt sich allenthalben aus einer grossen Anzahl feiner Lamellen zusammen; Porenkanäle sind in ihr nicht vorhanden.

Die Melophaguslarve häutet sich zweimal; das eine Mal gleich nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei, das andere Mal bei einer Grösse von ca. 2,7 mm. Leuckart, der diese Häutungen constatierte (1. c. p. 42), spricht noch von einer dritten Häutung, die möglicherweise zwischen den beiden genannten stattfinde. Ich habe mich bemüht, Spuren einer solchen dritten Häutung aufzufinden, konnte aber nichts darauf hinweisendes entdecken und nehme daher an, dass sich die Anzahl der Häutungen auf zwei beschränkt. Diese Zahl erscheint im ersten Augenblicke allerdings sehr niedrig im Vergleich zu der anderer Insecten. Da jedoch die Grössenunterschiede der eben ausgeschlüpften und der reifen Larve hier bedeutend geringer sind, als bei jenen, verliert die niedrige Zahl der Häutungen ihr Auffälliges; kennen wir doch auch bei den Musciden, deren Larven im erwachsenen Zustande sehr viel grösser sind, als in ihrer Jugend, nur vier Häutungen. Die bei der Häutung abgeworfenen Chitinhäute werden nicht aus der mütterlichen Scheide entfernt, sondern bleiben, die Larve ganz oder teilweise umhüllend, in derselben liegen.

Die erste Larvenhaut, welche den Körper beim Ausschlüpfen aus dem Ei bekleidet, ist äusserst fein; die zweite, nach der ersten Häutung auftretende, ist viel dicker, aber im Vergleich zu der definitiven Cuticula, die nach der zweiten Häutung auftritt, doch immer noch sehr dünn. Alle anderen Chitinbildungen, die, wie z. B. die Tracheenintima u. a., im Inneren der Larve liegen, werden bei den obengenannten Häutungen ebenfalls abgestreift, bleiben aber an Ort und Stelle, wo sie entstanden sind, liegen. Nach der zweiten Häutung beginnt, wie gesagt, das Wachstum der definitiven Cuticula, die später zur Puppenhaut wird. Sie ist anfangs sehr dünn, nimmt aber immer mehr an Dicke zu, bis sie bei der ganz erwachsenen, unmittelbar vor der Geburt stehenden Larve eine Dicke von 0,025 mm erreicht. Dieser Verdickungs-Process scheint kurz vor der Geburt auf einige Tage unterbrochen oder wenigstens sehr verlangsamt zu sein, beginnt jedoch nach der Geburt wieder in so energischer Weise, dass die Cuticula in wenigen Stunden fast das Doppelte ihrer vorherigen Stärke erlangt (0,045 mm). Die Grenze zwischen der schon vor der Geburt vorhandenen und der nach derselben neugebildeten Cuticularsubstanz ist längere Zeit sehr scharf. Die erste fängt gleich nach der Geburt oder schon früher an, sich zu bräunen und härter zu werden und ist bald durch und durch tiefbraun gefärbt. Die darunter liegende, neugebildete Cuticulaschicht bleibt noch eine Zeit lang farblos, nimmt aber allmählich auch die dunkle Färbung an, so dass schliesslich kein

Unterschied mehr zwischen beiden Schichten erkennbar ist. Beide bilden jetzt eine einzige Haut von ausserordentlicher Härte und Festigkeit, die als sogenannte Tonne die Puppe umschlossen hält.

Bei einer jungen Larve bemerkt man an beiden Seiten des Körpers über der lateralen Mittellinie in der Cuticula eine Reihe von acht mikroscopisch kleinen Einbuchtungen: die rudimentären, segmentalen Stigmen. Auf dem Grunde einer jeden Einbuchtung findet sich ein feines Stigmenloch, das durch einen soliden, sogenannten Stigmenstrang mit dem Tracheensystem in Verbindung steht1). Die zwei vorderen Einbuchtungen befinden sich gerade hinter den meso- und metathoracalen, dorsalen Imaginalscheiben (Fig. 15, RS u. RS2), und da diese Scheiben den beiden hinteren Thoracalsegmenten entsprechen, so sind wir berechtigt, diese Stigmen als Meso- und Metathoracalstigmen in Anspruch zu nehmen. Die sechs folgenden Stigmenpaare (Fig. 14) werden wir dann als abdominale betrachten können. Während des Wachstums und der Verdickung der Cuticula nach der zweiten Häutung schwinden die sechs Paar abdominaler Stigmeneinbuchtungen im Verein mit ihren Stigmenlöchern allmählich vollkommen, so dass schliesslich bei der ausgewachsenen Larve keine sichtbare Spur von ihnen mehr vorhanden ist. Die zwei Paar Thoracaleinbuchtungen verlieren sich ebenfalls, aber es bleiben die mikroscopisch kleinen Stigmenlöcher erhalten, welche die Cuticula durchbohren und immer deutlich zu sehen sind (Fig. 15, RS).

Die Frage, warum gerade diese swei Stigmata erhalten bleiben, ist noch eine offene. Sicher ist, dass wir dieselben nicht als functionierende Stigmen betrachten dürfen. Dagegen spricht nicht nur die ausserordentliche Feinheit der Canäle, welche von ihnen aus durch die Cuticula und die Hypodermis hindurchziehen, sondern vor allem auch der Mangel an atembarer Luft im mütterlichen Uterus. Die zu den Stigmen führenden Tracheenzweige stellen überdies keine hohlen, sondern solide Zellenstränge dar. Hingegen stehen die vorderen zwei Stigmen in einer gewissen morphologischen Beziehung zu der Bogennaht; sie befinden sich nämlich nur vier oder fünf Hypodermiszellen von der Naht entfernt, und haben deshalb vielleicht auf die Bildung der Naht irgend einen Einfluss. (Vergl. Fig. 3.)

Die Funktion und Bedeutung dieser Bogennaht, deren allgemeine Lage wir schon erwähnt haben (S. 157), beschränkt sich bekanntlich auf die Periode des Puppenlebens. Ihr Vorhandensein befähigt das im Innern der Tonne entwickelte Tier, die Tonnenhaut zu sprengen und durch die selbstgeschaffene Oeffnung aus seiner Hülle auszuschlüpfen. Die Art und Weise, wie dies geschieht, ist schon oft beschrieben worden. So giebt Weismann (Litt. -Verz. Weismann II p. 225) eine eingehende Beschreibung dieses Vorganges bei den Musciden; L. Dufour und Leuckart (1. c. p. 39) beschreiben das 1) Vergleiche Fig. 14.

Ausschlüpfen von Melophagus. Der Hergang ist dabei kurz folgender: Durch Contraction des Abdomens wird eine grosse Menge Flüssigkeit nach dem Kopfe getrieben. Dieser wird davon prall gefüllt und übt einen Druck auf das vordere Ende der Puppenhaut, die sogenannte Kappe, aus. Diese Kappe kann schliesslich dem Drucke nicht mehr widerstehen und wird an der Bogennaht, dem punctus minoris resistentiae, von der übrigen Puppenhaut abgesprengt. Die beiden Hälften der Kappe fallen ab oder werden nur herumgeschlagen, und dem jungen Tiere ist dadurch der Austritt aus seinem Gefängnisse ermöglicht. Es erhellt daraus, dass die Bogennaht für unser Insect ein sehr wichtiges Organ ist. Es ist ausserdem bemerkenswert, dass vor der zweiten Häutung von ihr keine Spur zu sehen ist; sie stellt demnach eine charakteristische Eigentümlichkeit lediglich der letzten Larvenhaut dar.

Die Bogennaht ergiebt sich bei genauerer Untersuchung als eine feine Spalte, die von einer chitinösen, vermutlich weichen Masse ausgefüllt ist (Fig. 4). Die letztere stellt sich dar als das Abscheidungs - Product besonderer, abweichend gebauter Hypodermiszellen, die überall unterhalb der Bogennaht einen deutlich unterscheidbaren Zellenstrang bilden. Die Zellen dieses Stranges beteiligen sich natürlich gleichfalls an der Absonderung der Cuticula; wie sie aber von den gewöhnlichen Hypodermizellen verschieden gebaut sind, so ist auch ihr Secret anders geartet, als das der letzteren; es ist, wie erwähnt, augenscheinlich weich und dürfte hauptsächlich dazu dienen, eine Unterbrechung, einen punctus minoris resistentiae, in der sonst überall harten Körperhaut zu schaffen.

In der ersten Zeit nach der zweiten Häutung macht sich die Bogennaht am vorderen Körperende als eine äusserst feine, mit der weichen Substanz gefüllte Furche in der dünnen Cuticula bemerkbar. Die seitlichen Schenkel bilden sich erst später, und das Ganze verbreitert und vertieft sich noch weiter mit dem Wachstum der Larve. Der vordere, zuerst entstandene Teil des Bogenspaltes besitzt schliesslich die relativ ansehnliche Breite von 0,06 mm. Er zeigt einen herzförmigen Querschnitt, dessen Spitze der Aussenwelt, dessen breitere Seite aber der Hypodermis zugekehrt ist (Fig. 4). Der hintere Teil, die Bogenschenkel, verbreitern sich ebenfalls, doch nicht in demselben Masse wie der vordere; auch bleibt die Gestalt derselben einfacher.

Die diesen Spalt ausfüllende, weiche Masse steht bei alten Larven kaum noch in irgend welchem Zusammenhange mit der umgebenden Cuticula. Sie ist vielmehr eine Bildung für sich und liegt in dem Spalt wie ein Degen in der Scheide, und wie dieser in seiner Form der der Scheide entspricht, so giebt auch die Ausfüllungsmasse die Form des Spaltes wieder; nur am Vorderende des Larvenkörpers ragt sie etwas aus demselben hervor. Dass Cuticula und Ausfüllungsmasse der Bogennaht Gebilde verschiedener Natur sind, lehrt die Untersuchung gefärbter und geschnittener

Arch. f. Naturgesch. Jahrg. 1893. Bd.I. H.2.

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