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glaube Grund zu haben, dieses zu läugnen, weil es Gott indifferent ist, ob mehr oder weniger endliche Realitäten existiren, oder auch gar keine eristiren." Hierauf antwortet unser Verfasser: Wer hat jemals gesagt, daß die beste Welt darum die beste sei, weil sie der Zahl nach mehr Realitäten in sich fasse, als alle mögliche andere Welten? Es kömmt wirklich nicht darauf an, sondern darauf, ob sie nicht die beste sei, weil sich nichts andres in dieselbe hinein geschickt hat, als was sie wirklich enthält, um die Gott würdigen Absichten zu erlangen, welche sich alle zuleßt in seiner höchst möglichen Verherrlichung auflösen.“

Wir glauben, daß weder Reinhard, noch sein Widerleger Leibnizens Meinung recht eingesehen haben. Leibnik, Wolf, Baumgarten und alle übrigen Lehrer des sogenannten Optimismi behaupten wirklich, daß diejenige Welt die beste sei, in welcher die meiste Realität anzutreffen ist; allein man muß auch wissen, was sie unter Realität verstehen, sonst schließt ein Jeder aus einer andern Definition, und der Streit kömmt niemals zu Ende. Es ist nicht unsres Berufs, uns in metaphysische Streitigkeiten zu verwickeln; wir wollen uns also begnügen anzuführen, daß Leibniz alles, was einem Dinge außer uns, unabhängig von dem Stande unsres Körpers in der Welt, zukommt, Realität nennt. Ihr wird die Erscheinung entgegengeseßt, insoweit diese einem Dinge nicht wirklich zukömmt, sondern nur, so lange unser Körper diese und keine andere Beschaffenheit hat. Beispiele von der ersten Art sind alle Kräfte unsrer Seele und eines jeden einfachen Dinges; von der lehten die Farbe, die Bewegung und alle übrigen Eigenschaften des Zusammengeseßten nach Leibnißens Meinung. Zu dieser Realität kömmt bei zufälligen Dingen die Einschränkung hinzu; und Leibniz nennt die Realität, wenn man von ihrer Einschränkung abstrahirt, Vollkommenheit. Man erwäge diese Definitionen und nehme sich nachher die Mühe, die oben angeführte Stelle noch einmal zu lesen; wird man nicht abermals ein Erempel von Lessing's Blinden haben, die sich mit Steinen werfen wollen, und von denen der Eine hier, der Andere dort hinaus wirft, ohne sich zu treffen?

Außer dieser Stelle beruft sich unser Schriftsteller, wenn Hr. Reinhard die Grundsäge der Leibnißischen Philosophie läugnet, auf den bon-sens, auf die augenscheinliche Ungereimtheit der entgegengesetten Meinung, ohne ihm Gründe entgegenzusehen. (Diese Herren demonstriren, daß ihr Geschmack der

beste sei; und daß diese Welt die beste sei, berufen sie sich au den bon-sens.)

Von dem Schreiben an den Verfasser der Ankündigung einer Dunciade sagen wir nichts, weil uns die Ankündigung selbst zwar nicht schlecht, aber doch nicht wichtig genug geschienen hat, so spåt nachgeholt zu werden.

Verwandtschaft des Schönen und Guten.

Rousseau hat alles Böse zusammengetragen, dessen man jemals die schönen Künste und Wissenschaften beschuldigt hat, und daraus geschlossen, daß sie die Sitten verderben.

Montesquieu würde ihm antworten: dieses ist der Weg nicht, den Werth einer so wichtigen Sache zu untersuchen. Ich will alle die Gråuel sammeln, zu welchen die Liebe zur Freiheit Gelegenheit gegeben, alle die Verderbnisse, die aus der unschuldigen Empfindung des Mitleidens entsprungen; und ihr werdet euch entseßen.

Aus der Erfahrung läßt sich in dergleichen Fällen schließen, was man nur will. Die Veränderungen in den Sitten eines Volks hangen niemals von einer einzigen bestimmten Ursache ab, sondern sind allezeit allmålige Wirkungen vieler zusammentreffender Ursachen, wovon die wenigsten der Nachkommenschaft aufbehalten werden. Die üppigkeit ist eine Folge der schönen Künste. Wie man will; öfters sind beide unvermeidliche Folgen des Wohlstandes einer Nation, öfter noch hat die Üppigkeit die schönen Künste verdorben. Aber wenn der Charakter aus wesent lichern Ursachen zur Verderbniß eilt, so verwandelt das Gute selbst, das sie hat, seine Natur, und wird zu einem Gifte. Nichts ist einem Volke, das auf dem Abschuß zu seinem Verderben steht, schädlicher, als Freiheit und heroische Jugend.

Bevor wir die Geschichte befragen, was für Wirkungen die schönen Künste und Wissenschaften in die Sitten gehabt haben, laßt uns erst untersuchen, was für Wirkungen sie haben fónnen Einen Versuch von dieser Art will ich hier wagen. Ich werde aber nicht mehr als die allgemeinen Verwandtschaften und Verbindungen anzeigen, in welchen das Schöne mit dem

Guten, und vermöge derselben die schönen Wissenschaften mit den Sitten stehen.

Sokrates wollte untersuchen, was allgemeine Gerech tigkeit sei. Da sich dieß bei einem einzelnen Menschen nicht so leicht entdecken ließ, so betrachtete er die allgemeine Gerechtigkeit in Absicht auf einen ganzen Staat, um sie hernach durch die Reduction auch bei einem einzelnen Menschen vorzunehmen. Er fand, daß die allgemeine Gerechtigkeit eines Staats eine Verfas= sung sei, in welcher alle Mitglieder zur Vollkommenheit der Gesellschaft übereinstimmen. Auf eine ähnliche Weise, schloß er, besteht die allgemeine Gerechtigkeit oder Rechtschaffenheit eines einzelnen Menschen in einer Verfaffuug, in welcher alle seine Kräfte und Fähigkeiten zur Vollkommenheit des Ganzen übereinstimmen. Er betrachtet nämlich die verschiedenen Fähigkeiten des Menschen wie die Bürger einer Republik. Der Staat muß sorgen, daß jeder Bürger Mittel finde, so glückselig zu seyn, als mit der Glückseligkeit des Ganzen bestehen kann. Der Mensch muß jede seiner Fähigkeiten so ausbilden, als zur Vollkommenheit des ganzen Menschen gehört. Die Glückseligkeit eines Staats besteht in einem zusammengefeßten Verhältnisse der Glückseligkeit der einzelnen Bürger und ihrer übereinstimmung zum Ganzen. Die Vollkommenheit des Menschen besteht aus der Vollkommens heit seiner einzelnen Kräfte und Fähigkeiten, und aus ihrer Übereinstimmung zum Ganzen. Alle Pflichten gegen uns selber reducirt er auf das Geseß: sei gerecht gegen dich selbst!

In dieser Betrachtung muß jeder venünftige Mensch an sich selbst die Frage thun, die Rousseau in Absicht auf ganze Nationen beantwortet haben will. Wenn die Erkenntniß des Schönen mich von der Liebe zum Guten abführen kann, so kann ich meinen Geschmack vielleicht auf Unkosten meiner Sitten ausbilden, und ich bin ungerecht gegen mich selber.

Doch was ist Geschmack? was sind Sitten? Es giebt auch einen Geschmack in den Sitten, denn auch die Sitten haben ihr Schönes und Häßliches. Wie, wenn ich durch den Geschmack das Gute vom Bösen unterscheiden lernte? Würde dies ser Geschmack anders wählen, als die Vernunft? und in welcher Verwandtschaft steht dieser moralische Geschmack mit dem Willen?

Mit unsrer Vernunft unterscheiden wir das Wahre vom Falschen, das Gute vom Bösen, das Schöne vom Häßlichen. Wir besigen aber auch bon-sens, Empfindung und Geschmack,

vermittelst welcher wir ohne deutliche Schlüsse das Wahre, Gute und Schöne gleichsam fühlen. Die Schönheit in den äußern, sinnlichen Empfindungen hångt von den Schranken unserer Fåhigkeit ab. Håtten wir andere Sinne, sagt Montesquieu mit Recht, etc. (Dissertation sur le goût.) Nicht so die sittliche Empfindung. Unsere Seelenkräfte mögen beschaffen seyn, wie sie wollen, so sind allezeit Großmuth, Liebe, Dankbarkeit nothwendig Gegenstände des Wohlgefallens.

Es ist also die Schönheit in den äußerlichen sinnlichen Empfindungen allzu wandelbar, als daß man sie als unum= stößliche Gründe sollte herleiten können. Der Geschmack muß hier die Vernunft zurechtweisen, dahingegen die Vernunft allezeit den bon-sens und die fittliche Empfindung leiten muß.

In Ansehung des bon-sens ist man völlig überzeugt, daß sich die Urtheile desselben in richtige Vernunftschlüsse auflösen laffen; bon-sens ist eine geübte Vernunft. Vernunft und bonsens wirken nach ähnlichen Regeln; jene langsamer, so daß wir die Verbindung der Mittel- Begriffe wahrnehmen; dieser so schnell, daß wir von der ganzen Folge der Begriffe nichts behalten, als Anfang und Ende.

Unsere Urtheile vom Guten und Schönen hingegen sollen sich, wie Einige wollen, auf keine Vernunftschlüsse reduciren laffen. Hutcheson sagt, Gott habe uns einen von dem Verstande und von allen übrigen Fähigkeiten ganz unterschiedenen Sinn gegeben, mit welchem wir das Schöne und Gute erkens nen und lieben. So wie wir die Qualitates sensibiles nicht durch den Verstand wahrnehmen, sondern empfinden, eben so unterscheiden wir das Angenehme vom Widrigen, das Schöne vom Häßlichen, das Gute vom Bösen durch einen unmittelbaren Sinn, dessen Aussprüche sich in keine einfachere Begriffe aufldsen lassen. Diese Theorie hat ihren guten Grund, bedarf aber Erläuterung.

Mit jedem sinnlichen Gefühl strömt ein Meer von Begriffen in unsere Seele. Die Seele denkt, wenn sie einige von diesen Begriffen deutlich wahrnimmt; und sie empfindet, sobald fie fich dem Eindruck überläßt und sie alle faßt. Die Elemente find eben dieselben, wir mögen sie mit der Vernunft oder mit den Sinnen begreifen; und eine sinnliche Empfindung ist nichts andres, als die Wahrnehmung unendlich vieler Wirkungen und Gegenwirkungen, die an und für sich von den deutlichen Begriffen

des Verstandes nicht unterschieden sind. Indem sie sich aber der Seele auf einmal darstellen, bringen sie eine Wirkung herdie von der Wirkung einzelner Begriffe des Verstandes ganz unterschieden ist, und daher Phänomena genannt wird. Die Begriffe des Verstandes verhalten sich zur sinnlichen Empfindung wie etwa der Ton einer Saite zum Braufen des Meeres, oder wie die Stimme eines vernehmlich redenden Menschen zum Geräusch und hohlen Murmeln eines versammelten Volks.— Denn aus der Vermischung vieler Begriffe entsteht eine zusam mengesette Erscheinung, die von den Elementen, aus welchen fie besteht, völlig unterschieden ist, so wie etwa zwei Körper, die zusammentreten, einen dritten erzeugen, der ganz andere sinnliche Eigenschaften zeigt, als diejenigen, aus welchen er besteht.

Die Menge der Begriffe, die eine sinnliche Empfindung ausmachen, ist die Ursache ihrer Lebhaftigkeit. Die Freiheit vermag unmittelbar nichts über die Sinne.

Facultas determinandi voluntatem pro lubitu dicitur libertas. Lubitus est cognitio, qua substantia pollet, ex qua secundum leges appetitionis aversationisque cognosci potest, cur sic, non aliter se determinet circa actionem liberam ratione executionis. Daher kann die Quantität der Triebfedern und Beweggründe öfters zu gering seyn, die Lebhaftigkeit eines gegenwärtigen sinnlichen Eindrucks zu überwältigen oder die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Wenn wir die Gegenstände nicht wahrnehmen wollen, fo müssen wir sie auf die finnlichen Werkzeuge nicht wirken lassen, oder durch außerordentliche Übung ein Phantasma lebhafter zu machen gelernt haben; in welchem Falle wir freilich nichts empfinden. Zum Beispiele können die Enthusiasten dienen.

Diese Lebhaftigkeit vermehrt auch ihre Wirkung in das Begehrungsvermögen, aber nur, so lange sie gegenwärtig bleiben. Sobald sie aber abwesend sind, verliert sich der Eindruck vermöge seiner Dunkelheit. Man bereut öfter den Genuß, als die Versäumung einer finnlichen Wollust.

Eine ähnliche Beschaffenheit hat es mit Geschmack und fittlicher Empfindung. Ihre Urtheile lassen sich in vernünftige und deutliche Gründe auflösen; aber so wie sie sich in der Seele darstellen, sind sie von den Wirkungen deutlicher Vernunftgründe völlig unterschieden. Es sind Phänomena, die sich zu den

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