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2. Vorschläge zu einer Aufgabe in der Beredsamkeit*).

Im J. 1758.

(Uus der Neuen Berl. Monatsschrift. Bd. 23. Jan. 1810. S. 44-46.)

1.

Ist eine der drei einfachen Regierungsformen, vermöge ihrer innern Einrichtung, der Aufnahme und dem Fortgange der schönen Künste und Wissenschaften zuträglicher, als die andere? und welche ist es ?

2.

Da die Empfindung des Schönen überhaupt mit der Empfindung des Schönen in den Sitten so genau verwandt ist; woher kommt es, daß beide nicht allezeit in einem Subject bei einander sind?

Man findet nåmlich sehr Viele, die in den Werken der schönen Künste den feinsten und richtigsten Geschmack haben, und dennoch in ihren Sitten das Häßliche und Unanständige nicht merken, das ein Anderer, dessen Geschmack sonst vielleicht sehr ungebildet ist, mit der größten Sorgfalt zu vermeiden sucht. Nun läßt sich zwar einigermaßen begreifen, wie die Neigung zur Wollust und zur Weichlichkeit sich mit dem allerfeinsten Geschmacke in den schönen Wissenschaften verträgt. Wie aber dieses in Ansehung des Geizes, der Mißgunst und anderer unmenschlichen Leidenschaften angeht, scheint ein Räthsel zu seyn.

*) Ich hatte_1757, als ich anfing die Bibl. der schönen Wissenschaften herauszugeben, einen Preis auf das beste einzusendende Trauerspiel ausgeseht. Ich war nun Willens, einen ähnlichen Preis für einen in Prosa auszuführenden Gegenstand zu bestimmen. Dazu entwarf M. M. diese Vorschläge. Die Sache unterblieb, weil ich und Moses die Bibl. d. sch. W. nicht fortsetten.

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Anmerk. von Fr. Nicolai. 2

3.

Woher es kommt, daß die schönen Wissenschaften, wie bereits vielfältig bemerkt worden, in ihrem Fortgange nur einen gewissen Grad der Vollkommenheit erreichen, alsdann plöglich aus der Art schlagen, und mit noch geschwinderen Schritten sich dem Verfall zu nahen scheinen, als sie vorhin zur Vollkommenheit gelangt sind?

Man glaubt nåmlich insgemein, die Begierde zur Neuerung und, es seinen Vorgängern zuvorzuthun, sei die Ursache der bemerkten Revolutionen. Könnte es aber nicht auch seyn, daß die schönen Wissenschaften an ihrer innern Intensitåt verlieren, wenn der Geschmack an denselben allzu sehr ausgebreitet wird?

4.

Giebt es ein allgemeines Kriterium der Schönheit? und worin besteht es?

3. Beantwortung einiger Fragen in der Schauspielkunst. Um das J. 1774.

(Aus der Neuen Berl. Monatsschrift. Bd. 24. Jul. 1810. S. 11—17.)

Erste Frage. Kann man durch Regeln, ohne innere Empfindung, ein guter Schauspieler werden? Und hatte jene Actrice Recht, die ihre Schülerinn für ungeschickt hielt eine verliebte Rolle zu spielen, weil sie ihr gestand, daß sie in ihrem Leben nicht verliebt gewesen sei?

Antwort. Daß man es in gewissen Stücken durch die Übung bis zu großer Fertigkeit bringen könne, ist unstreitig. Wir sehen das täglich an unsrer Fertigkeit im Lesen und Schreiben, und an den überaus leichten und hurtigen Kriegsübungen der Preußen. Wie viel Regeln, die wir Anfangs langsam und mit Mühe erlernt haben, müssen hier fast auf einmal executirt

werden! Die Empfindung thut nichts dabei; und dennoch merkt man hier nichts von jener Unbiegsamkeit, die man mit Recht manchem åltern Künstler vorwirft, weil er bloß aus Kenntniß der Regeln und ohne Empfindung malte.

Die Ursache ist leicht zu finden. Eine jede Bewegung unfrer Gliedmaßen, die wir in ihre Theile auflösen können, kann auch vermittelst gewiffer Regeln hervorgebracht, und uns durch die Wiederholung der Regeln gleichsam natürlich werden. Allein es giebt Bewegungen in den Muskeln unsers Körpers, von denen wir bloß klare Begriffe haben. Diese können nicht vermittelst der Regeln hervorgebracht werden. Man versuche es einmal, die Bewegungen alle zu machen, die dazu nöthig sind, folgende drei Worte auszusprechen, ohne sich die Töne dabei stillschweigend zu denken: Arma virumque cano. Sobald man aber die Tone sich denkt, so erfolgen alle dazu nöthige Bewegungen gleichsam ohne Mühe.

Gleicherweise verhält es sich mit den Ausdrücken der Affecte. Die Bewegungen der äußeren Gliedmaßen, mit welchen sie begleitet zu werden pflegen, können durch die Übung vollkommen fertig nachgeahmt werden. Aber die Bewegung der Gesichtsmuskeln, die Inflexionen der Stimme, die sich in's Kleine verlieren, können unmöglich anders hervorgebracht werden, außer wenn diejenigen Begriffe in unserer Seele erregt werden, die mit denselben correspondiren. Da nun die Kennzeichen der Affecte durch keine symbolische Erkenntniß einer Gemüthsbewegung, sondern durch die wirkliche Anschauung, durch die Begeisterung derselben hervorgebracht werden, so wird es für einen Schauspieler nicht genug seyn, wenn er es weiß: ich soll einen zornigen Affect ausdrücken; sondern er muß diesen Affect intuitiv fühlen.

3weite Frage. Was thut die Illusion zur Begeisterung eines Schauspielers?

Wir haben gesehen, daß die Affecte, die der Schauspieler ausdrücken soll, wirklich in ihm entstehen müssen. Nun kann dieses anders nicht geschehen, als vermittelst einer Illusion, indem er sich stillschweigend beredet, er sei die Person, die er vorstellt. Diese Illusion braucht aber kein deutlicher und lauter Vorsag des Schauspielers zu seyn; ja, es kann seiner anschauenden Erkenntniß hinderlich werden, wenn er allzu deutlich an diesen Borsag gedenkt. Allein er muß seine untern Seelenkräfte walten laffen. Die Menge der Begriffe, denen er sich nach und nach

überläßt, werden eine Art von anschauender Illusion in ihm hervorbringen; und er muß sich nur hüten, mit seinen obern Seelenkräften zu widersprechen. Er muß ausdrücklich an keinen Gegenstand gedenken, der ihn überzeugen kann, er sei die Person nicht, die er vorstellen soll. Kleider und Decoration helfen dem Schauspieler gar nichts. Diese äußerlichen Gegenstände muß er zehnmal ansehen können, ohne dadurch in seiner auschauenden Illusion gestört zu werden.

Man wirft hierwider ein:,,wenn der Schauspieler wirklich zornig ist, so agirt er schlecht." — Allein soll uns dieß wundern? Wenn der Acteur zornig ist, so agirt er seine eigene Person, und nicht die des Helden, den er vorstellen soll; denn die Ursachen seines Zornes halten ihn ab, in alle die Begriffe einzugehen, die zu seiner intuitiven Begeisterung nöthig sind. Wo er aber, den Charakteren unbeschadet, seine eigene Empfindung ausdrücken kann, da wird man allezeit den Sieg der Natur über die Kunst wahrnehmen.

Wir haben Exempel hiervon: 1) an dem Schauspieler, der die Elektra des Sophokles vorstellte; 2) an einer Stelle in dem Prolog zu Thomson's Coriolan. 3) Man sieht es auch auf der komischen Schaubühne, wenn der Schauspieler einem Frauenzimmer Liebe ausdrücken soll, das er wirklich liebt.

4. Von der lyrischen Poesie *).
Im J. 1777.

(Aus der Neuen Berl. Monatsschrift. Bd. 23. Mai 1810. S. 298—311.)

Die Begriffe stehen mit einander entweder in Real-Verbindung, so wie ihre Urbilder, die wirklichen Dinge außer uns,

*) Moses Mendelssohn hatte diese Gedanken über die psychologische Beschaffenheit der lyrischen Poesie seinem Freunde Engel zu Gefallen aufgesezt, aber schriftlich nicht ganz geendigt, weil sich beide mündlich über diesen Gegenstand unterhielten.

Anmerk. von Fr. Nicolai.

in Absicht auf ihr Daseyn in Zeit und Raum mit einander verbunden sind; oder in Ideal-Verbindung; und zwar a) als Grund und Folge, d. i. Rational - Verbindung, b) durch Gemeinschaft der Merkmale, welches die Verbindung der Einbildungskraft ausmacht.

Wenn in der Masse des Bewußtseyns die Real-Verbindung die herrschende ist, so sind wir im wachenden Zustande, und bei uns selbst. So lange das Bewußtseyn der RationalVerbindung herrscht, meditiren wir, d. i. wir lösen Begriffe auf, oder sehen sie zusammen; gehen von Grund auf Folge, oder von Folge auf Grund. Im Traume ist die Verbindung nach der Gemeinschaft der Merkmale (Ähnlichkeit, Gleichheit u. s. w.) die herrschende. Wenn alle diese Arten der Verbindung sich einander die Waage halten, und keine merklich hervorsticht, so hört das Bewußtseyn auf: wir schlafen.

In Absicht der Folge der Begriffe wird die Aufmerksamkeit, insoweit sie nicht von der Freiheit des Willens abhängt, geleitet: 1) von der Stärke des Eindrucks; 2) von dem Antheil, den wir daran nehmen; 3) von dem Vorsak, den wir gefaßt haben, eine gewisse Idee zu verfolgen. Die Stärke der unfreien Aufmerksamkeit ist also nach diesem dreifältigen Verhältniß zu schäßen.

Man kann die Freiheit des Willens, mit welcher wir die Aufmerksamkeit zu lenken im Stande sind, die subjective Gewalt; so wie die Kraft der Vorstellungen selbst auf die Aufmerksamkeit, im Gegensatz mit jener, die objective Gewalt nennen. Die subjective Gewalt ist desto größer, je mehr objective Gewalt sie zu besiegen vermag, je mehr sie im Stande ist die Aufmerksamkeit, aller Hindernisse ungeachtet, nach Gutfinden zu lenken.

Mit jedem Fortschritt der Begriffe gleitet die Seele in Imaginations - Verbindungen aus, sobald eine Nebenidee die stärkste objective Gewalt erlangt. Sie kömmt von derselben in die Real-Verbindung zurück durch die Stärke des Eindrucks wirklicher Gegenstände; und in die Rational-Verbindung durch die Kraft des Vorfahes, oder auch durch die Freiheit des Willens, welcher sie sowohl auf jene, als auf diese zurückrufen kann.

So lange wir es in unserer Gewalt haben, die Gedanken von jeder andern Reihe, bei der mindesten Veranlassung, in die Real-Verbindung zurückzurufen, so lange besißen wir Gegenwart

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