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zur Vermuthungen und Annahmen und alles, was uns bislang von dem altigoptisch-poetischen Literaturschaß überkommen oder zugänglich geworden ist, besteht aus Fragmenten und einer Anzahl von vollständigen Hymnen, welche lezteren errathen lassen, daß am Nil eine reiche religiöse Lyrik vorhanden gewesen sein müsse. Der ästhetische Werth derselben ist freilich, soweit sich aus den vorliegenden Proben darauf schließen läßt, ein sehr untergeordneter. Denn diese Lieder sind fast nur aus Anrufungen und Ausrufungen zusammengeseßt, gebetformelhaft, ohne Gefühlsschwung und ohne Bilderglanz.') Am seclvollsten ist eine „Todtenklage der Jsis um Osiris (deutsch von Brugsch). Darin athmet elegische Stimmung, ohne jedoch zu vollem Ausdrucke gelangen zu können.

4.

Hebräerland.

Von den Gestaden des Ganges und des Nils wenden wir uns zu den Ufern des Jordans, von den Indern und Aegyptern zu den Hebräern. Das ist

fall auf die Südseite und drängten die Mannschaft des Ra gegen das Centrum, während sie noch im Aufmarsch begriffen und aus Unkenntniß nicht gefechtsbereit war. Deßhalb mußten die Bogenschüßen und Streitwagen des Königs vor ihnen zurückweichen. Nun aber hatte Se. Maj. erst im Norden der Stadt Dadesch Halt gemacht, und zwar auf dem westlichen Ufer des Arunta. Als er Nachricht über das Vorgefallene empfieng, fieh?! da erhob sich Se. Maj. wie sein göttlicher Vater Menthu; er ergriff seine Waffen und legte sich den Brustharnisch an, gleichend dem Bal in seiner schrecklichen Stunde. Die Hauptroffe, welche Se. Maj. fuhren, „Thebens Triumph“ und „die befriedigte Siegesgöttin" genannt, wurden aus dem kgl. Marstalle herbeigeführt. Der König eilte vorwärts und drang mitten unter die Reihen dieser verworfenen Chetas.“ — In der zweiten Stelle wird Se. ägyptische Majestät redend eingeführt: „Dem Kriegsgotte gleich schleudere ich mit der Rechten meine Pfeile, zerschmeiße ich mit der Linken die Feinde: ich bin vor ihnen wie Bal in seiner schrecklichen Stunde. Die 2500 Streitwagen, die mich umringen, werden in Trümmer zerbrochen vor meinem Gespanne, nicht einer aus ihnen findet seine Hand, um wider mich zu kämpfen; das Herz fehlt in ihrer Brust, und die Furcht entnervt ihre Glieder; sie wissen nicht mehr ihre Pfeile zu entsenden und finden nicht mehr Kraft genug, ihre Lanzen zu halten. Ich stürze sie ins Wasser wie sich hineinwirft das Krokodil; fie liegen auf ihrem Angesichte, einer über dem andern, und ich wüthe in ihrer Mitte. Ich will nicht, daß ein einziger hinter sich blicke, noch daß ein anderer sich umwende; derjenige, welcher fällt, wird nicht mehr aufstehen.“

1) Wie z. B. das „Loblied an den Gott Raa“ (deutsch von Uhlemann): „Preis deinem Antliße!

Dem Sohne Gottes,

Dem Erstgeborenen der Himmlischen,
Dem Erzeuger der Zeit,

Dem stralenäugigen Lichte des Als !

Preis deinem Antlige!

Dem Erleuchter der himmlischen Gewässer,
Dem Erwecker des Lebens,

Gleich dem Herrn, der schuf den Himmel,
Seine Fenster, seine Säulen!" u. s. w.

ein Sprung in einen schroffen Gegensaß hinein. Denn verräth die ägyptische und die indische Religion, zeigt die Poesie der Hindus die überschwängliche Phantastik des Polytheismus, so tritt uns dagegen im religiösen Anschauen und Glauben der Hebräer und nicht minder in ihrem literarischen Schaffen, wie dasselbe in der Bibel vorliegt, die gehaltenste, maßvollste Intensivität des Monotheismus entgegen, welche der alte Orient zu erzeugen vermochte. Dieser Monotheismus, diese Verehrung des einen Gottes ist der Nerv des Hebräismus überhaupt und das schaffende, bewegende Prinzip der hebräischen Literatur insbesondere. Horch auf, Israel, heißt es im 4. Kapitel des I. Buches Mosis, unser Gott ist einer; im Himmel oben und auf Erden unten ist keiner mehr; er ist der erste und der letzte und außer ihm ist kein Gott!" Die ganze Bibel, die wir hier natürlich nicht vom theologischen, sondern vom wahren, d. h. menschlichen und vom literarischen Standpunkt aus betrachten, ist eigentlich bloß eine Umschreibung, eine in tausenderlei Wendungen sich immer wiederholende Umschreibung dieses Saßes, und wäre bei so ernstem Gegenstande ein Wortspiel gestattet, möchten wir sagen: der Monotheismus der Hebräer hat der hebräischen Literatur den Charakter der Monotonie verliehen. Denn weil hier alles ausgeht von Jehova und alles zurückkehrt zu Jehova, weil der Strom der poetischen Aeußerung fast ausschließlich dem Quell des Glaubens an den einen Gott entspringt, muß sich eine gewisse Einförmigkeit geltend machen, welcher wohl auch die eigenthümliche Erscheinung auf Rechnung zu sehen ist, daß die hebräische Sprache einen speziellen Unterschied zwischen prosaischer und poetischer Form nicht kennt. Denn das bekannte „Ebenmaß der Satzglieder (Parallelismus membrorum)" formirt doch nicht so fast einen materiellen als vielmehr nur einen ideellen Rhythmus, den man ganz richtig als „Gedankenrhythmus" bezeichnet hat. Zudem ist dieser Parallelismus nicht nur dem poetischen Stil, sondern auch dem prosaischen eigen. 1)

1) E. Meier, welchem wir die einzige von theologischen Voraussetzungen durchaus freie „Geschichte der hebräischen Nationalliteratur“ (1856) verdanken, ist hierüber abweichender Ansicht. Er gibt zwar zu, daß sich ein nach Quantitäten bestimmtes Silben= metrum im Hebräischen nicht nachweisen lasse. Dennoch aber befize die hebräische Poesie, namentlich die Lyrik, eine fie von der Prosa unterscheidende, rhythmisch gegliederte und gebundene Form. Dieses rhythmische Zeitmaß, dieser musikalische Takt werde im Hebräischen wie im Deutschen durch den Accent bezeichnet. Jede Verszeile enthalte zwei betonte Silben, denen immer zwei und mehr unbetonte Silben vorhergehen oder nachfolgen können. Der Takt und das qualitative Maß einer solchen Verszeile entspreche im Allgemeinen einem Doppeljambus und dessen Umkehrungen. An die allbekannte Thatsache, daß Herder es gewesen, welcher durch sein Sturm- und Drangbuch „Die älteste Urkunde des Menschen= geschlechts" (1774) und durch seine klassische Schrift „Vom Geist der ebräischen Poesie" (1783) zuerst einer richtigen Würdigung und Werthung der biblichen Schriften und der Erscheinungsformen des hebräischen Schönheitsideals die Bahn gebrochen und die Wege gewiesen hat, brauche ich kaum zu erinnern. Nächst Herder ist J. D. Hartmann zu

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Die hebräische Literatur ist durchaus national, und da die Ueberzeugung eines unmittelbaren Beherrschtwerdens der Nation durch Jehova (oder besser Jahve) die Wurzel des hebräischen Nationalbewußtseins war, so konnten. die literarischen Erzeugnisse dieses Volkes, wie schon vorhin angedeutet worden, der überwiegenden Mehrzahl nach nichts anderes sein als Vermittelungsversuche zwischen dem Gott und seinem erwählten Volke, ein theokratischer Koder, der unaufhörlich den Glauben predigte, den Gehorsam gebot und von einzelnen, bald mehr bald weniger entschieden laut werdenden skeptischen Anfällen immer wieder zur Orthodoxie zurückbog. Nun war aber der Gott der Kinder Jsrael ein Gott des Schreckens und des Zorns, der nicht geliebt, sondern mit Furcht und Zittern verehrt sein wollte; ein Gott, der schrecklich eifersüchtig über seine Rechte wachte, eine chinesische Mauer der Absonderung um sein Volk gezogen wissen wollte und bei der geringsten Anwandlung desselben, sich dem üppigen Götterdienste, der ausschweifenden Natursymbolik ihrer Nachbarn hinzugeben, mit Blitz und Donner dreinwetterte. Dadurch ward auf die Phantasie der Hebräer (und die Phantasie ist denn doch der Urgrund aller Dichtung) ein gewaltiger Dämpfer gesetzt. Sie durfte sich nicht in mythologischen Spielen ergehen, sie war unerbittlich auf den einen und einzigen Gott angewiesen und von diesem durfte sie nicht einmal ein Bild schaffen, welches klar und plastisch vor's Auge getreten wäre.

Dieser Umstand machte das Entstehen eines hebräischen Epos von vorn= herein unmöglich; denn zum Heldengedicht der alten Welt gehören schlechterdings sichtbare, fühlbare, handelnd anftretende, die Menschengeschicke bestimmende und von denselben bestimmt werdende Götter. Sodann verhinderte das Gefühl absoluter Abhängigkeit von Jahve die Hebräer, ein Drama zu gründen, denn das Drama verlangt das freie Walten der selbstständigen Persönlichkeit; im Bewußtsein der Hebräer aber eristirte nur eine selbstständige Persönlichkeit, die des Gottes nämlich, der allein zur freien That befähigt und berechtigt war. Demnach mußte die schaffende Kraft des Hebräismus immer mehr nach innen gedrängt, immer mehr im Gemüthe konzentrirt und zusammengepreßt werden, um dann einerseits als ein Strom glühend heißer Lyrik aus der Seele der Psalmisten hervorzubrechen, andererseits dem Denker eine sinnige Didaktik auf die Lippen zu legen, den Chronisten zu jener bewunderungswürdig naiven, das historische Faktum mittels der religiösen Tradition erklärenden Darstellung anzuregen und endlich den Propheten zu seinen gläubigen Visionen, seinen patriotischen Droh- und Strafreden zu begeistern. Bei aller Beschränkung entfaltet die hebräische Literatur dennoch eine wundersame Macht und Kraft; denn sie springt wie ein rother Blutquell aus dem Herzen eines schmerzdurchwühlten, durch die Schule des Unglücks gegangenen Volkes hervor, das sich nur selten

nennen, welcher in seinem „Versuch einer allgemeinen Geschichte der Poeste“ (1797) in die Fußtapfen seines großen Vorgängers zu treten suchte.

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der heiteren Seite des Lebens zuwandte und fortwährend fragend und bangend vor dem dunkeln Vorhange stand, welcher die Mysterien des Menschendaseins verhüllt. Der bunte, genußfreudige Sensualismus des Orients machte sich zwar auch hier mitunter laut genug, erfuhr aber durch den von der Erde abgewandten, stets nach der Vereinigung mit Gott seufzenden, unermüdlich ins Ueberirdische hinübertastenden Spiritualismus der Hebräer immer wieder eine unerbittliche Reaktion. Eben dieses kriegerische, nimmer rastende Reagiren gegen eine übermächtige, so verlockende und doch verhaßte und verpönte Weltanschauung verleiht dem Hebräismus jene in die tiefsten Tiefen der Seele hinabgreifende Gewalt der Rede, jenen donnernden Zorn, jenen leidenschaftlichen Eifer und endlich jene kühne Bilderpracht, deren Farben sich, wie Fortlage treffend bemerkt hat, „der Phantasie einäßen und darin lange fortglühen gleich den brennenden Tinten der Glasmalereien unserer gothischen Dome."

Die hebräische Literatur im weitesten Sinne begreift alle in dem hebräischen Jdiom, einem Zweige des semitischen Sprachstamms, geschriebenen Schrift= werke. Im engeren Sinne umfaßt die Nationalliteratur der Hebräer die Sammlung von literarischen Erzeugnissen, welche wir das Alte Testament zu nennen gewohnt sind und welche in Verbindung mit dem Neuen Testament den griechischen Namen Bibel (ßißhior, das Buch oder vielmehr das Buch, nämlich vò ßißhíor Detov, das heilige Buch) führt. Die Hebräer selbst begreifen diesen Koder unter dem Titel „Das Geseß, die Propheten und die andern heiligen Schriften." In Betreff der religiösen Autorität zerfällt in den Augen der jüdischen und der (älteren) christlichen Kirche die Gesammtheit der älteren israelitschen Literatur in kanonische und in deuterokanonische oder apogryphische Bücher. Die ersteren enthalten sämmtliche Erzeugnisse der althebräischen Literatur und zwar nach dieser gäng und gäben Ordnung: 1) die sogenannten 5 Bücher Mose (Pentateuch); 2) das Buch Josua; 3) das Buch der Richter; 4) das Buch Ruth; 5) die 2 Bücher Samuel; 6) die 2 Bücher der Könige; 7) die 2 Bücher der Chronik; 8) das 1. Buch Esra; 9) das Buch Nehemia; 10) das Buch Esther; 11) das Buch Hiob; 12) das Buch der Psalmen; 13) das Buch der Sprüche (Salomo's); 14) den Prediger (Salomo); 15) das Hohelied; 16) die vier großen Propheten: Jesaia, Jeremia, Ezechiel, Daniel; 17) die Klagelieder Jeremiă; 18) die zwölf kleinen Propheten: Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephania, Haggai, Zacharja, Maleachi. Die Entstehungszeit dieser Schriftwerke reicht vom mosaischen Zeitalter bis ins makkabäische herab: es ist eine festgestellte wissenschaftliche Thatsache, daß der alttestamentliche Kanon, wie wir denselben besißen, erst um das Jahr 150 v. Chr. seinen Abschluß erhalten hat. Auseinanderzusehen, wie und unter welchen Bedingungen dieser Literaturschaß in den drei großen Perioden der Geschichte des Volkes Israel [1) von Mose bis zur Gründung des Königthums; 2) von der Einführung der Königsherr

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schaft bis zum Ende des Erils; 3) von der Rückkehr aus dem Eril bis zur Groche der Makkabäer] entstanden ist, sich angesammelt hat und welchen Umarbeitungen er bis zur Schlußredaktion unterworfen wurde, das bleibt billig der Specialhistorie der hebräischen Literatur überlassen. Was die soge= nannten alttestamentlichen Apokryphen (vom griech. Wort ånoxqúntew, verbergen) angeht, so sind dieselben - theils aus dem Hebräischen ins Griechische übertragen, theils ursprünglich griechisch geschrieben Produkte der späteren jüdischen Literatur, didaktischen oder legendenhaft-historischen Inhalts. Man rechnet dazu 1) das 2. und 3. Buch Esra, 2) die Bücher der Makkabåer, 3) das Buch Judith, 4) das Buch Tobia, 5) das Buch der Weisheit, 6) das Buch Jesus Sirach, 7) das Buch Baruch, - der Einschiebungen in das kanonische Buch Esther und verschiedener Unterschiebungen und Kompilationen nicht zu gedenken, welche in den ersten Jahrhunderten nach Christus von gelehrten Juden auf Grund althebräischer Traditionen verfertigt wurden.

Literarisch angesehen, zerfällt der alttestamentlich-kanonische Literaturschatz in zwei große Klassen: I. prosaische, II. poetische Bücher. Die erste Klasse enthält 1) mythengeschichtliche, sagengeschichtliche und geschichtliche Schriften; 2) dogmatisch-liturgische; 3) sozial-politisch-gesetzgeberische. Die zweite Klasse enthält 1) lyrische, idyllische und didaktische Dichtungen; 2) prophetische Bücher.

Freilich, das dichterische Element, welches ja in allen primitiven Geisteswerken der Völker stets eine große Rolle gespielt hat, tritt auch in den prosaischen Büchern des alten Testaments bedeutend hervor, und zwar nicht nur in einzelnen Hymnen, Parabeln, Fabeln und Räthseln, welche häufig in den Text eingewebt sind, sondern in der ganzen Anlage und Durchführung dieser erzählenden und gefeßgebenden Bücher. Allerdings kann von den s. g. fünf Büchern Mosis (Pentateuch), welche bekanntlich in ihrer jeßigen Gestalt keineswegs von Mose herrühren, sondern zur Zeit des Erils (604—535 v. Chr.) verfaßt wurden, durchaus nicht als von einem Epos im künstlerischen Sinne die Rede sein, wohl aber als von einer in patriotischer und moralischer Absicht unternommenen Zusammenstellung und Bearbeitung der nationalen Traditionen zu einem Kanon der hebräischen Religion, Sitte und Nationalität, wobei es nicht fehlen konnte, daß die naive Ursprünglichkeit dieser Stammsagen auch der späteren Bearbeitung derselben einen poetischen Stempel aufdrückte. Freilich gehört ein nicht geringer Grad von theologischer Verbohrtheit dazu, in diesen von zotigen, rohen, ja kanibalischen Zügen wimmelnden Erzählungen auch jezt noch durchweg heilige" Schriften zu erblicken; allein abgesehen von dieser angeblichen Heiligkeit, wird niemand sich des Eindruckes dieser Mythengeschichten erwehren können und das, was den Kern derselben bildet, das mosaische Gesetz, muß und wird zu allen Zeiten als ein Schatz von Weisheit hochgehalten werden, aus welchem sich die Prinzipien aller sozialen und sittlichen Ordnung schöpfen lassen. Mose war keineswegs ein herzloser Hierarch, sondern ein

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