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zeugung für die höchsten Geseße des guten Geschmacks ansah. Es wurde ihm leichter, sich selbst getreu zu bleiben, weil er schon zwei und dreißig Jahr alt war, als er die sieben ersten seiner Satyren drucken ließ. Die ersten Gesänge seines Chorpults fas men sechs Jahr später heraus, zugleich mit seiner Poetik, die in kurzer Zeit das Ansehen eines Ge setzbuchs am französischen Parnasse erhielt. In nás herer und entfernterer Verbindung mit dem Hofe erlebte Boileau noch die traurige Periode der polis tischen Demüthigung seines stolzen, von ihm mit den übrigen Lobrednern und Schmeichlern in die Wette gepriesenen Monarchen, und der inneren Ers schöpfung der französischen Monarchie. Er starb im Jahre 1711, dem vier und siebenzigsten seines Al ters w).

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Boileau's poetische Werke erscheinen im Lichte derjenigen Kritik, die keinem Nationalvorurtheile huldigt und ihren Horizont über die Grenze der fubalternen Geschmacksregeln hinaus erweitert, an ders, als sie von den französischen Litteratoren chas rakterisirt werden, die von Boileau selbst die höchste Norm ihres Geschmacks empfingen. Denn in Boi, leau's poetischer Gesetzgebung hat sich der französis sche Nationalgeschmack aus dem Zeitalter Ludwig's XIV. mit allen seinen Vorzügen und Mängeln ab

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w) Biographische Notizen zur Geschichte des Boileau Dess preaur finden sich vor der bekannten Ausgabe seiner Werke von De Maizeaur (à la Haye, 1729, in 4 Duodezs bänden), in Lambert's Hiftoire littéraire du Regne de Louis XIV. Tom. II. p. 472. und an andern Often.

Ziß und Verstand, und nicht in so ele: sen vorgetragen wären. Aber durch die Boileau seinen Grundsätzen zu geben ngen sie wie Göttersprüche in die Kunst e aller Franzosen ein, die sich über das ablicum erheben und einen durchaus reis nack haben wollten. Sie wirkten unwis durch das Zusammentreffen der Kunst mit in Boileau's Werken selbst. Denn dies ber befolgte selbst, als Dichter im Sinne on, die Vorschriften, die er gab, mit eler Feinheit, als Pünktlichkeit. Die e ihm die Natur verliehen, hatte er durch en Fleiß ausgebildet, ohne die Mühe Lassen, die ihre Bildung ihm gekostet. Ste und schrieb er nach Regeln; aber mit feit eines Weltmanns. Unter seinen paren die vorzüglichsten ein energischer Der sich selbst in treffenden Wik verwan: heller Beobachtungsgeist, der den Ger die seine Aufmerksamkeit reizten, schnell ante Sette absah; und eine kritische Ber der nichts entschlüpfte, was ein Mann, 1, nach seiner Vorstellungsart für Fehler e. Phantasie hatte Boileau wenig; aber, -achtete und dachte, wußte er vortrefflich zu ne Muttersprache stand ihm zu Gebote, daran gelegen war, Gebrauch von ihr

Er haßte mit redlichem Ernste alle aßungen, alle Affectation und Fadheit ratur wie im Leben. Aber auch alles sche. in der Kunst war ihm zuwider. Den

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Den guten Geschmack unter die Oberherrschaft eines immer wachen Verstandes zu bringen, war übers haupt sein Wunsch und seine Sorge. Fast unems pfänglich für die höheren Reize der Poesie, die aus dem Innersten der Seele entspringen und zum ens ́ thusiastischen Mitgefühle hinreißen, hatte er den feins ften Tact für das Richtige und Schickliche, und für die wahre Harmonie der Gedanken und des Ausdrucks.

Wenn man den Werth eines Gedichts nur nach dem schäßen will, was eigentlich poetisches Vers Dienst heißen soll, so nimmt Boileau, mit allem seinen Verstande und Wike, selbst unter den Dichs tern vom zweiten Range feinen der ersten Pläke ein. Es fehlte ihm nicht nur an originalem Erfins Dungsgeiste und an Talent zu den Dichtungsarten, durch die sich die Poesie selbstständig von der Profe scheidet; selbst in der Nachbarschaft der geistreichen Prose, der Heimath seines Geistes, zeichnen sich seine Werke durch keine Originalität, weder der Ansichten, noch der Manier, aus. Nur das Vers dienst bleibt ihm, in den subalternen Dichtungsar ten, in denen er sich vorzüglich hervorgethan hat, seine Vorgänger am französischen Parnasse durch Correctheit und Eleganz der Sprache, der Versifis cation und der geistreichen Darstellung überhaupt übertroffen zu haben. Den meisten Antheil hat die Phantasie an seiner komischen Erzählung Der Chors pult, die immerhin ein komisches Heldengedicht heißen kann. Der Einfall war glücklich, die Stadt: anekdote vom gewaltigen Streite zweier Chorherrn über einen großen wurmstichigen und längst zur Seite geschafften Pult, den der eine wieder aufs stellte,

stellte, der andere für immer weggeschafft habent wollte, zum Stoffe einer satyrisch: epischen Dichtung zu wählen. Aber neu war dieser Einfall nicht. Der Italiener Tassoni hatte schon durch seinen Eis merraub (La fecchia rapita) ein ermunterndes und zum Theil classisches Beispiel einer ähnlichen Dichs tung gegeben w). Tassoni's Werk war allgemein bekannt, und Boileau selbst verräth durch eine Zeile in seinem Chorpult, daß er es sehr gut kannte *). Berglichen mit diesem italienischen Gedichte, ist Boileau's Chorpult bei weitem nicht so reich an komischer Mannigfaltigkeit, an poetischem Muths willen, und an kühnen Zügen, aber es ist regel mäßiger und sittsamer, und schwankt nicht, wie Tassoni's Gedicht, zwischen der fetuen Satyre und der derben Posse hin und her. Die komischen Bez schreibungen sind meisterhaft, und die Satyre trifft immer ihr Ziel.` Auch Tassoni hatte Ariost's Ele: ganz nachgeahmt; aber Boileau's kaustischere Ma. nier ist durchdacht bis in die kleinsten Züge. An der bewundernswürdigen Prácision seiner Sprache erkennt man auch, wo er scherzt, den Schüler der classischen Alten. Die Situationen sind mit aller Kraft der komischen Wahrheit in poetischen Bilderit, ausgemahlt. Gleichwohl hat die ganze Composition

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w) S. diese Gesch. der Poesie und Bereds. Band H. .378.

x) O toi

Qui par les traits hardis d'un bizarre pinceau
Mis l'Italie en feu pour le perte d'un feau;

wird im Lutrin, Chant IV. Die komische Muse anges
redet.

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einen französischen Nationalfehler. ́ ́Sie wimmelt von allegorischen Figuren "). Auch die gar zu große Sorge des Dichters, sich nie einen nachlässig scheinenden Ausdruck, oder einen zu freien Ausbruch des Muthwillens, zu erlauben, giebt dem Ganzen etwas Methodisches, das sich mit der Vollendung der komischen Leichtigkeit nicht verträgt. Aber mit diesen Fehlern und Mängeln bleibt doch unter Bois leau's geistreichen Werken der Chorpult dasjenige, das ihm den Nahmen eines Dichters' sichert.

Die didaktischen Satyren Boileau's find voll guter Gedanken, wißiger Einfälle, und treffender Schilderungen in einer männlichen und eleganten Sprache und in sehr cultivirten Versen; aber es find keine Satyren des Genies. Zwischen der scher: zenden Heiterkeit der horazischen und dem strafens den Ernste der juvenalischen Manier suchte Boileau einen Mittelton zu treffen, der jene beiden Mas nieren vereinigen sollte. Aber seine Heiterkeit ist kritische Kälte, und die Bitterkeit seines Spottes erinnert weit öfter an Juvenal, als an Horaz. Den Nachahmer dieser beiden poetischen Sittenrichter ers blickt man überall in Boileau's Satyren, den Dich: ter, der aus sich selbst schöpft, fast nirgends. Da überdieß schon Regnier durch eine ähnliche Nachs ahmung des Horaz und Juvenal die didaktische Satyre mit vielem Glücke in die französische Littes ratur eingeführt hatte ), so blieb für Boileau

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2) Vergl. den vorigen Band, von S. 31. an, wo der allegorische Roman von der Rose charakterisirt ist, bis zu allen folgenden Nottzen, das ewige Allegorisiren In der französischen Poesie betreffend.

za) S. den vorigen Band, S. 248.

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