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Bossuet.

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Der dritte unter den beredten Schriftstellern, die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts Ludwig's XIV. durch das Beispiel, das sie selbst gaben, vors züglich vieles beitrugen, die Nation an gewisse Fors men einer classischen Prose zu gewöhnen, ist der berühmte Prälat Jacques Benigne Bossuet, geboren zu Dijon im Jahre 1627.

Bossuet war von den Jesuiten erzogen, von feinem Vater nicht zum geistlichen Stande bestimmt, aber, vermuthlich durch die Eindrücke bewogen, die feine Erzieher auf ihn gemacht hatten, so vom Eifer für die Religion und die Kirche beseelt, daß er als gelehrter Theologe schon in seinem sechs und zwans zigsten Jahre bei der Sorbonne zu Paris zum Doctor promovirt werden konnte. Bald darauf Fam er durch seine Predigten in einen solchen Ruf, daß der Hof ihn hören wollte. Er predigte voR, dem Hofe, und sein Glück war gemacht. Der Kd nig glaubte, einem so ausgezeichneten Manne, uns gewöhnliche Beweise seiner Gunst geben zu müssen. Bossuet wurde zum Bischof von Condom ernanut. Seit dieser Zeit stand er immer in der engsten Vers bindung mit dem Hofe. Im Jahre 1670 wurde ihm die Erziehung des Dauphins aufgetragen. Zehn Jahre darauf erhielt er das einträgliche Biss thum Meaux. Endlich im Jahre 1697 wurde er auch Staatsrath (confeiller d'état), nachdem er überdieß schon als Beichtvater (aumonier) einiger Prinzessinnen vom königlichen Hause seinen großen Wirkungskreis noch erweitert hatte. Wenige ge: lehrte und geistreiche Männer herrschten damals in Frant

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Frankreich mit einem solchen Glanze. Bossuet wurde von den frommen Katholiken als einer der stårks ften Strebepfeiler an dem Gebäude der Kirche, das durch die protestantische Reformation erschüttert war, und von den Geschmacksrichtern als ein geistlicher Thucydides und Demosthenes verehrt. Er zeigte sich auch nicht nur als tapferen Polemiker gegen die protestantischen Theologen, junter denen der res formirte Prediger Basnage in Holland, vormals Pariementsadvocat in der Normandie, sein berühms tefter Geaner war;(selbst im Schooße der katholis schen Kirche verfocht er das herrschende System nach den Lehrfäßen und mit der Dialektik der Jes suiten gegen den sanften Fenelon, der sich zur Partei der Molinisten neigte, und dafür von Bossuet auf. das unwürdigste verkeßert wurde. Fenelon gab der Autorität des Pabstes nach, und Bossuet trium: phirte. Heuchler war Bossuet nicht; aber sein Verstand war ganz gefesselt von den Dogmen der Kirche, und sein Charakter hatte eine Härte, durch die er um so geschickter wurde, von der Kanzel herab das Gewissen aufzuschrecken, und die Herrs schaft der Rechtgläubigkeit und des Clerus nach seinem System mit aller Gewalt zu behaupten, die nur einigermaßen den Schein der Vernunft und Frömmigkeit für sich hatte. Er starb im Jahre 1704 m).

Das

m) Der größte Theil der Oeuvres de Boffuet, Paris, 1743, in 12 Quartbånden, ist theologischen Inhalts. Fünf Quartbände wurden nachher noch geliefert, und auch diese enthalten ein weitläuftiges Werk über die Rechte des Clerus. Außerdem hat man noch Opufcules de Boffuet, 1751, in 5 Duodezbänden.

wever › Maiņviren jeyn, пva) uvergaupt haben wollen, ist so groß, daß man in sischen Litteratur, wenn von Bossuet die nur Lobreden auf ihn, und nirgends eine rhaft kritische Würdigung seines Geistes. Beredsamkeit liefet. Niemand, wer Ges rhetorische Schönheit hat, wird die Tas Verdienste Bossuet's herabsehen wollen. ich weder durch Nationalvorurtheile, noch blendenden Pomp oratorischer Phrasen äßt, wird in Bossuer's Redekunst Manissen, was er bei Schriftstellern findet, er in die Ferne glänzen; und Manches ■ Bossuet gewahr werden, was der Mann er Beredsamkeit verschmäßen sollte. Boss ol hat, wie sein Charakter, etwas Impos Das höchste Selbstgefühl spricht aus ihm, sonniren, oder erzählen, oder zu moras › religidsen Empfindungen hinreißen. Dies gefühl beleidigt nicht, weil es sich in die rbe eines edlen Eifers für Wahrheit und eit kleidet; aber man erblickt doch fast n Lehrer und Redner, der sich in die irft. Seine rhetorische Würde hat bes 1, wo er die Sprache des Gefühls redet, Ueßliches mit derjenigen, die in die fran ragödie durch Corneille eingeführt wurde, dadurch wurde sie nur noch anziehender Jublicum, das in der höheren Poesie und keit gern eine Art von Hofstaat erblickte. Beredsamkeit harmonirt so auffallend mit e des prächtigen Hofes Ludwig's XIV,,

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daß

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daß man diese Uebereinstimmung nur ein Mal in das Auge gefaßt zu haben braucht, um sich zu erklären, warum Bossuet, mit allen seinen Verdiensten, für andere Nationen nicht seyn kann, was er für die Franzosen ist, deren litterarischer Geschmack ́einen bleibenden Zug von dem Hofgeschmacke ihres viers zehnten Ludwig's behalten hat. Bossuet's Prose ist für andere Nationen nicht bescheiden genug. Sie verräch zu deutlich das beständige Streben des Mannes, seine Leser zu beherrschen, wie er als Diener seiner Kirche das Gewissen seiner Glaubens: genossen beherrschte, denen er au Geist und Kennts nissen überlegen war. Aber ein classischer Autor ist er dennoch; denn er hat in der Sprache, die ihm ganz zu Gebote stand, mit eben so viel Verstand, als Kunst, und mit einer Kraft, Bestimmtheit und Eleganz geschrieben, wie wenige geistreiche Männer nach ihm Sein Styl ist rein und edel, frei von schwülstigen Metaphern, fast immer ungezwungen, nie trivial, nur zuweilen declamatorisch.

Unter den vielen Schriften Bossuet's haben seine råsonnirende Darstellung der Welt geschichte (Difcours fur l'hiftoire univerfelle) und und seine geistlichen Trauerreden (Oraifons funèbres) die meisten Leser gefunden und am stärks ften auf die Vollendung der Cultur der französischen Prose gewirkt. Die Darstellung der Weltgeschichte von Bossuet ist das erste Werf in seiner Art. Man las zwar schon in mehreren Sprachen politische Analysen einzelner Theile der Weltgeschichte, zum Beispiel im Italienischen Machiavell's Ubhandluns gen über die Geschichtsbücher des Livius; aber eine Fosmopolitische Uebersicht aller großen Weltbes

gebene

gebenheiten in Beziehung auf das Räthsel dér Bestimmung des Menschen findet sich vor Bof: fuet weder in der alten, noch in der neueren Litter ratur. Mit Recht wurde dieser erste Versuch einer solchen Behandlung der Weltgeschichte bewundert. Bossuet konnte die Gesichtspunkte, denen er in der Anordnung der zerstreuten Thatsachen folgen wollte, nicht anders, als nach seinen Grundsäßen, aufstellen. Wenn denkende Köpfe in unsern Zeiten mehr Theos logie, als Philosophie, in Bossuer's Werke erblik. fen, so trifft der Vorwurf, den man dem Theolos gen Bossuet macht, nicht seine historische Kunst. Nach seinen Grundsäßen hatte er mehr Hindernisse zu überwinden, als, wenn er nicht für nöthig ges funden hätte, das Geistliche von dem Weltlichen überhaupt so zu scheiden, daß er auch in der Ues bersicht der Weltbegebenheiten zwei Gesichtspunkten, einem geistlichen und einem weltlichen, folgen mußte. Zweierlei wollte er anschaulich machen, die Vers gänglichkeit aller irdischen Größe, und die Anstalten der Vorsehung zur Entwickelung und Erhaltung eines ewig unwandelbaren Glaubens. Er mußte deßwegen Hauptabtheilungen machen, die bei einer rein phis losophischen Ansicht der Dinge überflüssig sind. Er wurde durch diese Hauptabtheilungen zu mancher Wiederhohlung genöthigt, die unter den Händen eines andern Schriftstellers leicht hätte ermüdend werden können. Bossuet hat auch sein viel umfass sendes Werk nicht zu Ende gebracht; aber so weit er es ausgeführt, ist es um so mehr zu bewundern, weil es den Leser, im großen Labyrinth der verwiks felten und in einander greifenden Ereignisse, zuerst zwischen die zwei verschiedenen Gesichtspunkte stellt, ihn dann von dem einen natürlich und unvermerkt

ใน

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