Schläfrig lallt der junge König: "In den Armen meiner Kön'gin AUF DEM BROCKEN Heller wird es schon im Osten Hätt' ich Siebenmeilenstiefel, Lief ich, mit der Hast des Windes, Über jene Bergesgipfel, Nach dem Haus des lieben Kindes. Von dem Bettchen, wo sie schlummert, Zög' ich leise die Gardinen, Leise küßt' ich ihre Stirne, Leise ihres Munds Rubinen. Und noch leiser wollt' ich flüstern In die kleinen Lilien-Ohren: Denk' im Traum, daß wir uns lieben, Und daß wir uns nie verloren. DIE ILSE Ich bin die Prinzessin Ilse, Und wohne im Ilsenstein; Komm mit nach meinem Schlosse, Wir wollen selig seyn. L ΙΟ ΙΟ 20 30 Dein Haupt will ich benetzen Du sollst deine Schmerzen vergessen, In meinen weißen Armen, Da sollst du liegen und träumen Ich will dich küssen und herzen, Es bleiben todt die Todten, Komm in mein Schloß herunter, Es rauschen die seidenen Schleppen, Die Zwerge trompeten und pauken, Doch dich soll mein Arm umschlingen, DIE NORDSEE 1825-1826 ERSTER CYKLUS I KRÖNUNG Ihr Lieder! Ihr meine guten Lieder ! Das jetzt mein ganzes Herz Heil dir! du junge Königin ! Von der Sonne droben Reiß' ich das strahlend rothe Gold, Und webe d'raus ein Diadem Für dein geweihtes Haupt. Von der flatternd blauseid'nen Himmelsdecke, Worin die Nachtdiamanten blitzen, Schneid' ich ein kostbar Stück, Und häng' es dir, als Krönungsmantel, Um deine königliche Schulter. ΙΟ Ich gebe dir einen Hofstaat Von steifgeputzten Sonetten, Stolzen Terzinen und höflichen Stanzen; 20 30 Als Hofnarr meine Phantasie, Als Herold, die lachende Thräne im Wappen, Aber ich selber, Königin, Ich kniee vor dir nieder, Und huld'gend, auf rothem Sammetkissen, Das bischen Verstand, Das mir aus Mitleid noch gelassen hat II ABENDDÄMMERUNG Am blassen Meeresstrande Saß ich gedankenbekümmert und einsam. Und die weißen, weiten Wellen, Von der Fluth gedrängt, Schäumten und rauschten näher und näher Ein seltsam Geräusch, ein Flüstern und Pfeifen, Die ich einst, als Knabe, Von Nachbarskindern vernahm, Wenn wir am Sommerabend, Auf den Treppensteinen der Hausthür, Zum stillen Erzählen niederkauerten, Lächelnd und mondbeglänzt. III SONNENUNTERGANG Die glühend rothe Sonne steigt Hinab in's weitaufschauernde, Silbergraue Weltmeer; Luftgebilde, rosig angehaucht, Wallen ihr nach; und gegenüber, Aus herbstlich dämmernden Wolkenschleiern, Bricht hervor der Mond, Und hinter ihm, Lichtfünkchen, Einst am Himmel glänzten, Ehlich vereint, Luna, die Göttin, und Sol, der Gott, Und es wimmelten um sie her die Sterne, Doch böse Zungen zischelten Zwiespalt, Das hohe, leuchtende Eh'paar. Jetzt am Tage, in einsamer Pracht, Ergeht sich dort oben der Sonnengott, Ob seiner Herrlichkeit Angebetet und vielbesungen Von stolzen, glückgehärteten Menschen. Am Himmel, wandelt Luna, Die arme Mutter, Mit ihren verwaisten Sternenkindern, Und sie glänzt in stiller Wehmuth, Weihen ihr Thränen und Lieder. Und liebende Mädchen und sanfte Dichter Die weiche Luna! Weiblich gesinnt, Liebt sie noch immer den schönen Gemahl. Lauscht sie hervor aus leichtem Gewölk, IO 20 30 |