Worüber schon manche Häupter gegrübelt, Häupter in Turban und schwarzem Barett, Es murmeln die Wogen ihr ew'ges Gemurmel, IO VIII DER PHÖNIX Es kommt ein Vogel geflogen aus Westen, Er fliegt gen Osten, Nach der östlichen Gartenheimath, Wo Spezereien duften und wachsen, Und Palmen rauschen und Brunnen kühlen "Sie liebt ihn ! sie liebt ihn! Sie trägt sein Bildniß im kleinen Herzen, Aber im Traume steht er vor ihr, Sie bittet und weint und küßt seine Hände, -- Und rufend erwacht sie und liegt erschrocken, Anden Mastbaum gelehnt, auf dem hohen Verdeck, Stand ich und hört' ich des Vogels Gesang. ΙΟ 20 30 Wie schwarzgrüne Rosse mit silbernen Mähnen, Mit schimmernden Segeln, die Helgolander, Und prangte die ewige Sonne, Die Rose des Himmels, die feuerblühende, Und Himmel und Meer und mein eigenes Herz Sie liebt ihn! sie liebt ihn ! ΙΟ 20 IX IM HAFEN Glücklich der Mann, der den Hafen erreicht hat, Und hinter sich ließ das Meer und die Stürme, Und jetzo warm und ruhig sitzt Im guten Rathskeller zu Bremen. Wie doch die Welt so traulich und lieblich Im Römerglas' sich wiederspiegelt, Und wie der wogende Mikrokosmus Sonnig hinabfließt in's durstige Herz! Alte und neue Völkergeschichte, Türken und Griechen, Hegel und Gans, Berlin und Schilda und Tunis und Hamburg, O, wie schön ! wie schön bist du, Geliebte ! Nicht wie die Rose von Schiras, Die hafisbesungene Nachtigallbraut; Die heiligrothe, prophetengefeierte ; Du bist wie die Ros' im Rathskeller zu Bremen. Je älter sie wird, je lieblicher blüht sie, Und ihr himmlischer Duft, er hat mich beseligt, Der brave Mann! wir saßen beisammen Wir sprachen von hohen, heimlichen Dingen, Erschlossen sich mir die Pforten des Heils, Das sind Männer! Unscheinbar von außen, in hölzernen Röcklein, Sie sind von innen schöner und leuchtender Denn all die stolzen Leviten des Tempels Nicht unter ganz gemeinen Leuten, Hallelujah! Wie lieblich umwehen mich Die Palmen von Beth El! Wie duften die Myrrhen vom Hebron ! Wie rauscht der Jordan und taumelt vor Freude! N 30 40 50 60 IO 20 Und ich taum'le mit ihr, und taumelnd Du braver Rathskellermeister von Bremen ! Ist nur eine rothe, betrunkene Nase, Und um die rothe Weltgeist-Nase X EPILOG Wie auf dem Felde die Weizenhalmen, Die Gedanken. Aber die zarten Gedanken der Liebe Sind wie lustig dazwischenblühende Roth' und blaue Blumen ! Der mürrische Schnitter verwirft Euch als nutzlos, Sogar der hablose Wanderer, Den Eu'r Anblick ergötzt und erquickt, Schüttelt das Haupt, Und nennt Euch schönes Unkraut. Aber die ländliche Jungfrau, Die Kränzewinderin, Verehrt Euch und pflückt Euch, Und schmückt mit Euch die schönen Locken, Und also geziert, eilt sie zum Tanzplatz, Wo Pfeifen und Geigen lieblich ertönen, Oder zur stillen Buche, Wo die Stimme des Liebsten noch lieblicher tönt NOTES (Abbreviations: Ged.=Gedichte, 1822; Abz.=Abendzeitung; G.G. = Gubitz's JUNGE LEIDEN The title recalls Goethe's line in the "Zueignung" to Faust (21): "Mein Leid ertönt der unbekannten Menge." Justinus Kerner, too, sings (Sämtliche poetische Werke, ed. Gaismaier, Leipzig, 1905, i. p. 65): Poesie ist tiefes Schmerzen, TRAUMBILDER For the dream as a poetic motive Heine had before him the example of the Volkslied (Des Knaben Wunderhorn, ed. Boxberger, ii. p. 85: "Der Traum "), of Uhland (the poem "Untreue" among others), and of Byron's "Dream." In his Elementargeister (Werke, ed. Elster, iv. p. 389) he quotes an example from Grimm's Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen. The contrast in Heine's Traumbilder between the vision and the awakening contains in germ the dissonance and irony of his later pieces. I. The title in Ged. is "Zueignung." 2. Resede. For the mignonette as a symbol of love cp. H. von Gilm, "Stell' auf den Tisch die duftenden Reseden." 7. glutenwild, "glowing with passion,” almost synonymous with the older reading "gluterfüllt." II. The title in H. W. (February 8, 1817) was "Der Traum"; in Ged. (p. 2) "Die Wundermaid.' The idea of the lover seeing himself in the grave (last verse) is a reminiscence of the Volkslied (Des Knaben Wunderhorn, ii. p. 77, and iii. p. 312). W. Sharp speaks very favourably of this poem, as of the Traumbilder in general: "These early poems of Heine are very remarkable, not only for their imaginative quality and technical excellence, but for their individual note and their subtlety of metrical music" (Life of Heine, pp. 32 f.). The metrical form of the answers of the maid in verses 7, 13, and 19 is derived from Bürger ("Spinnerlied," ed. A. Sauer, p. 74): |