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Worüber schon manche Häupter gegrübelt,
Häupter in Hieroglyphenmützen,

Häupter in Turban und schwarzem Barett,
Perückenhäupter und tausend andre
Arme, schwitzende Menschenhäupter
Sagt mir, was bedeutet der Mensch ?
Woher ist er kommen? Wo geht er hin?
Wer wohnt dort oben auf goldenen Sternen?"

Es murmeln die Wogen ihr ew'ges Gemurmel,
Es wehet der Wind, es fliehen die Wolken,
Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt,
Und ein Narr wartet auf Antwort.

IO

VIII

DER PHÖNIX

Es kommt ein Vogel geflogen aus Westen,

Er fliegt gen Osten,

Nach der östlichen Gartenheimath,

Wo Spezereien duften und wachsen,

Und Palmen rauschen und Brunnen kühlen
Und fliegend singt der Wundervogel :

"Sie liebt ihn ! sie liebt ihn!

Sie trägt sein Bildniß im kleinen Herzen,
Und trägt es süß und heimlich verborgen,
Und weiß es selbst nicht!

Aber im Traume steht er vor ihr,

Sie bittet und weint und küßt seine Hände,
Und ruft seinen Namen,

--

Und rufend erwacht sie und liegt erschrocken,
Und reibt sich verwundert die schönen Augen
Sie liebt ihn! sie liebt ihn!"

Anden Mastbaum gelehnt, auf dem hohen Verdeck, Stand ich und hört' ich des Vogels Gesang.

ΙΟ

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Wie schwarzgrüne Rosse mit silbernen Mähnen,
Sprangen die weißgekräuselten Wellen;
Wie Schwänenzüge schifften vorüber,

Mit schimmernden Segeln, die Helgolander,
Die kecken Nomaden der Nordsee;
Über mir, in dem ewigen Blau,
Flatterte weißes Gewölk

Und prangte die ewige Sonne,

Die Rose des Himmels, die feuerblühende,
Die freudvoll im Meer sich bespiegelte; -

Und Himmel und Meer und mein eigenes Herz
Ertönten im Nachhall:

Sie liebt ihn! sie liebt ihn !

ΙΟ

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IX

IM HAFEN

Glücklich der Mann, der den Hafen erreicht hat, Und hinter sich ließ das Meer und die Stürme, Und jetzo warm und ruhig sitzt

Im guten Rathskeller zu Bremen.

Wie doch die Welt so traulich und lieblich

Im Römerglas' sich wiederspiegelt,

Und wie der wogende Mikrokosmus

Sonnig hinabfließt in's durstige Herz!
Alles erblick' ich im Glas,

Alte und neue Völkergeschichte,

Türken und Griechen, Hegel und Gans,
Zitronenwälder und Wachtparaden,

Berlin und Schilda und Tunis und Hamburg,
Vor allem aber das Bild der Geliebten,
Das Engelköpfchen auf Rheinweingoldgrund.

O, wie schön ! wie schön bist du, Geliebte !
Du bist wie eine Rose!

Nicht wie die Rose von Schiras,

Die hafisbesungene Nachtigallbraut;
Nicht wie die Rose von Saron,

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Die heiligrothe, prophetengefeierte ;

Du bist wie die Ros' im Rathskeller zu Bremen.
Das ist die Rose der Rosen,

Je älter sie wird, je lieblicher blüht sie,

Und ihr himmlischer Duft, er hat mich beseligt,
Er hat mich begeistert, er hat mich berauscht,
Und hielt mich nicht fest, am Schopfe fest,
Der Rathskellermeister von Bremen,
Ich wäre gepurzelt!

Der brave Mann! wir saßen beisammen
Und tranken wie Brüder,

Wir sprachen von hohen, heimlichen Dingen,
Wir seufzten und sanken uns in die Arme,
Und er hat mich bekehrt zum Glauben der Liebe,
Ich trank auf das Wohl meiner bittersten Feinde,
Und allen schlechten Poeten vergab ich,
Wie einst mir selber vergeben soll werden, -
Ich weinte vor Andacht, und endlich

Erschlossen sich mir die Pforten des Heils,
Wo die zwölf Apostel, die heil'gen Stückfässer,
Schweigend pred'gen, und doch so verständlich
Für alle Völker. ·

Das sind Männer!

Unscheinbar von außen, in hölzernen Röcklein,

Sie sind von innen schöner und leuchtender

Denn all die stolzen Leviten des Tempels
Und des Herodes Trabanten und Höflinge,
Die goldgeschmückten, die purpurgekleideten
Hab' ich doch immer gesagt,

Nicht unter ganz gemeinen Leuten,
Nein, in der allerbesten Gesellschaft,
Lebte beständig der König des Himmels!

Hallelujah! Wie lieblich umwehen mich

Die Palmen von Beth El!

Wie duften die Myrrhen vom Hebron !

Wie rauscht der Jordan und taumelt vor Freude!
Auch meine unsterbliche Seele taumelt,

N

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IO

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Und ich taum'le mit ihr, und taumelnd
Bringt mich die Treppe hinauf, an's Tagslicht,
Der brave Rathskellermeister von Bremen.

Du braver Rathskellermeister von Bremen !
Siehst du, auf den Dächern der Häuser sitzen
Die Engel und sind betrunken und singen;
Die glühende Sonne dort oben

Ist nur eine rothe, betrunkene Nase,
Die Nase des Weltgeist's;

Und um die rothe Weltgeist-Nase
Dreht sich die ganze, betrunkene Welt.

X

EPILOG

Wie auf dem Felde die Weizenhalmen,
So wachsen und wogen im Menschengeist

Die Gedanken.

Aber die zarten Gedanken der Liebe

Sind wie lustig dazwischenblühende
Roth' und blaue Blumen.

Roth' und blaue Blumen !

Der mürrische Schnitter verwirft Euch als nutzlos,
Hölzerne Flegel zerdreschen Euch höhnend,

Sogar der hablose Wanderer,

Den Eu'r Anblick ergötzt und erquickt,

Schüttelt das Haupt,

Und nennt Euch schönes Unkraut.

Aber die ländliche Jungfrau,

Die Kränzewinderin,

Verehrt Euch und pflückt Euch,

Und schmückt mit Euch die schönen Locken,

Und also geziert, eilt sie zum Tanzplatz,

Wo Pfeifen und Geigen lieblich ertönen,

Oder zur stillen Buche,

Wo die Stimme des Liebsten noch lieblicher tönt
Als Pfeifen und Geigen.

NOTES

(Abbreviations: Ged.=Gedichte, 1822; Abz.=Abendzeitung; G.G. = Gubitz's
Gesellschafter; H. W.-Hamburgs Wächter.)

JUNGE LEIDEN

The title recalls Goethe's line in the "Zueignung" to Faust (21): "Mein Leid ertönt der unbekannten Menge." Justinus Kerner, too, sings (Sämtliche poetische Werke, ed. Gaismaier, Leipzig, 1905, i. p. 65):

Poesie ist tiefes Schmerzen,
Und es kommt das echte Lied
Einzig aus dem Menschenherzen,
Das ein tiefes Leid durchglüht.

TRAUMBILDER

For the dream as a poetic motive Heine had before him the example of the Volkslied (Des Knaben Wunderhorn, ed. Boxberger, ii. p. 85: "Der Traum "), of Uhland (the poem "Untreue" among others), and of Byron's "Dream." In his Elementargeister (Werke, ed. Elster, iv. p. 389) he quotes an example from Grimm's Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen. The contrast in Heine's Traumbilder between the vision and the awakening contains in germ the dissonance and irony of his later pieces.

I. The title in Ged. is "Zueignung." 2. Resede. For the mignonette as a symbol of love cp. H. von Gilm, "Stell' auf den Tisch die duftenden Reseden." 7. glutenwild, "glowing with passion,” almost synonymous with the older reading "gluterfüllt."

II. The title in H. W. (February 8, 1817) was "Der Traum"; in Ged. (p. 2) "Die Wundermaid.' The idea of the lover seeing himself in the grave (last verse) is a reminiscence of the Volkslied (Des Knaben Wunderhorn, ii. p. 77, and iii. p. 312). W. Sharp speaks very favourably of this poem, as of the Traumbilder in general: "These early poems of Heine are very remarkable, not only for their imaginative quality and technical excellence, but for their individual note and their subtlety of metrical music" (Life of Heine, pp. 32 f.). The metrical form of the answers of the maid in verses 7, 13, and 19 is derived from Bürger ("Spinnerlied," ed. A. Sauer, p. 74):

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