페이지 이미지
PDF
ePub

führen. Der Herr wird arm und dient, der Diener wird reich und spielt den Herrn. Verächtliches ist nichts dabei; deswegen ist hier auch das Verhältnifs des Dieners zum Herrn ganz anders als in Europa, es ist viel vertraulicher und wird oft zur Freundschaft. Die Folge davon ist, dafs auch der Diener viel mehr Ergebenheit zeigt, als in jedem andern Lande; er mag alle Laster haben, dennoch besitzt er die in einem so wilden Lande unschätzbare Tugend, treu zu sein bis in den Tod, dem er für seinen Herrn mit Freude entgegengeht. Geburtsstolz wird man aus dem angeführten Grunde bei den Abyssiniern kaum finden; viel stärker ist der Geldstolz. Da das Geld hier zehnmal mehr werth ist, als in Europa, und die gröfsten Handelsleute nicht mehr als ein paar tausend Thaler besitzen, muss es einem Europäer lächerlich vorkommen, Leute mit einem Vermögen von einigen hundert Thalern eine Grandezza annehmen zu sehen, wie wir sie bei unsern Millionären nicht finden. Wenn man einen Néggadé antrifft, der seine Guari bis zu den Augen emporzieht, was den Umstehenden zeigen soll, dafs er sie als ihm untergeordnete Personen betrachtet, so kann man sicher sein, einen Capitalisten von wenigstens 300 Edri vor sich zu haben, die freilich mit eigenem langjährigen Schweifse erworben sind. Doch giebt solche Anmafsung, die dann und wann auch gegen den Europäer an den Tag tritt, eher Stoff zur Erheiterung als zum Verdrufs. Uebrigens finden sich viele ehrenwerthe Ausnahmen, besonders unter den reicheren Kaufleuten, die von der Welt genug gesehen haben, um zu wissen, dafs es noch gröfsere Geldherren giebt, als die abyssinischen Néggadé.

Die mohammedanischen Abyssinier sind ohne Zweifel bedeutendere und bessere Handelsleute, als ihre christlichen Landsleute; ihr Hauptgeschäft ist der Sklavenhandel, der sie oft nach Djidda führt. Ich habe nie ein Volk gesehen, das sich seine Religion so wahrhaft innig zu Herzen nimmt, wie diese Mohammedaner, die neben ihren Glaubensbrüdern, den Arabern, in Zucht und Rechtlichkeit wie Engel dastehen und wahre Früchte des Glaubens hervorbringen. Ohne Zweifel wirkt darauf der Umstand ein, dafs sie in Abyssinien die Minorität bilden, die stets mehr auf sich achtet, als die Majorität, wie es auch in den paritätischen Ländern Europa's sichtbar ist. Die abyssinischen Muslimim sind ihrem Glauben sehr zugethan, oft sogar etwas fanatisch, was aber nie offen hervortritt. Sie dienen in Abyssinien als Zöllner, wie die Kopten in Egypten, sind durchschnittlich gebildeter, als die Christen, und bessere Rechner und Diplomaten, weswegen sie oft zu Gesandtschaften zwischen christlichen Fürsten gebraucht werden. Sie sind in der Welt des Islam sehr gut angesehen und es gehen aus ihrer Mitte oft Scheichs hervor, die man auch in Djidda und dem übrigen

Arabien sehr hoch verehrt und eines näheren Umganges mit Gott theilhaftig glaubt.

Jede Karawane theilt sich in verschiedene Gruppen, nach den bedeutenderen Kaufleuten, aus denen sie besteht, und um die sich die kleineren wie zu ihrem Hause gehörig schaaren. Das Haupt ist der Neggaderas, der frei gewählt wird und während der Reise die Ausgaben für Zölle und andere Abgaben für die ganze Gemeinschaft bestreitet und erst später die Auslagen von jedem Einzelnen einzieht. Das Leben während der Reise ist nicht unangenehm. Man macht ganz kurze Märsche, lagert immer aufserhalb der Städte im Schatten eines grofsen Baumes und erfreut sich mit Trinkgelagen (wozu man sich stets hinlänglich mit Honig versieht), wo nicht selten die Eifersucht der Chefs, durch die Trunkenheit aufgestachelt, tödtlichen Streit veranlafst, der zuweilen mit den Waffen ausgefochten wird.

Die Wahl der Waaren, die ein Néggadé nach Massua bringt, ist durch alte Gewohnheit geregelt; es würde einem kleinen Handelsmanne sehr übel genommen werden, wenn er Elfenbein und Gold mit sich brächte, was nur den grofsen Kaufleuten gestattet ist.

Der christliche Néggadé ist listig und interessirt, aber nicht sehr intelligent und ein ziemlich schlechter Rechner, daher ihn sein Geschäftsfreund in Massua, der mohammedanische Nesil, mit guten Worten nach seinem Wunsche, aber natürlich nicht immer zum Vortheil des Christen zu behandeln versteht. Aber der Krug geht eben nur so lange zum Brunnen, bis er bricht, und Rechtlichkeit bewährt sich auch in Massua als die einzig dauerbare Grundlage des Verkehrs.

Unter den Handelsartikeln wird Wachs aus den Provinzen Tigré, Gotscham, Korata, Amhara und von Gallabeit fast ausschliesslich nach Massua geführt. Das Tigré-Wachs ist roh, schwarz und sehr schmutzig; Gallabeit ist fast weifs und verlangt keine andere Reinigung. Die anderen Provenienzen sind hellgelb und schon einmal gereinigt. In Massua nimmt man eine letzte Reinigung vor und giefst Idas Wachs in Brote von etwa 20 Pfund um. Es giebt hier mehrere Leute, die sich nur mit dem Bleichen des Wachses abgeben, indem sie es in dünnen Schnitten der Sonne aussetzen. Dieses weifse Wachs geht meist nach Djidda für den Localgebrauch, während vom gelben viel nach Cairo und Europa kommt. Das letzte Jahr hat man ansehnliche Quantitäten nach Bourbon und Bombay exportirt. Es mögen jedes Jahr 4-500 Centner Wachs in Massua ankommen, und die Zufuhr wächst mit der Nachfrage, da das Wachs reichlich und zum Theil in Landschaften gewonnen wird, deren Verkehr mit Massua vom Wasserstande des Takkaze unabhängig ist.

Der Kaffee ist das Hauptproduct der Gallaländer (Gudru, Narea, Kaffa); die erste Qualität, Gudru, hat kleine gelbliche Bohnen mit einem starken Aroma. Man vermischt sie aber oft mit der untergeordneten Sorte vom Gotscham, die grofse grüne Bohnen hat und so dem Mochakaffee ähnlich sieht. Der Gallakaffee wird selten rein von Massua exportirt; die Eingeborenen mischen ihn mit dem Mocha, wodurch dieser etwas wohlfeiler zu stehen kommt. In Cairo und Syrien schätzt man nur diese letztere Qualität. Die Hauptkarawanen des Kaffee's kommen im Sommer an und die Zufuhr schwankt sehr, zwischen 300 und 2000 Centnern jährlich. Beim Ankauf unterscheidet man keine Qualitäten; man nimmt ihn, wie er sich in der Girbeh findet, mit vielem Staub, Hülsen und schwarzen Körnern vermischt. Es ist bekannt, dass das Wort Kaffee aus dem Gallalande Kaffa stammt, dem Heimathlande der Sorten des Jemen und somit der ganzen Welt; doch während die vielen verschiedenen Töchter ihre Liebhaber gefunden haben, bleibt die Mutter ganz unbeachtet. Der Gallakaffee ist nie auf den europäischen Markt gekommen, obwohl er des feinen Geruchs und Geschmacks nicht ermangelt.

Das Elfenbein kommt von allen Gebirgsländern dieses Continents, die waldig, nicht zu kalt und nicht übervölkert sind, vom Tigré bis zu den fernsten Gallas und von den Habab bis zum Sennaar. Den Werth des alljährlich nach Massua geführten Elfenbeins kann man auf mehr als 20,000 Thaler veranschlagen, und die ganze Quantität wird gewöhnlich in Bausch und Bogen von den indischen Kaufleuten (Banianen) angekauft. Schon 4 Tagereisen von Massua, in den Habab, wird auf Elephanten gejagt. Es finden sich unter den Belau mehrere gute Schützen, die nach einer Abmachung mit Handelsleuten, welche ihnen das Material vorstrecken, auf halben Gewinn, mit einem kurzen, sehr schweren, massiven Luntengewehr von bedeutendem Kaliber auf diese Jagd ausziehen. Sie zielen, indem sie den Lauf auf die Schulter eines Begleiters auflegen, was den Rückschlag dieser kleinen Kanone schwächt. Der englische Consul in Massua hat dieses Gewehr in England vervollkommnen lassen, so dafs es jetzt viel leichter und genauer und mit Piston versehen ist. Vielleicht könnte man es mit einem soliden Schweizerstutzen mit konischer Kugel ersetzen, was ich bald selbst zu versuchen hoffe. Man findet sehr gute Elephantenjäger in Arkiko und unter den Abyssiniern; bei Vorsicht ist die Jagd nicht sehr gefährlich, doch sind noch wenige der in Massua bekannten Jäger eines natürlichen Todes gestorben.

Moschus kam früher in grofser Menge nach Massua; doch da diesem Artikel in Djidda und Cairo wenig nachgefragt wird, ist der

Handel damit fast ganz aufgegeben. Dagegen wird Gold auch jetzt noch reichlich nach Massua gebracht und von hier nach Bombay exportirt. Beim Ankauf wird es im Kohlenfeuer geprüft.

Für Sklaven war Massua früher ein bedeutender Markt; jetzt hat der Sklavenhandel aber sehr abgenommen, und im letzten Jahre kamen kaum 1000 Köpfe an, meist Mädchen. Schangallas werden nur in geringer Anzahl als Sklaven nach Massua geführt und bleiben meistens hier zum gewöhnlichen Hausdienst. Die Gallas aber werden gröfstentheils nach Djidda exportirt und theuer bezahlt. Sie sind sehr schön, aber durchgängig hochmüthig und perfid. Sie werden nie zu niederen Diensten verwandt, wozu sie sich kaum verstehen würden. Sie glauben sich bestimmt, im Hause zu regieren, und stechen bei ihrem energischen Charakter die Hausfrau sehr leicht aus. Ihr Vaterland sind die Gallaländer, Gudru, Sedamé etc., wo die mohammedanischen Kaufleute die Kinder von den Dörfern weglocken, fortschleppen und auf den Markt des Gotscham bringen, wie mir mein kleiner Gabriot, den ich loskaufen liefs, oft schluchzend erzählte. Es ist den christlichen Abyssiniern unter Leibesstrafe verboten, sich am Sklavenhandel zu betheiligen; doch war es leicht, das Blutgesetz des Ubié zu umgehen, zumal da man kein Verbrechen darin sieht, Heiden zu Sklaven zu machen. Die Gallaknaben werden gewöhnlich von türkischen Offizieren angekauft und in die Armee, unter die Lohntruppen des Sultan's im Jemen und Djidda, eingereiht. Die Mädchen kommen in den Harem und gewöhnlich hat man sich über sie mehr zu beklagen, als dafs sie beklagt zu werden verdienten: denn nebenbei muss ich bemerken im Allgemeinen behandeln die Europäer ihre freien Diener schlechter, als die Muslimin die Sklaven. Der Haupthandelsplatz für Sklaven ist Zeila, trotz der Nachbarschaft Adens und der Landsleute von Wilberforce.

[ocr errors]

In früheren Jahren kamen sehr oft Schiffe aus Bourbon und Mauritius, um abyssinische Maulthiere und Pferde zu laden, die in den dortigen Plantagen angewandt werden sollten. Nach längerer Unterbrechung kam im verflossenen Jahre wieder eine solche Ladung zu Stande. Die Maulthiere gelten im Durchschnitt nur 10 Thaler, doch mufs man riskiren, dafs ein Theil der Ladung auf der Ueberfahrt zu Grunde geht; bei gutem Winde und hinlänglichem Wasser und Heu hat man indefs keinen beträchtlichen Verlust zu besorgen. Das abyssinische Pferd ist schön, ein guter Renner, doch hat es nicht den eleganten Bau und die Intelligenz des ächten Netsch.

Abyssiniens Ausfuhrhandel könnte noch sehr erweitert werden. Das Land ist reich und vielgestaltig; alle Klimate sind in seinen Gren

zen vertreten, von der Kälte des Semien bis zu der Fieberhitze der Takkazé-Ufer.

Der Abyssinier ist durch seine Naturanlage Ackerbauer und überläfst die Ausübung von Künsten und Gewerben meist den Juden (Falaschas); demungeachtet sind die so verachteten Gewerbe, die sich mit dem Stein und dem Eisen befassen, zu einer seltenen Vollkommenheit, besonders in Gondar, gebracht. Der Ackerbau wird sorgfältig betrieben, doch lassen die beständigen Kriege dem unglücklichen Landmann keine Ruhe, und, seiner Ernte beraubt, zieht er es vor, selbst Soldat zu werden, um nicht zu säen, wo ihm zu ernten nicht vergönnt ist. So liegen jetzt viele fruchtbare Striche wüst; aus dem Pfluge hat man ein Schwert geschmiedet. Im Friedenszustande könnte Abyssinien viel ausführen und mit Leichtigkeit den egyptischen Weizen von den Seemärkten des Rothen Meeres verdrängen.

Die Schwierigkeit des Transports, aus Mangel an Strafsen, ist aufser dem Kriege das einzige Hindernifs der wahren Entwickelung des abyssinischen Handels; das Land ist so gebirgig, die Pässe so schmal und steil, dafs selbst das vorsichtige Maulthier nur mit Mühe und Gefahr seinen Weg findet.

Man bringt viel rothen Pfeffer von sehr guter Qualität für den Platzverbrauch nach Massua. Er wird bei allen abyssinischen Speisen verwendet. Der schwarze gewöhnliche Pfeffer wird vom Jemen nach Abyssinien eingeführt.

Abyssinien erzeugt eine gute Baumwolle, die aber für den Landesgebrauch so wenig ausreicht, dass man ihr Massen von Surate beimischt, die von den Banianen nach Massua gebracht werden. Das Spinnen derselben ist die gewöhnliche Beschäftigung der Frauen aller Klassen, die darin wahrhafte Meisterinnen sind. Alle Kleider werden im Lande gesponnen; die rohen Baumwollenzeuge egyptischer oder englischer Fabrication taugen für das meist kalte Abyssinien nicht. Man kennt das Färben der Stoffe nicht und bedarf deshalb der Einfuhr besonders von rothen Baumwollenzeugen aus Indien, mit denen man die weifsen Togen (Guari) säumt.

Für einen Europäer ist es nicht schwer, Besitzungen in Abyssinien zu erhalten; fast alle Reisende, die dorthin gekommen sind, haben solche gehabt. Doch bis jetzt besteht der einzige Nutzen derselben in der Einführung der Kartoffeln durch Herrn Schimper.

An Metallen ist Abyssinien reich, sie sind aber meistens unbenutzt. Das Eisen wird im Lande bearbeitet, freilich auf sehr unvollkommene Weise. Blei ist fast unbekannt; die Kugeln werden meist aus Eisen gemacht. Das Kupfer, das zu allen Küchengeräthschaften

« 이전계속 »