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zu wählen, wobei es unmöglich an Bewegungsgründen gefehlt haben kann, seinen Willen zu bestimmen.

K. Ich habe diese kleine Premontralsche Schrift noch nicht gelesen; allein alle Einwürfe dieses Schriftstels lers wider die Leibnißische Weltweisheit sind fast von gleis chem Schlage. Man darf nur die Ontologie ein wenig zu Rathe ziehn, um die Schwächen seiner Gründe vollkom men einzusehen. Der Haupteinwurf, auf welchen er sich in seinen pensées fur la liberté allenthalben stüßt, und der wider den Leibnißischen Unterschied zwischen nothwendigen und zufälligen Wahrheiten gerichtet ist, ist meines Erach tens nichts als ein spißfindiger Trugschluß, dessen Blöße man mit leichter Mühe entdecken kann.

N. Und gleichwohl kenne ich so manchen eifrigen Leibnizianer, den dieser Einwurf in Verlegenheit geseht hat. Sie konnten unmöglich einen Unterschied finden, zwis schen der Bedingung, die eine jede mathematische Wahr: heit vorausseßt, und zwischen derjenigen, die zu einer soge nannten zufälligen Wahrheit erfordert wird.

K. Dies kann seyn; denn die eifrighten Leibnizia: ner sind nicht immer diejenigen, die sich seine Gründe am besten zu Nuße zu machen wissen. Der Geist der Par theilichkeit blendet die Augen der scharfsichtigsten Weltweisen. Wir werden uns heute nicht lange unters Aber doch noch ein paar Worte!

Und

halten können. mehr braucht es auch nicht, als ein paar Worte, Ihnen zu zeigen, daß sich die ganze Schwierigkeit, die man in dieser Lehre zu finden geglaubt, bloß auf einen Misverstand gründet. Premontral, so wie diejenigen, die seine Gründe nicht zu widerlegen gewusst, haben geglaubt, es wäre zu einer bedingten Wahrheit genug, wenn man sich des Wört chens Wenn dabei bedienen könnee. Sie haben sich daher billig verwundert, da sie gesehen, sie könnten alle mathema

tischen

sischen Wahrheiten mit einem Wenn ausdrücken. Leibnißen und Wolfen hingegen würde dieses gar nicht befremdet haben. Sie wussten allzuwohl, daß man einen jeden kategorischen Sah in der Mathematik in einen bedingten verwandeln könne, wenn man die wesentliche Bestimmung, welche das Subjekt in seiner Unterart bestimmt, zu einer Bedingung macht. *) Werden aber die Wahrheiten deswegen zufålTig? Wir wollen sehen. Ich werde mich des Beispiels des Herrn von Premontral bedienen. Alle Winkel eines Tris angels zusammen sind so viel, als zwei rechte Winkel, oder, um diesen Saß bedingungsweise auszudrücken; wenn ein Raum von drei Seiten eingeschlossen wird, so sind 2. Was seht dieser Lehrsaß voraus? Daß etwa ein Triangel vorhanden sei? Keinesweges! Er seht nur voraus, daß drei Seiten ohne Widerspruch einen Raum einschließen können. Diese Wahrheit ist nothwendig, denn der Begriff eines Triangels enthält nothwendig keinen Widerspruch. Nun, `mehr zeichnen Sie einen Triangel auf den Tisch, und sagen Sie: dieser Triangel hat drei Winkel, die so viel sind 2c. Was seht nunmehr dieser Saß zum voraus? Ohne Zweifel, daß die Figur, die Sie gezeichnet haben, ein Triangel sei. War es aber nothwendig, daß Sie hier einen Triangel zeichneten? Gewiß nein! Denn der Gegensaß:,, diese Figur ist ein Triangel,” enthält keinen Widerspruch. Also ist ihr Saß zufällig, und nur in einem gewissen Falle wahr. Sie können dieses sehr leicht auf alle Wahrheiten ohne Unterschied anwenden, und daraus den Schluß zies hen, daß ein Sak, welcher eine bloße Möglichkeit vorausseßet, unbedingt und nothwendig sei; denn ein mögliches Ding ist nothwendig möglich, oder was keinen Widerspruch enthält, enthält nothwendig keinen Widerspruch. Hingegen ein Saß, der eine nicht nothwendige Wirklichkeit vor

ausseßt.

*) Siehe Wolfens lat. Logik, §. 226. Propofitiones categoricae aequivalent hypotheticis et ad eas reduci poffunt.

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ausseßt, ist nur zufällig wahr. Dieses sind die Grenzen, die die Meßkünstler von den Naturkündigern scheiden. Jener seht nur die Möglichkeit gewisser Begriffe voraus, statt daß sich dieser mit den Körpern, so wie sie wirklich sind, beschäfftigt.

N. Ich begreife dieses alles sehr wohl. ́Allein eine einzige Schwierigkeit liegt mir noch im Wege, die ich Sie bitte, mir zu heben. Fliesst nicht aus Ihrer Erklärung, daß ein jeder Sah, der eine nothwendige Bedingung vorausseßt, nothwendig seyn müsse?

K.

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Unwidersprechlich.

N. Nun seht aber die, Eristenz dieser Welt eine `nothwendige Wahrheit, das Daseyn Gottes, voraus, und dennoch gestehen die Leibnizianer, daß sie zufällig sei.

K. Ihr Einwurf würde vollkommen gegründet seyn, wenn diese Welt nichts weiter, als bloß das Daseyn Got tes vorausseßte; allein der Wille Gottes wird eben sowohl Dazu erfordert, als sein Daseyn. Sein Wille aber ist nicht nothwendig.

Engel.

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Aus dem Philosophen für die Welt dieses so schägenswürs digen und eleganten Schriftstellers hebe ich folgenden Dialog aus, in welchem praktische Lebensweisheit mit Achtem Geist und heis Mrer Laune eingekleidet ift.

Tobias Witt.

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Herr Tobias Witt war aus einer nur måßigen Stadt gebürtig, und nie weit über die nächsten Dörfer gekommen. -Dennoch hatte er mehr von der Welt gesehen, als mancher, -der sein Erbtheil in Paris oder Neapel verzehrt hat. Er erzählte gern allerhand kleine Geschichtgen, die er sich hie und da aus eigner Erfahrung gesammlet hatte. Poetisches Verdienst hatten sie wenig, aber desto mehr praktisches, und das Besonderste an ihnen war, daß ihrer je zwei und zwei zusammen gehörten.

Einmal lobte ihn ein junger Bekannter, Herr Till, seiner Klugheit wegen. Ei, fieng der alte Witt an und schmunzelte; wår' ich denn wirklich so klug?

Die ganze Welt sagt's, Herr Witt. Und weil ich es auch gern würde

Je nun, wenn er das werden will; das ich leicht.
Er muß nur fleißig Acht geben, Herr Till, wie es die
Narren machen.

Was? Wie es die Narren machen?

Ja, Herr Till, und muß es denn anders machen, wie die.
Als zum Erempel.

Als zum Exempel, Herr Till: So lebte da hier in meiner Jugend ein alter Arithmetikus, ein dürres, gråm,

liches Männchen, Herr Veit mit Namen. Der gieng immer herum und murmelte vor sich selbst; in seis nem Leben sprach er mit keinem Menschen. Und einem ins Gesicht sehen, das that er noch weniger; immer guckte. er ganz finster in sich hinein. Wiz meynt er nun wohl,

Herr Till, daß die Leute den hiessen?

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ich da bei mir selbst denn der Titel stand mir nicht an wie der Herr Veit muß mans nicht machen.

Das ist

nicht fein. In sich selbst hineinsehen, das taugt nicht: sieh du den Leuten dreist ins Gesicht! Oder gar mit sich selbst sprechen; pfui! Sprich du lieber mit andern! Nun, was dünkt Jhm, Herr Till, hatt' ich da Recht? — Ei ja wohl, allerdings!

Aber ich weiß nicht, so ganz doch wohl nicht.

Denn

da lief noch ein anderer herum; das war der Tanzmeister, Herr Flink: der guckte aller Welt ins Gesicht, und plaus derte mit allem, was nur ein Ohr hatte, immer die Reihe herum; und den, Herr Till wie meint er wohl, daß die Leute den wieder hiessen?

Einen lustigen Kopf?

-

Weder

Beinahe! Sie hiessen ihn auch einen Narren. Hui, dacht' ich da wieder, das ist doch drolligt! Wie musst du es denn machen, um klug zu heissen? ganz, wie der Herr Veit, noch ganz wie der Herr Flink. Erst siehest du den Leuten hübsch dreist ins Gesicht, wie der eine, und dann siehst du hübsch bedächtig in dich ein, wie der andere. Erst sprichst du laut mit den Leuten, wie der Herr Flink, und dann insgeheim mit dir selbst, wie der Herr Beit. Sieht er, Herr Till, so habe ichs gemacht, und das ist das ganze Geheimniß.

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