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Neueste Literatur der Geschichte und Staatsku n st.

Historisch-politische Zeitschrift; herausgegeben von Leopold Ranke. Zweiter Band. Erstes Heft. Berlin, 1833, Duncker u. Humblot. 231 S. gr. 8.

Zwar hat diese Zeitschrift mit dem vorliegenden zweiten Bande den Verleger, aber weder den Redacteur, noch ihren Grundton gewechselt. Das vorliegende Heft bekundet, wie seine Vorgänger, dieselbe Gründlichkeit geschichtlicher Forschung; dieselbe Ruhe und Mäßigung einer

im Ganzen

Politik,

zum Princip der Stabilität sich hinneigenden ohne doch das, selbst historisch begründete, Recht besonnener Reformen auszuschließen, und dieselbe Würde der stylistischen Darstellung, welche eben so weit von der politischen Koketterie der in Unzahl auftauchenden Zeitschriftsteller, wie von dem centies repetitum der in den Ansichten des 18ten Jahrhunderts versteinerten Politiker sich entfernt. Darf übrigens Ref. zwei allgemeine Erinnerungen sich erlauben, wovon die erste das Materielle, die zweite das For: melle der Zeitschrift betrifft; so würde er, bei allem Ernste in der Behandlung der dargestellten Stoffe, doch den Abhandlungen eine größere Abwechselung und Mannigfaltigkeit von einer Mehrzahl sachkundiger und geistvoller Mitarbeiter wünschen, weil eben diese Mannigfaltigkeit, und die ́ damit unmittelbar verbundene Frische und Vielseitigkeit der Darstellung, den Lesekreis der Zeitschriften erweitert; und, in

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Hinsicht der Form dieser Zeitschrift, die doch zunächst auf Lesezirkel berechnet ist, der Bogenzahl nach schwächere, aber öfter erscheinende Hefte beantragen, weil, in der That, Hefte von 15 Bogen, wie das vorliegende, bei der Reichhaltigkeit ihres Stoffes, eine längere Zeit für das Durchlesen in Anspruch nehmen, als in den gewöhnlichen Lesekreisen verstattet werden kann.

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Das vorliegende Heft umschließt fünf einzelne Abhandlungen, die, bei aller innern Verschiedenheit, doch sämmtlich das Gepräge gründlicher Erörterung tragen. Ref. kann, nach der Bestimmung der Jahrbücher" nur kurz über dieselben berichten. Die erste ist überschrieben: Die großen Mächte, und hebt mit der Zeit Ludwigs 14 ..an. Man darf nicht übersehen, daß die Aufschrift selbst diese Abhandlung als Fragment historischer Ans fichten giebt. Denn so viele treffende Urtheile, geistreiche Zusammenstellungen, und nicht selten neue Ansichten sie enthålt; so dürfte doch die Nachweisung des innern Zusam= menhanges vermißt werden, wie, seit den Tagen Ludwigs 14, die im Vordergrunde der jeßigen Zeit stehenden europåischen Großmächte, nicht blos zu ihrer individuellen politischen Größe, sondern zu ihrem Nebeneinanderbestehen als Großmächte und zu ihrer Wechselwir kung, als solche, auf einander gelangten. Mit einem Worte: Ref. hätte gewünscht, daß der Verf. die gegenwärtige Stellung der fünf europäischen Großmächte → Englands und Frankreichs auf der einen, und Destreichs, Preußens und Rußlands auf der andern Seite theils nach dem geschichtlichen Ursprunge ihrer gegenwärtigen Macht und gegenseitigen Stellung, theils nach der Verschiedenheit des

Lebensprincips ihrer Politik, theils nach dem Einflusse dieser Verschiedenheit auf die Gesammtpolitik unsers Erdtheils nachgewiesen håtte.

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Ref. verkennt die Schwierigkeit einer solchen Entwickelung keinesweges; er ist aber überzeugt, daß die verschiedenen geschichtlichen Wendepuncte dieser Stellung in den Zeitabschnitten 1) des Hubertsburger Friedens, der über Preußens durchgekämpften Eintritt in die Reihe der europäischen Großmächte entschied; 2) der Theilung Polens, welche eins der vormaligen mächtigsten christlichen ́Reiche aus der Staatsgeographie des Erdtheils strich, und den europäischen Osten der Politik der westlichen Staaten nåherte; 3) des Unterganges des teutschen Reiches im Jahre 1806, welcher den Ausschlag über die vorübergehende Uebermacht Frankreichs gab; und 4) der Ergebnisse des Wiener Congresses liegen. Nach diesen Wendepuncten dürfte vielleicht ein geschichtlicher Abriß der allmählig stei: genden politischen Kraft der gegenwärtigen europäischen Großmächte, so wie ihrer wechselnden Stellung gegen einander von 1763 an bis auf den jeßigen Augenblick der Zeit, ausgemittelt werden können.

Der Verf. hebt mit Frankreich unter Ludwig 14 an, und schildert das Entstehen der damals von Frankreich erreichten Uebermacht. Wenn aber der Verf. (S. 11), nach der Würdigung des Einflusses dieses Uebergewichts auf das übrige Europa, hinzufügt: „Håtte zugleich die französische Literatur beide Richtungen, deren fie fähig war, die prote= stantische so gut wie die katholische ausgebildet; so würde Staat und Geist der Franzosen sich mit unwiderstehlicher Gewalt Europa unterworfen haben," fo erlaubt sich

Ref. den doppelten Zweifel: einmal ob die damalige französische Literatur auch der Ausbildung der „protestantischen Richtung fåhig" gewesen wåre; und dann, ob wohl der von Ludwig 14 ausgehende politische Absolutismus je Europa mit unwiderstehlicher Gewalt“ sich håtte unterwerfen können? Ref. ist nicht so befangen, die geschichtliche Unterlage des Absolutismus in mehrern europåischen Staaten und Reichen zu verkennen; er erklärt vielmehr das Daseyn des Absolutismus geradezu aus dieser geschichtlichen Unterlage des Volkslebens und der Volkscultur'; allein er ist auch fest überzeugt, daß — bei allem, selbst råthselhaftem, künftigen Wechsel der politischen Verhältnisse der Absolu tismus nie den ganzen Erdtheil mit unwiderstehlicher Gewalt" sich unterwerfen werde. Was im Mittelalter, unter ganz andern Verhältnissen, dem kirchlichen Absolutismus im Systeme der Hierarchie nicht gelang, kann unmöglich in neuerer Zeit dem politischen Absolutismus gelingen, obgleich die weitere Verbreitung desselben, und die von ihm beabsichtigte Beschränkung des constitutionellen Systems, keinesweges zu den politischen Unmöglichkeiten gehört.

Sehr treffend bemerkt (S. 11) der Verf., daß eben gegen Frankreichs versuchtes Principat unter Ludwig 14 der Begriff des politischen Gleichgewichts sich ausbildete, und daß um Holland und Wilhelm 3 die Kräfte des Widerstandes sich sammelten. Eben so bezeichnend ist die Erinnerung (S. 17), daß Oestreich erst durch die Wiedereroberung von Ungarn zu einer selbstståndigen und europäisch bedeutenden Macht ward. In geistreichen Umrissen schildert der Verf. (S. 23), wie Preußen unter Friedrich 2 in die Reihe der Großmächte eintrat. Allein

das eigentliche Thema zu Friedrichs 2 Politik sucht Ref. zunächst in Friedrichs 2 eigener Neußerung: Die Monarchie, welche Friedrich 1 seinen Nachkommen hinterließ, war eine Art Zwitter, welche mehr von der Natur des Churfürstenthums, als des Königreiches an sich hatte. Es war Ehre dabei zu gewinnen, dieses zweifelhafte Geschöpf zu bestimmen (hinterl. Werke, Th. I. S. 90).“ Sehr wahr sagt aber (S. 29) der Verf. von Friedrichs 2 Heraustritte aus dem siebenjährigen Kriege:,,Wenn es als der Begriff einer großen Macht aufgestellt werden könnte, daß sie sich wider alle andere, selbst zusammen genommen, zu halten vermögen müsse; so hatte Friedrich Preußen zu diesem Range erhoben. Seit den Zeiten der sächsischen Kaiser und Heinrichs des Löwen zum erstenmale sah man im nördlichen Teutschlande eine selbstständige, keines Bundes bedürftige, auf sich selber angewiesene, Macht."— Darauf deutet der Verf. darauf hin (S. 33), wie unmächtig Frankreich in der Mitte des 18ten Jahrhunderts geworden war, obgleich Ref. eine kurze Nachweisung für diese wichtige Erscheinung in dem tiefen Verfalle des innern Staatslebens Frankreichs gewünscht hätte; denn nur aus diesem Verfalle läßt sich die erbärmliche Rolle erklären, welche Frank reich feit Fleury's Tode bis zur Theilnahme an dem nordamerikanischen Kriege in dem europäischen Staatensysteme spielte. Wahr aber ist es, was der Verf. (S. 33) ausspricht, daß, seit der zweiten Hälfte des 18ten Jahrhunderts, ,,große Staaten aus eigener Kraft sich erhoben; daß neue nationale Selbstständigkeiten in ursprünglicher Macht den Schauplah der Welt eingenommen hatten. Destreich, katholisch-teutsch, militairisch-stabil, in sich selbst voll frischer,

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