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Denn die Bestimmung der geographischen Breiten ist von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängig, welche in erheblichem Grade dazu beitragen, den Genauigkeitsgrad der Beobachtungsresultate herabzusetzen. Es sind dies theils Fehler in den der Rechnung zu Grunde gelegten Stern-Positionen, die zum Theil darauf zurückzuführen sind, dass dieselben auf der nicht zutreffenden Basis der unveränderlichen Polhöhe des Beobachtungsortes abgeleitet worden sind; theils Unsicherheiten in den angewandten Reduktionselementen, insbesondere des absoluten Betrages der Refraktion; theils endlich Fehler, welche dem Instrument zur Last zu legen oder auf physiologische Einflüsse des Beobachters zurückzuführen sind.

In Betreff der Mannigfaltigkeit der Fehlerquellen steht aber gerade die Methode der Bestimmung der Breite durch Messung von Zenithdistanzen, welche in den früheren Zeiten fast ausschliesslich in Anwendung gekommen ist, obenan, und es darf daher nicht Wunder nehmen, dass gerade die Resultate dieser Methode weniger dazu geeignet erscheinen, die thatsächlich nur kleinen Schwankungen der geographischen Breiten wirklich zu erkennen.

Die zweite Methode der Bestimmung der geographischen Breite mittelst Durchgangsbeobachtungen im I. Vertikal ist in dieser Beziehung schon einwandsfreier, da sie die Polhöhe frei von den Fehlern in der Theilung der Kreise, der Unvollkommenheiten der mikrometrischen Hülfsapparate und der Kenntniss des absoluten Betrages der astronomischen Refraktion kennen lehrt, während sie andererseits zu ihrer erfolgreichen Anwendung ein stabil gebautes und sehr solid aufgestelltes Instrument, sowie eine sehr gute Beobachtungsuhr voraussetzt.

Noch zuverlässiger haben sich aber die Resultate erwiesen, welche neuerdings mittelst der Horrebow-Talcott-Methode: der mikrometrischen Messung der Differenzen von Meridian-Zenithdistanzen, erhalten worden sind. Diese Methode lässt an Durchsichtigkeit des Verfahrens kaum etwas zu wünschen übrig und scheint in der That nach den bisherigen Erfahrungen nur noch in ganz geringem Grade systematischen Fehlereinflüssen ausgesetzt zu sein.

Freilich sind auch die Resultate dieser Methode von der Annahme der Deklinationen der Sterne abhängig. Wenn man aber von der sogenannten Kettenmethode Gebrauch macht, welche darauf beruht, eine auf das ganze Jahr vertheilte Anzahl von Sternpaaren auszusuchen und die Beobachtungen so einzurichten, dass sie gegenseitig übergreifen, kann man sich auch von dieser Fehlerquelle frei machen. Denn bei Wiederkehr derselben Sterngruppe nach Ablauf eines Jahres wird der Kreis geschlossen, und es ist dann in Folge der Bedingung, dass der Schlussfehler Null betragen muss, sogar die

Möglichkeit geboten, die Beobachtungs-Resultate bis zu einem gewissen Grade einer Ausgleichung zu unterziehen.

Dieses Verfahren ist denn auch bei fast allen Beobachtungsreihen, welche im Laufe des letzten Jahrzehnts zum Zweck des Studiums der Breitenvariation ausgeführt worden sind, angewendet worden und hat in hohem Maasse dazu beigetragen, unsere Kenntniss der Lagenänderungen der Rotationsaxe zu erweitern.

Besonders förderlich hat sich in dieser Beziehung der Umstand erwiesen, dass, Dank den Bemühungen der Herren Foerster und Helmert, die Internationale Erdmessung die energische Verfolgung dieser Angelegenheit in die Hand nahm.

Zunächst wurden in den Jahren 1889 und 1890 Beobachtungsreihen in Berlin und Potsdam ausgeführt, denen sich dankenswerther Weise auch die Sternwarten in Prag und Strassburg anschlossen, und hierauf wurde in den Jahren 1891 und 1892 zum Zweck einer raschen und sicheren Feststellung der wahren Ursache der Breitenschwankungen eine Expedition nach Honolulu veranstaltet. Sodann wurde im Centralbureau ein Sammelpunkt für die Resultate aller Beobachtungsreihen geschaffen, welche zum Zweck des Studiums. der Breitenvariation während der letzten zehn Jahre ausgeführt worden sind und aus der Gesammtheit derselben wiederholt der wahrscheinlichste Verlauf der Polbewegung abgeleitet.1)

Nach der letzten Ausgleichung dieser Art, die ich mit Herrn Wanach im Januar dieses Jahres unternahm, hat sich für die Jahre 1890-1898 die nachstehende Bahn des Poles, bezogen auf eine mittlere Lage desselben, ergeben.

Der Momental-Pol beschreibt hiernach im Anfang dieser Periode eine nahezu kreisförmige Bahn von ca. 0'25 Radius um den mittleren Pol, nähert sich demselben dann in den Jahren 1894 und 1895 bis auf etwa o'i und erreicht in den Jahren 1897 und 1898 erneut eine Amplitude von o"2, ohne dass sich aber ein regelmässiger Verlauf dieser Bewegung konstatiren liesse. Die einzelnen Punkte dieser Kurve sind allerdings noch mit einer mittleren Unsicherheit von +003 behaftet, aber die Abweichungen vom regelmässigen Verlauf sind grösser, als dass sie sich durch die Unsicherheit in der Ableitung der Polpunkte erklären lassen.

Versuche, unter Hinzuziehung älteren Beobachtungsmaterials über das Gesetz dieser Polbewegung Aufschluss zu erhalten, sei es

1) Verhandlungen der Perm. Komm. der Int. Erdm. in Innsbruck 1894, Beilage A. III. Verhandlungen der XI. Allg. Konferenz der Int. Erdm. in Berlin 1895, Beilage A. I. - Verhandlungen der Perm. Komm. der Int. Erdm. in Lausanne 1896, Beilage A. I. Th. Albrecht Bericht über den Stand der Erforschung der Breitenvariation im Dezember 1897, Berlin 1898. – Dsgl. am Schlusse des Jahres 1898, Berlin 1899.

auch zunächst nur im Sinn einer interpolatorischen Darstellung der Kurve, sind mehrfach unternommen worden.

Insbesondere ist in dieser Beziehung der Arbeiten von Chandler1) zu gedenken, welche in den Bänden XI-XIX des Astronomical Journal enthalten sind. Nächstdem haben sich die Herren H. G. und E. F. van de Sande Bakhuyzen) in Leiden wiederholt mit dieser Frage beschäftigt.

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1) Chandler, Astronomical Journal, Vol. XI-XV, XVII-XIX.

2) H. G. van de Sande Bakhuyzen, Astronomische Nachrichten No. 3261, Band 136 S. 337-350; No. 3275, Band 137, S. 161-166.

E. F. van de Sande Bakhuyzen, On the motion of the Pole of the Earth according

to the observations of the years 1890-1896.

Some remarks upon the 14 monthly motion of the Pole of the Earth and upon the length of its period. Sitzungsberichte der Niederländischen Akademie der Wissenschaften, Abtheilung Naturkunde, 1898, S. 42-55 und 201-213. Sur le mouvement du pôle terrestre d'après les observations des années 1890-97, et les résultats des observations antérieures, Archives Néerlandaises des Sciences exactes et naturelles, Série II, Tome II, 1899, S. 447-486.

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Hiernach ist festgestellt, dass die Lagenänderungen des Poles in erster Linie auf ein Glied von jährlicher Periode, das wesentlich durch meteorologische Einflüsse veranlasst ist, und ein solches von 14-monatlicher Periode zurückgeführt werden können. Auf die letztere Dauer der Periode kommt man, wenn man in den Euler'schen Entwickelungen die Bedingung absoluter Starrheit des Erdkörpers fallen lässt und einen gewissen Grad der Plasticität desselben zulässt. Auch weist Gyldén1) auf eine Möglichkeit der Entstehung eines solchen Gliedes durch dem Geyser-Phänomen ähnliche Erscheinungen hin, welche vielleicht im Innern der Erde vor sich gehen. Dazu tritt ferner noch der Umstand, dass ein Glied von gleicher Dauer der Periode, welches mit den beobachteten Lagenänderungen der Rotationsaxe in guten Einklang zu bringen ist, von H. G. van de Sande. Bakhuyzen) in den Schwankungen der Höhe des Mittelwassers der Nordsee bei Helder während der Jahre 1855-1892 und von Christie3) in 28-jährigen Mareographen-Beobachtungen in San Francisco, sowie 18-jährigen dergleichen Beobachtungen in Pulpit Harbour, Maine, nachgewiesen worden ist.

Wenn sich aber hiernach durch zwei Glieder von 12- und 14-monatlicher Periode eine Kurve konstruiren lässt, welche den bisher beobachteten Verlauf der Polbewegung näherungsweise darstellt, so hat man damit die Erscheinung doch zunächst nur in den ersten Grundzügen erkannt. Über den Verlauf der Kurve im Einzelnen bleibt ein hoher Grad von Ungewissheit bestehen, und es fehlt insbesondere auch an jedem Aufschluss darüber, inwieweit ausser diesen beiden Hauptgliedern auch noch solche von längerer Dauer der Periode auftreten bzw. säkulare Änderungen der Polhöhe vor sich gehen. Schwankungen der letzteren Art hat man zwar in in den Beobachtungsresultaten einzelner Sternwarten zu erkennen geglaubt, indess haben die abgeleiteten Veränderungen einer strengen Kritik nicht Stand gehalten.

Um die Erscheinung in allen Einzelheiten zu erfassen, stellt es sich daher als nothwendig heraus, auch ferner ein reichhaltiges Beobachtungsmaterial zu sammeln.

In Bezug hierauf erweist sich aber das bisherige Verfahren der Ableitung der Polbewegung auf der Basis der freiwilligen Kooperation einer grösseren Anzahl beliebig vertheilter Beobachtungs

1) Gylden, Astronomische Nachrichten No. 3157, Band 132 S. 193-200.

2) H. G. van de Sande Bakhuyzen, Over de verandering der poolshoogte, Sitzungsberichte der Niederländischen Akademie der Wissenschaften, Abtheilung Naturkunde, 1894 S. 132-138. Astronomische Nachrichten No. 3261, Band 136, S. 337-350.

Christie, The Latitude-Variation Tide, Philosophical Society of Washington, Bulletin Vol. XIII, S. 103-122,

stationen weder vom ökonomischen Standpunkt aus geeignet, noch von demjenigen der Erlangung möglichst zuverlässiger Resultate.

Weit zweckmässiger erscheint das Verfahren, eine Anzahl passend gelegener Beobachtungsstationen genau auf dem gleichen Parallel auszuwählen, weil man in einem solchem Falle auf allen Stationen dieselben Sternpaare beobachten kann und dadurch in den Stand gesetzt ist, die Lagenänderungen des Poles unabhängig von der Unsicherheit in der Kenntniss der Aberrations - Konstante und den Fehlern in den angenommenen Positionen der Sterne bestimmen zu können, ohne auf den cyklischen Schluss angewiesen zu sein. Man wird auf den letzteren indess nicht verzichten, weil jede Kontrolle mehr für den Genauigkeitsgrad der Resultate von hervorragender Bedeutung ist. Auch wird bei einem einheitlich durchgeführten internationalen Unternehmen solcher Art in viel vollkommnerer Weise als bisher eine Übereinstimmung in der Anlage und der Ausrüstung der Stationen, sowie eine sorgfältige Vermeidung aller Fehlerquellen, aus denen eine systematische Beeinflussung der Resultate hervorgehen könnte, um so mehr zu erzielen sein, wie die Durchsichtigkeit des gesammten Verfahrens kaum etwas zu wünschen übrig lässt. Sofern nur bei der Auswahl der Stationen darauf Rücksicht genommen wird, dass das Zusammenwirken derselben günstige mathematische Bedingungen in Betreff der Bestimmung der Koordinaten der Polbewegung bietet, dass ferner die Stationen hinreichend gute sociale und hygienische Verhältnisse aufweisen, sowie in meteorologischer Beziehung in ausgiebiger Weise die Vornahme astronomischer Beobachtungen gestatten, und dass endlich auch die seismischen Verhältnisse derselben sich günstig gestalten, darf man mit voller Zuversicht erwarten, dass durch ein gemeinsames Unternehmen dieser Art unsere Kenntniss von dem wahren Verlauf der Polbewegung eine wesentliche Förderung erfahren wird.

Von diesen Gesichtspunkten geleitet, hat die Internationale Erdmessung auf ihrer XI. Allgemeinen Konferenz im Jahr 1895 in Berlin den Beschluss gefasst, auf gemeinsame Kosten einen internationalen Breitendienst zu begründen, und es ist nach mehrjährigen Vorbereitungen gerade gegenwärtig der Moment gekommen, wo auf dem als besonders geeignet erkannten Parallel von + 39° 8' die Beobachtungen auf den sechs Stationen: Mizusawa im Flussthal des Kitakami in Japan, Tschardjui am Amu-Darya in Central-Asien, Carloforte auf der Insel San Pietro westlich von Sardinien, Gaithersburg bei Washington, Sternwarte in Cincinnati und Ukiah im Californischen Küstengebirge begonnen haben. Wir dürfen den Resultaten dieses gemeinsamen Unternehmens mit grossem Interesse entgegensehen.

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