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In derselben Weise zeigen an vielen anderen Gletschern Spitzbergens recente Moränen, bis an spätglaciale Uferbildungen vorgeschoben, wie weit die Maxima der jetzigen, bzw. postglacialen Gletscherschwankungen sich erstreckt haben können.

Die entsprechenden Minima dagegen lagen wahrscheinlich etwas mehr landeinwärts als die jetzigen Gletscherränder; denn an mehreren von diesen, die doch oft stark zurückgetreten waren, kommen in den Randmoränen Fragmente von postglacialen Mollusken vor, die deutlich genug zeigen, dass freies Wasser sich in entsprechender Zeit weiter in das Land hineingestreckt hat als bis zum jetzigen Eisrand. Wie seit Jahren bekannt, zeigt auch diese postglaciale Fauna selbst, die an vielen verschiedenen Stellen beobachtet werden kann, durch ihre eigene Zusammensetzung, dass das damalige Klima etwas wärmer war als das jetzige, weil damals allgemeine Arten wie z. B. Littorina littorea, Mytilus edulis und Cyprina islandica seitdem auf Spitzbergen ausgestorben sind.

Die jetzige Vergletscherung Spitzbergens entspricht darum keineswegs einem Stadium von einem seit der Eiszeit fortgesetzten Rückzug des Eises; sie stellt vielmehr eine besondere, wenn auch mässige Ausbreitung des Eises dar, die wahrscheinlich seit langen Zeiten um eine bestimmte Gleichgewichtslage oscillirt. Die klimatischen Schwankungen, welche diese Oscillationen hervorgerufen haben, sind indessen an verschiedenen Gletschern von den lokalen topographischen Verhältnissen derart beeinflusst, dass sie nicht alle zu derselben Zeit am Gletscherende hervortreten. Darum ist es verständlich, dass, während der Sefström-Gletscher sich so gewaltig ausgebreitet hatte, der Nordenskjöld-Gletscher auffallend stationär gewesen war und der von Post-Gletscher sich mehr als 1 km zurückgezogen hatte. Es kommt noch hinzu, dass verschiedene Nebengletscher von einem und demselben Hauptgletscher sich während derselben Zeit sehr verschieden verhalten haben, so dass einige, früher sehr lebhaft, spaltenreich und herrschend, bei meinem letzten Besuch stark abgeschmolzen, spaltenfrei und fast todt waren. Ihre Nachbargletscher hatten die zwischenliegenden Medianmoränen konvex gegen sie hinausgeschoben und waren jetzt die herrschenden. Schon aus der Ferne kann man aus solchen sekundär gebogenen Medianmoränen auf derartige Differential-Bewegungen schliessen. Es ist darum leicht zu verstehen, dass bisherige, nur auf Beobachtungen an vereinzelten Gletschern gestützte Versuche die Oscillationsfacies der SpitzbergenGletscher anzugeben garnicht im Stande gewesen sind. Zwar sind noch mehrere Beobachtungen oder vielmehr Serien von solchen nothwendig, um diese Gletscherschwankungen näher feststellen zu können; ich glaube aber schon jetzt sagen zu können, dass die allermeisten

Gletscher Spitzbergens gegenwärtig im Rückzug begriffen sind. Es beweisen dies ihre jetzt häufig spaltenfreie Oberfläche, ihre zurückgelassenen Frontal- und Lateralmoränen, ihre durch die Ablation hervortretende Oberflächenmoränen und das allgemeine Vorkommen von Eisseen bis über die normale Schneegrenze.

Wenn man ferner in Betracht zieht, dass die Eisverhältnisse der Spitzbergen umgebenden Meerestheile seit einer Reihe von Jahren ungemein günstig waren, so scheint es, als ob eine relativ milde. Periode jetzt herrsche.

Um ein systematisches Studium von den eben so wichtigen wie interessanten Gletscherschwankungen Spitzbergens zu fördern und um einen wirklichen Vergleich derselben mit denen der südlicheren Gebiete zu ermöglichen, wäre es sehr wünschenswerth, dass alle künftigen Besucher der von mir schon kartirten Gletscher von meinen Signalpunkten aus neue Photographien aufnehmen und sich mit mir, unter der Adresse Stockholms Högskola, Stockholm, der Bearbeitung wegen in Verbindung setzen wollten.

(Diskussion s. Theil I, Nachmittags-Sitzung vom 3. Oktober, Abthlg. B.)

Gruppe 11a. Geomorphologie (4. Gletscher u. s. w.).

Die Landschaftsformen der Magellan-Länder mit besonderer Rücksicht auf die glacialen Bildungen.

Von Dr. Otto Nordenskjöld (Upsala).

(Nachmittags-Sitzung vom 3. Oktober, Abthlg. B.)

Gewöhnlich theilt man das südliche Süd-Amerika geographisch in zwei einander recht ungleiche Längszonen ein, und zwar sind dies die waldlosen Pampas-Gebiete im Osten und die waldbewachsenen Cordilleren-Gegenden im Westen. Weit mehr geeignet ist es aber, auch eine mittlere Zone aufzustellen, die sich durch ihre offene Parkvegetation von den geschlossenen Waldgegenden unterscheidet, und wo die jährliche Regenmenge durchschnittlich etwa 350 bis 600 mm beträgt. Dass diese Dreitheilung eine natürliche ist, wird man ebenso deutlich finden, wenn man auf die Landschaftsformen Rücksicht nimmt. Im Osten liegt das seenarme, flachwellige oder tafelförmige Gebiet der Pampas, ohne andere Berge als erloschene Vulkankrater. Die höheren Plateaurücken enden aber in einiger Entfernung von den eigentlichen Cordilleren steil gegen ein centrales Gebiet, das durch grosse offene Wasserflächen (Meerestheile oder Seen) und durch steilwandige Erosionsgebirge aus wenig gefalteten Schichtengesteinen charakterisirt wird. Im Westen treten Faltungsgebirge auf, und man findet Kanäle, Fjorde und Seen, die grösser oder kleiner, immer aber verhältnissmässig schmal sind. Die Verschiedenheit dieser Zonen selbst wird hauptsächlich durch präglaciale, theilweise auch interglaciale Veränderungen bedingt. Um aber zu erfahren, inwiefern glaciale Erscheinungen auf die Landschaftsformen eingewirkt haben, muss man die verschiedenen Zonen getrennt betrachten.

Die östlichen Gebiete besitzen einen wechselnden Charakter; mindestens drei verschiedene Landschaftstypen müssen in erster Linie ausgeschieden werden. Es sind dies:

a) Die Plateaugebiete, die sich von dem atlantischen Ufer allmählich bis zu einer Höhe von 500 bis 1000 m erheben. Überall

sind sie von dem merklichen „tehuelchischen" Gerölle bedeckt. Die Entstehungsweise dieser Geröllmassen, die mit nach Osten zu abnehmender Grösse der Rollsteine fast das ganze Patagonien bedecken, ist zwar noch nicht sicher festgestellt; aber trotz den Beobachtungen von Hatcher und Ameghino, dass in der Nähe der atlantischen Küste das Geröll zu einem Sandstein mit marinen Versteinerungen in naher Beziehung steht, erscheint eine fluvioglaciale Entstehungsweise, gleich derjenigen der alpinen Nagelfluh-Bildungen und der Geröllmassen der Canterbury-Ebenen in Neu-Seeland, als die wahrscheinlichste. Dass zur Zeit seiner Bildung glaciale Prozesse wirksam waren, beweisen die häufig sehr grossen Blöcke, welche über grosse Strecken das Geröll bedecken oder aus seinen obersten Lagern hinausragen. Diese können nicht aus der jüngeren Eiszeit stammen, weil man sie noch in einer Meereshöhe findet, wo von dieser sonst keine Spuren auftreten; ebenso wenig sind sie durch antarktische Strömungen dahin gebracht, da sie nur bis zu einer gewissen Entfernung von den Cordilleren auftreten. Es erscheint demgemäss sehr wahrscheinlich, dass jenes Geröll in Verbindung mit einer älteren (spätpliocänen?) südamerikanischen Kälte-Periode abgelagert worden sei.

b) Die Gebiete der Moränenhügel sind in dieser Zone hauptsächlich auf die Abhänge gegen die Hauptthäler beschränkt. In topographischer Hinsicht sind dieselben sehr interessant. Wenn sie typisch ausgebildet sind, liegen auf einem flachwelligen Untergrund in verworrener Mischung verschiedenartig geformte Hügel aneinander gereiht. Bald sind dieselben unregelmässig zerstückelt, bald bilden sie hohe, elliptische oder rundliche Kegel oder auch langgestreckte Höhenrücken, oder sie nehmen sogar eine kraterförmige Gestalt an. Sie bestehen hauptsächlich aus Geschiebethon mit häufig gewaltigen, weither transportirten, zuweilen gletschergeschrammten Blöcken. Für den Geschiebethon charakteristisch sind die häufigen Einlagerungen von geschichtetem Material, und gewisse Theile von dem Moränenthon der Ostküste sind wahrscheinlich submarin gebildet. Eine typische Endmoränen-Landschaft wurde nur in der centralen Längszone, nördlich vom Sarmiento-See beobachtet; echte „Åsar" fehlen in den durchreisten Gebieten völlig.

c) Dies sind die wichtigsten Bildungen der jüngeren Eiszeit. Als dritte Hauptform der Landschaftstypen dieser Zone kann man die grossen ost-westlichen Thäler bezeichnen, und zwar das Niedrigland zwischen San Sebastian und Bahia Inútil, der östliche Theil der Magellan-Strasse, und das Thal des Gallegos-Flusses. Dieselben sind posttehuelchisch, da die obersten Theile ihrer Abhänge von Geröll gebildet sind; sie sind aber älter als die Moränenbildungen,

die an diese Thäler gebunden sind und in den zwei südlichsten die jetzige atlantische Küste erreichen. Man kann sie demgemäss als interglacial bezeichnen.

Die Veränderungen in postglacialer Zeit sind verhältnissmässig weniger bedeutend. Erstens trifft man, jedoch nur bis zu einer Höhe von etwa 50 m, die Spuren einer marinen Transgression; ferner kommt die Bildung von Terrassen, Höhlen und Sanddünen sowie die von dem weitverbreiteten, lössartigen Sande hier in Betracht; endlich auch die Erosion der oft tiefen, fast cañonartigen Thäler der kleinen Gewässer.

Seen sind in dieser Zone nicht zahlreich. Fast immer sind sie flach und abflusslos, mit salzigem oder brakischem Wasser.

Von den beiden übrigen Zonen betrachten wir zuerst die westliche. Sie wird von den Cordilleren gebildet, die Faltungsgebirge von hauptsächlich spätmesozoischem Alter sind. Gleichzeitige Eruptivgesteine haben grosse, jüngere dagegen sehr geringe Verbreitung. Die gebirgsbildenden Processe setzten sich theilweise bis ins ältere Tertiär fort.

Die Thäler sind überall verhältnissmässig sehr tief. Besonders grosse Entwickelung zeigen die Längsthäler, von denen die wichtigsten in diesem Gebiet fast überall submarin liegen, wenn man von dem Fagnano-See und der kurzen, vom Azopardo-Fluss durchbrochenen Landenge zwischen ihm und der Admiralitäts-Strasse absieht. Moränenbildungen wurden an dieser Stelle vergeblich gesucht.

Dagegen sind die submarinen Theile der Querthäler, die echten Fjorde, in West-Patagonien meistens kurz; in ihrer Verlängerung findet man aber zuweilen Süsswasserseen. Sie sind ferner interessant, erstens weil sie häufig von langen und sehr tiefen supramarinen Flussthälern fortgesetzt werden, die in mehr wie gewöhnlich auffallendem Grade supramarinen Fjorden ähneln. Zweitens ist es eine schon längst bekannte Thatsache, dass eben in diesen Gegenden die Thäler oft mehrere Gebirgsketten durchbrechen, und dies gilt ebenso gut für ihre submarinen als für die supramarinen Theile. Den grösseren Hauptfjorden entsprechen fast immer Öffnungen in der äusseren Inselkette.

Noch merklicher ist es aber, dass die Fjordthäler häufig den ganzen Komplex der Cordilleren-Kette durchbrechen. Solche Durchbruchthäler sind die Magellan - Strasse bei Kap Froward nebst der Magdalena - Strasse und dem Cockburn-Kanal, ferner die westliche Magellan-Strasse mit dem westlichen Theil der Otway-Bucht, endlich die Nelson-Strasse mit ihrer Fortsetzung nach Osten nach Disappointment Bay. Jedes von ihnen steht mit einigen der grossen Wasser- und Tieflandflächen in Verbindung, die eben das für die VII. Int. Geogr.-Kongr. Thl. II.

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