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Gruppe 11b. Oceanologie.

Die Einführung einer einheitlichen Nomenklatur für das Bodenrelief der Oceane.

Von Prof. Dr. O. Krümmel (Kiel).

(Nachmittags-Sitzung vom 30. September, Abthlg. B.)

Nach diesen trefflichen einleitenden Worten meines verehrten Kollegen und Freundes Hermann Wagner darf ich mich wohl sofort in medias res begeben und den Beweis dafür antreten, dass in der That mit dem raschen Fortschreiten der Lothungen und der in den letzten Jahrzehnten so erheblichen Vervollständigung unserer Kenntnisse vom suboceanischen Bodenrelief die wissenschaftliche Verwerthung des zufliessenden Materials in einer Hinsicht nicht die entsprechende Förderung erfahren hat: nämlich in der Nomenklatur der unterseeischen Formen. Welche Verwirrung in diesem suboceanischen Theil der Morphologie der Erdoberfläche zur Zeit herrscht, wird die illustre Versammlung aus den Karten entnehmen können, die ich auf dem Tische des Hauses neben einander ausgelegt habe. Sie finden zunächst die berühmten drei Karten, welche Sir John Murray für den Schlussband des grossen Challenger-Werks entworfen hat, um für jeden der drei Oceane die Vertheilung der Meerestiefen nach den Isobathen von 100, 500, 1000, 2000, 3000 und 4000 Faden zu veranschaulichen; mit rother Schrift sind darin Namen eingetragen. für die auffallendsten Tiefenbecken und Bodenschwellen, und zwar überwiegen hierbei die Namen der Schiffe oder der Leiter der TiefseeExpeditionen oder auch anderer Gelehrter, die irgendwie mit der TiefseeForschung in Berührung gelangt sind. Ferner bemerken Sie vier Karten, die von dem hochverdienten Direktor der Deutschen Seewarte, Herrn Geh. Rath Dr. Neumayer, herausgegeben, für jeden der drei Oceane und für den nordatlantischen noch besonders, die Meerestiefen, von 1000 zu 1000 m darstellen. Hier sind aber die Namen für dieselben Tiefenmulden und Bodenschwellen, die Sie bei Murray meistens ohne Schwanken wiederfinden werden, grundsätzlich

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nicht nach den Namen von Schiffen oder Personen gewählt, sondern nur nach irgend welchen geographischen Beziehungen. Endlich habe ich noch eine Tiefenkarte ausgestellt, welche zum ersten Bande des Berichts über die französischen Expeditionen des Travailleur“ (1882) und „Talisman" (1882) vom Pariser Geographen J. Hansen gezeichnet ist und sich nur auf den östlichen Theil des Nordatlantischen Oceans bezieht. Sie können, um nur ein Beispiel zu nehmen, feststellen, dass das tiefe submarine Thal östlich von den Azoren, welches wir schon seit den ersten Zeiten der Tiefseelothungen aus den Arbeiten der amerikanischen Brigg „Dolphin", also seit 1853, kennen, auf den genannten Karten folgende Namen trägt: im Atlas der Seewarte: „östliche Azorenrinne", bei J. Hansen: „Vallée du Talisman". Bei Murray findet sich kein einheitlicher Name, nur die tiefste Stelle von mehr als 3000 Faden ist nach dem Fürsten von Monaco benannt „Monaco Deep". An dieser tiefsten Stelle hat dieser fürstliche Tiefseeforscher aber gar nicht gelothet, sondern es ist wiederum ein amerikanischer Kreuzer und zwar mit demselben Namen „Dolphin", der hier im September 1889 die grosse Tiefe von 6293 m festgestellt hat. Wollte man also durchaus einen Schiffsnamen wählen, so würde sich ganz unzweifelhaft allein der des Dolphin, und zwar mit doppeltem Recht, empfehlen, und jedenfalls nicht der des Talisman, da dieses Fahrzeug die langgestreckte Tiefenmulde nur am nördlichen und südlichen Ende gestreift und zu ihrer Erforschung wesentlich Neues nicht beigetragen hat.

Ähnlich verwirrend ist der Stand der Nomenklatur auch in den übrigen Theilen des Weltmeers, namentlich im Pacifischen Ocean. In den Karten Murray's und der Seewarte für diesen Ocean ist nur ein einziger Name übereinstimmend, nämlich das Neuseeland-Plateau; und mit diesen beiden so verschiedenen Namenreihen parallel läuft noch eine dritte ganz unabhängige, ältere Nomenklatur, nämlich die von A. Petermann 1877 auf der ersten Tiefenkarte dieses grössten und tiefsten der Oceane vorgeschlagene, aus welcher vereinzelte Bezeichnungen in Murray's Karte übergegangen sind.

Kommen für dieselben Tiefenbecken oder Bodenschwellen mindestens zwei oder drei verschiedene Namen vor, so ist auch der nicht minder verwirrende Fall festzustellen, dass der gleiche Name den verschiedensten Objekten beigelegt worden ist. So nennt die Karte Hansen's die tiefe Mulde der Biskaya-See „Fosse Milne-Edwards", während sich bei Murray ein „Milne-Edwards Deep" an der Westküste Süd-Amerikas vor Callao findet, woselbst meines Wissens dieser ausgezeichnete Erforscher der Tiefsee-Fauna niemals gearbeitet hat. Diese Beispiele mögen genügen, um die herrschende Unsicherheit in der Nomenklatur zu kennzeichnen.

Dass hier eine Reform erwünscht ist, kann nicht bestritten werden. Es soll sich aber zunächst und für diese Gelegenheit noch nicht um positive Gegenvorschläge für die einzelnen Namen der Tiefenkarten handeln, sondern nur um die Aufstellung der Grundsätze, nach denen das Bodenrelief der Oceane benannt werden soll.

Der Direktor der Deutschen Seewarte, Herr Geh. Rath Dr. Neumayer, hatim Vorwort zu dem (1882 erschienenen) Atlas des Atlantischen. Oceans bereits mit Recht hervorgehoben, dass für die Benennung der Meeresbodengestalt wesentlich die geographische Lage der betreffenden Objekte maassgebend sein und die Bezugnahme auf gewisse Personen und Schiffe vermieden werden müsse. Der Umstand, dass man auch sonst in der geographischen Nomenklatur dem Gefühle der Verehrung, Pietät und Erkenntlichkeit stets in gewiss sonst zu lobender Weise Rechnung trug, hat den Nachtheil gehabt, dass dieselben Namen wiederholt vorkommen und verwirrend wirken müssen. Wenn ein Neuling zum ersten Mal von der vorher erwähnten Monaco-Tiefe hört, so erinnert er sich wohl des Fürstenthums dieses Namens und wird bis zu weiterer Belehrung die betreffende Tiefe irgendwo im Golf von Genua zu finden erwarten. Wer die Lage der sogenannten Pola-Tiefe im Mittelmeer nicht schon genauer kennt, wird geneigt sein, sie im nördlichen Ende der Adria, unweit vom Hafen Pola, zu suchen, statt südlich vom Peloponnes. Dass demgegenüber die Benennung nach der geographischen Lage von überwiegendem Vortheil ist, kann nicht bezweifelt werden. Spricht man (nach dem Atlas der Seewarte) von einer „Peru-Tiefe", so lenken sich die Blicke sofort auf die richtige Stelle, während doch Murray's Name für dieselbe Depression Milne-Edwards Deep" zunächst ganz in der Luft schwebt. Murray selbst hat übrigens einer gewissen Tendenz zur Wahl solcher rein geographischen Namen bereits an vielen Stellen seiner Karten nachgegeben: er kennt ein „Island-Plateau“, ein „Arktisches Becken" im Nordmeer, ein grosses „ostatlantisches“ und „westatlantisches Becken", ein Seychellen-Plateau, Kerguelen-Plateau, Philippinen-Becken, Sandwich-Plateau u. s.f.; manche dieser Namen bei Murray sind mit so glücklichem geographischem Takt gewählt, dass sie den parallelen der Tiefenkarten der Seewarte vorzuziehen wären. Auch auf der Hansen'schen Karte fehlt es nicht an einem Beispiel dieser Richtung: die trichterförmige, von Madeira auf die Strasse von Gibraltar hinführende suboceanische Senke heisst dort „Vallée du Détroit“.

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Es ist also allen bisherigen Autoritäten gegenüber kaum als eine Neuerung anzuerkennen, wenn wir hiernach als unseren ersten Grundsatz für eine Reform der suboceanischen Nomenklatur folgenden aufstellen:

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„Die grossen Unebenheiten des Meeresbodens sind ausschliesslich nach ihrer geographischen Lage zu benennen."

Aber wir müssen noch weitere Schritte zur Förderung dieser Reform thun, und ich bin nunmehr in der Lage, auch an dieser Stelle Vorschläge zu entwickeln, die ich bereits im Jahre 18811) veröffentlicht habe. Die vom Meere bedeckten Unebenheiten der Erdkruste können von der verschiedensten Gestalt sein: je nach dem Verlauf der Isobathen werden wir sie denn auch klassificiren dürfen, und einen Unterschied aufstellen zwischen Mulden, Becken, Senken, Kesseln, Thälern, Gruben und Rinnen, oder: Plateau, Rücken, Sätteln, Schwellen, Kuppen, Bänken und Gründen.2) Die Atlanten der Seewarte haben auch diesen Grundsatz der Terminologie seit 1882 bereits in der freiesten Weise angewendet, während noch Petermann 1877 sehr eintönig nur die Kategorie der „Tiefe“ kennt. Die französische Karte von Hansen führt schon drei Typen auf: „fosse“ und vallée einerseits, plateau" andererseits. Sir John Murray unterscheidet neben den grossen Einsenkungen, welche von Bodenschwellen begrenzt sind, den „Basins“, noch die tiefsten Räume von mehr als 3000 Faden (5500 m) als „Deeps“. Auch hier hat sich das Bedürfniss, verschiedene Formentypen aufzustellen, von selbst mit fortschreitender Kenntniss der Meerestiefen eingefunden. Freilich wird bei der Durchführung dieser Gattungsbegriffe die grösste Vorsicht geboten sein; vielfach können wir über die genaueren Umrisse dieser suboceanischen Gestaltungen, deren Böschungen wenig ausgeprägt zu sein pflegen, wirklich noch nichts Zuverlässiges aussagen. So kennt Niemand die wirkliche Ausdehnung der grossen von der Tuscarora 1876 entdeckten Mulde von 6000-8500 m Tiefe im nordwestlichen Theile des Pacifischen Oceans; für sie müsste also einer der allgemeineren Gattungsbegriffe, etwa Mulde oder Senke gewählt werden. Dagegen scheint es trotz spärlicher Lothungen wenig zweifelhaft, dass die grössten pacifischen Tiefen östlich von den Tongaund Kermadec-Inseln in Gestalt einer schmalen und langen Rinne auftreten, so dass wir wohl von einer „Tonga-Rinne" (englisch „Tonga Furrow", französisch: „Fosse französisch: „Fosse Tonga") sprechen dürfen. Ausgeprägtere Formen herrschen namentlich in den grossen Mittelmeeren, wo man zahlreiche Becken und Kessel, Tröge und Rinnen, Kuppen und Sättel nachweisen kann.

1) Kettler's Zeitschrift für wiss. Geogr. Bd. II, S. 116. (Vgl. auch Petermanns Mitt. 1881 311 und Boguslawski, Oceanogr. I, 60). Doch habe ich mir damals für die praktische Durchführung meiner Vorschläge jede Legitimation absprechen müssen.

2) Englisch: Depression, Basin, Sink, Furrow, Caldron, Trough, Rise, Ridge, Dome, Brest, Bank, Shoal. Französisch: Dépression, Bassin, Entonnoir, Vallée, Creux, Fond, Canal, Fosse, Hauteur, Plateau, Bosse, Croupe, Crete, Banc.

Unter den Kategorien der submarinen Erhebungen sind noch zwei Arten besonders zu behandeln. Die praktische Seeschifffahrt unterscheidet, am vollkommensten wohl in der englischen Sprache, solche Untiefen, die überhaupt angelothet werden können, als „Bank“ von anderen, die den Schiffen im Seegang gefährlich werden, weil sie weniger als 6 Faden oder 11 m Wasser haben, den „Shoals“, was wir im Deutschen meist mit „Riff" wiedergegeben finden, obwohl wir als Beispiele dieser Gattung auch einen „Adlergrund", eine „Oderbank" kennen. Die englische Terminologie als die konsequentere wird in dieser Hinsicht als Muster auch für die anderen Sprachen dienen müssen, und der Begriff der „Bank" nur für solche submarinen Erhebungen von weniger als 200 m Tiefe angewandt werden dürfen, welche durch ihre Wassertiefe der Schifffahrt nicht gefährlich sind.

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Ferner verdienen noch eine besondere Beachtung die Randplateaus der Kontinente, die für Praxis und Wissenschaft von grösster Bedeutung sind und für welche wiederum die englische Wissenschaft nicht nur den Begriff, sondern auch den glücklichen Ausdruck Shelf", Continental Shelf besitzt. Es hat sich als ein vergebliches Bemühen herausgestellt, eine passende Uebersetzung dieses Worts im Deutschen oder Französischen zu finden. Unsere Seeleute kennen wohl die „Gründe vor dem Kanal", Alexander Supan hat den Ausdruck „Kontinental-Stufe", Penck „Flachsee" oder „Kontinental-Tafel". Dies ist aber alles nur Nothbehelf, da ein Hauptmerkmal, die gesimsartige Umrandung der Kontinente, darin nicht zum Ausdruck kommt. Mein verehrter Freund Dr. Mill hat mich nun darauf aufmerksam gemacht, dass das englische Wort Shelf" ja germanischen Ursprungs ist und dem altgermanischen Sprachgut angehört, wo es eine Bank, ein Bord, ein konsolenartiges Brett bedeutet; es ist übrigens, wie ich höre, noch nachweisbar im niedersächsisch-bremischen Dialekt in der Form des denominativen Verbums „schelfen" und "upschelfen". Für uns Deutsche liegt also keine Schwierigkeit vor, dieses altehrwürdige Wort in der wissenschaftlichen Terminologie wieder aufleben zu lassen. Wir dürfen also Gebiete plateauartiger Flachsee, die sich an die Festlandsockel. anschliessen, einen „Schelf" nennen, also von einem Nordsee-Schelf, Biskaya-Schelf, Asturischen Schelf, Agulhas-Schelf u. s. w. reden. Soviel von den verschiedenen Kategorien der submarinen Bodengestaltung. Als zweiter vorzuschlagender Grundsatz ergiebt sich daraus:

„Soweit die zur Zeit vorliegenden Lothungen eine genauere Auffassung der Form zulassen, sind in

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