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Gruppe IVa. Siedelungs- und Verkehrsgeographie.

Über bevölkerungsstatistische Grundkarten.
Von Prof. Dr. Alfred Hettner (Heidelberg.)

Mit einer Karte.

(Nachmittags-Sitzung vom 30. September, Abthlg. C.)

Ich möchte mir erlauben, Ihre Aufmerksamkeit für ein Problem in Anspruch zu nehmen, dessen Bedeutung, aber auch dessen Schwierigkeit von Ihnen Allen ohne weiteres anerkannt wird, nämlich für die Frage einer kartographischen Darstellung der quantitativen Vertheilung der Bevölkerung. Aber ich will Ihnen weder eine umfassende Kritik der bisherigen Verfahren zur Darstellung der Bevölkerungsdichte vortragen, noch etwa ein neues Verfahren angeben, durch das ich mir einbilden könnte, das Problem gelöst zu haben; ich möchte vielmehr eine praktische Anregung dazu geben, dass durch gemeinsame Thätigkeit die Grundlage geschaffen werde, auf der die weitere wissenschaftliche Arbeit aufbauen kann; ich möchte, kurz gesagt, die Anregung zur Herstellung bevölkerungsstatistischer Grundkarten geben.

Die Zahlenverhältnisse der Bevölkerung haben eine doppelte Bedeutung. Auf der einen Seite sind sie eine Folge und Wirkung des ganzen volkswirthschaftlichen Zustandes, der Nahrungs- und Unterhaltsmittel, die vom Menschen aus dem Lande gezogen werden: bei gegebener Kulturstufe ein Ausdruck für die Ergiebigkeit des Bodens, das Wort im weitesten Sinne genommen, also auch Mineralreichthümer, Arbeitskräfte, Verkehrslage einschliessend; bei gleicher Natur ein Ausdruck für die erreichte Kulturstufe und Ausnutzung des Bodens. Auf der anderen Seite liegt die Grösse der Bevölkerung auch einer ganzen Reihe von Erscheinungen als Ursache zu Grunde. Sie bestimmt, auf einer gegebenen Kulturstufe, die Arbeit, die vom Menschen am Lande geleistet wird, und zugleich das Maass der Ansprüche des Menschen an das Land, also die Grösse des Antriebes zu einer weiteren Ausnutzung seiner Hilfsquellen. Sie bedingt ferner

den Ellbogenraum, der dem einzelnen Menschen für seine wirthschaftliche und geistige Entfaltung zur Verfügung steht, den Grad der freundlichen und feindlichen Berührung, die Intensität der gegenseitigen Anregungen und Hemmungen, die Leichtigkeit oder Schwierigkeit gemeinsamer Anstalten für Gesundheitspflege, Unterricht, Geselligkeit u. s. w. Es scheint mir eine Einseitigkeit mancher neuerer Darstellungen zu sein, dass sie Zahl und Dichte der Bevölkerung zu sehr nur als Wirkung und zu wenig als Ursache anderer Erscheinungen aufgefasst und dass sie sich demzufolge von vornherein auf bestimmte Gruppen der Bevölkerung beschränkt haben, während die erste Aufgabe darin bestehen muss, die Gesammtheit der Bevölkerung zur Darstellung zu bringen, und die analytische Betrachtung einzelner Bevölkerungselemente, seien es ethnologische, wirthschaftliche oder soziale Gruppen, sich erst hieran anschliessen darf.

Es ist in der wissenschaftlichen Geographie längst allgemein anerkannt, und ich brauche deshalb gar nicht weiter darauf einzugehen, dass die Art, wie uns die Statistiker gewöhnlich die Zahlenverhältnisse der Bevölkerung angeben, nämlich die Aufstellung der Bevölkerungszahlen von Staaten, Provinzen, Regierungsbezirken, Kreisen u. dergl., bei der Unnatürlichkeit dieser staatlichen Einheiten für die wissenschaftliche Erkenntniss durchaus ungeeignet ist, und dass selbst die Einwohnerzahlen der Gemeinden, auf die viele Forscher neuerdings zurückgegangen sind, in allen Fällen, in denen die Gemeinden nicht geschlossene Ortschaften sind, sondern aus einer Anzahl von Wohnplätzen bestehen, doch nur ein Nothbehelf sind. Eine wissenschaftliche Darstellung der räumlichen Vertheilung der Menschen muss diese, von äusseren Rücksichten unbeirrt, nur in Beziehung zu ihren wirklichen Wohnräumen auffassen. Deshalb sind die modernen Bestrebungen der Geographie, die Stufen der Bevölkerungsdichte nicht nach Provinzen und Kreisen, sondern in natürlicher Weise abzugrenzen, durchaus berechtigt. Aber der ganze Begriff der Bevölkerungsdichte oder relativen Bevölkerung, d. h. die gleichmässige Vertheilung der Bevölkerung über eine Fläche, ist nichts Wirkliches, sondern eine Abstraktion, da thatsächlich nicht die ganze Fläche bewohnt ist, sondern die Menschen als einzelne Punkte im Raume auftreten, und auch ihr Leben und Wirken sich nicht etwa, wie man gemeint hat, gleichmässig auf die ganze Fläche bezieht. Für generalisirende Darstellungen kleineren Maassstabes ist diese Abstraktion nöthig; aber zunächst muss man, nach den allgemeinen Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung, nicht von willkürlichen Abstraktionen, sondern von den Thatsachen ausgehen, muss man also die Vertheilung der Menschen so darstellen, wie sie thatsächlich ist, muss man die einzelnen Menschen an ihren wirklichen Wohn

plätzen darstellen und studiren. Ratzel hat meines Erachtens mit vollem Recht auf die Bedeutung solcher Darstellungen der Wohnplätze hingewiesen, wenn er dabei auch, wie mir scheint, das topographische Moment in unzulässiger Weise mit dem bevölkerungsarithmetischen vermengt hat und der Bedeutung der Dichtekarten, die er geringschätzig als statistische Karten den eigentlich geographischen gegenübergestellt hat, nicht gerecht geworden ist.

Das Urmaterial, theilweise auch die veröffentlichten Tabellen der Bevölkerungszählungen, enthalten alle Angaben über die einzelnen Menschen so, dass man sie mit Hülfe guter topographischer Karten genau lokalisiren kann, und damit die Grundlage für alle Untersuchungen über die quantitativen Verhältnisse der Bevölkerung besitzt. Es ist also nur noch nöthig, diese in den Tabellen enthaltenen Zahlenwerthe wirklich auf der Karte einzutragen, um bevölkerungsstatistische Karten zu gewinnen, welche auf einen Blick die Vertheilung der Bevölkerung oder einzelner Bevölkerungselemente zeigen und ihre Beziehungen zu den Verhältnissen des Bodens klar erkennen lassen. Diese Karten, welche die beste Grundlage jeder geographischen Bearbeitung der Zahlenverhältnisse der Bevölkerung bilden, bezeichne ich als bevölkerungsstatistische Grundkarten.

Auf diesen bevölkerungsstatistischen Grundkarten müsste, streng genommen, jeder einzelne Mensch an der Stelle, an der er sich während der Zählung befunden hat, eingetragen werden. Das ist selbstverständlich praktisch unmöglich. Wir können auf der Karte nur die Wohnplätze, d. h. die Gehöfte und geschlossenen Ortschaften oder auch Stadttheile eintragen, aber müssen diese auch sämmtlich eintragen, wenn wir die wirkliche Vertheilung der Menschen im Raume erkennen wollen. Die Wohnplätze sind für uns dabei jedoch nicht topographische Gebilde, sondern nur die Gehäuse oder, wenn man will, die Symbole der darin wohnenden Menschen. Darum kommt. es uns hierbei nicht auf die räumliche Grösse und Form der Wohnplätze, sondern nur auf ihre Einwohnerzahl an. Die Form der Ortschaften wird insoweit berücksichtigt werden müssen, dass die Menschen ungefähr an die Stelle kommen, wo sie thatsächlich wohnen,

man wird also eine lang gestreckte Ortschaft nicht etwa als Kreis oder Quadrat, die in der einen Richtung weit hinter der thatsächlichen Ausdehnung der Ortschaft zurückbleiben, in der anderen sich weit darüber hinaus erstrecken, sondern etwa als ein längliches Rechteck zeichnen --; aber die Hauptsache ist, dass die gewählte Darstellungsweise die Einwohnerzahl zum richtigen Ausdruck bringt. Dieses Ziel lässt sich leicht dadurch erreichen, dass man den Flächeninhalt der Ortssignaturen ihrer Einwohnerzahl proportional setzt. Man wird als Ortssignaturen daher einfache geometrische Figuren

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