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Erforschtes, eben erst Erkundetes und Unbekanntes würden über denselben Leisten geschlagen; die Einheitlichkeit des Maassstabes würde zu einem wahren Prokrustesbett der Geographie. Ich kann eine solche Befürchtung nicht theilen und habe mich von vornherein klar über diesen Gegenstand ausgesprochen; von gut erforschten Theilen der Erdoberfläche kann die Karte nur einen Auszug, von den minder gut bekannten soll sie die ganze Summe unserer topographischen Kenntniss enthalten. Das wird sich bei entsprechend gewissenhafter Darstellung ohne Weiteres im Kartenbild aussprechen. Die Karte ist in dieser Hinsicht zu vergleichen mit einer gross geplanten Darstellung unseres Wissens von einem bestimmten Gebiet, die sich nicht in allen schon bekannten Theilen einzelner seiner Seiten verliert, sondern allen thunlichst gerecht zu werden versucht. Sie steht auf dem Boden einer Encyklopädie; die Gesichtspunkte, welche auf dem Gebiete der verschiedensten Wissenschaften zur Geltung kommen, sind auch maassgebend für den Plan der Erdkarte. Dass sie Wichtiges und Unwichtiges in gleicher Grösse verzeichnen wird, ist ihr gemein mit allen anderen grösseren Kartenwerken; man stellt die formenreichen Gebirge eines Landes in gleichem Maassstab wie dessen formenarmen Ebenen dar und hat darin bisher nie einen Nachtheil erblickt; die Kommensurabilität ist nicht bloss für die Schul-Atlanten, sondern für jede Karte von einschneidender Bedeutung und bedingt nicht zum Mindesten ihren wissenschaftlichen Werth.

Man hat weiter von den ungeheuren Kosten gesprochen, welche die Karte machen würde. Sie sind in der That nicht gering. Dreifarbig, in Kupfer gestochen, würde 1 qdm nach einigen mir vorliegenden Schätzungen durchschnittlich 300 bis 400 Mark kosten, der Stich für eine Fläche von einer Million Quadratkilometer käme schon allein auf 30 000 bis 40 000 Mark. Aber es wird sich kaum empfehlen, diese monumentale Form der Ausführung durchweg für ein Werk zu wählen, dessen Inhalt vielfach noch schwankend ist. Sie kann nur in Betracht kommen für einzelne Theile, nämlich für Gebiete, deren kartographische Aufnahme vollendet ist, so dass keine anderen Veränderungen des Kartenbildes mehr zu gewärtigen sind, als diejenigen, welche aus thatsächlichen Veränderungen der betreffenden Gegend, neuen Strassen, Bewegung der Bevölkerung u. s. w. sich ergeben. Hier aber wird sie der kaum minder kostspieligen Lithographie überlegen sein, weil sie leichter ermöglicht, Nachträge und Verbesserungen von entsprechend feiner Ausführung anzubringen. Für den bei Weitem überwiegenden Theil der Erdoberfläche wird sich jene derbere Ausführung der Lithographie oder Zinkographie empfehlen, welche die Londoner Geographische Gesellschaft in neuerer Zeit mehrfach für Karten im Maassstab 1: 1 000 000 von entlegeneren

Theilen der Erde gewählt hat, gleichsam als wollte sie die Ausführbarkeit des Werkes für die verschiedensten Gebiete illustriren, wie z. B. durch die Karte von Franz Josefs-Land (Geographical Journal XI. 212), von Island (ebenda XIII. 576), vom Nyassa-Tanganyika-Plateau (ebenda XIII. 692). Hier belaufen sich die Kosten der Lithographie für 1 qdm auf kaum 30 Mark, für eine Million Quadratkilometer also auf nur 3000 Mark. Im Durchschnitt dürften die Stichkosten der Karte sich kaum höher als 10 000 Mark für eine Million Quadratkilometer stellen. Dann kommen noch mindestens ebenso hohe Auslagen für die Zeichnung, sowie die Kosten der Redaktion, der Vorlagen, der Steine, des Druckes und des Papiers. Aber selbst wenn man sie sehr hoch veranschlagt, kommt man doch zu keiner höheren Summe für die Herstellungskosten der Karte, als etwa 4 Millionen Mark.

Das ist gewiss nicht wenig. Wenn wir uns aber gegenwärtig halten, dass die Kosten einer einzigen antarktischen Expedition sich auf über eine Million Mark belaufen, so dürfen wir sagen, dass sich die Kosten der geplanten Erdkarte im Rahmen jener Summen bewegen, welche die geographische Forschung erheischt und die ihr zugestanden werden.

Die Ausführbarkeit einer grossen, die ganzen Landflächen der Erde umfassenden Karte konnte so lange in Zweifel gezogen werden, als man an eine auf eine Ebene projicirte Karte dachte; denn jede einschlägige Projektion führt, wie man aus unseren Erdkarten in den Atlanten entnehmen kann, zu solchen Verzerrungen, dass die Verwendbarkeit zahlreicher Blätter der Karte darunter leiden würde. Nur bei Anwendung eines Polyeder-Entwurfes wird eine Erdkarte ausführbar. Man kann durch ihn auch einen grossen Vortheil erzielen, nämlich den Karten nahezu die Summe der Eigenschaften verleihen, welche die Kugeloberfläche besitzt, wenn man ein entsprechendes Verhältniss zwischen Massstab und Blattgrösse wählt. Wir können uns das am besten veranschaulichen, wenn wir von derselben Stelle der Erdoberfläche drei verschiedene Projektionen, die uns die genannten drei werthvollen Eigenschaften liefern, entwerfen, nämlich eine centrale, die uns die grössten Kreise als Gerade, eine stereographische, die uns Winkeltreue, und eine Lambert'sche azimutale, die uns Flächentreue liefert. Ein Ort mit dem Winkelabstand, a von der Projektionsmitte hat von demselben bei Voraussetzung der Kugelgestalt bekanntlich eine Entfernung

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wenn

der Erdradius, μ der Kartenmaassstab ist. Setzen wir nun n als die Genauigkeitsgrenze der Zeichnung, so hat jener Entwurf die Eigenschaften aller drei Projektionen, für welchen gilt:

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a

rarca un, sowie endlich rtgaμ- r 2 sin μ <n

2

und jener Winkel ist der grösste, für welchen sich die drei Projektionen noch nicht merklich unterscheiden, für welche die Gleichung gilt:

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a 2

rtgaμ r 2 sin μ = n

Setzen wir nun n = 0.1 mm, u = I: 1 000 000, r = 6370 km, so hat

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Hiernach kann « etwas über 20 messen. Eine Kugelhaube von etwas über 2o Radius können wir also im Maassstab von I: 1 000 000 nahezu flächen- und winkeltreu zugleich und zwar so darstellen, dass die Entfernungen zweier beliebiger Orte als Geraden erscheinen. Unser Entwurf wird, wie eine centrale Projektion die Meridiane als Gerade darstellen, die Parallele hingegen wie bei der stereographischen Projektion als Kreisbögen, welche senkrecht auf die Meridiane verlaufen, endlich werden die Längen der Meridiane und Parallelen nur unmerklich sich von ihren wahren Längen auf dem Erd-Sphäroid in der Verkleinerung des Kartenmaassstabes unterscheiden.

Der von mir für die Karte vorgeschlagene Entwurf1) hat die eben dargelegten Eigenschaften, er liefert sonach für Kugelhauben. von 20 Halbmesser eine beinahe vollkommene Abbildung der Kugel. Das von mir vorgeschlagene Format der Blätter -5° Trapeze geht aber, wenn auch nur wenig, über die Grenzen hinaus, innerhalb deren der Entwurf so vollkommen ist, wie möglich, und sie sind noch,. wie ich gezeigt habe, so gut wie flächentreu. Man wird eine noch grössere Genauigkeit erreichen, wenn man sie kleiner nimmt; bereits bei Blatthöhen von 4° hat man mit keinem merklichen Fehler des Entwurfes mehr zu rechnen. Ich habe daher in London der von A. Germain) vorgeschlagenen Modifikation der Blattgrössen, die Minderung ihrer Höhe auf 4°, bereitwillig zugestimmt, muss aber heute sagen, dass man zu noch viel besseren Ergebnissen käme, wenn man das Format der Kartenblätter etwa so wählte, wie das unserer beliebten Hand-Atlanten, des Stieler, Andree oder Debes, 1) Über die Herstellung einer Erdkarte im Maassstabe von 1:1000 000. Deutsche Geogr. Blätter XV, 1892, S. 164.

2) Projet d'une carte de la terre au 1:1 000 000 e, choix du système de projection. Bull. Soc. de Géogr. XVI. 1895. S. 177, 182.

nämlich die Blätter nur 3o hoch und unter dem Äquator 4o breit machte. Man hätte dann nicht bloss die Gewähr, dass sie innerhalb ihres Rahmens flächen-, winkel- und linientreu zugleich sind (welche letztere Eigenschaft die von Germain vorgeschlagenen Blätter in ihren Ecken nur annähernd hätten), sondern könnte auch einen Vortheil erreichen, der für die praktische Verwendbarkeit der Blätter nicht zu unterschätzen ist. Es handelt sich um Folgendes.

Jeder Polyeder-Entwurf bringt den Nachtheil mit sich, dass die einzelnen Blätter nicht in einer Ebene vollkommen aneinander gepasst werden können. Versucht man dies, so klaffen Lücken zwischen ihnen auf. Nun liegt es gewiss nicht im Plan der Erdkarte, grössere Ländergebiete in einer Ebene zu vereinigen - ihrer ganzen Tendenz nach ist sie ja ein Werk, das die politischen Grenzen, an denen so viele Karten Halt machen, zu überbrücken —; aber es ist praktisch von Nutzen, wenn man mehrere Blätter zusammenstossen kann, um aus ihnen ein neues herzustellen, welches gerade die Gegend umfasst, die auf vier verschiedene Sektionen zu liegen kommt. Je kleiner man die Blattgrösse wählt, desto unbedeutender sind die Fugen zwischen ihnen, desto leichter ein Zusammendruck zu viert möglich. Lässt man den Karteninhalt ein wenig über den Kartenrand hinweggreifen, so werden beim Zusammendruck die kaum noch merklichen Lücken ausgefüllt, und es werden sich die zusammengestossenen Blätter nur durch leichte Nähte von einander abgrenzen. Jedes andere Verfahren, um ein enges Zusammenschliessen benachbarter Blätter zu erzielen, bringt schwerwiegende Nachtheile mit sich. Man könnte z. B. mehrere Zonen von Blättern auf einen einzigen Kegelmantel projiciren und wird dann wohl den Vortheil erreichen, dass diese Blätter allesammt auf das Exakteste aneinander stossen können, aber um so grössere Lücken würden zwischen jenen Blättern auflaffen, die verschiedenen Kegelmänteln angehören. Überdies würden die Blätter in den oberen und unteren Zonen eines Kegelmantels bei weitem nicht die Summe von vortheilhaften Eigenschaften aufweisen, welche die hier vorgeschlagene Konstruktion zu bieten vermag.

Neben der Frage nach der Projektion ist die nach dem Maassstab der Erdkarte von einschneidender Bedeutung, denn er bedingt den Karteninhalt. Jeder Maassstab kann eine bestimmte Summe von Einzelheiten darbieten; je grösser er gewählt wird, desto grösser die Summe des Darstellbaren. Für eine einheitliche Erdkarte liegt daher die Frage so, dass der zu wählende Maassstab in einem bestimmten Verhältnisse zu unserer geographischen Kenntniss der Erdoberfläche steht. Bis zu einem gewissen Grade wird es da Sache der individuell wechselnden Anschauung sein, welcher Maassstab der entsprechende sei. Wer an die ausgedehnten, noch wenig bekannten Landflächen

der Polar-Gebiete denkt, wird begreiflicherweise einen weit kleineren Maassstab ins Auge fassen, als derjenige, welcher wirthschaftlich werthvolle Gebiete im Auge hat. So wird erklärlich, warum von der einen Seite das Verhältniss 1:4 000 000, von der anderen ein viermal grösseres, das eine 16 mal grössere Fläche zur Darstellung erheischt, als das entsprechende angesehen wird. Nachdem wir bereits vor Jahrzehnten eine einheitliche Karte von Europa 1:2 592 000 erhalten haben und binnen kurzem eine solche 1: 1 500 000 als Grundlage der internationalen geologischen bekommen werden, nachdem wir von ganz Afrika bereits eine Karte 1 : 2 000 000 besitzen und von Australien solche im Maassstab 1:3 000 000 vorliegen, nachdem wir von grossen Theilen Asiens Karten im Maassstab von 1: 1 000 000 und darüber besitzen und solche grösseren Maassstabes von weiten Theilen Amerikas im Erscheinen begriffen sind, halte ich unsere mittlere topographische Kenntniss der Erdoberfläche für erheblich grösser, als dem Maassstab von I: 4 000 000 entspricht. Ich sehe mich in dieser Auffassung dadurch bestärkt, dass in jüngerer Zeit Itinerar-Aufnahmen vielfach I: 1000000 veröffentlicht worden sind. In diesem, namentlich in England mehr und mehr in Aufnahme kommenden Maassstab, oder einem einfach daraus herzuleitenden erblicke ich einen nicht gering zu veranschlagenden Erfolg des Planes der Erdkarte II 000 000. Ist er bisher noch nicht zielbewusst aufgegriffen, so mehren sich doch die Bausteine für seine Ausführung, welche den Beweis für deren Möglichkeit liefern. Was jener Maassstab zu bieten vermag, lehren die schönen Karten von Mittel-Europa und Frankreich in den Hand-Atlanten von Andree, Debes und Vivien de St. Martin; doch würde ich glauben, dass eine Erdkarte das hypsometrische Bild weit mehr betonen sollte, als es in jenen zum Theil ausserordentlich schön schraffirten Karten geschieht. Welche Bilder der Maassstab für weniger gut bekannte Gegenden zu liefern vermag, lehren die schon mehrfach erwähnten Karten der Londoner Geographischen Gesellschaft; namentlich wenn man sie sich noch für die Meere mit Tiefenangaben ausgestattet, sowie durch zarte Töne den Höhenaufbau hervorgehoben denkt. Die Erdkarte soll in erster Linie eine physikalisch-geographische sein, und sie soll nicht. bloss die relativen, sondern auch die absoluten Höhenverhältnisse zum Ausdruck bringen.

Die Herstellung einer einheitlichen Erdkarte ist ein grosses Arbeits-Programm; sie setzt eine kritische Sammlung und Verarbeitung der bisher erzielten Ergebnisse voraus, und dabei werden Fragen zur Lösung kommen, die bisher bei aller grossen praktischen Bedeutung nicht mehr als akademisches Interesse erweckten, ich meine die Frage nach dem Null-Meridian, nach den Maassen für Höhen und Tiefen, nach der Transkription der geographischen Namen. Sie alle sind

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