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lich nur dem Umstande, dass die Lena-Anwohner, besonders die unterhalb Ustj-Kutskoje, ihren Wintervorrath an Fischen auf denselben von der Angara her beziehen.

Von der Ilim - Mündung an wird die Angara Obere Tunguska genannt; in den ersten Zeiten der Okkupation nannten die Russen sie so schon von der Oka-Mündung an. Die Tungusen haben für die Angara und die Obere Tunguska nur Einen Namen, nämlich Toandesi. (Vgl. Fischer, Sibirische Geschichte, 5, 3, 10.)

Der Bogen, welchen der Strom von dem Flüsschen Shawakan bis zum Kirchdorfe Keshma bildet, indem er aus seiner nördlichen Richtung in die westliche übergeht, ist dadurch bemerkenswerth, dass die Angara hier durch eine ununterbrochene Kette von Inseln beständig in Stromarme gespalten wird; die Dorfschaften liegen vorzugsweise auf den Flussinseln, obschon das linke Ufer, eine einzige Stelle ausgenommen, auf der ganzen Strecke flach ist; das rechte Ufer bleibt bergig. Dessenungeachtet zieht sich das Fahrwasser für grössere Fahrzeuge am linken Ufer hin und geht erst nahe bei Keshma an das rechte Ufer über. Die Breite der Angara beträgt hier durchschnittlich 6 Werst. Rechts nimmt sie die Kata (500 Werst lang) auf; an derselben zieht die Grenze zwischen dem Irkutskischen und Jenisseiskischen Gouvernement hin; sie geht am Flüsschen Edyrma (mündet links her in die Angara, der Kata-Mündung gegenüber) in westlicher Richtung weiter, überschreitet die Berge in der Richtung zur Kowa-Mündung und geht die Kowa hinauf weiter nach Süden. Der folgende grosse rechte Zufluss, die Keshma, durchströmt auf einer Strecke von 300 Werst ein enges Thal, das sich an der Mündung zur Wiesenfläche erweitert. An beiden Ufern der Mündung liegt das grosse Kirchdorf Keshma. Hierher kommen Ende Juni, besonders aber im Januar die im Quellgebiete des Tschadobetz und an der Keshma nomadisirenden Tungusen, um den Tribut (Jassak) zu entrichten und Pelzwerk gegen Lebensmittel und Kleider auszutauschen. Zwischen der Keshma und der Kowa, deren Abstand 89 Werst beträgt, biegt die Angara nach Süden ab und zieht hier auf geringer Wegstrecke ihre bedeutendsten Windungen. An der Stelle, wo der Strom aus südöstlicher Richtung wieder in rein südliche umschlägt, befindet sich die Aplinskische Stromschnelle, die trotz hoher Wellen und starken Gefälles durchaus nicht gefährlich ist. Hat man ein Mal die fünf grossen Wasserstürze der Anhinter sich, so erscheinen die Stromschnellen der gara Oberen Tunguska unbedeutend.

Die Kowa ist ein ansehnlicher, 200 Werst langer, linker Zufluss der Tunguska und zeichnet sich durch ihr enges felsiges Thal aus. In ihrem Gebiete begegnen wir den höchsten Bergen des Angara-Tunguska-Systems. Nach

dem Berichte des Hrn. Raschkoff ist das Kowa-Thal bis 100 Werst aufwärts bewohnt. Weder auf den alten Gouvernements - Karten noch auf den Generalkarten OstSibiriens von 1855 und 1858 ist irgend eine Ansiedelung am Flusse angegeben, das Dorf Kowa ausgenommen, das unmittelbar an der Mündung liegt. Im Becken der Kowa hat man mehrmals nach Gold geschürft, aber es scheint, dass alle Versuche erfolglos geblieben sind, denn gegenwärtig findet man dort nicht eine einzige Goldwäsche, wie überhaupt bis jetzt auf der ganzen linken Uferseite der Angara. Auf der rechten Uferseite beginnen die Goldwäschen im Gebiete des Flusses Kamenka und werden besonders zahlreich im Bassin des Pitt, welcher sich rechts her in den Jenissei ergiesst, unterhalb der Tunguska-Mündung.

Von

Von der Kowa-Mündung an fliesst die Tunguska Anfangs zwischen steilen Ufern, ihre Hauptrichtung ist hier eine westliche. Der Strom schlängelt sich an einigen Stellen in mächtigen Windungen hin. An der der Kowa nächsten, 20 Werst umspannenden Windung liegt das Dorf Dworetz und 3 Werst weiter das Kirchdorf KaschinoSchiwerskoje; hier war früher ein Männerkloster, das in der Folge nach Turuchansk übergeführt worden ist. Kaschino-Schiwerskoje an werden die Ufer flacher, fallen indess hie und da noch steil genug zum Wasserspiegel ab, obschon sie im Ganzen genommen in leichter Senkung abdachen. An den Dörfern Ssosnowka, Roschkowa, Paschina, Prospichina, Koka, Ssyromostowa vorüber gelangen wir nach einer Wegstrecke von 80 Werst zu dem grössten rechten Zuflusse der Oberen Tunguska, dem Tschadobetz; an seiner Mündung, am linken Ufer, liegt das Kirchdorf gleichen Namens. Der Tschadobetz ist 5- bis 600 Werst lang, seine Quellen liegen weitab ostwärts, in der Nachbarschaft der Oberläufe der Podkamennaja, Tunguska, des Ilim, der Olimpeja, der Nepa (linker Zufluss der unteren Tunguska) und der Kata. Der Tschadobetz hat durchaus keine praktische Bedeutung für die Gegend. An seinen Ufern wie an denen seiner Beiflüsse nomadisiren einige Tungusen, 80 Werst stromaufwärts liegt das Dörfchen Jarkino, der einzige Ort am Flusse mit sesshafter Bevölkerung. Dem Tschadobetz gegenüber, 25 Werst unterhalb seiner Mündung, ergiesst sich in die Obere Tunguska die Mura (160 Werst lang, mit 7 Dörfern). Auf der weiteren Wegstrecke von 120 Werst nimmt die Tunguska viele bedeutende Zuflüsse auf: die Newonka links, 100 Werst lang; die Kichore wa rechts, 80 Werst lang; die Karabula links, 120 Werst lang; endlich die Irkinejewa rechts, 250 Werst lang.

Unterhalb der Irkinejewa, 55 Werst von ihrer Mündung entfernt, mündet die Kamenka, der erste goldführende

Fluss mit Goldwäschen an seinen Ufern. Ihre Mündung macht sich bemerklich durch einen hohen Felsvorsprung, der aus Sandstein mit Quarzadern besteht. Die Mündung ist 25 Faden breit, etwas höher beträgt die Flussbreite 40 Faden. Hundert und dreissig Werst oberhalb der Mündung ergiesst sich rechts her in die Kamenka das Flüsschen Udereja; an ihm stösst man auf die ersten Goldwäschen. Auf dem rechten Kamenka-Ufer, zwischen der Tunguska und den felsigen Uferbergen, liegt das Dorf Kamenka.

Neunzig bis hundert Werst unterhalb Kamenka ergiesst sich in die Tunguska die Rybnaja, 100 Werst lang; in ihren Querthälern wird viel Gold gewonnen; die nächste Goldwäsche ist von der Mündung 50 Werst entfernt. Auf dem linken Ufer der Rybnaja, neben ihrer Mündung, liegt das Dorf Motygina; hier löschen die Mehlbarken ihre Ladung, welche weiterhin zu Lande nach den Goldwäschen befördert wird. Die Angara ist an dieser Stelle 10 Werst breit und bildet drei grosse Inseln und eine kleine. Funfzehn Werst unterhalb Motygina, auf dem rechten Ufer der Tunguska, liegt das Kirchdorf Rybinskoje, die wichtigste Ortschaft an diesem Flusse. Sie zeichnet sich durch die Zahl ihrer Höfe (50) aus und erhält ihre spezielle Bedeutung durch ihr Verhältniss zu den Goldwäschen. Hier ist der Standort für Barken jeder Art, welche stromabwärts aus Bratskij Ostrogg, Balagansk und Irkutsk hinuntergehen, der Sammelplatz der Arbeiter, welche von hier aus sich in die Goldwäschen begeben und Mitte September, nach Schluss der Arbeits-Saison, hierher zurückkehren. Um diese Zeit belebt sich Rybinskoje wie auf Zauberschlag, 6000 Menschen kommen durch, Handelsbarken bedecken die ganze Oberfläche der Tunguska, in kürzester Zeit findet ein ungemein grosser Umsatz Statt.

Die vier Monate, welche der Arbeiter in den Goldwäschen zubringt (von Anfang Mai bis zum 10. September), sind für ihn die Zeit angespanntester Thätigkeit. Jedem Arbeiter wie jedem Artulj (Arbeiter-Genossenschaft) ist das tägliche Arbeits-Quantum genau zugemessen. Je fleissiger und gewandter der Arbeiter ist, desto schneller wird er mit der fixirten Tagesarbeit fertig. Die übrigen Stunden gehören ihm; für die Arbeit, die er während derselben zu Stande bringt, wird ihm nach fester Taxe der Lohn gebucht. Während der Arbeit selbst findet keine Zahlung Statt. Beköstigt wird der Arbeiter vom Unternehmer; was er an Kleidung, Fusswerk und an Geräthen zur nicht kontraktmässigen Arbeit bedarf, bezieht er aus dessen Waarenhäusern auf Buch. Bei der Ablöhnung wird der Preis der vom Arbeiter bezogenen Waaren von dem Lohn abgezogen. Der 10. September ist der Zahlungstag. Dann wird dem Arbeiter sowohl der feste Lohn wie auch der Extralohn für die nicht kontraktmässigen Leistungen aus

gezahlt. Der erste ist gewöhnlich längst auf ein unbedeutendes Restchen zusammengeschmolzen, da der Arbeiter in der Regel den grössten Theil des Arbeitslohnes sich vorausbezahlen lässt, um denselben entweder der Familie zu schicken oder ihn in Saus und Braus durchzubringen. Der Extralohn beträgt häufig mehr als 100 Silber-Rubel, besonders geschickte Arbeiter bringen es in den vier Monaten zuweilen bis auf 300 Silber-Rubel. Leider sind es fast immer liederliche Gesellen, die, wenn sie Rybinskoje erreicht haben, in 14 Tagen das mühsam erworbene Kapital verjubeln. Oft bleibt einem solchen,,flotten Kerl" nicht so viel übrig, um die zur Heimkehr ins Heimathsdorf nothwendigen Reisekosten decken zu können. In diesem Falle verdingt er sich an Ort und Stelle seinem alten Arbeitsherrn für das nächste Jahr; das bedeutende Handgeld, welches er erhält, muss ihm die vergeudeten Mittel zur Heimkehr ersetzen. Zu Hause nagt er den Winter durch am Hungertuche; im Frühjahr erhält er im nächsten Goldwäscher - Comptoir einen Theil seines Arbeitslohnes vorausbezahlt und gelangt mit Hülfe desselben nach Rybinskoje. — Übrigens ist Rybinskoje nicht der einzige Sammelplatz für die Arbeiter. Einige Arbeiter-,,Parteien" begeben sich von Motygina und Kamenka aus in die Goldwäschen und kehren im Herbst dahin zurück. Doch der grössere Theil der Arbeiter aus den Goldwäschen des südlichen Systems des Pitt sammelt sich im Herbst in Rybinskoje und zieht von hier aus heim wärts, theils stromaufwärts nach den oberen Dörfern, theils stromabwärts nach der von Rybinskoje 25 Werst entfernten Tassejewa-Mündung und von hier längs der Tassejewa und Ussolka nach den in dieser Flussgegend ungemein zahlreichen Dorfschaften, theils endlich noch weiter stromabwärts zum Jenissei.

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Die Tassejewa ist ein wichtiger linker Zufluss der Tunguska; ihre Mündung ist über 1 Werst breit. Sie wird gebildet von der Uda und der Birjussa, welche sich 160 Werst oberhalb der Mündung vereinigen. Die Uda wird in ihren unteren Theilen, fast schon von NishneUdinsk an, Tschuna, die Birjussa von der Gegend an, wo die grosse Poststrasse sie schneidet, Ona genannt; 60 bis 70 Werst oberhalb der Mündung der Tassejewa ergiesst sich in dieselbe links her die Ussolka.

Von Rybinskoje und dem gegenüberliegenden Dorfe Denissowa zählt man bis zur Tunguska-Mündung 86 bis 90 Werst. Auf dieser ganzen Strecke findet sich nicht Ein Dorf, nur auf der schmalen Landzunge, welche zwischen dem Jenissei und der Tunguska sich vordrängt, zieht sich das Dörfchen Strelka hin und ihm gegenüber, auf dem linken Jenissei-Ufer, das grosse Kirchdorf Ustj-Tunguskoje (mit 90 Höfen). Auf dem rechten Ufer ragen isolirte

Gebäude empor mit den Haupt-Comptoirs der Goldwäscher, welche dieselben bezeichnend,,Residenzen” nennen.

3. Das Angara-Thal in landwirthschaftlicher Beziehung. Auf der 75 Werst langen Strecke, die man von der Tunguska-Mündung bis Jenisseisk zurückzulegen hat, wird die Bevölkerung plötzlich ungemein dicht. Hier kommt man an 15 Dörfern vorbei, von denen einige, wie UstjTunguskoje und Maklakowa, gegen 90 Höfe zählen; das Kirchdorf Kamenskoje enthält deren 100. Die Gesammtzahl der Höfe in den 15 Dörfern beträgt 530, die Einwohnerzahl circa 3200. Rechnet man die Einwohnerzahl von Jenisseisk hinzu (5300), so erhält man 8500 Bewohner. Die relative Dichtigkeit der Bevölkerung auf der Strecke von der Tunguska-Mündung bis Jenisseisk tritt noch schärfer hervor durch Vergleichung mit der Vertheilung der Bewohner im Angara-Thale.

Von der Tunguska-Mündung bis Jenisseisk kommen auf 75 Werst 15 Dörfer mit 530 Höfen und circa 8500 Einwohnern, von Bratskij-Ostrogg (incl.) bis zur Tunguska-Mündung kommen auf 1060 Werst 70 Dörfer mit 1320 Höfen und circa 10.000 Einw., von Irkutsk bis Bratskij-Ostrogg kommen auf 540 Werst 127 Dörfer mit 4000 Höfen und circa 22.000 Einwohnern.

Die Dichtigkeit der Bevölkerung des oberen Theiles des Flusses verhält sich zur Dichtigkeit der Bevölkerung des unteren Theiles wie 4 1. Auf ein Dorf des oberen Striches kommen durchschnittlich 173, auf ein Dorf des unteren dagegen nur 143 Seelen.

Angara und Tunguska stellen auch in anderer Beziehung Gegensätze dar. Das Angara-Thal enthält einen für den Feldbau vorzüglich geeigneten Boden, besonders vom Balaganskischen Kreise an, WO die Gegend Steppencharakter hat. Die Bodenkultur zeigt hier ungemein günstige Resultate. Ihre Entwickelung wird befördert durch die grössere Nähe der Absatzorte, durch die leichte Kommunikation, durch den kolossalen Getreide- und Mehlbedarf des Irkutskischen und Nishne-Udinskischen Kreises so wie der Jenisseiskischen Goldwäschen. Von BratskijOstrogg an verändert sich der Charakter der Gegend, das Fluss-Thal wird eng, der Boden wird steinicht, die Ufer bilden Berge mit dichten Nadelholz - Waldungen. Diese Umstände erschweren den Ackerbau, der Bauer muss den Wald ausroden, um Boden für den Feldbau zu gewinnen. Daher wird hier nicht mehr Korn angebaut, als zum eigenen Bedarf nöthig ist; der geringe Überschuss wird nach den Goldwäschen verführt. In diesem ganzen Waldstriche macht sich der Mangel an Wiesen sehr fühlbar, dessen Folge der geringe Viehstand ist. Dafür ist Nadelwald in Fülle vorhanden. Die Flösse, welche stromabwärts gehen, um die waldarmen Gegenden am Jenissei mit Holz zu versehen, kommen aus den Dörfern, welche unterhalb der fünf grossen Stromschnellen liegen. Das untere Uferland der Tunguska zeichnet sich sowohl durch seinen Wald

reichthum wie durch seine grossen Strominseln mit herrlichem Wiesengrund aus. Die Ufer sind niedrig und mit reicher Grasvegetation bedeckt. Aber auch hier wird nur wenig Feldbau getrieben; unterhalb Motygina wird die geringe Getreideproduktion einzig durch Gewaltmaassregeln der Regierung erzwungen. Der Bauer findet es hier vortheilhafter, seine Wiesen abzumähen und sein Heu zu verkaufen. Die Goldwäschen, welche den Ackerbau im Oberlande der Angara befördern, lähmen ihn im Unterlande. Der Bedarf an Heu ist nicht geringer als der Bedarf an Korn. Letzterer wird mit bedeutend geringerer und dabei ungleich produktiverer Arbeit gedeckt von den Landstrichen am oberen Laufe der Angara mit ihrem für den Ackerbau so ergiebigen Boden. Wenn man auch an der unteren Angara dieselben Resultate erzielen könnte, so würden dieselben doch einen unverhältnissmässig grösseren Kraftaufwand erheischen. Die Heuproduktion verlangt dagegen eine im Verhältnisse geringere Anstrengung. Freilich muss der Bauer oft genug Getreide für den eigenen Bedarf ankaufen und zwar zu den hohen Preisen, welche die Goldwäscher zahlen, aber diese Ausgaben deckt er seinerseits durch den hohen Preis, welcher ihm für sein Heu gezahlt werden muss.

Die zweite Wohlstandsquelle für die Anwohner der Tunguska bilden die Fische, sie könnten einen bedeutenden Handelsartikel abgeben, wenn Absatzorte vorhanden wären. Die Flussstriche unterhalb Bratskij-Ostrogg sind besonders reich an Lachsen, welche hier mit leichter Mühe massenweise gefangen werden; aber die Fischplätze liegen leider zu weit ab von den Städten, der diesen am nächsten gelegene Bezirk von Bratskij-Ostrogg ist von NishneUdinsk 300 Werst entfernt; die Entfernung des Karaptschanskischen Kreises von Kirensk an der Lena beträgt 700 Werst, die Entfernung der anderen reichen Fischplätze ist noch bedeutend grösser. Die Bewohner der Dorfschaften sind ausgezeichnete Konsumenten, aber keine Käufer. Den eigenen Bedarf ziehen sie unmittelbar aus dem Flusse, im Winter wie im Sommer.

Der ergiebigste Fischfang findet im Spätherbst Statt, wenn der Frost eintritt und das erste Eis geht. Durch Reichthum an Fischen zeichnen sich besonders folgende Plätze aus: Padunskoje, Badarma, die Flussstelle zwischen den Dörfern Saïmka und Aljoschkina, die Stelle an der Kowa-Mündung unterhalb des Dorfes Kamenka, die Fischplätze an der Grebenskischen Stromschnelle beim Dorfe Kulakowa und unterhalb der Stromschnelle Strelotschny. Die Fische werden mit allen Arten von Netzen (Wurfnetzen, Standnetzen, Seilen mit langen Schnüren, an die Angelhaken befestigt sind) gefangen. Die Flussstreifen, welche sich durch reissende Strömung auszeichnen, haben

gewöhnlich zur Seite oder weiter unterhalb tiefes ruhiges Wasser. Die Dorfbewohner nennen solche ruhige Stellen ,,Gruben". Hier sammeln sich die Fische in ungeheuerer Menge an, theils um auf der Wanderung auszuruhen, theils um zu überwintern. Sie lagern sich reihenweise und bilden eine kompakte Fischbank von pyramidaler Form, die Spitze nehmen die grossen, gegen die Strömung gerichteten Fische ein, die Grundfläche, die sich unten befindet, gewöhnlich die Sterlete (kleinste Stör-Art). So eine Fischbank steht unbeweglich, sie steigt und sinkt mit dem Steigen und Sinken des Stromes. An solchen Lagerstellen fängt man die Fische mit dem Dreizack, indem man mit dem unteren Ende der Pyramide beginnt. Die Beute jedes Einzelnen ist ungeheuer, trotzdem dass eine Menge von Booten aus den benachbarten Dörfern sich am Fischfang in unbefangenster Weise betheiligen. Störe von 2 Pud Gewicht sind häufig, bisweilen zieht man welche heraus, die 6 Pud wiegen; die Sterlete sind gross und fett; kleinere Fisch - Arten von geringerem Gewicht kommen in Menge vor. Für ein Pud Lachsfleisch zahlt man im Handel 3 bis 3 Silber-Rubel, an Ort und Stelle dagegen bloss die Hälfte. Die,,Gruben" gehören vertragsmässig oder traditionell theils einzelnen Dorfgemeinden, theils Einzelpersonen. Neid, Missgunst und Rohheit verwüsten oft für lange Zeit die Fischbänke. Knochen mit Theer gefüllt und in die Gruben geworfen vertreiben die Fische, welche den Theergeruch nicht vertragen können, und es vergeht eine lange Zeit, bis sie sich wieder einstellen.

Einen nicht unbedeutenden Erwerbszweig der Uferbewohner bildet ferner die Jagd auf Pelzthiere. Besonders günstiger Naturverhältnisse erfreuen sich in dieser Beziehung die Dorfschaften des mittleren Stromgebiets von Bratskij-Ostrogg an bis zum Jenisseiskischen Kreise. Die dichten Nadelholzwaldungen, das bergige Terrain und die geringe Bevölkerung machen diesen Strich zum geeigneten Aufenthalt für Pelzthiere. Zobel, Eichhörnchen, Füchse, Hermeline, Vielfrasse, Ottern, Bären, Wölfe, Hirsche, Rehe, Elennthiere bilden hier den Hauptgegenstand der Jagd. Besonders eifrig wird den Zobeln und den Eichhörnchen nachgestellt, sie werden theils geschossen, theils in Gruben gefangen. Die Preise sind folgende: ein gewöhnliches Zobelfell wird mit 15 Silber - Rubel bezahlt, die besten kommen bis auf 30 Silber-Rubel; ein Eichhornfell kostet je nach der Güte 5 bis 12 Kopeken Silber; ein ungegerbtes Elennfell kostet 3, ein gegerbtes 5 bis 7 SilberRubel; ein Bärenfell bester Qualität wird auf 10 bis 12 Silber-Rubel geschätzt. In der späteren Winterzeit stellen sich die Aufkäufer in den Dörfern ein und tauschen das Pelzwerk gegen Waaren ein oder bezahlen es auch baar. Übrigens sind die Anwohner der Angara keine ei

gentlichen Jäger, was schon der Umstand beweist, dass sie keine guten Jagdhunde haben. Den Bären fallen sie erst an, wenn er, um auszuschlafen, sein Winterlager bezogen hat; dasselbe wird dermaassen von ihnen verbarrikadirt, dass er sich nicht leicht herausarbeiten kann.

Das Leben des Russischen Bauern an der Angara unterscheidet sich nur wenig von dem Leben des Russischen Bauern überhaupt. Boden, Wald und Fluss liefern ihm das zum Lebensunterhalt Erforderliche, und da er arbeitsam ist, so kommt wirkliche Armuth selten vor; in manchen Dörfern stösst man selbst auf bedeutenden Wohlstand. Die Bauernhäuser nehmen sich freundlich aus, nur die Dörfer an der Mittleren Angara machen einen weniger angenehmen Eindruck als die am oberen und unteren Flusslaufe, da die Bevölkerung in ihnen nicht rein Russisch, sondern stark mit Tungusen gemischt ist. Einige Dörfer, wie Sakidejewa, Ssedano wa u. a., werden nur von Tungusen bewohnt; dieselben haben zwar ihre Birken - Jurte gegen die Russische Isba vertauscht, aber dabei nur in geringem Maasse dem naturwüchsigen Nomadenschmutze entsagt. Gastlichkeit, Geradsinn und Rechtschaffenheit machen den Verkehr mit den Dorfbewohnern zu einem sehr angenehmen. Diebstahl kommt selten vor, besonders an der oberen Angara. Natürlich muss man die Umgegend von Irkutsk ausnehmen, wo, wie überall unter ähnlichen Einflüssen, die Landbewohner die Sitteneinfalt eingebüsst haben. Dasselbe gilt von den Dorfschaften an der unteren Angara. Die Nähe der Goldwäschen, die Berührung mit der demoralisirten Arbeiter - Bevölkerung derselben, die ungemeine Leichtigkeit des Geldgewinns haben auflösend auf die fest gefugte Sitte in Haus und Gemeinde eingewirkt. Einen nicht weniger schädlichen Einfluss auf die Bevölkerung üben die Posselennzy (Straf-Kolonisten) aus, Verwiesene, welche zur Strafe für Verbrechen hier angesiedelt werden. Auch für Ost-Sibirien ist es hohe Zeit, das alte System zu ändern, die Posselennzy nicht zerstreut in den Dörfern, sondern in geschlossenen Straf-Kolonien an geeigneten Orten anzusiedeln. Die Goldwäschen am Jenissei

im Gebiete des Pitt, wenn auch nachtheilig für das Bauernthum im Allgemeinen, haben sich doch in so fern wohlthätig erwiesen, als sie dem losen Volke, das sich an regelmässige, anhaltende Arbeit nicht gewöhnen mag, zusagende Beschäftigung bieten. Der Posselenetz, dem irgend ein Dorf zum Aufenthalt angewiesen wird, gewinnt nur im seltensten Falle dem Landbau Geschmack ab, er hat eine entschiedene Neigung zu solchen Erwerbsarten, welche ihm nach kurzer angespannter Arbeit die Mittel zu langem bequemen Nichtsthun gewähren. Verwiesene bilden daher die Grundmasse der Arbeiter - Bevölkerung in den Goldwäschen. Nicht viele von den Verwiesenen zeichnen

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sich durch einen rechtschaffenen Lebenswandel aus. Sie wirken in Folge ihrer höheren Bildung und ihrer Lebenskenntniss ungemein wohlthätig auf die Bauern ein. Aus ihnen gehen die Schullehrer hervor, die indess bis jetzt im Angara-Thale als Luxusartikel gelten. In den Dorfgemeinden giebt es selten mehr als zwei oder drei Mitglieder, die zu lesen und zu schreiben verstehen, und das sind Verwiesene. In Bratskij-Ostrogg wurde erst ganz kürzlich die erste Gemeindeschule eröffnet. In den Kirchdörfern Bogutschanskoje und Keshma hat man vor ziemlich langer Zeit schon Schulhäuser erbaut, nur fehlt es leider bis jetzt noch an Schülern und Lehrern. In Keshma geht nach den Berichten der Bauern im Schulgebäude ein Gespenst um;

noch lange wird es dauern, bis die langsam vordringende Aufklärung es daraus verscheucht haben wird.

Der Gesundheitszustand der Angara-Anwohner kann im Allgemeinen als befriedigend bezeichnet werden; übrigens wüthet zu Zeiten der Typhus und rafft zahlreiche Opfer fast in jedem Dorfe hin. Wechselfieber sind häufig, eine Folge des unmässigen Genusses verdorbener gesalzener Fische. Was die örtlichen Krankheiten betrifft, so ist der Kropf in den Seitenthälern der oberen Angara (am Irkut, an der Belaja, an der Uda) ungemein verbreitet. An der Angara selbst kommt er nur höchst selten vor, von Bratskij-Ostrogg an verschwindet er gänzlich. (Schluss folgt.)

Zur Vertheidigung der Oceanität am Nordpol, in meteorologischer Hinsicht.

Von A. Mühry.

Die Oceanität am Nordpol ist eine sehr wichtige meteorologische Frage, da sie aber noch immer, sogar bei solchen Meteorologen, auf deren Urtheil besonders grosser Werth zu legen ist, manchen Zweifeln begegnet, so scheint es nicht nur nützlich, sondern auch nothwendig, noch ein Mal die Thatsachen, welche die Beweise dafür enthalten, in einer kurzen Zusammenstellung zu wiederholen.

Diese Frage, ob am nördlichen Ende der Erdachse Oceanität oder aber Kontinentalität sich befinde, ob also dort die beiden grossen Kontinente der östlichen und der westlichen Hemisphäre getrennt sind oder nicht, ist deshalb für uns von so grosser Bedeutung, weil damit zugleich verbunden ist die Frage über ein Auseinandergehen des kältesten Gebiets im Winter in zwei durch einen weniger kalten Raum am Drehungs-Pol geschiedene Kälte-Pole und demnach die Beantwortung derselben bestimmend einwirkt auf unsere Vorstellung von dem allgemeinen geographischen System der Meteorologie. Es ist nicht etwa die Benutzung des Circumpolar-Gebiets als Wasserstrasse, welche bei der Untersuchung unser Ziel ist, denn jedenfalls ist der Raum nördlich von der Bering-Strasse auch im Sommer so sehr mit Eisschollen angefüllt, dass eine Durchfahrt ganz unthunlich ist, sondern, wie gesagt, um was es für uns hier sich handelt, ist die Richtigkeit des ganzen tellurischen meteorologischen Systems, zu welchem unsere geographischen Untersuchungen übereinstimmend uns geführt haben, es ist der Schlussstein der Meteorologie unserer Breiten, welchen zu rechtfertigen und sicher zu stellen besonders für das Verständniss der Winde von unerlässlichem Werthe erscheinen muss. In solchem Sinne könnte man das Folgende gleichsam eine oratio pro domo nennen.

Die Beweise für die Oceanität am Nordpol lassen sich in vier Arten unterscheiden; diese sind: 1. autoptisch-geographische, 2. meteorologische und klimatologische, 3. hydrographische und 4. teleologische.

1. Die Pol- Fahrer haben bekanntlich nicht den Drehungs - Pol der Erde selbst erreicht, sie sind nur bis 82° 45' N. gelangt, aber sie haben rings um den Pol die äussersten Küsten des Kontinents sowohl in Asien wie in Amerika beschritten und hier überall durch Autopsie gefunden, dass weiterhin nach Norden ein offenes, wenn auch mehr oder weniger, selbst im Sommer mit fortschwimmendem Eise bedecktes Meer vor ihnen lag. So ist es gemeldet längs der ganzen Nordküste von Asien, etwa auf 70° bis 75° N., einige kleine Inseln ausgenommen, und auch von den noch höher reichenden Nordküsten des Amerikanischen polarischen Archipels, der aus grossen, wenigstens halb kontinentalen Inseln besteht, etwa auf 76° bis 81° N. Als Zeugen aber sind zu nennen Männer von unabweisbarer Treue, namentlich dort Wrangell und Anjou, hier Belcher, de Haven, Penny, Richards, Osborn Hamilton, McClintock, Morton (unter der Gewähr von Kane) und Hayes. Diese fanden bekanntlich, und zwar gegen ihr eigenes Erwarten, nicht nur offenes Meer, sondern auch den dunklen Wasserhimmel in weiter Ferne, zwar auch Eisschollen von ungewöhnlicher Grösse, nicht aber Eisberge schwimmend, welche freilich nur an gebirgigen Küsten sich bilden. In dem freieren Theile des Polar-Meeres, bei Spitzbergen, tritt zwar ein mächtiger Eisgürtel entgegen, beginnend etwa bei 74° N. im Sommer und reichend, so weit man hier nordwärts gedrungen ist, bis 82° 45' N., allein diess Scholleneis ist im Sommer in Bewegung nach

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