페이지 이미지
PDF
ePub

Darum verordnete er, daß die jungen Leute, die sich den Staatsgeschäften widmen wollten, zugleich römische und französische Geschichte studiren sollten. Darum drang er auf Vollendung der Cultur der französischen Sprache. Er fronte seine Bemühungen um die Sprache und schöne Littera tur seiner Nation durch die Stiftung der so berühmt gewordenen französischen Akademie (Acadé mie françoife). Und man sagt am Ende nicht zu viel, wenn man diesen außerordentlichen Mann den Stifter des Jahrhunderts Ludwig's XIV.

nennt.

Richelieu's Einfluß auf die französische Poesie und Beredsamkeit hat der schönen Litteratur der Franzosen für immer genüßt und geschadet. Der unvergängliche Schade, den er ihr zufügte, ist die dauernde Begründung der Einseitigkeit des französischen Geschmacks und der Abhängigkeit der freien Musenkunst von den Conveniens zen eines eleganten Hofes. Richelieu allein hat es freilich nicht zu verantworten, daß das Ges fühl einer wahren Näturpoesie in Frankreich sich nicht entwickeln wollte, und daß eine neue Staats: und Toilettenpoesie am französischen Parnasse die vornehmste wurde. Er nahm sein Zeitalter, wie

er

matisch verfolgen will. Das Testament des Cardinal Ris chelieu, nehmlich das echte und eigentliche, nicht das so genannte politische, ist als Anhang abgedruckt im zweis ten Theile der Hiftoire du Cardinal Richelieu par le Sieur Aubery (Cologne, 1666, zwei Bändchen), einem Bus che, das zwar mit wenig historischem Verstande geschries ben, aber doch lehrreich ist, und auch das Verdienst, das sich Richelieu um die Litteratur erworben, nicht übergeht.

er es fand. Er beherrschte es nur nach seinem Bes dürfniß. Schon vorher war der Hof das Geschmacks: tribunal gewesen, das die französischen Dichter und Reimer vorzüglich im Auge hatten, wenn sie um Beifall buhlten. Aber Richelieu benußte diese Richs tung des französischen Geistes. Rund um ihn, den gewaltigen Måcen, kroch fast Jedermann in Franks reich, wer durch Verse Glück machen wollte, im Staube. Nur der einzige Corneille, damals noch in der ersten Blüthe seiner höheren Kraft, stand aufrecht. Undre Mácene haben die Huldigungen der Dichter, Reimer, und Schriftsteller aller Art gez wöhnlich nur angenommen, und sie durch Gunst und Belohnung bei Gelegenheit erwiedert. Riche: lieu machte diese Leute förmlich zu seinen Creatus ren. Nun schwand der lehte Rest des poetischen Freiheitsgefühls aus der französischen Poesie dahin. Nur die Beredsamkeit, die långst in Frankreich auf einem besseren Wege gewesen war, als die Poesie, fuhr fort, nach den Mustern des Alterthums class Fisch zu werden.

Durch die Stiftung der französischen Akademie, im Jahre 1635, wurde der litteraris sche Geschmack der Franzosen einer förmlichen Ges setzgebung unterworfen. Der Hof konnte zwar den vierzig Mitgliedern, aus denen, nach Richelieu's Einrichtung, die neue Akademie bestand, nicht unmittelbar befehlen, was sie loben, oder tadeln solls ten. Aber die ganze Einrichtung bürgte dafür, daß diese Vierziger, denen das Wohl der französischen Sprache und schönen Litteratur auf eine officielle Art zur Obhur anvertrauet wurde, nicht leicht einen anz dern Geschmack haben würden, als den des Hofes.

Bom

Vom Hofe floß ihnen ihre Besoldung zu. Unter den Augen des Hofes hielten sie ihre Sihungen. Durch Hofintriguen gelangte man am bequemsten zu der Ehs re, unter die hochansehnlichen Vierziger aufgenommen zu werden; und diese Ehre wurde nun, von der Stifs tung der französischen Akademie an bis zu ihrer Auflds fung in der großen Staatsrevolution, für die höchste geschätzt, die einem Dichter und geistreichen Schrifts steller widerfahren könne. Die französische Akademie. wurde also das Oberhofgericht der französischen Spras che und Litteratur. Welche ungemeinen Verdienste sie sich um die Sprache erworben, ist bekannt. Aber ins dem sie die rohe Licenz des Sprachgebrauchs aufhob, und die Norm, nach der von nun an reines Frans zösisch geschrieben und gesprochen werden sollte, int Wesentlichen unveränderlich bestimmte, entzog sie auch dem Genie alle Mittel, durch vernünftige Licenz, nach mehr als conventionellen Bedürfnissen, die Herrschaft des Geistes über die Sprache zu ers weitern. Was im litterarischen Rathe der Vierzis ger nicht genehmigt wurde, das galt nicht. Publicum behielt allerdings seine Stimme; aber es war ja ein französisches Publicum, das sich in der Hauptstadt concentrirte, und sich selbst nur dann einen guten Geschmack zutrauete, wenn es im Reden und Schreiben, wie im Thun und lassen nichts billigte, als was bei Hofe und in der Afas demie nicht verworfen war. Elegant wurde nun die französische Sprache. Sie erhielt die gefälligs ste Correctheit und eine bewundernswürdige Prácis fion.

Das

Durch diese Prácision empfahl sie sich eben sowohl zur Sprache der Wissenschaften, als sie sich dem Staatsmanne zur genauesten Bezeichnung pos litischer Berhältnisse, und dem Weltmanne zum bes

stimmtesten Ausdrucke der feinsten Reflerionen dars bot. Jeder Gedanke, in einer solchen Sprache auss gedrückt, kam so klar, so nett, gleichsam in so schars fen Umrissen zum Vorschein, daß der Wih nicht weniger, als der kalte Verstand, sich in jeder Phras se spiegeln konnte, die rein französisch war. Aber wo Phantasie und Gefühl einen Ausdruck verlan gen, der den freien Geist über alle conventionellen Formen erhebt, da mußte das Genie den Geseßen einer Sprache erliegen, die, schon an sich weder mahlerisch, noch reich, nun noch jedes Wort und jede Wendung ausstieß, die bei Hofe und in der Hofmäßigen Akademie nicht gehört werden durften. Auch hier bewährte sich das feine Gefühl der Frans zosen für das Schickliche; aber man verwechselte sogleich natürliche Schicklichkeit mit conventioneller; und was sich bei Hofe nicht schickte, sollte übers haupt, also auch in Gedichten unschicklich seyn. Da das Organ der französischen Poesie auf diese Art gelähmt wurde, konnte sie selbst um so leichter in die Schranken eingeschlossen werden, die ihr der Hofgeschmack durch die Akademie von nun an dies tatorisch anwies.

Richelieu selbst stellte sich als Dictator an die Spike der französischen Akademie, nachdem er durch eine königliche Stiftungsurkunde ihr officielles Das seyn gegründet und gesichert hatte. Er war es, der die Zahl der Mitglieder durch die Statuten auf vierzig einschränkte. Die Statuten hatte er von Andern entwerfen laffen; aber nur was er genehs migte, erhielt gefeßliche Kraft. Im Nahmen des Königs ånderte er an der ganzen Verfassung des Instituts, was ihm beliebte. Er, nicht der Kös

nig, hieß der gnädige Protector (Monfeigneur le Protecteur) der Akademie. Man hatte unters thänigst in die Statuten den Artikel einrücken wollen, “daß die Akademie nicht aufhören solle, das Andenken ihres erhabenen Protectors zu verehs ren." Richelieu hatte so viel

[ocr errors]

fühl für das Schickliche, daß echkeit und Ger

diesen Artikel aus dém Entwurf der Statuten ausstreichen ließ, die als sein Werk auf die Nachwelt kommen sollten. Indessen erlaubte er, daß in dem Protocoll (les Registres) der Akademie dieses merkwürdige Ereigs niß nicht mit Stillschweigen übergangen werde. Wenn er bei guter Laune war, ließ er auch wohl scherzend die Akademiker seine Superiorität empfins den. Als ihm Vaugelas, dem er die Besors gung des neuen Wörterbuchs der französischen Spras che vorzüglich übertragen und dafür eine ansehnliche, vorher verfallene Pension wiedergegeben hatte, einmal seine Aufwartung machte, beliebte der groß: müthige Protector, diesem Mitgliede der französi» schen Akademie lächelnd zu sagen, “daß doch nun wes nigstens das Wort Pension in dem Wörterbuche nicht fehlen werde." Solche freundlichen Beweise der Herablassung des Protectors wurden von der Akademie mit der größten Ehrerbietung aufgenom men ").

Aus dieser allgemeinen Darstellung des Zustans des der schönen Litteratur der Franzosen unter Ris chelieu

n) Man vergleiche die schon angeführte Hiftoire du Cardinal-Duc de Richelieu, par le Sieur Aubery, Li vre VII. chap. II.

Bouterwek's Gesch. d. schön. Redek, V. B.

« 이전계속 »