페이지 이미지
PDF
ePub

was beigetragen zu haben. Erhöht wurde diese Ces lebrität ohne Zweifel nicht wenig durch den hohen Stand des Dichters. Wer den Werth eines Ges dichts nicht nach französischem Maßstabe mißt, dem muß bei einiger Aufmerksamkeit auf die metris sche Kunst, deren sich der König von Navarra bes fliß, sogleich der Mangel der wesentlichen Schöns heit des Rhythmus auffallen. Denn schon in dies sen Gedichten sind die Sylben größten Theils nur gezählt, und nicht prosodisch gemessen. Die frans zösische Sprache hatte sich also schon damals von der Lateinischen Accentuation losgerissen. Man darf sich darüber um so mehr wundern, da mehrere fran: zösische Liederdichter, die später lebten, die versifis cirten Wörter noch oft nach einer Regel ordneten, die zuweilen eben so merklich, wie die italienische, spanische und portugiesische Versification, an die lateinische Quantität der Sylben erinnert. Beina: he möchte man vermuthen, daß schon der König Thibaut sich durch seine Vernachlässigung der Syls benquantität als ein Weltmann bewährte, und Daß es schon zu seiner Zeit zum guten Ton gehör: te, die französische Sprache so zu accentuiren, als ob fie aus lauter einsylbigen, der Quantität nach ein: ander beinahe gleichen Wörtern bestånde, wenn gleich daraus noch nicht ganz erklärt wird, wie man so früh sich die Freiheit nehmen konnte, die dume pfe Endsylbe, die doch wahrscheinlich auch schon damals von den Parisern in der Aussprache vers schluckt wurde, in der Versification nach Belieben auch die Stelle einer langen Sylbe vertreten zu Tassen '). Aber ganz dem Geiste der französischen

Spras r) Hier ist eine Probe, statt vieler. Mehrere Stellen

aus

Sprache gemäß, ließ der König Thibaut männli che und weibliche Reime mit einer Feinheit abwechs seln, an die noch kein französischer Dichter gedacht hatte.

Wie

aus den Gedichten des Königs von Navarra auszus
heben, wäre hier ein sehr undankbares Geschäft, da
die Sprache doch den meisten Lesern dieser Geschichte
der Poesie und Beredsamkeit unverständlich seyn wird.
Ein Lied des Königs fångt so an:

Les douces dolors,

Et li mal plaifant,
Qui viennent d'amors,
Sont dols et cuifants,
Et qui fait fol hardement
A paines aura fecors.

J'en fis un, dont la pavors
Me tient au cors, ki je fans.

Bien eft grans folors

D'amer loiaument

Qui porroit aillors

Cangier fon talent.

Hè, Diex! J'en ai appris tant,

K'ancois feroit une tors,

Portée a terre de flors,

Ke m'en veift recreant,

&c.

Das metrische Schema, soweit überhaupt eines sich ers
rathen läßt, ist doch wohl dieses:

[merged small][merged small][merged small][ocr errors]
[ocr errors]

und noch auf andere Art. Wer die Worte nicht vers steht, nimmt vielleicht die Nottz gern mit, daß hardement so viel heißt als hardieffe; pavors peur bedeutet, folors folie, Diex Dieu, ançois plutot (das italies nische Anzi), tors tour, recreant lache.

[ocr errors]

Wie sehr die Gedichte des Königs Thibaut zu ihrer Zeit geschäßt wurden, beweiset unter ans dern das Zeugniß des Dante, der in seiner Ab handlung von der Redekunst in der romanischen Muttersprache (de vulgari eloquentia) diesen Kör nig nahmentlich unter den vorzüglichsten Dichtern aufführt, so weit er selbst auch über diese Art von Poesie hinausblickte. Nach dem Beispiele, das Thibaut gegeben, blieb seit dieser Zeit bis in das sechzehnte Jahrhundert der lyrische Gesang Der Franzosen mit dem provenzalischen verwandt und verbunden. Eben dieser Uebergang der provenzas lischen Poesie in die französische scheint den Unters gang jener beschleunigt zu haben, weil nun die Dichs ter des südlichen Frankreichs mit den Dichtern aus den nördlichen Provinzen zu einer und derselben Schule gehörten. Die französischen Trouveres und die provenzalischen Troubadours begrüßten einander als Brüder in der Kunst. Ja man darf glauben, daß diese ästhetische Zusammenschmelzung der Provenzalen und der Nordfranzosen mitwirkte, die alte Trennung beider Nationen (denn als zwei Na: tionen sahen sich die Provenzalen und Nordfranzosen noch lange an) auch in anderer Hinsicht nach und nach aufzuheben. Da aber der herrschende Theil die Nordfranzosen blieben, so gewöhnten sich die Provenzalen unvermerkt nach ihnen, und die Ver breitung eines Geschmacks, der von Paris ausging, war für ganz Frankreich eingeleitet. Die Lieder des Königs Thibaut wurden, nach einfachen Mes Jodien, mit der Harfe, oder der Bioline begleitet. Aehnliche Lieder gab es nun bald in Menge. Die Jongleurs oder Tausendkünstler im Styl jener Zeit schlossen sich mit ihren Kunststücken an die Dichs

[ocr errors]

ter

ter im nördlichen, wie im südlichen Frankreich, und erfreueten mit ihnen die Damen und Herren.

[ocr errors]

Aber von Fortschreitung des Genies in der lyrischen Kunst zeigt sich unter den französischen Dichtern des dreizehnten und vierzehnten Jahrhuns derts feine Spur. Die Nahmen dieser Dichter, so viel ihrer noch bekannt sind, aufzuzeichnen, ist also hier nicht der Ort. Wie groß die Anzahl der übrigen gewesen seyn mag, deren Andenken erlos schen, oder noch in alten Handschriften verborgen ist, kann man aus der Menge der berühmten schließen, deren leicht ein halbes Hundert seyn mös gen $). Die meisten waren ritterbürtige Sång ger. Nur einiger der merkwürdigsten muß hier noch besonders gedacht werden.

Monseigneur Gaces oder Gasses Brüs lez verdankte einen Theil seines Ruhms der Freunds schaft des Königs von Navarra, in dessen Liedern er auch einige Mal genannt wird. Von den eigenen Liedern des Gaffes sollen noch an funfzig vorhanden. seyn. Berühmter wurde durch ein romantisches Schicksal der Schloßhauptmann (châtelain) von Cous cy. Die Dame seines Herzens und seiner Lieder war eine verheirathete Frau von Fayel. Als er Abs schied von ihr nahm, um seinem Könige Ludwig IX. dem Heiligen, wie dieser Monarch seit seiner Canos

nisas

s) In Claude Fauchet's schon oben angezeigtem Wers ke sind nicht weniger als hundert und sieben und zwanzig französische Dichter aus diesem Zeitraum nahmentlich und mit Proben ihrer Poesie aufgeführt. Ueber die Hälfte find Lyriker im provenzalischen Styl.

1

nisation heißt, auf dem Kreuzzuge nach dem Mors genlande zu folgen, gab sie ihm eine Locke von ihrem Haar, mit Seide und Perlen durchflochten, zum Zeichen der Liebe mit; und er focht tapfer im Bes fiz dieses Schakes, den er auf seinem Helme trug. Als er aber in Aegypten von einem Pfeile tödtlich verwundet war, gab er sterbend seinem Knappen den Befehl, nach seinem Tode sein Herz zu der Haars locke der Frau von Fayel zu fügen und Beides der Dame wohlverwahrt und heimlich zu überbringen. Der Knappe war mit dem Trauergeschenke schon in der Nähe des Schlosses der Dame angekommen als er von ihrem Gemahl ertappt wurde. Der bars barische Herr von Fayel nahm eine gräßliche Rache an seiner Frau. - Er ließ das Herz des treuen Rits ters durch den Koch zubereiten und, wie ein zweiter Atreus, seine Gattin davon speisen. Die unglücks fiche Frau soll, nachdem sie erfahren, was ihr bes gegnet war, nach dieser schrecklichen Mahlzeit fos gleich den Hungerrod gewählt haben, ihrem Leidenein Ende zu machen ). Wenn diese, in einer, als ten Chronik erzählte, Anekdote auch nicht die Pros be der historischen Kritik bestehen sollte, so verdient fie doch in der Geschichte der Sitten und der Lits

teras

t) Die Erzählung im alten Chronikenstyl findet sich bei Fauchet, Blatt 564 auf der zweiten Seite. Sie vers dient um so bekannter zu werden, da sie für einen tra= gischen Dichter von richtigem, nicht neumodisch - phane tastischem Gefühle für das Romantische einen vortreffe lichen Stoff zu einem Trauerspiele enthält, das ein ros mantisches Gegenstück zu den dramatischen Bearbeitun gen der griechischen Erzählung von Atreus und Thyest werden könnte. Die Composition könnte nicht wenig dadurch gehoben werden, daß Couch zugleich als Dichs. ter sich zeigte.

« 이전계속 »