Was sein litterarisches Glück völlig entschied, war der Beifall des Königs Heinrich II., der sich an die Spike der Bewunderer des neuen Dichters stellte. Ronsard fing nun selbst an, sich für den größten Dichter seines Jahrhunderts zu halten. Er wurde der Stifter des Siebengestirns. Mitglieder, außer ihm, was ren Jodelle, Du Bellay, Antoine de Baif, Pontus de Thyard, Remi Belleau, und Jean Daurat, längst wieder obscure Nahmen, damals glänzend wie das Sternbild, nach wels chem sie ihre Verbrüderung benannten. Rons sard wurde von ihnen allen als Vorsteher des poes tischen Bundes verehrt. Man erwies ihm auch sonst im Publicum bei jeder Veranlassung außerors dentliche Ehre. Unter der Regierung Carl's IX. wurde er, nachdem er in den geistlichen Stand ges treten, mit einträglichen Pfründen überhäuft. Mit diesem Könige stand er in noch genauerer Verbin dung, als mit Heinrich II. Auch führte er ein Mal eine Truppe junger Edelleute gegen die Protestans ten an. Aber seine katholische Rechtgläubigkeit, fein geistlicher Stand und seine Gelehrsamkeit waren keine Hindernisse seiner Galanterie. Er wählte sich unter den Damen, denen er huldigte, eine zur Laus ra, weil er selbst ein französischer Petrarch seyn wolls te. Diese neue Laura heißt Cassandra in Rons fard's Gedichten. Ronsard machte Verse bis an seinen Tod. Er starb im Jahr 1585. Ein Mo nument wurde ihm denn doch erst fünf und zwanzig Jahr nach seinem Tode errichtet. 1 Unter der großen Menge poetischer Werke dies ses Dichters ist auch nicht ein einziges, das vera diente, wie die Werke eines alten Autors durch Ans mers 4 merkungen und Commentare erläutert zu werden. Und doch ist den meisten diese Ehre widerfahren. Man war so verblendet von dem Anstriche des Ans tiken in Ronsard's pedantischem Phrasenprunk, daß man den auffallenden Abstand zwischen ihm und der Poesie des classischen Alterthums nicht bemerkte. Ronsard hatte Dichtergefühl. Selbst in seinen Vers irrungen erkennt man den emporstrebenden, das Gemeine verschmähenden, und das Schöne raftlos suchenden Geist. Aber dieser poetische Geist fand nur selten, was er suchte. Es fehlte ihm eben so sehr an reiner Empfänglichkeit für das Schöne der Natur, als an Originalkraft zur Schöpfung des Idealen. Zur Nachahmung hatte er mancherlei Tas lente, aber feines zur freien Erfindung. Unter sei nen Nachahmungstalenten fehlte indessen ein wesents liches, der feine Tact, durch den der glückliche Nachahmer fähig wird, das Eigenthümliche frems der Manieren unverfälscht zu ergreifen und zu wies derhohlen. Ronsard glaubte, sich völlig losgeriss sen zu haben von der gothischen Barbarei, dem tris vialen Allegorienwesen, der wässerigen Wißelei und der prosaischen Geschwäßigkeit der meisten älteren französischen Dichter. Von den altmodischen Alles gorien riß er sich fast ganz los. Aber seine Empfins dungsart war zu französisch, als daß es ihm håtte ges lingen können, sich in der griechischen, römischen und italienischen zu orientiren. Es fehlte ihm, wie fast allen französischen Dichtern, an der Innigkeit und Tiefe des Gefühls, ohne die ein Dichter, der sich über geistreiche Urtigkeit und anmuthige Tändelei erheben will, zum declamatorischen Phraseologen wird. Ronsard war, indem er die Alten nachzuaßmen glaubte, unerschöpflich an poetischen Figuren in antifer Manier; aber diese Figuren sind bei ihm affectirt und ohne poetisches Leben. Er künftelte den Italienern mit unermüdeter. Anstrengung den Styl ihrer Sonette nach; aber der Geist des italienischen Sonetts blieb ihm verborgen. Er propfte eine bes liebige Menge Hellenismen und Latinismen auf den alten Stamm der französischen Sprache: aber ges gen den Geist dieser Sprache. Die mythologische und historische Gelehrsamkeit, mit der er seine Vers se aufpußte, ist nicht immer ohne poetischen aber fast immer studirt und methodisch herbeigezos gen. Er fühlte, daß die französische Sprache nicht mahlerisch genug ist, um dem Dichter entgegenzus kommen; und um sie mahlerisch zu machen, übers schüttete er seine Diction mit Epitheten in seltsamen Wörtern von seiner eigenen Erfindung. Und währ rend er überhaupt der erste classische Dichter seiner Nation zu seyn sich einbildete, versank er in endlose Künstelet, die oft nichts mehr, als die raffinirteste Plattheit, ist. Die Gedichte der Liebe (Les Amours) von Ronsard sind eine Sammlung von einigen huns dert Sonetten und ähnlichen Werken in der Mas nier des Petrarch, aber ohne alle petrarchische Ins nigkeit und Zartheit. Ueberall erkennt man das Geflissentliche der Nachahmung. Ronsard steht an der Spike der französischen Sonettisten, die endlich mit einer Dichtungsart durchdrangen, gegen die sich der Geist der Nation bis dahin ims mer gestråubt hatte. Ronsard's Cassandra mußte fich gefallen lassen, in gelehrten Sonetten bes sungen zu werden, die sie selbst ohne Hülfe eines Commentars nicht verstehen konnte. Um sich mit petrar . petrarchischer Wärme auszudrücken, half sich None fard mit ungeheuren Phrasen. Er versichert zum Beis spiel, daß ihm nichts übrig bleibe, als zu sterben und "den Tod durch den Tod selbst zu tó de ten" ). Er nennt den Amor ein "Schießges wehr aller Wuth" "). Er versichert seine Cass sandra, das "stolze Schicksal” werde sie schon zwingen, ihm zu glauben, daß er um ihrer willen Sterbe *). Mit der Delicatesse der Sinnlichkeit nimmt er es am wenigsten genau ). An andern Stellen apostrophirt er sein Schmachten, und heißt es schweigen, wenn ihn die Dame erhören zu wollen scheint 2). Man wird unter der ganzen Menge dieser Sonette nicht leicht eines entdecken, das nicht durch die geschmacklosensten Auswüchse ents stellt würde. Die besseren verdanken ihren ganzen Werth der etwas leidlicheren Nachahmung des per trarchischen Styls a). Was sich außer den So: t) Pour me fauver, il me plait de mourir, y) Eins seiner Sonette fångt an: Je voudrois être Ixion et Tantale netten Von dergleichen Liebesbetrachtungen wimmely die zärtlichen Sonette Nonfatd's, der nicht ermüder, die Schöne, die er nu à nu zu umarmen trachtet, mit den Engeln zu vergleichen. z) Tais-toi, Langeur! Je fens venir le jour &c. a) 3. B. das folgende, dem es gleichwohl auch nicht an niedrigen Auswüchsen fehlt. Ange netten unter diesen Gedichten der Liebe findet, sind Lieder (Chanfons), Elegien, und Madrigas le. Die Elegien sind zum Theil wollüftig, ganz dem Geiste einer petrarchischen Schwärmeret entges gen, und überdieß ohne ästhetische Zartheit ). In der Nachahmung des metrischen Baues der italie nischen Sonette, der Liebe blieb Ronsard gewöhnlich den fünffüßigen Reimzeilen getreu; aber zur Ab: wechselung wählte er doch auch schon den Alexans driner. Ange divin, qui mes playes embâme, Le truchement et le heraut des Dieux, Ore en mes bras, ore devant mes yeux, Ein Sinon d'effet, fouffre au moins que par fonge b) In einer Elegie fordert Ronsard einen Mahler auf, Qu'attens-tu plus? portray-moy l'autre chose Qui eft fi belle et que dire je n'ofe, |