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bis zuleht nur Weniges stehen blieb; und als ihn seine Freunde ernstlich fragten, ob er denn dieses Wenige billigte, durchstrich er es auch noch, das. mit man nach seinem Tode nicht von ihm sagen solle, er habe etwas einigermaßen Incorrectes nicht verwerflich gefunden. Seine unerbittliche Kritif trug nicht wenig zur Erhöhung seines Ruhms bei; denn man wünschte um so mehr vor seinem Richterstuhle zu bestehen, da er, ohne Ansehen der Person, mit seiner gewöhnlichen Härte selbst über die Arbeiten seiner Freunde absprach, und wenig darauf achtete, ob er einen Freund darüber vers lor, daß er ihn nicht etwa im Vertrauen zurecht wies, sondern öffentlich bis zur Beleidigung kri tisirte. Er speisete zum Beispiel ein Mal bet dem Dichter Desportes, dessen poetische Uebers sehung der Psalmen bewundert wurde. Als Dess portes aufstand, ein Eremplar zu hohlen, sagte Malherbe, "er möge sich nur nicht bemühen, da seine Suppe doch besser schmecke, als seine Verse." Dergleichen Anekdoten haben sich mehrere von ihm erhalten. Besonders merkwürdig aber ist das Urs theil, das er in einer seiner finsteren Launen über das Schooßfind seiner eigensinnigen Gunst, die französische Sprache selbst, gefällt haben soll; denn er soll gesagt haben, "die französische Spras che tauge im Grunde nur zu Liedern und Baudevilles." Unter seinen Bekannten hieß er der Wort und Sylben: Tyrann. Uebris gens sekte er seine poetischen Studien bis in sein hohes Alter fort. Noch auf seinem Sterbebette verwies er seinem Beichtvater mit Lebhaftigkeit eis nen Sprachfehler. Er starb, nachdem er noch dem Hofe bei der Belagerung der Keherstadt la Ros

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chelle

chelle einen Besuch abgestattet hatte, im Jahre 1627, ungefähr zwei und siebenzig Jahr alt ""). Eine Statue hat ihm sein Bewunderer Segrais ers richten lassen. Den neuesten Nachrichten zufolge will ihm noch jetzt seine Baterstadt Caen eine ähns liche Ehre erweisen.

Den deutschen Geschichtschreiber der schō. nen Litteratur erinnert Malherbe fast unvermeidlich an Ramler. Dieselbe Beschränktheit des Ge fühls und der Phantasie, verbunden mit derselbent Feinheit des kritischen Tacts in Allem, was Poes fie der Sprache heißt, dabei ein ähnliches Stres ben nach classischer Präcision in jedem Worte und jeder Sylbe, und eine ähnliche Rastlosigkeit im wies derhohlten Ausfeilen und Ueberarbeiten jedes Aus: drucks und beinahe jedes Laurs, macht diese beiden Dichter zu Geistesverwandten. Was Beide von einander unterscheidet, ist hier nicht der Ort aus: einanderzusetzen. Aber Malherbe hatte nicht eins mal so viel dichterische Phantasie, als Ramler. Der philologische und rhetorische Werth seis ner poetischen Werke ist ihr größter Vorzug. Nicht eines unter ihnen trägt Spuren einer ursprünglis chen Begeisterung, einer freien Naturansicht, einer kühnen Erhebung der Phantasie in das Reich der Ideale,

uu) Eine hinreichend ausführliche Vie de Malherbe, bet welcher die älteren benußt sind, steht vor der artigen Ausgabe seiner Werke: Poefies de Malherbe, rangées par ordre chronologique. Nouv. édition. Par. 1764, in 8vo. Da findet man auch die interessantcsten Anek: doren zur Geschichte des Charakters und des Geschmacks des Malherbe.

Ideale, oder einer ungewöhnlichen Kraft und Zarts heit des natürlichen Gefühls. Die meisten sind elegante Gelegenheitsgedichte, in denen der Stoff den Dichter, nicht dieser den Stoff, beherrscht. Nur über die Sprache war Malherbe Herr. Man erkennt in allen seinen Werken den Mann von Vers stande, der gute und ungesuchte Gedanken in eis ner nicht gemeinen, und doch natürlichen und nicht prunkenden Sprache ausdrückt, durch seine Wens dungen zuweilen überrascht, und das richtige Vers hältniß des Ausdrucks zum Gegenstande nicht leicht verfehlt. Malherbe's Poesie ist Verstandespo e? fie ohne alle Tinctur von Schwärmerei. Aber man suche in diesen Gedichten keinen horazischen Geist der Lebensweisheit, nicht den Verstand, der tief in das Innere der moralischen Verhältnisse eindringt, durch ungesuchte Seltenheit treffender Res flexionen interessirt, und uns die ganze Aufgabe des menschlichen Lebens in poetischer Klarheit vers gegenwärtigt. Malherbe fah die Dinge gewöhn lich nur so, wie jeder vernünftige Mann sie sieht. Aber er verstand die Kunst, durch rhetorische Ams plification eine gute Gedankenreihe zu bilden, und das Gewöhnliche durch Würde des Vortrags zu heben. Er reißt nicht zur Bewunderung hin; aber er gefällt. Sein Begriff von Poesie über. haupt war ganz französisch. Er sah in ihr mehr eine geistreiche Einkleidung des Nöthigen und Nüks lichen, als unmittelbar das Schöne selbst; mehr eine zweckmäßige Unterhaltung des Verstandes und Wikes, als Befriedigung des Verlangens nach ei: ner freieren und schöneren Welt. Er rückte also mit sehr begreiflicher Selbstzufriedenheit die Pros Ducte seiner nicht sehr fruchtbaren Phantasie so nahe,

als

als möglich, an die Grenze der eleganten Prose; sprach in schönen Versen mit rhetorischem Feuer; und eben dadurch empfahl er sich seiner Nation als "das erste Muster des edeln Styls, Schöpfer der lyrischen Poefie" *).

Die Anzahl der Gedichte, die Malherbe hinters lassen hat, konnte nicht wohl groß seyn, da er so Langsam arbeitete und mit kritischer Strenge unauf: hörlich sich selbst verbesserte. Die meisten sind Oden. und Stanzen (Stances). Mit dem Nahmen Stanzen hatte schon Desportes vor Malherbe eine Art lyrischer Gedichte bezeichnet, die eine Art von Mittelton zwischen der Ode und dem Liede halten solls ten. Seit Malherbe ist das Wort in dieser Bes deutung ein Kunstwort der französischen Poetik. Zu den Oden und Stanzen des Malherbe kommen noch einige Lieder und Sonette, ein Paar Epigrams me, und eine französische Bearbeitung des italienis schen Gedichts von Tansillo: Die Thränen des heil. Petrus 3).

In den Oden und Stanzen des Malherbe unterscheidet sich am auffallendsten die classische Würde der Sprache von der Rohheit und dem Bombast der Diction aller ålteren französischen Dich ter, die erhaben seyn wollten. In dieser Hinsicht war Malherbe allerdings ein außerordentlicher Mann für sein Zeitalter in Frankreich. Aber was "das schöne

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x) So spricht La Harpe. Malherbe, fagt er, fut le premier modèle du ftyle noble, et le créateur de la poëfie lyrique. Freilich soll dieß nur in Beziehung auf die französische Poesie gesagt seyn.

y) Vergl. diese Gesch. der Poesie u. Beredsamk. Band II. . 165.

schöne Feuer" betrifft, das die Ode überhaupt bes leben und in den Oden des Malherbe, nach dem Gutachten eines französischen Kunstrichters, nicht fehlen soll, so kann damit in dem Lobspruche dien ses

z) Als ein Beispiel des beau feu qui doit animer l'ode führt La Harpe die folgende Stelle aus der Ode an, die Malherbe an Ludwig XIII. bei Gelegenheit der Ers pedition gegen die Festung La Rochelle richtete. Einia ge Fehler der Diction und einige Profaismen müsse man indessen, meint La Harpe, entschuldigen. Die Stelle lautet, wie folgt.

Certes, ou je me trompe, ou déja la Victoire,
Qui fon plus grand honneur de tes palmes attend,
Eft aux bords de Charante en fon habit de gloire,
Pour te rendre content.

Je la vois qui t' appelle, et qui femble te dire:
Roi, le plus grand des Rois et qui m'eft le plus
cher

Si tu veux que je t'aide à fauver ton empire,
Il est temps de marcher.

Que fa façon eft brave et fa mine affûrée!
Qu'elle a fait richement fon armure étoffer!
Et qu'il fe connoît bien à la voir fi parée,
Que tu vas triompher!

Telle en ce grand affaut, où des fils de la terre
La rage ambitieufe à leur honte parift,
Elle fauva le ciel et rúa le tonnerre

Dont Briare mourut.

Déja de tous côtez s'avançoient les approches;
Ici couroit Mimas, là Tiphon fe battoit,
Et là fuoit Euryte à détacher les roches
Qu' Encelade jettoit.

Die beiden letzten dieser Strophen sind in der That poetisch; aber diese Poeste gehört der griechischen Mys thologie an, nicht der Kunst des Malherbe. In den ersten Strophen soll die allegorische Person, die Victor ria, etwas Aehnliches leisten. Aber wie trivial ist dies se Einkleidung! Nichts, als die schöne Diction, ist in der ganzen Stelle von vorzüglichem Werth.

Bouterwek's Gesch. d. schön. Redek, V. B.

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