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nicht verkennen läßt, sucht man bei Boileau verges bens. Regnier's Satyren find classisch im Geiste ihrer Zeit. Es ist nicht seine Schuld, daß mehrere Wörter und Phrasen der Sprache, in der er sich, wenn gleich kräftig bis zur Derbheit, doch mit ans ziehender Leichtigkeit und musterhafter Präcision ausdrückt, in den folgenden funfzig Jahren verals teten. Der Geist der Satyren Regnier's ist wes der horazisch, noch juvenalisch. Es fehlt ihm die horazische Ironie, Feinheit und Heiterkeit; aber er hat weit mehr Komisches selbst in der Bitterfeit, als Juvenal, und ereifert sich nicht so declamatotisch, wie dieser zürnende Sittenrichter. Gleich's wohl hat er sich unverkennbar mehr nach dem Jus venal, als nach dem Horaz, gebilder, und eben dadurch sich selbst geschadet. Seine Satyre håtte spottend bleiben, nicht strafend werden müssen, wenn sie nicht aus ihrer rechten Sphäre fallen sollte; denn das ernsthafte Sittenrichteramt fleidete den Mann nicht, dessen satyrische Gemählde des unsittlichen Lebens selbst zu verstehen geben, wie vieles wenigs ftens in Einer Hinsicht gegen seine eigenen Sitten zu erinnern war. Thorheiten, nicht Laster, håtte er zum Gegenstande seines Wikes wählen sollen. Dann würde seine Satyre auch an poetischer Freiheit gewonnen haben. Indessen ist er ein Sittenmahler nach dem Leben. Alle seine Dars stellungen haben den Charakter der eigenen Ans schauung. Aus der Menge von Zügen, die sich ihm in der Beobachtung darboten, hat er fast im, mer sehr glücklich diejenigen herausgehoben, die in wißiger Verbindung ein komisches Gemälde ges ben. Und so weit ein wißiger Kopf, der auf diese Art, ohne größere und mehr poetische Ideen, die

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Welt,

Welt, wie sie ist, von einer interessanten Seite dars stellt, ein Dichter seyn kann, ist es Regnier.

Der

Der Satyren Regnier's, die auf die Nachs welt gekommen, sind sechzehn. Sie gehören alle, ihrem ganzen Zuschnitte nach, wie die von Horaz und Juvenal, in das Fach der didaktischen Satys re, die sich an die didaktische Epistel schließt. Vers ist in allen der Alexandriner, dessen Herrschaft in der französischen Poesie nun schon entschieden war. Wo die Sprache etwas holperig wird, drången sich die charakteristischen Züge der satyrischen Sittenges måhlde oft am treffendsten zusammen. Mit der Delicatesse des Ausdrucks nimmt es Regnier nicht immer genau. Aber Vieles von der altfranzösischen Naivetät ist in seine Manier übergegangen; und dieß giebt ihr den eigenen Reiz, den man bei Boi: leau nicht wiederfindet. Regnier's guter Geschmack zeigt sich gewöhnlich um so weniger, je ernsthaf ter er seyn will. In der ersten, dem König zus geeigneten Satyre, nennt er diesen Monarchen "das lebendige Gestirn des Mars" i) und paradirt mit trivialen Gedanken in ronsardischen Phrasen. Aber meisterhaft zeichnet er den hungrigen Poeten *),

i) Puissant Roi des François, Aftre vivant de Mars. k) 3. B. in der zweiten Satyre:

den

Or laiffant tout cecy, retourne à nos moutons
Mufe, et fans varier, dy nous quelque fornettes.
De tes enfans baftards, ces tiercelets de Poëtes,
Qui par les carrefours vont leurs vers grimaffans,
Qui par leurs actions font rire les paffans;
Et quand la faim les poind, fe prenant fur le vostre,
Comme les eftourneaux, ils s'affament l'un l'autre.
Сереп-

den Höfling), den Ahnenstolzen, die Bets schwester m), und andre Charaktere. Freiz lich

Cependant fans fouliers, ceinture, ny cordon,
L'oeil farouche et troublé, l'efprit à l'abandon,
Vous viennent accofter comme perfonnes yvres,
Et disent pour bon-jour, Monfieur, je fais des livres,
On les vend au Palais, et les Doctes du temps
A les lire amufez, n'ont autre paffe-temps.
De là, fans vous laiffer, importuns ils vous fuivent,
Vous alourdent de vers, d'alegreffe vous privent,
Vous parlent de fortune, et qu'il faut acquerir
Du credit, de l'honneur, avant que de mourir;
Mais que pour leur refpe&t l'ingrat fiecle où nous
fommes,

Au prix de la vertu n'eftime point les hommes:
Que Ronfard, du Bellay, vivants ont eu du bien;
Et que c'eft honte au Roy de ne leur donner rien.

1) 3. B. in der dritten Satyre :

Suivant mon naturel je hay tout artifice,
Je ne puis desguifer, la vertu, ny le vice,
Offrir tout de la bouche, et d'un propos menteur,
Dire, pardieu, Monfieur, je vous fuis ferviteur;
Pour cent bonadiez s'arrefter en la ruë,
Faire fus l'un des pieds en la fale la gruë;
Entendre un marjollet qui dit avecq' mespris,
Ainfi qu'asnes, ces gens font tous veftus de gris,
Ces autres verdelets aux perroquets reffemblent,
Et ceux-cy mal peignez devant les Dames tremblent:
Puis au partir de là, comme tourne le vent,
Avecques un bon-jour amis comme devant.

m) 3. B. in der naiven, aber nicht sehr delicaten dreis zehnten Satyre:

Cefte vieille Chouette, à pas lents et pofez,
La parole modefte, et les yeux compofez,
Entra par reverence, et refferrant la bouche,
Timide en fon refpect, fembloit Sainte Nitouche,
D'un Ave Maria luy donnant le bon - jour,
Et de propos communs, bien esloignez d'amour,

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En

Itch liefert er auch mit cynischer Unbefangenheit eine treue Darstellung der unsaubern Derter, die er besuchte "). Seine moralischen Reflerionen gehd: ren zwar nicht zu den außet ordentlichen, sind aber doch nicht ohne Interesse des Inhalts und des Auss drucks °).

Unter den übrigen Gedichten Regnier's sind einige komische Kleinigkeiten das Beste.

Beschluß_der_Geschichte der französischen Poesie bis zum Jahrhundert Ludwig's XIV..

Binnen einem Jahrhundert, von Marot bis auf Malherbe und Regnier, war nicht ein einziger französischer Dichter aufgestanden, der nicht entwes der, wenn er etwas Großes und Genialisches her: vorbringen wollte, seine Phantasie in rohen Erfins duns

Entretenoit la Belle en qui j'ay la pensée
D'un doux imaginer fi doucement bleffée,
Qu'aymans et bien aymez en nos doux paffe-temps,
Nous rendons en amour jaloux les plus contens.

n) Besonders in der eilften Satyre.

o) Die folgende Reflexion kann wenigstens nicht oft genug bet der Schätzung der menschlichen Aufklärung erwogen werden.

O debile raifon! où eft ores ta bride?

Où ce flambeau qui fert aux perfonnes de guide?
Contre la paffion trop foible eft ton fecours,
Et fouvent, courtifane, apres elle tu cours;
Et favourant l'appas qui ton âme enforcelle,
Tu ne vi qu'à fon gouft, et ne vois que par elle.

dungen und phantastischen Phrasen erschöpft hätte, øder, wenn er sich mit wahrer Eleganz ausdrückte, auf den unteren Stufen des poetischen Erfindungss geistes stehen geblieben wäre. Von Malherbe und Regnier bis auf Corneille und Moliere zeigen sich gar keine Spuren des höheren Dichtergentes am französischen Parnasse. Dafür aber wimmelt es dort seit dieser Zeit von mehr, oder weniger elegans ten Verskünstlern, schönen Geistern, und nicht uns wikigen Köpfen, die Mancherlei hervorbrachten, was zur Poesie im gewöhnlichen Sinne gerechnet wird. Unter dem großen Vorrathe von Mittelgut, das hier in Betracht kommt, findet sich auch hier und da manches Vorzüglichere. Aber es wäre Vers schwendung des Raums in einer allgemeinen Ges schichte der neueren Poesie und Beredsamkeit, Alles, was nicht ganz verwerflich ist, zu registriren. Auch die Anzeige desjenigen Vorzüglicheren, das nichts Außerordentliches ist, kann hier füglich kurz gefaßt werden, da wir uns der glänzenden Periode der französischen Litteratur nåhern. Es wird am bes quemsten seyn, die Dichter, die hier noch zu ers wähnen sind, nach den Dichtungsarten zusam menzustellen P).

1. In der lyrischen Poesie dauerte die Mos de der Sonette in Frankreich bis um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts fort. Geherrscht aber hat die Sonettenpoesie in Frankreich nur während

der

p) In der Bibl. françoife Tom. XIII. XIV. XV. und XVI. findet man wohi Alles beisammen, was man zur volls ständigen Kenntniß der Werke aller nur einigermas fen nicht durchaus unbedeutenden Verfasser französischer Verse aus diesen Zeiten ungefähr wissen muß, wenn man es zu wissen verlangt.

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