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Moltere umständlich zu erzählen, wäre ganz der Idee einer allgemeinen Geschichte der neueren Poesie und Beredsamkeit entgegen.. Denn was sich in dieser langen Zeit von Fortschritten der dramatis schen Kunst in der französischen Litteratur zeigt, ist von weniger Bedeutung. Um so merkwürdiger aber ist die Menge von neuen Theaterstücken, deren Verfasser, besonders seit dem entschiedenen Untergange der alten Mysterien und Farcen, in Jodelle's Fußstapfen wandelten, ohne weit von der Stelle zu kommen. Die letzten Versuche, die alte Art von französischen Schauspielen zu verfeinern, fielen sehr übel aus i).

Die Anzahl der französischen Schauspiele, die sich aus der Periode von Jodelle bis gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts durch den Druck erhalten haben, beträgt schon sechs und neunzig. Der Trauerfpiele sind mehr, als der Lustspiele. Di Helden wurden fast nur aus der griechischen und römischen, oder wenigstens aus der türkischen Geschichte gewählt. Die Versification in Alexandrinern wurde, nach Jodels le's Vorgange, nur von sehr wenigen, zum Beis spiel von denjenigen seiner Nachfolger nicht beibes halten, die, wie ein gewisser Charles Toutain, gar ungeheure Verse von sechzehn Sylben mit

Mit:

i) Die Hiftoire du théatre françois, von den Brüdern Parfait, Tom. III. und Tom. IV. enthält ein vollständiges Verzeichniß aller gedruckten französischen Theaterstücke aus diesem Zeitraume, nebst Auszügen, Anekdoten u. f. w. Auch bleibt die oben (S. 96) angeführte Schrift von Suard ein schäßbarer Weg weiser.

Mittelreimen zur Sprache des französischen Trauerspiels machen wollten *). Eine Sopho nisbe in Profe, von St. Gelais, dem Freunde Marot's, wurde nach dem Tode ihres Verfassers im Jahr 1559 auf das Theater gebracht, aber nur ein einziges Mal aufgeführt. Jacques Gres vin schrieb ein Trauerspiel Julius Cåsar, und zwei Lustspiele. Ein gewisser Gabriel Bounin brachte schon um das Jahr 1560 Türken, und Türs Finnen auf die tragische Bühne. Es entwickelte fich also ohne alle Theorie der seltsame Grundsaß der französischen Dramaturgie, daß zur Würde des Trauerspiels ein ausländisches Costum und auss ländische Charaktere gehören, und daß die Fei erlichkeit des tragischen Styls besonders durch Gries chen, Römer und Türken behauptet werde. Lustspiele wurden gewöhnlich versificirt. Ueber die Versart aber setzte sich noch kein Grundsak fest. Auch wagten schon um das Jahr 1562 Jean de la Taille und sein geistreicherer Bruder Jac ques de la Taille, das französische Publicum an Lustspiele in Profe zu gewöhnen. Trauerspiel in Versen von zehn Sylben ist die Philanire eines gewissen Claude Rouillet. Die Schaferpoesie mit der dramatischen für das frans

Die

Ein

k) Diese Versart wirkt_im_Französischen ungefähr, wie im Deutschen die trochäische von acht Füßen, in welz cher Schönaich's Hermann gereimt ist. Tous tain sagt z. B. von den Furien:

Elles rouent en leur gauche main un à demi brulé flambeau,

Leur vis (vifage) étincelle inhumain, leur flancs font ferrès d'un bandeau, &c.

französische Theater zu vereinigen, versuchte besons ders zuerst Nicolas Filleul um das Jahr 1566.

Alle diese und ihnen ähnliche Verfasser von regelmäßigen Lust und Trauerspielen hatten noch immer einen Kampf mit den privilegirten Inhabern der alten Theater zu bestehen. Es gab noch in ganz Frankreich keine stehende Schauspielergesells schaft für die Theaterstücke im neuen Styl. Unter Heinrich IV. hatten die Passionsbrüder beinahe einen Widerruf des Verbots erhalten, durch das ihnen seit dem Jahre 1548 untersagt war, geistliche Stücke zu spielen. Heinrich IV., der auf die Theater so wenig, als auf die Poesie überhaupt, merks lich achtete, hatte den Passionsbrüdern schon ihr Ges fuch bewilligt; aber das Parlement, vermuthlich um den Protestanten keine Blöße zu geben, weis gerte sich, das neue Privilegium zu registriren 1). An den Farcen der Passionsbrüder wollte der feis nere Theil des Publicums auch keinen Theil mehr nehmen. Die Brüderschaft sah sich also genöthigt, ihr Theater an Schauspieler, die Stücke im neuen Styl aufführten, zu vermiethen. Die übrigen privilegirten Theater in Paris halfen sich mit ihren altmodischen Vorstellungen noch eine Zeit lang, so gut sie konnten. Sie verwandelten zum Beispiel die Moralitäten in Schäferspiele, in denen Christus der Bräutigam und die Kirche die Braut war.

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1) Die hierher gehörigen nicht uninteressanten Actenstücke fine abgedruckt im 3ten Bande der Hift. du théatre françois von den Brüdern Parfait.

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Robert Garnier hob sich um ein Paar Stus fen höher, als seine Vorgänger, in der tragischen Kunst. Er schmiegte sich zwar noch ängstlicher an die Formen der antiken Tragödie, ohne sich in den poetischen Geist derselben finden zu können; und, der lateinische Tragiker Seneca galt ihm so viel als Sophofles. Aber er suchte in seine Nachbils dungen der griechischen und römischen Tragödien mehr Würde zu bringen, als bis dahin seit Jo.. delle üblich war. Er wandte auch mehr Fleiß auf die Eleganz des Ausdrucks, und auf die Vers sification. Die französischen Litteratoren haben nicht vergessen, anzumerken, daß Garnier zuerst die regelmäßige Abwechselung månnlicher nnd weibs. licher Reime in der versificirten Theatersprache der Franzosen als ein Gesek eingeführt hat. Garnier hätte vielleicht mehr geleistet, wenn er gewagt hätte, sich von dem französischen Typus der einseitigen Nachahmung des griechischen Theaters zu entfernen. Besonders zeigt er in denjenigen seiner Trauerspiele, die er nicht aus dem Sophokles, Euripides und Seneca schöpfte, zum Beispiel in dem Trauerspiele Die Jüdinnen (Les Juives), einer dramatischen Bearbeitung der Geschichte des jüdischen Königs Zedes klas, eine etwas höhere Freiheit des Geistes. Die rhes torischen Stellen gelangen ihm vorzüglich. In' solchen Stellen nähert er sich dem Corneille mehr, als irgend einer der französischen Trauerspieldichter des sechzehnten Jahrhunderts "). In diesen Traus erspies

m) Man muß sich nur nicht an den veralteten Auss drücken stoßen, wenn Garnier z. B. den Apoll le Dieu perruquier nennt. Perruque hieß, wie schon oben angemerkt ist, im Französischen des sechzehnten

Jahrs

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erspielen von Garnier tritt auch noch der Chor als mithandelnde Person auf. Aber Garnier wagte Doch wenigstens Ein Mal, die griechische Norm zu verlassen, ein Schauspiel ohne Chor im tragischen Styl zu dichten, und die Handlung aus der romantischen Ritterzeit zu wählen. Dies ses, von den französischen Litteratoren wenig beach tete Stück ist die Bradamante, zum Theil nach dem Ariost, das einzige in seiner Art unter Gars nier's dramatischen Werken. Aber Garnier glaubs

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Sahrhunderts Chevelure überhaupt, und Apollon perruquier konnte Apoll der Schönlockige heißen.

Einige Stellen aus den Jüdinnen von Garnier hat Suard ausgehoben. Das Stück ist so benannt nach dem Chor der Jüdinnen. Also auch den Tis tel seiner Trauerspiele formte Garnier nach der Weise der griechischen Tragiker. Eine der vorzüglichsten Sces nen ist diejenige, in welcher Amital, die Mutter des gefangenen Königs Zedekias, bei dem barbaris schen und von Garnier etwas caricaturmäßig gezeichnes ten Nebukadnezar um Gnade für ihren Sohn bittet. Hier ist eine Stelle aus dieser Scene.

Vous avez fubjugué maintes belles provinces,
Vous avez combatu les plus belliqueux Princes,
Et les plus redoutez, mais vous l'eftiez plus qu'eux,
Tous enfemble n'eftoyent tant que vous belliqueux:
Mais en vous furmontant, qui eftes indomtable,
Vous acquerrez victoire à jamais memorable.
Vous avez double honneur de nous avoir desfaits,
Et d'avoir, comme Dicu, pardonné nos mesfaits.
N. Le naturel des Dieux eft de punir le vicé.
,,A. Dicu prefere tousjours la clemence à justice,
Et ne reboutte point de fa grace celuy,

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,, Quelque pecheur qu'il foit, qui fe retourne à luy.
Soyez tel, foyez Sire, un fauveur des coupables,
Jettez fur nous un rais de vos yeux pitoyables.
La douceur en un Prince eft un celeste don.
Helas pardonnez-nous, et faites nous pardon.

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