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te, ein solches Schauspiel, ob es gleich so gut, wie die übrigen, ein Trauerspiel ist, nur eine Tras gikomödie nennen zu dürfen, weil es, seiner romantischen Natur und seiner Form nach, feine pünktliche Nachahmung der griechischen Tragödie ist. Wer den Werth eines Trauerspiels überhaupt nicht nach den Grundsäßen der französischen Kritik schäßt, wird über Garnier's Bradamante nicht so hinaussehen, wie die französischen Litteratoren. Einige sehr rohe Phrasen abgerechnet, ist hier auch die Sprache fast poetischer, als in den gråcisirens den Werken dieses Dichters "). Nur in die Hand

u) Da sagt z. B. Carl der Große in dem freilich sehr langen Anfangsmonolog:

C'eftoit fait de la France et de toute l'Europe,
Nous eftions le butin de l'infidelle trope,

La fainte loy de Chrift delaiffoit l'Univers,
Si Dieu n'euft deffus nous fes yeux de grace ouvers,
Et pitoyable Pere en noftre mal extreme
N'euft à noftre fecours levé fa main fupreme.
Comme une mere tendre à fon enfant petit,
Apres l'avoir tancé pour quelque fien delit,
Le voyant larmoyer de pitié fe transporte
Le baife, le mignarde, et fon dueil reconforte :
Ainfi fon peuple ayant noftre Dieu chastié
De fes nombreux mesfaits, il en a prins pitié:
A regardé fes pleurs au milieu de fon ire,
Et piteux n'a voulu le voir ainfi deftruire.
Il a levé le bras de foudres rougiffant,
A froncé le fourcy, le courroux palliffant
A fon coeur embrafé, la fureur indomtée
Luy eft foudainement dans les nafeaux montée,
Il a noirci le ciel de nuages efpois,

Et comme un tourbillon a defferré fa voix,
L'Ocean en fremit, la terre en trembla toute,
Et du ciel eftonné branla l'horrible voûte:
Au coeur des ennemis, la frayeur defcendit,
L'allaigreffe et la force aux noftres i rendit.

Handlung des Stücks romantische Mannigfal tigkeit zu bringen, hielt Garnier unter der Würde eines Tragikers °).

Die Cultur der Lustspiele in Prose wurde Fortgesett von Pierre de la Riven, einem Zeits genossen Garnier's. Er ist einer der vorzüglicheren Charakterzeichner unter den französischen Komikern aus der lehten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. Im Ganzen aber beruht das komische Interesse feiner, wie aller übrigen französischen Lustspiele die? fes Zeitalters mehr auf der Intrigue. Durch komische Ueberraschungen suchte man damals auf dem französischen Theater gerade so, wie auf dem spanischen, die poetische Munterfeit der Comi position zu heben P). Und weil man dem Lusts spieldichter noch nicht das Amt eines Sittenlehrers zu verwalten zumuthete, gewann die komische Dars stellung an Kraft, freilich sehr oft auf Kosten der Sittlichkeit.

Der Versuch eines Paters Fronton, die Geschichte des Mädchens von Orleans zu eis

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o) Die Tragédies de Robert Garnier - à Anvers, 1592, in einem starken Duodezbande, scheinen seits dem nicht wieder gedruckt worden zu seyn, was sie denn doch als merkwürdige Beiträge zur Geschichte des französischen Theaters wohl verdient hätten.

Das nennt denn freilich auch Süord einen fatras des Theaters jener Zeit. Zugleich bewerkt er, daß es den französischen Theaterstücken damals überhaupt noch an dem großen, für die französische Poefte chas rakteristischen Vorzuge gefehlt habe, de rendre avec élegance les détails les plus ignobles.

Bouterwek's Gesch. d. schön. Redek. V. B.

nem französischen Nationaltrauerspiele zu bearbeiten, fiel sehr roh und gemein aus. Das Stück wurde indessen ein Mal mit Beifall vor dem Herzog von Lothringen aufgeführt. Es beweiset zugleich, daß wenigstens hier und da noch Jemand in Franks reich tragische Erfindungen, die nicht ein griechis sches und lateinisches Ansehen hatten, vor hohen Herrschaften zeigen durfte. Denn es gab in Pas ris noch kein Hoftheater.

Unter den französischen Sch å ferdramen (Paftourelles), einigen wenigen Ritterstücken, und andern Schauspielen, zum Beispiel von Pierre Matthieu, Nicolas de Montreux, Jean Heudon, und ähnlichen obscuren Män, nern aus den lehten Decennien des sechzehnten Jahrhunderts sucht man vergebens nach einem Stücke, das eine besondere Aufmerksamkeit vers diente.

Endlich, nachdem die vielen Lust,, Trauers, und Schäfer: Spiele im neuen oder regelmäßigen Styl fast ein halbes Jahrhundert von einer Gegend in Frankreich zur andern gewandert waren, ohne eine bleibende Stelle zu finden, wurde zuerst im Jahre 1598, und bald darauf im Jahre 1600 durch zwei stehende Theater in Paris der neue Geschmack für immer als ein neufranzösischer Nationalgeschmack begründet und behauptet. Die Passionsbrüder verpachteten im Jahre 1592 ihr Privilegium an eine Schauspielergesellschaft, die unter dem Nahmen der Gesellschaft der fran zösischen Comódie (Troupe de la Comédie françoise) bis diesen Tag besteht. Eine zweite Gesells

Gesellschaft, die sich mit den Passionsbrüdern abs fand, errichtete im Jahre 1600 ihr Theater für regelmäßige Schauspiele in einen anderm Quartiere von Paris, dem so genannten Marais. Bott dieser Epoche an war der lehte Rest des Ansehens der Schauspiele im alten Styl vernichtet. Sie verloren sich nun von selbst. Aber durch dieses Factum ist noch immer die Frage nicht beantwork tet, die sich dem pragmatischen Geschichtschreiber der Litteratur aufdringt: wie es denn eigent lich zugegangen, daß die regelmäßigen Schauspiele, besonders die Trauerspiele nach griechischem Schnitt, zu einer Zeit, da das Publicum im ganzen übrigen Eu ropa sich gegen diesen Geschmack firåubte, in Frankreich national wurden, und den alten romantischen Geschmack völlig vers drängten? Noch hat kein Litterator sich auf eine befriedigende Erklärung dieses höchst merkwürs digen Ereignisses eingelassen. Um wenigsten würde es von demjenigen erklärt werden, der uns ansins nen möchte, zu glauben, das französische Publicum habe schon damals im Ganzen mehr Geschmack gehabt, als das italienische und das spanische. Denn ein Publicum, das mit ästhetischer Begeis fterung an einem Petrarch, Ariost, Torquato Tafs so, und Cervantes bing, konnte sich doch wohl mit demjenigen messen, das in seiner Muttersprache nichts Musterhafteres, als die Werke eines Ma rot, Regnier und Malherbe kannte, und nebenbet einen Ronsard vergötterte. Aber die ganze Ges schichte der französischen Litteratur bis auf die Zeit, da die neuen Nationaltheater in Paris sich bildeten, deutete schon auf eine Entwöhnung der Nation von C2

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dem alten romantischen Drama. Nur so lange der Beifall des Hofes nicht das höchste Ziel der französischen Poesie war, blieben auch die französ sischen Theater national und romantisch im alten Sinne. Aber sobald die Dichter erst dem Hofe, und nur mittelbar der Nation angehören wollten, (und diese Periode fångt schon mit der Regierung Franz I. an), strebten sie in allen ihren ernsthaften Werken nach einem vornehmen Tone. In der dramatischen Poesie eine Etikette einzuführen, die gewissermaßen der Hofetikette ähnlich war, kam ihnen die ångstliche Befolgung der Regeln, die Aristoteles von dem griechischen Nationaltheater abstrahirt hatte, nach Wunsche zu Statten. Sie forschten nun nicht weiter, wie vieles in der Dras maturgie des Aristoteles und in den griechischen Trauerspielen selbst auf griechische Nationalität bes rechnet war. Sie verwarfen die romantische Kühns heit, Unregelmäßigkeit, und Verschmelzung des Heterogenen geradezu als gemein. Je pünktlis cher sie sich an die Regeln der griechischen Dramas turgie hielten, desto höher glaubten sie sich über die Sphäre des gemeinen Mannes zu erheben; und der Hof, für den sie dichteten, bot gern die Hand zur Einführung eines vornehmen Geschmacks, kraft dessen auch der ungelehrte Hofmann die Kens nermiene des Gelehrten annehmen durfte. Eine folche Miene schmeichelte damals noch die gewöhns liche Eitelkeit der höheren Stände. Der regelmå Bige Etikettengang der französischen Tragiker nach Jodelle mochte also noch so einförmig und ermů: dend seyn; er gefiel doch den höheren Ständen als ein poetischer Wiederschein des Hofceremoniells. So kam es, daß in Frankreich die Trauerspiele nach

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