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griechischem Schnitt, durch den man zugleich den griechischen Geist gefesselt zu haben sich einbildete, herrschend werden konnten, weil der Hof und die Dichter einverstanden waren, und die Mation nicht gefragt wurde. Aber auch der französische Nationalgeschmack fand bei den neuen Trauerspielen zufällig seine Rechnung. Das rhe torische Feuer der neuen Tragiker gefiel dem Pus blicum, das von jeher rhetorische Schönheit mit poetischer zu verwechseln geneigt war. Sich mit eleganter Behendigkeit in alle Formen zu schmiegen, die den Hofe gefielen, wurde immer entschiedener hervortreter Charakterzug der Classe des französis schen Publicums, die Geschmack haben wollte.

Håtte die Stimme der Nation die Umschaf fung des französischen Theaters herbeigeführt, so würde ohne allen Zweifel das Lustspiel mit bes sonderem Fleiße cultivirt worden seyn. Aber die meisten französischen Theaterstücke aus der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts sind Trauers spiele und vom Anfange des siebzehnten Jahrhunderts bis auf Corneille wurde das französische Theater mit neuen Trauers spielen überschüttet, während Farcen aller Art die Stelle des regelmäßigen Lustspiels einnahmen; das indessen auch nicht ganz vom Theater verschwand. An diesen Farcen hielt sich das Publicum schadlos für die Ehrerbietung, mit der es, um zu zeigen, daß es Geschmack habe, die ermüdendsten Tragös dien aufnahm. Auch der Hof neigte sich zu diesen Farcen, weil Richelieu der Herrscher die burlesken Scherze des dicken Wilhelm (Gros Guillaume) nicht verschmäßte. Was der Casperl ́in neueren

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Beiten zu Wien gewesen ist, das war im Zeitalter Richelieu's der dicke Wilhelm. für die Pariser. Den italienischen Harlekin ersetzten auf dem Farcens theater zu Paris der Tabarin und Turlupin, die, wie Harlekin, burleske Bedientenrollen spiels ten, und unter dem, Volfe noch im Zeitalter Luds wigs XIV. sehr beliebt waren. Mehrere dieser Farcen wurden gedruckt ¶).

Die meisten französischen Trauerspiele, die in den ersten Decennien des siebzehnten Jahrhun derts auf das Theater gebracht wurden, flossen aus der Feder des unerschöpflichen Alexander Hardy, von dessen acht hundert Schauspielen sich ungefähr vierzig erhalten haben. Diesen Mann nahm die Gesellschaft, die das Privilegium der Passionsbrús der gepachtet hatte, in ihren Sold. Er hatte viel Lecture, wußte jeden historischen Gegenstand, Der sich einigermaßen dramatisch bearbeiten lassen wollte, zu benußen, vermied mit mehr Sorgfalt, als seine Vorgänger, die Extravaganz der pathes tischen Phrasen, mischte aber auch oft, um sich die Composition bequemer zu machen, Vornehmes und Bürgerliches durch einander, und nannte dann seine Schauspiele Tragicomôdien. Unter den eigentlichen Trauerspielen von seiner Erfindung mag die Marianne, aus der jüdischen Geschichte des Herodes, leicht das beste seyn. Derselbe Stoff war schon von Tristan l'Hermite, einem Dich: der um die Mitte des sechzehnten Jahrhun

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Wer keine andre Gelegenheit hat, diese Farcen kennen zu lernen, findet eine ganz abgedruckt in der Hift. du theatre françois von den Brüdern Parfait, Tom IV. p. 254.

derts lebte, tragisch bearbeitet. Zur Tragicomós die in seiner Manier verarbeitete er zum Beispiel die bekannte Novelle von Cervantes Die Stärke der Blutsfreundschaft (La fuerça del fangre). Aber er wagte sich auch in die Region kühner Dichs tungen mythologischen Inhalts hinauf, und nahm dann den Opernpomp zu Hülfe. So brachte er fogar die alte Gigantomachie auf das Theater, ließ die griechischen Götter und Riesen vor den Augen des Publicums kämpfen, und gewaltige Res. den gegen einander halten. Durch pathetische Res den suchte er, wie alle französischen Tragiker, vore züglich zu wirken. Ueberhaupt war er fein ges meiner Kopf. Unter günstigeren Umständen wäre er vielleicht ein vortrefflicher Dichter geworden.

Die bekanntesten französischen Schauspieldichter, die unmittelbar vor Corneille und Moliere, auch noch mit diesen, in Ansehen standen, sind R 0. trou, Baro, und Mayret. Jean Rotrou, der auch als Magistratsperson geschäßt, und im Jahre 1650 das Opfer seiner guten Gesinnungen wurde, als er, um seine Mitbürger nicht zu verlassen, an einer Epidemie starb, suchte die Tragödie und Tragicomödie im Styl der Zeit besonders durch moralische Tendenz zu veredeln und seine Hels den und Heldinnen christliche Empfindungen vors tragen zu lassen. Balthasar Baro, der um dieselbe Zeit mehrere bürgerliche Aemter verwaltete, gehörte zur Partei der romantischen Senti mentalisten, deren bald in der Geschichte der französischen Romane aus diesem Zeitraum weiter gedacht werden soll. Er verdankt diesen Geschmack besonders dem Verfasser der Astrea, in dessen Dien:

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Diensten er Secretár gewesen war. Sonst wirkte diese Sentimentalität nur wenig auf das Theater. Uber Baro ließ in einem Trauerspiele Alexander den Großen zur Prinzessin Parthenia ganz wie einen liebenden Schäfer im Styl der spanischen Romane reden. Unter seinen fünf und dreißig Theaterstücken finden sich auch mehrere Lustspiele. Mayret, auch ein Dichter von angesehener Fas milie, neigte sich zu demselben Geschmacke. Seines Schäferspiels Silvanire ist schon oben erwähnt. Sein Trauerspiel Sophonisbe wurde kurz vor dem Cid des Corneille, im Jahr 1635, mit gros Bem Beifall aufgenommen.

In welcher Knechtschaft die Muse dieser frans zösischen Schauspieldichter prangte, kann man aus Der Gewalt schließen, die der Cardinal Richelieu über sie ausübte. Unter Richelien's Aufsicht mußs ten eine Zeitlang fünf von ihm selbst ausgewählte Dichter an einem und demselben Schauspiele ars beiten, so, daß jeder einen Act zu liefern bekam. Der Minister verbesserte dann das Ganze. Rotrou war unter diesen Auserwählten.

Drittes Capitel.

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Geschichte der schönen Prose, der Poetik der Rhetorik in der französischen Litteratur von den ersten Decennien des sechzehnten bis ge= gen die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts.

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n feiner Litteratur der neueren Jahrhunderte ist es so schwer, die Geschichte der Beredsamkeit von der Geschichte der Poesie zu trennen, als in der französischen. Denn was den ästhetischen Uns terschied zwischen Poesie und Beredsamkeit macht, trifft in der französischen Litteratur noch weniger, als in jeder andern, mit der philologischen. Abtheilung zusammen, nach der man Werke in ges bundener Rede von Werken in ungebundener uns terscheidet. Während die Franzosen Erzählungen, Betrachtungen, und Briefe, denen es an aller poe tischen Tendenz fehlt, sorgfältig versificirten und reimten, erhielt sich in einigen ihrer Romane, die nun nicht mehr versificirt wurden, ein wirklich poetis scher Geist. Will man aber die Geschichte des Romans in die Geschichte der Poesie hinüberziehen, wo sie eigentlich ihre Stelle finden sollte, so fehlt man wieder gegen den Geist des französischen Ros mans, denn zu den französischen Romanen gehör ren auch die erdichteten Memoires, in denen der Ton und Styl der historischen Memoires zur Belehrung und Unterhaltung ohne alle Tinctur von eigentlicher Poesie nachgeahmt wird. Dem Ges schicht:

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