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zösische Novellisten des sechzehnten Jahrhunderts bildeten mit den italienischen eine Schule. Ste nah men großen Theils von den Italienern zurück, was diese durch Nachahmung und Umbildung alter Fas bliaur den Franzosen entwandt hatten. Aber meis sterwerke im leichten Erzählungsstyl giebt es noch nicht in der französischen Litteratur dieses Zeitraums.

Eine ganz neue Aussicht eröffnete sich in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts für den satyrischen Roman in Frankreich. Ohne Vors gånger, nur seinem Erfindungstalente und seinem energischen Wiße folgend, schrieb François Ras belais seinen Gangantua und Pantagruel. Rabelais, einer der vorzüglichsten Köpfe seiner Nas tion, geboren zu Chinon in Touraine zu Anfange des sechzehnten Jahrhunderts, wurde für den geifts lichen Stand erzogen. Noch sehr jung, wurde er Franziskanermönch. In seinem Kloster trieb er das neue Modestudium der alten Litteratur mit einem Glús cke, das ihm unter den übrigen Mönchen Meider und Feinde zuzog, deren Anzahl er durch seine übermüs thige Laune vermuthlich noch vermehrte. Eben diese Laune aber machte ihn auch bald der großen Welt bes fannt. Zum großen Wergerniß vieler katholischen Christen wußte er es dahin zu bringen, daß ihn der Pabst Clemens VII. aus dem Franziskanerorden erlösete und ihm die Erlaubniß ertheilte, Benedictis ner zu werden. Aber auch im Benedictinerkloster wurde es ihm zu enge. Er schweifte eine Zeitlang umber, bis er sich nach Montpellier begab, und Medicin studirte. Aus einem Mönch wurde er nun Doctor der Arzneiwissenschaften. Seine Uebersets zung des Hippokrates und der Beifall, den seine Borles

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Vorlesungen fanden, machten ihn bald zu einem der berühmtesten Lehrer an der Universität zu Monts pellier. Uber sein munterer Geist verlangte noch eine weitere Sphäre. Er reisete nach Paris. Dort erwarb er sich das Wohlwollen des Königs Franz und die besondere Gunst des Cardinal Dá Bellan, der von dieser Zeit an sein erklärter Bes schüßer und Verpfleger wurde. Mit dem Cardinal Du Bellay reisete er nach Italien, gab auch am römischen Hofe großes Aergerniß durch die Kecks heit seiner Einfälle, kam sogar in den Ruf eines Kezers und Atheisten, wußte sich aber immer glücklich aus den Händeln zu ziehen, in die ihn feine Zunge und seine Feder verwickelten. Und während seine Feinde täglich erwarteten, ihn excommunicirt zu sehen, negotiirte er sich durch seinen Gönner eine gute Pfründe in Frankreich. Sein Gargantua, der eben so viel Wergerniß erregte, als er Beifall fand, wurde von der theologischen Facultät zu Paris verboten; aber der König Franz hob das Verbot auf. Das lehte Buch des Pans tagruel kam erst nach dem Tode des Verfassers in das Publicum. Rabelais starb ohngefähr um das Jahr 1553, nachdem er noch auf seinem Sterbebette als starker Geist erklärt hatte, "daß er nun auf dem Wege sen, ein großes Viels leicht zu besuchen." In Montpellier wurde sein Andenken von der medicinischen Facultåt noch lange durch besondere Ceremonien gefetert ). Sein Nah:

y) Notizen und Anekdoten zur Lebensgeschichte dieses merks würdigen Mannes findet man in mehreren Schriften zerstreuet, unter andern in den neueren Ausgaben seiner Werke. Unter diesen ist die schåßbarste, mit kritis scher

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Nahme ist noch immer auch außerhalb Frankreich berühmt, so selten auch seine Schriften noch gelesen werden. Gewöhnlich seht man den Werth dieser Schriften zu hoch, oder zu niedrig an. Rabelais ist kein Cervantes. Sein Gargantua und Pantas gruel verhalten sich zu dem Don Quixote wie ein ges nialisches, aber durchaus rohes Caricaturgemåhlde zu einem Meisterwerke in der satyrischen Dichtung und Darstellungskunst. Von der classischen Ele ganz der Sprache des Don Quixote findet sich im Gargantua und Pantagruel eben so wenig eine Spur, als von der innern Humanität und Größe, die Cervantes selbst in der Darstellung der burleskes ften Situationen nicht aus dem Gesicht verloren hat 2). Es war freilich auch wohl nur ein Scherz, wenn Rabelais versicherte, er habe seine komischen Werke nur aus medicinischen Gründen geschrieben, um durch ein kräftiges Lachen die Genesung seiner Kranken zu befördern. Man erkennt in allen vors züglichen Partieen feiner Satyren den hellen Kopf, der die Thorheiten des menschlichen Lebens im Gans zen überschaute, und nicht etwa durch individuelle Neckereien sich Luft machen, oder durch bloße Possen das Publicum ergehen will *). Aber eine große Idee

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satys

scher Genauigkeit und auch mit Beibehaltung der alten Orthographie besorgte und mit erläuternden Anmerkuns ›gen versehene von La Mognove und Düchat: Oeuvres de Maitre François Rabelais, &c. Amfterdam, 1711, in 5 Octavbänden. Da ist auch die freimüthige Expectoration des sterbenden Rabelais: Je m'en vais chercher un grand Peut-être, nicht vergessen. z) Vergl. diese Gesch. der Poesie und Beredsamkeit, Band III. S.335.

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a) Wer mit dem geistreichen La Brydere urtheilt, Ras Bouterwek's Gesch. d. schön. Redek. V. B.

belais

satyrisch auszuführen, hatte Rabelais nicht Größe des Geistes genug; und das Leben im Kleinen mit satyrischer Feinheit darzustellen, war sein Geschmack viel zu roh. Seine Phantasie arbeitete immer in das Große, aber nur, um die ungeheuersten Cas ricaturen zu schaffen, die je einem Satyriker in den Sinn gekommen sind. In dieser Hinsicht ist er einzig. Seine burleske Originalität und Uners schöpflichkeit im Ungeheuern reißt zur Bewunderung hin. Aber kein Spiel der Phantasie und des Wikes war ihm zu niedrig, zu possenhaft, zu fins disch, und zu schmußig, wenn es nur irgend eine Art von Lachen erregen konnte. Ein großer Theil feiner Einfälle hat kein anderes Interesse, als einen originellen Uebermuth des Wikes ohne alle höhere Tendenz. Un ungeheuerm Cynismus übertrifft selbst Peter der Aretiner den Rabelais nicht; und die Eleganz der Sprache, die dem cynischen Wiße des Aretiners eine Art von classischem Ansehen giebt, lag ganz außer dem Gesichtskreise des übermüthigen Rabelais. Wenn man indessen den Gargantua dieses wißigen Kopfs mit seinem Pantagruel vergleicht, kann man nicht wohl umhin, ihm ein gewisses Streben nach Fortschreitung in der ästhetis schen Cultur_zuzutrauen. Schwerlich aber war er sich selbst dieser Fortschreitung deutlich bewußt. Sein Talent entwickelte sich durch die Uebung. Man hat in dem Gargantua eine derbe Personalsatyre gegen den König Franz erblicken wollen, der sich doch dies ses Buch mit Wohlgefallen vorlesen ließ. Bet einigen

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belais verdiene nur von der Canaille gelesen zu wers den, muß vorläufig Feinheit und moralische Anständigs keit für das hochste Verdienst eines Satyrikers hals ten lernen.

einigen Zügen scheint Rabelais wirklich an die bes kannte Sinnlichkeit dieses Königs gedacht zu haben. Aber das Ganze ist offenbar nur eine possenhafte Fiction ohne allen bestimmen Zweck. Rabelais ges fiel sich in der Ausführung des Einfalls, die Ges schichte der Studien und Heldenthaten eines Riesen, der selbst im Verhältniß zu seiner Leibesgröße vors züglich als ein ungeheurer Freffer glänzt, mir so viel Satyre zu verbinden, als ihm gerade in die Feder floß. Die einzige Classe von Menschen, die er planmäßig, wo es nur irgend Gelegenheit giebt, in dieser Fiction verfolgt, sind die schmußigen Bets telmönche, zu deren Orden er selbst gehört hatte. Aber im Pantagruel, der nur als eine Fortsetzung des Gargantua erscheint, ist die Satyre viel weits umfassender, absichtlicher, und combinirter. Der Riese Pantagruel muß zwar auch als Gegenbild zu dem Fresser Gargantua und als ein ungeheurer Trinker figuriren, und des Possenhaften im Gans zen dieser Fiction ist mehr, als des Satyrischen; aber schon mit dem ersten Auslaufe bahnt sich die Satyre ein weiteres Feld. Vortrefflich ist im ersten Buche die Verspottung des pedantischen Kauderwelsch, durch welches sich damals die frans zösischen Latinisten als Männer von höherer Bils dung auszeichnen wollten ). Der Charakter des

gelehre

b) Es ist der Mühe werth, auf das gelehrte Kauderwelsch zu achten, das Rabelais einem Parisischen Schüler in den Mund legt. Man sieht daraus, was die sogenann ten Humanisten damals aus der französischen Sprache zu machen versuchten.

Quelque jour, je ne fçay quand, Pantagruel fe pourmenoit apres foupper avecques fes compaignons F 2

par

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