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Geistes und Styls, durch welche Montaigne's Schrift ten interessant bleiben würden, auch wenn sie wes niger inhaltreich wären, muß man auch nicht vers geffen abzuziehen, was nicht so wohl diesem seltenen Kopfe selbst, als seinem Zeitalter und dem altfrans zösischen Nationalcharakter angehört. Montagne war ganz Franzose; und die reizende Naivetat, Die seinen Styl nicht weniger, als seine Grundsäke erheitert, ist ganz dieselbe, die man fast bei allen echt französischen Dichtern und Schriftstellern bis auf das Zeitalter Heinrich's IV. findet. In Mons tagne's individuellem Charakter nahm diese alte Nas tional: Naivetät nur eine philosophischere Form an. Sein heller gegen alle Vorurtheile sich sträubender Verstand arbeitete sich glücklich durch die dogmatis fchen Religionszånkereien der Katholiken und Proz testanten hindurch. Sein Temperament machte ihn zum theoretischen und praktischen Epikureer. Seine gutmüthige, sanfte und redliche, aber keines Aufs schwunges zu enthusiastischen Ansichten des Großen und Schönen fähige Seele spiegelt sich in der åsthes tischen Form seiner Philosophie, wie in seinen Ges danken und Meinungen. Da ihm nichts so aufs richtig zuwider war, als Pedantismus und Heus chelet, so ist auch seine Sprache frei von aller steifen Förmlichkeit; und die Eleganz dieser Spras che wird durch keinen Zug von Affectation entstellt. Gleichwohl hat Montagne seinen didaktischen Styl mit wahrem Kunstgefühle gebildet. Nachlässig scheinen Phrasen und Perioden bei ihm hinzugleiten; aber diese verführerische Nachlässigkeit ist nichts wes niger, als eine Folge von gemeiner Hingebung des rhetorischen Ausdrucks an den Zufall. Es ist die

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zarteste Grazie des Styls, von strenger Selbstkritik 11 2

beglets

begleitet. Montagne hat sich unverkennbar nach den Alten gebildet, so weit er es konnte, ohne seine überall vordringende Individualität und Nationas lität zu verläugnen. Der weiche Numerus seiner Perioden, die elegante Abwechselung im innern Baue derselben, und das Treffende und Bestimmtė in der Wahl der Wörter giebt den Schriften des Montagne auch in rhetorischer Hinsicht einen class fischen Werth, der durch die veralteten Wörter und Wendungen nur noch charakteristischer hervorsticht "). Aber läugnen läßt sich auch nicht, daß dieser Styl mit seiner ganzen Eigenthümlichkeit nicht als Muster der didaktischen Prose dienen konnte.

Will man sehen, wie sich unter Richelieu die alte Naivetåt auch aus der didaktischen Profe der Franzosen völlig verlor, so werfe man nur einen Blick

n) Montagne's Effais find allgemein bekannt. Aber Eine Stelle, die seine Ansicht der Philosophie überhaupt und die Eleganz seines Styls zugleich beurkundet, mag hier stehen.

L'ame qui loge la Philofophic, doit par fa fanté rendre fain encore le corps: elle doit faire luire jusques au dehors, fon repos, et fon aife: doit former à fon moule le port exterieur, et l'armer par confequent d'une gracieuse fierté, d'un maintient actif, et allaigre, et d'une contenance contente et debonnaire. La plus expreffe marque de la fageffe, e'eft une esjouiffance conftante: fon eftat eft comme des chofes au deffus de la Lune, tousjours ferein. C'est Baroco et Baralipton, qui rendent leurs fuppofts ainfi crottez et enfumez; ce n'eft pas elle, ils ne la cognoiffoit que par ouyr dire. Comment? elle faict eftat de fereiner les tempeftes de l'ame, et d'apprendre la faim et les fiebvres à rire, non par quelques Epicycles imaginaires, mais par raifons na turelles et palpables.

Livre I. chap. 25.

Blick in das merkwürdige politische Testament dieses außerordentlichen Mannes selbst. Denn nach den neuesten Untersuchungen läßt sich die Echtheit dieses Werks kaum noch bezweifeln °); und wie Richelieu's Geschmack von den Schriftstellern, die ihn umgaben, als ein Normalgeschmack verehrt wurde, ist bekannt. Vergleicht man dieses politis sche Testament mit den gedruckten Briefen Riches lieu's, so wird man noch weniger Anstand nehmen, es für echt zu halten. Richelieu schrieb, wie ein Staats: und Weltmann schreiben muß. Sein Styl ist ein Styl der Sache. Er wißelt nicht, prunft nicht mit Phrasen, und bemüht sich eben nicht, ciceronianische Perioden zu ründen; aber er drückt sich natürlich, klar, sehr bestimmt, und mit ges fälliger Correctheit aus; und da er ein Mann von Geist war, so führte ihn das Bedürfniß einer ans schaulichen und nicht trivialen Darstellung von selbst, wo es die Gelegenheit mit sich brachte, auf anges nehme und treffende Vergleichungen und Bilder, durch die auch die kälteste Verstandes prose nicht entstellt wird P).

Bon

o) Voltaire registrirt dieses Teftament politique gerade zu unter die Menfonges imprimès. Aber man vergleis che die Vorrede und die Anmerkungen zu der neuen Auss gabe: Maximes d'état, ou teftament politique d'Armand du Pleffis, Cardinal Duc de Richelieu, Par. 1764, 2 Octavbånde. Die Orthographie ist indessen in dieser neuen Ausgabe ganz modernisirt.

P) Man hat auch dieses politische Testament in rhetoris scher Hinsicht zu wenig geachtet. Hier ist eine Stelle zur Probe des didaktischen Styls des großen Staatss manns.

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Von den Einflüssen zu reden, welche die von Richelieu gestiftete französische Akademie auf die Cultur der didaktischen Prose der Franzosen hatte, wird in der Geschichte des folgenden Zeits raums, da sich diese Einflüsse noch bestimmter zeige ten, ein schicklicherer Ort seyn. Aber die didaktis schen Werke eines der französischen Akademiker, die unter Richelieu glänzten, dürfen hier nicht unani gezeigt bleiben. Jean Louis Guez de Bals jac, geboren im Jahre 1595, besonders bekannt durch seine Briefe, deren bald weiter gedacht wers den soll, gab seiner Nation durch moralische, pos litische und christliche Abhandlungen in mancherlet eleganten Formen das erste Beispiel der Vereinis gung einer knechtischen Unterthänigkeit mit rhes torischer Würde. Balzac wollte, wie es scheint, ein rechtschaffener Mann seyn, und war es viels leicht wirklich. Aber um auch den Pflichten eines vollkommenen Hofmannes, eines frommen Kathos lifen, und eines gehorsamen Dieners des Cardinals Riches

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Ceux qui font telles entreprifes, fçavent fort bien le péril auquel ils s'expofent pour les commen cer fans deffein de les achever. En telles occafions on va d'abord à pas de plomb et de laine toute enfemble; mais après, la nature de telles affaires oblige à doubler le pas et à courir de peur d'être furpris en chemin. On imite en cela la pierre pouffée du haut d'une montagne, fon premier mouve ment eft lent; et plus elle defcend, plus prend - elle de poids et redouble la viteffe de fa chûte. Et tout de même qu'il faut plus de force pour l'arrêter, au plus fort de fa courfe qu'au commencement, auffi eft il très difficile d'arrêter une confpiration qui n'ayant pas été étouffée dans fa naiffance, eft déja dans fon accroiffement.

Ime Partie, chap. V. Sect. 7,

Richelieu Genüge zu thun, und sich eben dadurch als den getreuesten Unterthanen seines Königs zu bes weisen, ersann er sich, ohne große Geistesanstrens gung, ein politisch, moralisches Unterthänigkeitssys stem, das ihm selbst nur als das währe System der bürgerlichen und chriftlichen Tugend erschien. Balzac war ein gelehrter Hofmann. Unter seis nen Werken findet sich ein Vorrath lateinischer Verse und lateinischer Briefe. Nach den römis schen Classikern bildete er mit der größten Sorgfalt auch seine französische Diction. Er hatte bei seinen Kenntnissen viel gesunden Verstand und einen nicht gemeinen Sinn für Correctheit und Eleganz. Leere Wigelei war nicht seine Sache; und prunkende Phrasen zu vermeiden, hatte er von den Alten ges lernt. Uber sein Verstand erblickte nie eine neue, und nur selten die interessanteste Seite eines Gegens standes. Noch weniger hatte er Talent zu mehr als oberflächlichen Reflexionen. Arm an nicht ges meinen Gedanken, und doch immer råsonnirend, bot er also seine ganze Rhetorik auf, durch Wens dungen, Einkleidungen, und überhaupt durch Schöns heit des Vortrags die innere Trivialität seiner Geis stesproducte zu heben. In diesem Sinne schrieb er feine sämmtlichen didaktischen Werke. Wenn man sie aber im Ganzen trivial nennt, muß man die einzelnen feinen und fein ausgedrückten Bemers fungen nicht übersehen, durch die sich Balzac's Abhandlungen noch jezt zur Durchsicht empfehlen. Sein ausführlichstes Werk in didaktischer Profe mit einer Art von ciceronianischer Einkleidung ist fein Fürst (le Prince); fein Seitenstück zu dem Fürsten von Machiavell; und überhaupt nur eine Zwittergeburt des Verstandes und der friechenden

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