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Aber Dú Vair þatte auch die wahren Vorzüge der griechischen und römischen Beredsamkeit erkannt. Seiner Abhandlung über die wahre Beredsamkeit foll bald weiter gedacht werden. Wie vertraut er mit den alten Rednern war, beweisen seine Uebers sehungen einiger Reden des Demosthenes und Wes schines *). Auch als didaktischer Schriftsteller würs de er mehr geleistet haben, wenn sein Gedankens kreis jenseits der Rechts- und Staatswissenschaften nicht so enge gewesen wäre. Die christlichen Betrachtungen, die einen Theil seiner Werke ausmachen, find indessen auch nicht übel geschrieben.

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In einer specielleren Geschichte der gerichts lichen Beredsamkeit der Franzosen dürfen auch die Plaidoyers von Louis Servin, Jacques de Puymissons, Claude Fayilly, und Antoine le Maitre nicht übersehen werden '). Die Ta: lente aller dieser französischen Parlementsredner hats ten sich in den Zeiten der bürgerlichen Unruhen entwickelt. Nachdem durch Heinrich IV. die öffents liche Ordnung im ganzen Reiche wieder hergestellt, und durch Richelieu die unumschränkte Gewalt des Königs von allen Seiten befestigt war, durfte der energische Ton jener Redner nicht mehr in den frans

moins ferons-nous aucunement contens de l'avoir cherché, et avoir rendu à noftre pauvre et defolée patrie tout ce que nous avons peu de fecours, k) Sie stehen in seinen eben angeführten sämmtlichen Werken.

1) Weitere Auskunft über diese Redner und ihre gedrucks ten Werke giebt unter andern litterarischen Schriften Goujet's Bibliothéque françoife, Tom. II.

französischen Parlementen gehört werden. Die Pros testationen, denen der König, sobald er wollte, durch seine persönliche Erscheinung im Parlement (das sogenannte Lit de juftice) ein Ende machen konnte, wurden gefährlich für den Redner, ohne dem Staate sonderlich zu nüßen. Und durch bloße Advocatenberediamkeit in Civilsachen konnte sich die eigentlich oratorische Kunst nicht heben. Bewiesen war indessen durch die Menge von nicht gemeinett Rednern, die in den Zeiten der bürgerlichen Kriege das Wort im Nahmen der französischen Nacion führten, mit welchem Glücke der französische Geist dieser Richtung folgte, und wie dasselbe Studium der alten Litteratur, das der französischen Poesie wenigstens eben so schädlich, als nüßlich, wurde, auf die französische Beredsamkeit fast nur günstige Einflüsse hatte. Denn das Prunken mit der alten Litteratur verlor sich bald; aber der Geist und die classischen Formen der wahren Beredsamkeit nach griechischen und römischen Mustern erhielten sich; und während die französische Poesie nur ein matter Wiederschein der antiken wurde, konnte keine neuere Nation sich rühmen, durch schöne Prose im Gans zen sich den Alten so weit genähert zu haben, wie Die Franzosen.

Keine Nation hatte auch so viele Uebers sehungen des Cicero und der griechischen Redner, als die Franzosen in kurzer Zeit während der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts ers hielten. Die meisten dieser Ueberseker, die mit einander wetteiferten, waren Parlementsråthe und Rechtsgelehrte. Mehrere von ihnen überseßten freilich den Demosthenes in ein barbarisches Juris

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stenfranzösisch. Aber die schlechten Uebersehungen weckten das Bedürfniß besserer. Daher folgten besonders der Uebersetzungen des Demosthenes in furzer Zeit so viele auf einander. Gleichwohl ist feiner von ihnen musterhaft nach den späteren Fors derungen des französischen Geschmacks, weil sie sich jekt sämmtlich mehr oder weniger altvåterisch ausnehmen.

Mit dem Zeitalter Richelieu's fångt die Reihe der eleganteren Uebersetzungen griechis fcher und lateinischer Autoren in der französischen Litteratur an. Damals aber war auch die Epoche vorüber, in der die oratorische Kunst der Franzosen sich mit republicanischer Kraft äußern durfte ").

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Die Kanzelberedsamkeit blühte in Franks reich auf, als die politische Beredsamkeit ausstarb. Im sechzehnten Jahrhundert und in den ersten Des cennien des siebzehnten scheint sich kein französischer Prediger, weder von der katholischen, noch von der protestantischen Partei, durch ästhetische Vore züge seiner geistlichen Reden ausgezeichnet zu haben. Wenigstens hat sich in der Litterärgeschichte der Beredsamkeit kein Nahme eines berühmten frans zösischen Kanzelredners aus dieser Periode erhalten, Von mehreren damals sehr beliebten französischen Predigern weiß man nur, daß sie auf der Kanzet fast noch mehr lateinische und griechische Flosteln, Citate, und gelehrte Notizen, als selbst die Pars lementsräthe und Advocaten in ihren politischen und gerichtlichen Vorträgen anbrachten.

Die

m) Anch zur genaueren Kenntniß der älteren französischen Uebersehungen griechischer und römischer Reden giebt der 2te Band der Bibl. françoife eine gute Anweisung,

Die französische Poetik und Rhetorit, die bis um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts nur ein Chaos von Fragmenten zur Kenntniß der Reimkünste, vermischt mit derworrenen Begriffen nach einigen Grundsäßen des Aristoteles und Quin tilian, gewesen war, nahm nun auch eine bestimm sere Form an, da das Studium der alten Littera tur der Kritik ein neues Feld eröffnete. Was man bis dahin in Frankreich von der Poetik und Rhetorik des Aristoteles wußte, war nur als zus fälliger Anhang zur aristotelischen Philosophie durch Die scholastischen Studien in Umlauf gekommen. Jeht, da man es mit Eifer auf poetische und rhes torische Eleganz nach griechischen und römischen Mustern anlegte, sah man die ästhetischen Lehren des Aristoteles aus einem andern Gesichtspunkte an. Aber der scholastische Glaube an die unbedingte Autorität des Aristoteles erhielt sich in der französis schen Kritik, als er aus der Philosophie verschwand. Bei dem raschen Streben der Dichter und Redner, die französische Poesie und Beredsamkeit nach den Mustern des classischen Alterthums umzuformen fühlte man das Bedürfniß solcher Grundsäße, auf die man sich berufen konnte; und unfähig, durch Freie Reflexion den Horizont der Kritik zu erweitern, studirte man die Poetik und Rhetorik des Ariftos teles wie ein Corpus Juris. Horaz, Cicero und Quintilian erhielten bald ein ähnliches Ansehen. An den Unterschied zwischen antiker und romantis scher Poesie, abgerechnet die Sylbenmaße, Reime, und Gattungsnamen der Gedichte, dachte man eben so wenig, als an Entdeckung höherer Geseke, nach denen selbst die alten Classiker einer Prüfung þåtten unterworfen werden können.

Der

Der merkwürdige Einfluß der Poetik des Aristos teles auf die französische Poesie war im sechzehnten Jahrhunderte schon entschieden. Aber es unternahm doch noch kein französischer Gelehrter eine Uebersets zung dieses Werks in die französische Sprache; vers muthlich, weil man eine solche Uebersekung für ents behrlich hielt, die Jeder, wer damals in Frankreich auf litterarische Bildung Anspruch machte, wenn auch nicht Griechisch, doch wenigstens Latein genug vers stand, den Aristoteles in einer von beiden alten Spraz chen zu lesen. Nur historisch hat sich eine Nachricht. von einem Professor Nicolas Pierre, genannt Dú Bosc, erhalten, der zuerst die Poetik des Aris ftoteles in das Französische überseht haben soll. Die erste bekannte Uebersetzung dieses Werks in französis scher Sprache hat einen gewissen Norville zum Verfasser, der schon in das Zeitalter Ludwig's XIV. gehört. Aber von der sogenannten Poetik des Hos raz wurde schon im Jahr 1545, eine französische Ues bersehung in Versen geliefert. Der Verfasser heißt Jacques Pelletier du Mans. Dieselbe Uebers sekung wurde wenige Jahre nachher wieder aufgelegt. Im Jahre 1588 folgte eine neue Uebersetzung von zwei Brüdern Le Chevalier d'Agneaux. Der Verfasser der ersten französischen Uebersehung der Rhetorik des Aristoteles heißt Jean dü Sin, Sie erschien im Jahre 1608.

Mit den Grundsäßen des Aristoteles und Horaz die besonderen Gefeße der französischen Dichtungsars ten und Reimformen theoretisch in Uebereinstimmung zu bringen, bemühten sich seit der Mitte des sechzehns ten Jahrhunderts so viele französische Poetiker, daß einer kaum vor dem andern zu Worte kommen konnte; und doch fanden sie alle Beifall. Thomas Sibis

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