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Geschichte

der

französischen Poesie und Beredsamkeit.

Erstes Buch.

Bom Ende des dreizehnten bis in die ersten Des cennien des sechzehnten Jahrhunderts.

Erstes Capitel.

Allgemeine Geschichte der poctischen und rhetoria. fgen Cultur der Franzosen in diesem Zeitraume,

m die Zeit, als Dante in Italien den festen Grund zu einer classischen Nationalsprache und Litteratur legte, war man in Frankreich noch weis ter, als um dieselbe Zeit in Spanien und Portus gal, von einer ähnlichen Höhe der Geistesbildung entfernt. Aber schon damals zeigte sich, daß ete französische Litteratur einen andern Charakter, als

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Die

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die italienische, spanische, und portugiesische, erhals ten würde.

Es ist bekannt, daß die neue Volkssprache, das Romanzo, im ehmaligen Gallien von ihrer Ents stehung an sich in zwei Hauptdialekte auflösete, die man beinahe zwei Sprachen nennen darf. Die De: Sprache (langue d'Oc) im südlichen Frank, reich wich von der Dil: oder Qui: Sprache (langue d'oil), die man nordwärts von der Loire an redete, und aus der das neuere Französisch ent standen ist, so sehr ab, und die Sitten der südli: chen Franzosen waren von denen der nördlichen so verschieden, daß man sagen darf: Es gab damals noch kein Frankreich im moralischen und intellectuels len Sinne des Worts ) Bis in das sechzehnte Jahrhundert wurde die nordfranzösische Sprache selbst von den Fürsten und Herren im südlichen Frankreich kaum verstanden ). Paris, die Haupts stadt des Landes, war weder ein Vereinigungspunkt der Sitten, noch ein Muster des Geschmacks für die sämmtlichen Unterthanen des französischen Mo: narchen. Aber das Uebergewicht, das die Duis Sprache über die Oc: Sprache erhalten sollte, fúns digte sich schon im dreizehnten Jahrhundert an; und mehrere Ursachen vereinigten sich, dem französ

fischen

a) hinreichende Belege zu dieser historischen Wahrheit finz den sich in Hrn. Eichhorn's Geschichte der Culs tur und Litteratur mit eben so viel Fleiß, als Einsicht, zusammengestellt.

b) Dieß gesteht selbst der Herausgeber der Contes et Fabliaux du XIIe et XIIIme fiecle (Par. 1779. 4 Voll. in 8vo), so ein lebhafter Lobredner des Geistes und Talents der Nordfranzosen er auch ist, in der Vorrede.

fischen Geiste früh die besondere Richtung zu geben, die sich nach und nach immer merklicher der franzó, Fischen Litteratur mittheilte.

Durch französische und deutsche Sprach: und Geschichtsforscher ist unbezweifelbar dargethan; daß die nordfranzösische Sprache und Litteratur ihre ers ste Bildung den Normannen verdankt ). Noch jekt unterscheiden sich die Abkömmlinge dieser mus thigen, im dreizehnten Jahrhundert zwar schon vole lig in Frankreich nationalisirten, aber ihren alten Stammescharakter immer behauptenden Eroberer der Normandie von den übrigen Franzosen durch eine Kälte, die zum Sprichwort geworden ist d). Diese Kälte ist kein gemeines Phlegma; es ist nors dische Bedachtsamkeit mit französischer Gewandtheit vereinigt; ursprünglich ein Charakterzug des nora dischen Muths, der unerschrocken der Gefahr troßt, die er vor Augen sieht, während der orientalische Much die Augen verschließt, um sich stürmend in die Gefahr zu stürzen. Es fehlte den Normannen gewiß nicht an Phantasie; aber ihre Phantasie war mehr kühn und sinnreich erfindend, als mit tiefer Innigkeit glühende Gefühle verarbeitend. Die Lies be zum Wunderbaren brachten sie vermuthlich schon aus ihrem alten Vaterlande mit ). Das Geists und Sinnreiche konnten ihnen leicht zum Bedürfniß

in

e) Heeren's schäßbares Programm über den Eino fluß der Normannen auf die französische Sprache und Litteratur (Göttingen, 1789) muß bei dieser Gelegenheit noch ein Mal genannt werden. d) Les froids Normands, hört man noch häufig sagen. e) Man vergl. Heeren, a. a. D.

in dem neuen Vaterlande werden, wo des gallischen Bluts wohl noch genug übrig war, durch seine von jeher bemerkte Leichtigkeit den nordischen Ernst zu erheitern ). Ein solches Volk, dessen Sinn mehr muthig, als schwärmerisch, war, glich in seiner ganzen Denkart auch den übrigen Bewohnern des nordlichen Frankreich mehr, als diese den Bewohnern des südlichen glichen.

Die Provenzalen waren schon zu den Zeiten ber Römer eine Art von Italienern im Verhältniß zu den übrigen, weit später den Römern unterworfenen Galliern gewesen. Nach ihrer Vereinigung mit den übrigen romanisch gewordenen Franken, mit denen sie nun Franzosen hießen, bewiesen sie schon hinfänglich durch ihre halb italienische Sprache, daß sie Sinnes: verwandte der Italiener geblieben waren. Märe die Provence und mit ihr der übrige Theil des südlichen Frankreich, wo die Oc: Sprache geredet wird, ein bes sonderes Königreich geworden, so würde auch die ins tellectuelle Bildung dieser Süd-Franzosen vermuths lich noch jest von der nordfranzösischen fast eben so sehr, als die italienische, verschieden seyn, wenn auch ihre Sprache und Poesie die Out: Sprache und die nordfranzösische Poesie nicht verdrängt hätte. Aber die frühere Cultur der Süd: Franzosen mißfiel den nordfranzösischen Rittern, weil sie eine Weichlichs keit anzudeuten schien, die den echten Rittergeist ents nervte ) Während die zárte, Poesie der Trouba:

dours

f) Galli leves, lieset man bekanntlich schon bei den alten Autoren. Das Unftete und Unzuverlässige in der gallischen Sinnesart war freilich besonders damit gemeint.

g) Vergl. in Eichhorn's Gesch. der Cult. u. Litt. die Beilage Nr. 5.

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