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dours in Italien und im östlichen Spanien so eina heimisch, wie in der Provence selbst, wurde, moch: te der nordfranzösische Ritter nichts von ihr hören. Er sang, statt der Sonette und Canzonen, Lieder (chanfons) in einem andern Styl, und in andern Sylbenmaßen. Vorzüglich aber liebte er, wenn ihn nach Geistesunterhaltung verlangte, heroische, wunderbare und muthwillige Erzählungen, an tenen man im südlichen Frankreich weit weniger Ges fallen fand. Als die Kunst der Troubadours sich beinahe schon erschöpft hatte, blühte die nordfrans zösische Poesie erst recht auf. Und gerade damals concentrirte sich die französische Monarchie und mit ihr die Nation immer merklicher in der Hauptstadt Paris, die durch ihre Lage nicht weit von der Grens ze der Normandie und an hundert Meilen entfernt · von der Provence, dem Herzen der Troubadours poesie, bestimmt war, die nordfranzösische Denks und Sinnesart in der Litteratur, wie im bürgerlichen Leben, zu der herrschenden in ganz Frankreich zu mas chen. Seit dieser Zeit sank die schöne Oc: Spras che nach und nach wieder zum bloßen Volksidiom oder Patois herab. Die Poesie der Provenzas len gerieth in Vergessenheit. Ihre Litteratur ges hört zur Geschichte der mittleren, nicht der neues ren Jahrhunderte.

Von dem ursprünglichen Charakter der Qui: Sprache hing nun ein Theil der Bils dung ab, die die französische Litteratur erhalten soll, te h). Noch war diese Sprache sehr roh. Auch wirks

h) Eine ganz gute Anleitung zur älteren Geschichte der französischen Sprache findet sich in La Ravaliere's 21 4

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wirkte der Geist der Nation, auf die Ausbildung der ursprünglichen Formen und Eigenheiten der frans zösischen Sprache immer bestimmter mit, so daß dies se Sprache zuletzt besondere Vorzüge und besondere Mängel erhielt, die in ihrem alten Charakter gar nicht gegründet waren. Aber von ihrer Entstehung an fehlte doch der französischen Sprache der volltös nende Sylbenfall der italienischen und spanischen. Sie war nicht sowohl durch sonore Umbildung, als durch Abkürzung der lateinischen Wörter entstanden, Sie entbehrte also von ihrer Entstehung an den alts lateinischen Klang, den die italienische und spanische Sprache noch immer behaupten. Selbst das limosis nische und catalonische Romanzo, obgleich auch gro ßen Theils durch Abkürzung der lateinischen Wors ter gebildet, klingt nicht so ganz unlateinisch/_wie das französische, weil es in das volltönende Spas nisch hinüberspielt; und wo sich die portugiesische Sprache durch ihren Nasenlaut und ihr weiches Weggleiten über die sonoren Endsylben dem Frans zösischen nähert, entfernt sie sich zugleich weit von dem Französischen durch die rhythmische Dehnung Der accentuirten Töne. Offenbar hat bei dem Cons flict der Sprache der germanischen Eroberer mit dem Latein im alten Italien und Hispanien der lateinis sche Klang, im nordlichen Gallien aber der deutsche den Ausschlag gegeben. Die Franken und Nors mannen entrissen den lateinischen Wörtern die chas rakteristischen Endsylben, dergleichen die germanis

schen

Abhandlung: Revolutions de la langue Françoise, im ersten Bande seiner Ausgabe der Poëfies du roi de Navarre (Par. 1742, 2 Octavbände). Vergl. Eichhorn's Gesch. der Cult. u. Litt. Band I. Erläuterungen und Beweise. Nr. 14.

schen Sprachen nicht kennen, entweder ganz, oder sie verwandelten diese Endfylben in den dumpfen gers manischen Halbvocal, der aber auch in der Folge aus der gewöhnlichen Aussprache des Französischen verschwinden mußte und nur für den Gesang und die Orthographie erhalten wurde. Abgerechnet dies se Verschiedenheiten, hatte sich das französische Ro manzo nach demselben grammatischen Typus, wie das italienische, spanische und portugiesische, gebildet. Es konnte sich ungefähr in derselben Entfernung, wie diese melodischeren Sprachen, dem lateinischen Rhyths mus in den romantischen Sylbenmaßen und Reim formen nåhern; und selbst die antiken Sylbenmas ße konnte es gewissermaßen nachkünsteln, so lange es wenigstens in den vielsylbigen Wörtern eine bes stimmte Accentuation der Sylben nach einer prosos dischen Quantität beobachtete. Daß das älteste Französisch wirklich auf eine solche Art in der Auss sprache accentuirt wurde, läßt sich kaum bezweifeln; denn auf ein Mal konnte der lateinische Rhythmus aus der Tochtersprache nicht verschwinden. Daß Die Franzosen gegen diesen Rhythmus immer uns empfindlicher wurden, konnte auch nicht durch den Einfluß der fränkisch deutschen und der normannis schen Sprache bewirkt werden; denn in allen ger: manischen Sprachen ist die Quantität der vielsyls bigen Wörter durch eine scharfe und genaue Accents tuation bestimmt. Wahrscheinlich starb der lateis nische Rhythmus in der französischen Sprache nicht eher völlig ab, als bis man eine Eleganz im Ver. schlucken des dumpfen Halbvocals suchte, der doch zum Stammescharakter der germanischen Sprachen gehört. Wann dieser Gebrauch als eine Eleganz in Frankreich zuerst beliebt worden, ist unbekannt.

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Vielleicht war die neue Aussprache anfangs bloße Nachahmung der gemeinen Volkssprache der Pariser ). Aber die Tendenz zu dieser abgebissenen Aussprache des Französischen muß wenigstens in einigen Gegenden, vermuthlich in Paris selbst, sehr frühe einheimisch ge= wesen seyn. In demselben Verhältnisse, wie sich diese Tendenz entwickelte, zerstörte sie den metrischen Ges halt der französischen Sprache. So gewöhnten sich die französischen Dichter unvermerkt, und ohne es selbst zu wissen, vielleicht schon damals, die Sylben bloß zu zählen, die sie nicht mehr messen konnten. Dabei blieb es, als man kaum aufhörte, in Knittels versen zu reimen. Aber an die Stelle des wahren Rhythmus, zu welchem die wahre Poesie unwiderstehs lich hinleitet, trat in der französischen Sprache eben so unvermerkt, als jener verschwand, eine willkührliche, dem cultivirten Geschmacke des Redenden selbst über: Lassene Schattirung der Höhe und Tiefe, Stårfe und Schwäche der Tone. Aufmerksam auf die Feins heit, durch welche Einer den Andern in dieser freien Behandlung der Sprache übertreffen konnte, ges wöhnte sich der Franzose an einen rhetorischen Nus merus, den er immer bestimmter auch in die gemeis ne Conversation übertrug. Aber er entwöhnte sich eben dadurch von der poetischen Ansicht der grams matischen Formen; denn er fühlte nicht mehr das Bedürfniß, dem Ausdruck poetischer Gedanken durch` eine constante Sylbenharmonie zu Hülfe zu koms

men,

i) Nach dem Patots der Pariser verschwindet ja das dums pfe französische e sogar aus dem Gesange, wo es sich in der edleren Modulation französischer Verse noch erhält. Voilà ce que c'eft, eine Phrase von fünf Sylben, klingt, im Pariser Patois gesängen, zweisylbig, als ob man schriebe Vlaskfo

men, und in einem metrischen Ganzen das Spiel der poetischen Vollkommenheit zu erkennen. Die Natur der französischen Sprache leitete also über haupt mehr zur Cultur der Beredsamkeit, als der Poesie, hin. Aber im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert war das neue Jugendgefühl der wiez dererwachenden Menschheit auch in den Franzosen noch zu stark, als daß in ihrer entstehenden Litteras tur die Poesie nicht über die auffeimende Bereds samkeit hatte herrschen müssen. Sie fühlten nicht, wo es ihrer Sprache fehlte; und selbst die Rohheit dieser, dem Französischen der neueren Zeiten noch sehr unähnlichen Sprache kam dem kräftigeren Dichters gefühl zu Hülfe, weil sie eine Menge grammaticas lischer Freiheiten gestattete, die sich spätere Dichter nicht nehmen durften.

Es ist sehr schwer, zu entscheiden, ob den Nords franzosen, vom dreizehnten bis in das sechzehnte Jahrs hundert, an einer Poesie nach ihrem Sinne weniger gelegen war, als um dieselbe Zeit den Provenzas len und Italienern an ihren Sonetten und Canzos sen, und den Spaniern und Portugiesen an ihren Romanzen und Liedern. Derselbe romantische Geist, der diese Nationen beseelte, knüpfte auch in Franks reich das Interesse der Poesie an alle Formen des geselligen Lebens. Dieselbe ritterliche Galans terie ergoß sich in Versen an der Seine, wie am Arno, am Tajo und an den castilianischen Bächen. Auch in Frankreich gehörte die Poesie der romans tischen Liebe zum guten Ton unter den Fürsten und Herren. Der König Thibaut von Navarra, ges borner Graf von Champagne, sang im Dienst der Dame feines Herzens Seufzer und Thränen, wie ein

pros

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