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einen französischen Nationalfehler. Si wimmele von allegorischen Figuren ). Auch die gar zu große Sorge des Dichters, sich nie einen nachlässig fcheinenden Ausdruck, oder einen zu freien Ausbruch des Muthwillens, zu erlauben, giebt dem Ganzen etwas Methodisches, das sich mit der Vollendung der komischen Leichtigkeit: nicht verträgt. Aber mit diesen Fehlern und Mängeln bleibt doch unter Bois leau's geistreichen Werken der Chorpult dasjenige, das ihm den Nahmen eines Dichters: sichert.

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Die didaktischen Satyren, Boileau's sind voll guter Gedanken, wißiger Einfälle, und treffender Schilderungen in einer männlichen und eleganten Sprache und in fehr cultivirten Bersen; aber es sind keine Satyren des Genies. Zwischen der scher: zenden Heiterfeit der horazischen und dem strafens den Ernste der juvenalischen Manier suchte Boileau einen Mittelton zu treffen, der jene beiden Mas nieren vereinigen sollte. Aber seine Heiterkeit ist kritische Kälte, und die Bitterkeit seines Spottes erinnert weit öfter an Juvenal, als an Horaj. Den Nachahmer dieser beiden poetischen Sittenrichter ers blickt man überall in Boileau's Satyren, den Dich: ter, der aus sich selbst schöpft, fast nirgends. Da überdieß schon Regnier durch eine ähnliche Nachs ahmung des Horaz und Juvenal die didaktische Satyre mit vielem Glücke in die französische Litte: ratur eingeführt hatte "), so blieb für Boileau

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Bergl. den bortgen Band, von S. 31. an, wo der allegorische Roman von der Rose charakterisirt ist, bis zu allen folgenden Notizen, das ewige Allegorisiren in der französischen Poesie betreffend.

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as). den vorigen Band, S. 248.

auf diesem Felde nur noch die Nachlese übrig. Er übertraf seinen Vorgänger Regnier an Feinheit; aber Regnier's Satyren sind nicht nur weit reicher an komischer Mannigfaltigkeit und an mahlerischen Zügen; sie haben auch, bei aller Vernachlässigung des Styls, eine genialische Lebhaftigkeit und Wärs me, die man bei Boileau vergebens wieder sucht.

Auch die Episteln Boileau's sind durch Nachs ahmung der horazischen entstanden. Da war Bots leau ganz in seiner Sphäre, wo er über ein bes stimmtes Thema geistreich råsonniren konnte und, um sich der Poesie von der negativen Seite zu nåhern, keinem höheren Grundsaße zu folgen brauchte, als dem, in gut gebaueten Versen etwas Interess fantes und Nügliches zu sagen. Von Marot's Zeir ten an hatte sich die Neigung der Franzosen zu der halb poetischen Geistesunterhaltung, welche die Epis stel gewährt, bei jeder Gelegenheit gezeigt; aber der allgemeine Fehler der französischen Epistel bis auf Boileau war eine tändelnde Geschwäßigkeit fast ohne alles innere Interesse der Gedanken. Boileau's Episteln, reich an Gedanken, die auch ohne poetis sche Diction unterhaltend und belehrend seyn wür: den, machten also eine Art von Epoche in diesem Fache der französischen Litteratur. Die Sprache des Verstandes in fo feinen, ungezwungenen und musterhaften Wendungen, so prácis und kräftig im Ausdruck, so correct und so gefällig versificirt, hatte man noch nicht gehört. Mit diesen unverkennbaren Vorzügen der Episteln Boileau's stehen aber einige ihrer auffallendsten Fehler in einem um so härteren Widerspruche, weil Boileau selbst als Geschmackss richter, der nie Gnade für Recht ergeben lassen

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wollte, in eben diesen Episteln das große Wort führt. Um der Diction seiner lehrretchen Betrachs tungen in Versen einen poetischen Schwung zu ges ben, mischt er zuweilen in die elegante Unterhals tungssprache, an der die Begeisterung keinen Ans theil hat, prächtige Phrasen ein, als ob er in den Odenstyl übergehen wollte ). Um etwas Pikantes recht natürlich zu sagen, sagt er zuweilen ein pres tisses Nichts ). Besonders scheint er ganz von feinem eigenen guten Geschmacke verlassen, wo er in den Episteln an feinen König mit der dreisten Leichtigkeit eines geübten Weltmanns dem Monarchen auf eine pikante Art etwas Schönes sagen will, ohne sich gegen ihn die Miene des Schmeichlers zu geben. Da trägt er fein Bedenken, ihn mit den Worten anzureden: "Großer König, hdre auf, zu fiegen, oder, ich hdre auf, zu schreiben" ). Um zu entschuldigen, daß er die Stege des Kd; nigs gegen die Holländer nicht besungen, nimmt er zu einer schaalen Verspottung der holländischen Nahs

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a) In der Epistel an einen seiner Gönner, dem Hrn. v, Guilleragues, den er, recht im Style feiner Zeit: Esprit né pour la cour! anredet, paraphrasirt er mitten im Laufe der leichten Epistelsprache den Orient mit den gravitätischen Worten:

Où le Perfe eft brulé de l'Aftre qu'il adore.

b) In derselben Epistel zum Beispiel:

Qui vit content de rien, poffède toute chofe. Das vernünftige Peu de chofe für Rien hätte freis lich weniger frappirt und nicht in den Vers gepaßt. c) Der bekannte lächerliche Anfang der, achten Epistel Boileau's:

Grand Roi, ceffe de vaincre, ou je ceffe d'écrire,

men seine Zuflucht d), beklagt, daß "seine Muse umsonst die Eroberung von Holland vers sucht

d) Oui, par-tout, de fon nom chaque place munie
Tient bon contre les vers, en détruit l'harmonic.
Et qui peut, fans fremir, aborder Woerden?
Quel vers ne tomberoit au seul nom de Heusden?
Quelle Mufe à rimer en tous lieux difpofée
Oferoit approcher des bords du Zuider-zée
Comment en vers heureux affiéger Doesbourg,
Zutphen, Wangeninghen, Harderwic, Knotzem

bourg?

Il n'eft Fort, entre ceux que tu prend par cen

taines

Qui ne puiffe arrêter un rimeur fix femaines;
Et par tout fur le Wahl ainfi que fur le Leck,
Le vers eft en déroute, et le Poète à fec.

Um eine Sprache mit Berkand zu verspotten, muß
man doch wenigstens etwas von ihr verstehen. Um
den Klang eines Worts barbarisch nennen zu dürfen,
muß man doch wenigstens wissen, wie es ausgespro
chen wird. Boileau aber, der vermuthlich rein hols
ländisches Wort verstand, verspotter den Klang der hols
ländischen Namen, nachdem er sie französtrt und eben
dadurch den großen Fehler aufgedeckt hat, den alle Nas
tionen außerhalb Frankreich der französischen Sprache,
vorwerfen. Aus dem zweifvlbigen, freilich nicht schön
flingenden Nahmen Woerden, in welchem der Accent
auf die erste Sylbe fällt, wird in Boileau's schönen Vers
fen ein dreisylbiges Wo-er-den, das so durchaus frans
3dfirt ist, daß es sich auf das eben so französirte und
verkehrt accentuirte Heusden reimen muß, obgleich nach
der holländischen Aussprache keine Spur von Reim in
diesen beiden Nahmen ist. Aber eben so behandelte man
in französischen Reimen auch die italienischen Nahs
men. Moliere selbst, der doch Italienisch verstand, reime
ein Mal den italienischen Familiennahmen Caprara,
als ob er Caprarà lautete, wenn ich nicht irre, auf
das franzöfifche Il aurà. Denn was weiß das, sonst so
delicate, französische Ohr von langen and kurzen Syl

ben?

fucht habe"), und daß "Er den König in zwei Jahren an den Ufern des Hellesponts ermars te"). Dergleichen frostige und raffinirte Fehler erlaubte sich Boileau, der Gesetzgeber des Ge schmacks.

Die versificirte Poetif (l'Art poëtique), dass jenige unter Boileau's Werken, das, nach dem Ers messen der französischen Kritiker, nicht genug gelobt und bewundert werden kann, enthält denn freilich eine solche Gesetzgebung des Geschmacks, ̈wie sie das Zeitalter Ludwig's XIV. mit sich bringen konnte, und wie sie sich noch jeßt der Kritiker als die voll: kommenste denken muß, wenn er beweisen will, daß es feine vollkommenere Poesie gebe, als die frans zösische aus dem Zeitalter Ludwig's XIV. Was Hos raz in der Epistel an die Pisonen angefangen, und der Italiener Vida in lateinischen Versen fortgesett hatte, den Dichtern Vernunft zu predigen, wollte Boileau, wie es scheint, vollenden. Daran dachte er wohl nicht, daß Horaz'ens Epistel an die Pisos nen feinesweges ein eigentliches Lehrgedicht, und überhaupt nichts weiter, als eine unterhaltende Reihe von vermischten Bemerkungen über poetische Coms position und Darstellung seyn, und im halb ernsts haften, halb scherzenden Epistelton aufmerksam auf die Fehler machen sollte, deren sich die römischen Nachs

ben? In Boileau's Verspottung der holländischen Nah. men ist besonders noch lächerlich, daß er, um mit dem Nahmen Leck zu spaßen, thn auf das französische Wort Sec reimt, das gerade eben so klingt.

e) Envain pour te louer, ma Mufe toûjours prête, Vingt fois de la Hollande a tenté la conquête.

f) Je t'attends dans deux ans aux bords de l'Hellespont.

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