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Nachahmer der griechischen Dichter, und das Puz

blicum, das über sie urtheilte, im Zeitalter des Wenigstens steckte sich

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Horaz schuldig machten.

.

Boileau das Feld so weit und so regelmäßig ab, daß seine Poetik in vier Gesängen den Umfang und die Form eines eigentlichen, das Ganze einer' Kunst oder Wissenschaft poetisch umfassenden Lehr. gedichts erhielt; und doch ahmte er in dieser Form den horazischen Epistelton nach, der mit einer regels måßigen didaktischen Zurüstung nicht recht harmo. nirt. Wie Horaz, wollte Boileau seine Zeitgenoss sen am französischen Parnasse zurecht weisen und auf ihre Fehler das richtende Publicum besonders aufs merksam machen. Das Werk, das eine wahre Poetik seyn sollte, also vor allen Dingen das We: sen der Poesie hätte anschaulich machen müssen, vers wandelte sich unter den Händen Boileau's sogleich in eine Kritik der Fehler, die der Dichter ver meiden soll. Anstatt die Aufmerksamkeit poetisch auf den ersten und lehten Gesichtspunkt aller nicht bloß negativen Kritik hinzuleiten, geht er in den ersten sechs Versen von der trivialen Wahrheit aus, daß zum Dichten Gente gehöre. Anstatt nun weiter zu zeigen, was denn poetisches Genie ist, und wie es wirkt, hält er sich bei dieser Hauptsache gar nicht auf. Er erinnert die Dichter sogleich an die negas tive Pflicht, der Vernunft getreu zu bleiben und nicht gegen den gefunden Verstand (bon fens) zu fehlen. Ja, er äußert die Meinung, daß der ganze Werth und selbst der Reiz eines Gedichts nur von der Vernunft entlehnt werden müsse. Nun wird seine Poetik eine kritische Anweisung zum gus ten Styl in der Redekunst, eine Expofition der wesentlichsten Eigenschaften, die ein Gedicht mit

jedem

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jedem gut geschriebenen Buche gemein haben muß, um kein schlechtes Gedicht zu seyn ®). Das Nächste, was er den Dichtern nicht früh genug eins schärfen zu können glaubte, ist die Regel, das Niedrige im Styl zu vermeiden. Er berichtet, wie man sich lange Zeit in Frankreich mit einem niedrigen Style in Prose und in Bersen begnügt habe, bis endlich der Hof dergleichen Verse nicht mehr lesen mögen, und nun die Zeit des guten Geschmacks angefangen habe 1). Über man müsse auch nicht in den entgegengesetzten Fehler fallen, und sich nicht schwülstig und nicht gesucht ausdrüfs ken, sondern einfach, natürlich, und mit Würde. Von diesen Regeln des Styls geht Boileau eilig zu den Gesehen der französischen Verskunst über. Man müsse sich ein feines Ohr für den Wohllaut zu erwerben suchen, den Hiatus der Sylben im Versificiren vermeiden, Er erzählt hierauf in gut versificirter Prose ), die Geschichte der französischen

Reinis

Der Herausgeber der Amsterdammer Ausgabe von Boileau's Werken (Amfterdam, 1729, in vier Octave bånden) bemerkt sehr naiv, um die Poetik dieses Dichters recht zu loben, daß Boileau im ersten Gesange zwar die allgemeinen Regeln der Dichtkunft aufstelle; mais ce regles n'appartiennent point fi proprement à cet art, qu'elles ne puiffent auffi être pratiquées utilement dans les autre genres d'écrire.

h) Mais de ce ftyle enfin la Cour défabulée

Dédaigna de ce vers l'extravagance aisée.

Wie hätte auch eine Poetik im Jahrhundert Ludwig's XIV. unter den Franzosen die höchste Autorität ohne den of erhalten können?

i) Denn nichts weiter, als versificirte Profe, sind Berse wie die folgenden : «.

Durant

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Reimkunst. Dann zeigt er, warum ein guter Dichter, wie jeder gute Schriftsteller, die Geseke seiner Sprache kennen und beobachten muß. So fährt Boileau fort, bis zu Ende des ersten Gesanges seiner Poetik, Regeln des guten Styls mitzutheis len, ohne auch nur mit einer Sylbe des unterscheis denden Charakters der Poesie zu gedenken und ihr Verhältniß zur schönen Prose zu bezeichnen. Im zweiten Gesange fängt er an, die Dichtungsarten zu charakterisiren. Mehrere Reflexionen, die er bet dieser Gelegenheit mittheilt, sind vortrefflich; aber sie betreffen fast alle nur den Styl der Gedichte, nicht ihr poetisches Wesen, nicht ihr ursprüngliches Verhältniß zur Poesie überhaupt. Die Theorie der Dichtungsarten wird fortgesezt im dritten Ges fange. Da lernt man deutlicher begreifen, warum der französische Geschmack in der tragischen Kunst feine höhere Schönheit verlangt, als die sich in den Trauerspielen von Corneille und Racine findet. Welche Begriffe Boileau von der tragischen Kunst

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Der

Durant les premiers ans du Parnaffe françois
Le caprice tout feul faifoit toutes les loix.
La rime, au bout des mots affemblés fans mefure
Tenoit lieux d'ornemens, de nombre et de céfure.
Villon fut le premier, dans ces fiècles groffiers
Débrouiller l'art confus de nos vieux Romanciers.
Marot bientôt après fit fleurir les Ballades
Tourna des Triolets, rima des Mascarades;
A des refrains réglés affervit les Rondeaux,

Et montra pour rimer des chemins tout nouveaux
Ronfard qui le fuivit, par une autre Méthode,
Reglant tout, brouilla tout, fit un art à fa mode
Et toute fois long-temps eut un heureux deftin.

Bo zeigt sich in allen diesen Zeilen auch nur ein Schats
ten von Poesie?

der Griechen hatte, sieht man aus seiner, in vers fificirter Prose vorgetragenen Erzählung der Ger fchichte des griechischen und französischen Theaters. Auf dem französischen Theater, sagt er, sei das griechische Trauerspiel wieder aufgelebt; nur þabe man den Violinen des Orchesters den Antheil überlassen, den sonst der Chor und die Musif an der tragischen Kunst gehabt *). Der vierte und lehte Gesang dieser Poetik liefert noch einen Nach: trag von allgemeinen Vorschriften, Ermahnungen und Warnungsregeln. Der Beschluß des Ganzen

ist so prosaisch, als wäre eine Recension zu Ende 1).

Boi:

k) Auch diese Stelle ist bloße Prose in gut gebaueten Vers

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fen. Die Vergleichung des griechischen Chors mit dem
modernen Orchester ist ja wohl unter aller Kritik.

Chez nos dévots ayeux, le Théâtre abhorré
Fut longtems dans la france un plaifir ignoré
De Pélerins, dit on, une troupe groffiére
En Public à Paris y monta la première
Et fottement zélée en fa fimplicité,
Joua les Saints, la Vierge, et Dieux par piété.
Le favoir, à la fin diffipant l'ignorance,
Fit voir de ce projet la dévote imprudence.
On chaffa ces Docteurs, prêchans fans miffion,
On vit renaitre Hector, Andromaque, Ilion;
Seulement, les Acteurs laiffant le masque an
tique,

Le violon tint lieu de Choeur et de Mufique.

1) Oder hat jemals ein Gedicht endigen dürfen mit eis nem solchen Abschiede, den der Dichter von seinem Leser nimmt?

Mais auffi pardonnez, fi, plein de ce beau zèle
Des tous vos pas fameux obfervateur fidèle,
Quelque fois du bon or je sépare le faux;
Et des Auteurs groffiers j'attaque les défauts,
Cenfure un peu fâcheux, mais fouvent néceffaire,
Plus enclin à blâmer, que favant à bien faire.

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Boileau's Poetik, als Lehrgedicht betrachter, hat das nicht gemeine Verdienst einer interessanten Ues bereinstimmung der Lehren, die es enthält, mit dem Plane, nach welchem es selbst entworfen, und mic dem Geiste, in welchem es ausgeführt ist. Die Coms position ist nicht gemein. Das System, das ihe zum Grunde liegt, ragt nicht pedantisch hervor; es ißt künstreich versteckt unter einer angenehmen Mis schung von Grundsäßen, Beschreibungen und Dis gressionen. Die Ausführung ist durchaus verständig. Die Vorschriften, die in dieser Poetik den Dichtern gegeben werden, sind natürlich, mit Würde, in einer äußerst pråcisen, musterhaft correcten Sprache, und in vortrefflichen Versen nach den Gefeßen der frans zösischen Poetik vorgetragen. Einzelne Stellen zeichs nen sich auch durch ein wirklich poetisches Colorit, aus "). Gleichwohl ist das Ganze schon deßwegen nichts weniger, als ein musterhaftes Lehrgedicht, weil es, anstatt, der Idee eines musterhaften Lehrgedichts gemäß, seinen Gegenstand in ein poetisches Licht zu Atellen, die Poesie selbst methodisch in das Gebiet. der schönen Prose herabzieht. Neben einem Ges dichte, wie Virgil's Landbau, oder auch nebent,

a) 3. B. der Anfang des zweiten Gesanges:

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Telle qu'une Bergère, au plus beau jour de fêtes
De fuperbe rubis ne charge point fa tête
Et fans méler a l'or l'éclat des diamans,

Cueille en un champ voifin fes plus beaux ornemens &
Telle aimable en fon air, mais humble dans fon

Ayle,

Doit éclater fans pompe une élégante Idylle.

Solcher anmuthigen Bilder kommen in der Art poètique noch mehrere vor.

Bouterwer's Gesch. d. schön. Redek. VI, S.

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