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Aber mit aller seiner Kunst und mit aller Hülfe der sinnreichen Maschienenmeister, die ihm zugeseller was ren, würde er das französische Operntheater nicht so berühmt gemacht haben, wenn sich nicht zu gleicher Zeit ein Dichter gefunden hätte, der für die musi Falische Poesie geboren war und dramatischen Er findungsgeist genug hatte, die großen Plane der musikalischen Akademie ausführen zu helfen. Ohne Quinault's beseelende Poesie wäre die französi sche Oper wahrscheinlich unter der Last ihres kalten Prunkes hingesunken, ehe sie sich noch zu einem Ganzen in ihrer Art ausgebildet hätte.

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Philippe Quinault, dessen Nahme in der Geschichte det musikalischen Poesie der Franzosen Epoche macht, war zu Paris geboren im Jahre 1634. Schon in seinem achtzehnten Jahre schrieb er Lustspiele, und bald darauf auch Trauerspiele. Seine Trauerspiele und Tragicomodien, wie er sie nannte, fanden ungemeinen Beifall. Es war ge rade um die Zeit, als Corneille und Racine noch nicht über alle ihre Gegner und Nebenbuhler tris umphirt hatten. Quinault hatte Phantasie und Gefühl. Er wußte das Publicum zu intereffiren. Seine Trauerspiele rührten, wenn gleich oft auf Kosten des guten Geschmacks. Aber er vernach lässigte besonders die Würde des tragischen Pathos so sehr, daß Boileau, der Quinault's Poesie tief unter den Regeln der Kunst erblickte, bei der feines ren Partei bald gewonnenes Spiel gegen ihn hatte. Quinault's Nahme wäre zum Gespotte geworden, wie der Nahme des Cotin, wenn Boileau allein zu entscheiden gehabt hätte. Aber das Publicum sah sich noch immer nicht müde an dem Trauers

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spiele

Spiele Astrat, das unter Quinault's dramatischen Werken am lautesten beklatscht, wenn gleich von Boileau auf das bitterste versportet wurde. Uns verzeihlich war in den Augen der feineren Partei auch die Unwissenheit Quinault's, der lieber schoo nen Frauen den Hof machte, als sich mit den gés Tehrten Studien beschäftigte, denen Corneille und Racine keinen geringen Theil ihrer Bildung vers Danften. Endlich wurde ein Mal eines seiner Trauerspiele, der Bellerophon, ausgezischt. Er Heß noch einen Pausanias nachfolgen, der seine alten Bewunderer einigermaßen wieder versöhnte. Dann soll er, besonders seiner Frau zu Gefallen, den Entschluß gefaßt haben, nie wieder etwas für das Theater zu schreiben. Uber als sich die musis Faltsche Akademie an ihn wandte, um seine Talente für das Operntheater in Anspruch zu nehmen, glaubte er, sich einer Arbeit, die das besondere Vers gnügen des Königs zum Zwecke habe, nicht ents ziehen zu dürfen. Nun war er auf ein Mal in feiner Sphäre. Lulli fand in Quinault den Dich: ter, den er suchte. Nach einigen kleineren Versus chen brachten beide Künstler größere Werke auf das Theater. Der Beifall, den Quinault einerntete, brachte seinen Borgånger Perrin völlig außer Cres dit. Die große Oper Kadmus und Hermione von Quinault und Lulli wurde als das erste Meis sterwerk in ihrer Art bewundert. Quinault erhielt nun auch vom Könige eine ansehnliche Pension. Er fuhr fort, in Verbindung mit Luilt für das Operntheater zu arbeiten. Die Partei seiner Geg: ner empfahl zwar an seine Stelle den Fabeldichter La Fontaine, aber la Fontaine zeigte bei dieser Gelegenheit nur seine gänzliche Unfähigkeit, sich in

der

der musikalischen Poesie mit Quinault zu messen. Boileau konnte nicht einmal ein erträgliches musis kalisches Vorspiel zu Stande bringen, als er es versuchte. Besser gelang es dem jüngeren Corneille, den Boileau aufgemuntert haben soll, eine Oper zu dichten, um Quinault zu stürzen. Uber Quis

nault stand zu fest auf seinem rechten Plaße. Die Oper Armide, die mit der Musik von Lulli im Jahre 1686 zum ersten Male gegeben wurde, krönte, wenn gleich nicht sein Verdienst, doch seiken Ruhm. Quinault starb bald darauf, im Jahre 1688, nachs dem er noch kurz zuvor wieder vom Theater Abschied genommen hatte °).

Das Verdienst, daß sich Quinault um die Opernpoesie erworben, ist so auffallend, daß nur Vorurtheil und Mangel an poetischem Gefühle die Gegenpartei verleiten konnte, es zu verkennen. Da: für haben spätere Kritiker, um dem verkannten Dichter Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sein Lob ein wenig zu hoch gesteigert. Quinault gehört nicht zu den classischen Dichtern. seines Vaterlandes, man mag den Werth eines Gedichts nach französis schen, oder nach liberaleren Grundsäßen schäßen. Des Vortrefflichen in Quinault's Werken ist nicht wenig; aber des Trivialen, Monotonen, und Vers nachlässigten ungefähr eben so viel. Er hatte fein Muster vor sich. Apostolo Zeno, der erste italienische Dichter, welche der großen Oper eine poetische.

o). Die Vie de Quinault vor der neuen Ausgabe der Ócuvres de Quinault, Paris, 1771, in 5 Octavbänden, ents hält nebenher gute Notizen zur Geschichte der musikalts schen Poesie und der Oper in Frankreich.

Würde gab, war noch ein unbekannter junger Mann, als Quinault schon am Ende seiner Lanfbahn stand. Aber die höhere Originalität, die sich durch poeti: schen Tiefblick auszeichnet und selbst in ihren Ver: irrungen etwas Hinreißendes und Großes hat, fins det man bei Quinault nicht. Seine Phantasie arbeitete nicht ohne Kraft in das Große, aber sie konnte in Allem, was mehr als sinnliche Täuschung ist, das innere und geistige Interesse der Gedan fen nicht erseßen, an denen Quinault ziemlich arm Dieser Mangel an Gedanken wurde ihm auch von der Gegenpartei unablässig vorgeworfen, wähs rend die Bewunderer Quinault's behaupteten, eine geistreichere Poesie tauge nicht für die Musik, und fei folglich keine Opernpoesie. Wenn denn aber

war.

auch Quinault, ohne gegen die Gefeße der musikalischen Poesie zu fehlen, füglich eben so reich an Gedanken hätte seyn können, wie nach ihm Metas stasio war, so bleibt ihm doch das große Verdienst, der erste Dichter gewesen zu seyn, der seiner Nas tion zeigte, wie man in ihrer nicht sehr musikalis schen Sprache dichten und Verse machen. muß, wenn die Poesie der Musik entgegen kommen soll. Wåren mehrere französische Dichter seinem Beis Spiele gefolgt, so würde die Nation weniger der Vorwurf getroffen haben, daß sie wißige Einfälle singe, weil sie kein Gefühl zu singen verstehe 3). Quinault ist nicht nur ein Meister im Ausdrucke sanfter und zärtlicher Gefühle nach den Geseßen

der

p) Si vous faviez chanter le Sentiment, vous ne chan teriez pas l'Efprit, fagt Jean Jacques Rousseau, nach seiner Art etwas unhdflich, zu den Franzosen, die er für ein peuple chanfonier erklärt, aber nicht für ein peuple muficien.

der musikalischen Poesie; auch das Große und wahrs haft Tragische ist ihm in einigen Scener seiner heroischen Opern, besonders in dem Theseus, fo gelungen, daß diese Scenen auch außer Verbindung mit der Musik zu den vortrefflichsten des französis schen Theaters gehören 9). Auch der Plan seiner Opern ist gewöhnlich so entworfen, daß ein sehr guter Totaleffect des Sanften und des Starken, Des Lieblichen und des Furchtbaren entsteht. Besouz ders merkwürdig ist die musikalische Versifica tion dieses Operndichters. Quinault allein hat unter allen französischen Dichtern aus dem Jahrs hundert Ludwig's XIV. Verse gemacht, die nach den Regeln der allgemeinen, nicht bloß der conven: tionellen, am französischen Parnasse üblichen Pros sodie wahre Verse sind. Quinault fühlte, daß

weder

Man lefe zur Probe nur die Stelle, in welcher Medca die höllischen Geister beschwört.

Médée..

Sortez, Ombres, fortez de la nuit éternelle;
Voyez le jour pour le troubler:

Hâtez-vous d'obéir, quand ma voix vous appellež
Que l'affreux Défefpoir, que la Rage cruelle
Prennent foin de vous affembler.

Sortez, Ombres, fortez de la nuit éternelle.
(Choeur des habitans des enfers.)

Sortons de la nuit éternelle.

Médée.

Venez, peuple infernal, venez;

Avancez, malheureux coupables!

Soyez aujourd'hui déchaînés;

Goutez l'unique bien de coeurs infortunés,

Ne foyez pas feuls miférables.

Le Chocur.

Goûtons l'unique bien des coeurs infortunées; Ne foyons pas feuls miférable.

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