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weber die Accentlosigkeit, mit der das Fran: zösische schon damals in der feinen Welt gesprochen wurde, noch die Vernichtung eines constanten Uns terschiedes langer und kurzer Sylben in der Ver: fification, so wesentlich zum Charakter der französis schen Sprache gehört, wie Viele geglaubt haben und noch glauben ). Hätte er eine Zeitlang in Italien gelebt, so würde ihm vielleicht der große Unterschied zwischen einem Verse nach den Grunds fäßen der allgemeinen und wahren Prosodie, und einem französischen Verse, dessen Schönheit gewöhn: lich nur nach dem wohllautenden Zusammentreffen der Sylben ohne Rücksicht, auf eine bestimmte Länge oder Kürze derselben geschäßt wird, noch klarer ges worden seyn. Unter den Umgebungen, die auf Quinault wirkten, konnte er an den Versuch einer völligen Reform der französischen Verskunst nicht einmal denken. Er stand so sehr unter den Eins flüssen des Herkommens, daß er, wenn ihn sein musikalischer Tact verließ, eben solche Verse machte, wie andere Franzosen ). Aber in glücklichen Aus

r) Vergl. den vorigen Band, S. 9 ff.

gen:

s) Das Singespiel von Quinault Fétes de l'Amour et de

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Bacchus fängt mit dieser Arie an:

Vous chantez fous ces feuillages,
Doux roffignols pleins d'amour,
Et de vos tendres ramages
Vous réveillez tour-à-tour
Les Echos de ces bocages.
Hélas! petits oifeaux, hélas!

Si vous aviez mes maux, vous ne chanteriez pas.
Was sind das nun für Verse? Jambische? oder trochdis
sche? oder daktylische? Man kann sie scandiren, wie
man will, z. B. die beiden ersten Zeiten:

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genblicken, vermuthlich wenn ihm ein ftalten schen Rhythmus vorschwebte, accentuirte er auch die Wörter nach wahrem Sylbenmaße so genair, daß man seine Verse wie italienische lesen und sins gen fann *). Selbst im Dialog verfehlte er dann

die wahre Quantität der Sylben nicht "). Seine Die

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Dann klingen fie abscheulich. Aber man accentuire fie, ohne auf ein Sylbenmaß zu achten, nach dem Wohllaut der Aussprache, und sie klingen sehr angenehm. Nur find sie dann nicht mehr wahre Verse.

*) Zum Beispiel diene dieser treffliche Monolog der Medea:

Dépit mortel, transport jaloux,

Je m' abandonne à vous;

Et toi, meurs pour jamais, tendreffe trop fatale;
Que le barbare Amour, que j'avois cru fi doux,
Se charge dans mon coeur en furie infernale!
Depit mortel, transport jaloux,

Je m'abandonne à vous.

Inventons quelque peine affreufe et fans égale;
Préparons avec foin nos plus funeftes coups.

Ah! fi ingrat que j'aime, échappe à mon courroux,
Au moins n'épargnons pas mon heureuse rivale.
Dépit mortel, transport jaloux,

Je m'abandonne à vous.

Hier stimmt die natürliche Aussprache fast ganz mit dem reinen jambischen Sylbenmaße überein:

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u. f. w.

3. B. in diesem Dialog aus der Oper Jsts.

Jupiter.

Quoi! voulez-vous me fuir?

Io.

C'est mon dernier espoir.

Diction hat gewöhnlich auch da etwas Melodisches, wo sie übrigens, fast ganz in Prose übergeht. Qui nault ist, mit einem Worte, der größte musika lische Dichter der Franzosen. Seine Opern würs Den indessen auch in musikalischer Hinsicht noch ges wonnen haben, wenn sich die recitativischen Stellen In ihnen bestimmter von den Arien unterschieden.

Alle übrigen großen Opern, die zum Theil um dieselbe Zeit, zum Theil bald nachher von andern Französischen Dichtern geliefert wurden, kommen neben Quinault's Werken wenig in Betracht. Zu denen, die einigen Beifall fanden, gehören die som jüngeren Corneille, von Duché, von Campis stron, von Fontenelle, und endlich die von Houdart de la Motte, der sich in allen Dichs tungsarten versuchte, weil er Alles besser, als seine Vorgänger, zu verßehen glaubte.

Auf

· Jupiter.

Ecoutez mon amour.

Io.'

Ecoutez mon devoir..
Jupiter.

Vous avez un cocur libre, et qui peut fe défendre.

Io.

Non; vous laiffez mon coeur en mon pouvoir.

Jupiter.

Quoi! vous ne voulez pas m'entendre?

Io.

Je n'ai que trop de peine à ne le pas vouloir.
Laiffez moi.

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Je devois moins attendre:

Que ne fuyois-je, hélas! avant que de vous voir.

Auf dem großen Operntheater der königlichen musikalischen Akademie wurden auch Schäferspiele und ähnliche Stücke gegeben, die nicht zu den hes roischen Opern gezählt werden dürfen. Aber die komischen Opern, in denen abwechselnd gesungen und gesprochen wird, scheinen nur selten, und nur auf besonderes Verlangen des Hofes, wenn ein Stück fehr beliebt wurde, auf dieses Theater ges bracht zu seyn.

Die Entstehung der komischen Oper der Franzosen ist nicht so räthselhaft, wie einige Litteratoren glauben. Man muß sich nur an die Ges schichte der Entwickelung des französischen Natio: nalgeschmacks überhaupt erinnern, um sehr natürs lich zu finden, daß der charakteristische Erbfehler dieser komischen Opern, die willkürliche Mischung der Declamation und des Gesanges, nicht ausblets ben konnte, sobald der Zufall die sehr bequeme Erfins dung solcher zwitterärtigen, halbmusikalischen Schaus spiele nur einigermaßen begünstigte. Seit Jahrs

hunderten waren die Franzosen durch ihre nationas len Volks, und Stadtlieder gewöhnt, muthwillige und wikige Einfälle mit besonderer Vorliebe zu singen, wo es nur irgend eine schickliche Veranlass sung dazu gab. Mehrere Lustspieldichter, die ihr Publicum kannten, schoben deßwegen, wie auch oben erzählt worden, zwischen die Acte ihrer Lusts spiele, besonders in den Stücken, die für das itas lienische Theater bestimmt wurden, so viel Dis vertissements mit Liedern ein, daß man zum Beispiel einige solcher Stücke von le Grand bei nahe schon zu den komischen Opern zählen darf.

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Es war vorauszusehen, daß das französische Publis eum auch die Einmischung ähnlicher Lieder mitten in den Scenen sehr gut aufnehmen würde, wenn Jemand mit Geist und guter Manier den Versuch machte. Wer diesen Versuch zuerst machte, weiß man nicht, wohl aber, wo und wie er gelang. Das Jahrmarkistheater (Théatre de la foire) in den Vorstädten von Paris war der Geburtsort und die Wiege der komischen Oper der Franzosen. Dort wurden anfangs zur Ergöhung des Volks und eines Jeden, wer mitlachen wollte, rohe Pos: fenspiele aufgeführt, deren cultivirtere, Vorbilder die Lustspiele des italienischen Theaters waren. Vermuthlich bestand auch die Gesellschaft der populären Schauspieler, die ihre Talente auf diesem Jahrmarktstheater glänzen ließen, zum Theil aus Italienern und zum Theil aus Frans zosen. In der großen und eleganten Welt achtete man noch nicht auf ein Theater, das nur zur Belustigung des Póbels bestimmt zu seyn schien. Aber gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts, als ein verfeinerter Geschmack sich schon unter allen Stånden in Frankreich zu verbreiten anfing, fam auch das Jahrmarktstheater in den Vorstädten von Paris plöhlich so in Aufnahme, daß die ordents lichen und öffentlich autorisirten Schauspielergesells schaften eifersüchtig wurden. Auf dem Jahrmarktss theater war bis dahin, in einem und demselben Stücke, bald gesprochen, bald gesungen, bald ges tanzt, wie es der Geist der luftigen Mannigfaltige Feit mit sich brachte. Um dem Beifalle entgegen zu arbeiten, den diese Mannigfaltigkeit immer mehr auch bei dem gebildeteren Theile des Publicums fand, wirkten die Inhaber der ordentlichen Theater

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