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Jurist werden. Aber sein erster Advocatenversuch mißlang. Er widniete sich nun ganz der schös nen Litteratur und den liberalen Wissenschaften. In seinem siebzehnten Jahre kam er nach Paris. Und kaum war in die große Welt eingetreten, so wurde er auch schon ausgezeichnet. Seine elegan ten Gedichte, besonders die Opern, die seinen Nahs men zuerst bekannter machten, empfählen ihn auch in der guten Gesellschaft. Durch wissenschaftliche Kenuts nisse, in denen er täglich Fortschritte machte, wurde er auch den Gelehrten interessant, die sonst auf die Studien der schönen Geister nicht sehr zu achs ten pflegen. Nachdem er Mitglied der französischen Akademie geworden, galt er in ganz Frankreich für eine der größten Zierden dieser Gesellschaft. Sein Nahme wurde durch ganz Europa berühmt. Die Akademien der Wissenschaften zu London und zu Berlin ernannten ihn zu ihrem Mitgliede. Man reisete nach Paris, um ihn zu sehen. Ueberhaupt hat nie ein Mann von Talent und Kenntnisse so lange und so ungestört einer allgemeinen Achtung und Bewunderung genossen, als Fontenelle. Sein glückliches Temperament trug dazu auch nicht wenig bet. Immer sich gleich, immer vorsichtig und bes scheiden, eben so weit entfernt von heftigen Leidens schaften, als von Enthusiasmus, dabei wikig und unterhaltend ohne Anmaßung, war Fontenelle ges rade der rechte Mann, um nirgends anzustoßen, und überall zu gefallen. Sein moralisches Wes sen war so abgeglättet, wie sein Styl. Man warf ihm vor, in der Freundschaft set er zu kalt; aber er verlangte keinen Freund außer der ganzen Welt. Sehr weltklug lehnte er die Würde eines beständigen Präsidenten der französischen Akademie

ab.

ab. Er wollte lieber ihr beständiger Secretár seyn.: fast ungeschwächten Geisteskräften erreichte er das Alter von hundert Jahren, weniger einen Monat).

Fontenelle wird von einigen französischen Kriz tifern für den merkwürdigsten der schönen Geis fter erklärt, deren Zeitalter auf das Jahrhundert des Gentes gefolgt sey. Und doch findet man bet Fontenelle sehr Vieles von dem, was nach der spås teren Terminologie der französischen Kritik ein schd: nes Gente (beau génie) genannt wird; ein sehr schwaches poetisches Gefühl, aber eine ausnehmende Delicatesse, und die äußerste Politur und Eleganz der Gedanken und der Sprache; sehr wenig Erfindungss geist, aber ein ungemeines Einkleidungstalent, einen immer unterhaltenden, nie beleidigenden Wik; einen sehr feinen Tact für wahre und conventionelle Schicks lichkeit; hellen, aber nirgends tief blickenden Ver: * stand; keine Energie, feine Originalitát, aber eine raffinirte Feinheit des Geschmacks, an der man seine Manier besonders erkennt. Fontenelle hat durch seine Schriften in Versen und in Prose zuerst gezeigt, wohin die Art von Geschmackscultur, durch die sich die Franzosen im goldenen Zeitalter ihrer Poesie von andern cultivirten Nationen charakteris stisch unterschieden, in kurzer Zeit führen mußte. Eine gänzliche Verkennung des wesentlichen Unters schiedes zwischen Poesie und schöner Prose, und eine beståns

vy) Wer Fontenelle's Leben in der Form einer Lobrede lesen will, findet ein ausführliches Eloge de Fontenelle von Fouchy, Fontenelle's Nachfolger im Secretariat bet der französischen Akademie, im 9ten Bande der volla ständigsten Ausgabe der Oeuvres de Fontenelle (Paris, 1751, 10 Octavbände.)

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beständige Verwechselung poetischer Gedanken und Gefühle mit der Eleganz der Sprache, der Feins heit der Wendungen, und überhaupt der Schönheit. des Styls, blickt aus Fontenelle's Schriften überall hervor. Eben dadurch aber wurde er ein Liebling feiner Nation. Fontenelle's Geschmack ist echt:frano aösischer Nationalgeschmack in seiner cultivirtesten Blüte. Alle Wege an der ernsthaften Seite des französischen Parnasses führten zu der Höhe, auf welcher. Fontenelle glänzte. Nur in den komischen Dichtungsarten fonnte sich noch das wahre Genie mit der französischen Geschmacksnorm vereinigen, Fontenelle batte zum Komischen wenig Anlage, ob er gleich nicht arm an wißigen Einfällen war. Er wollte zugleich Philofoph. Gelehrter, und Dichter feyn, vorzüglich Philosoph. Durch diesen Zug uns terscheidet er sich schon merklich von den meisten französischen Dichtern, in denen sich der Geist des Xenen Jahrhunderts Ludwig's XIV. unverändert erhielt. Aber die Art von Philosophie, die er liebte, sollte durchaus leicht, gefällig, allgemein › verständlich seyn, und sich mit derselben Artigkeit, wie ein scherzhafter Einfall, in einer eleganten Gesellschaft vortragen lassen. Fontenelle råsonnirte über Alles; und wenn es ihm gleich nie gelang, in das Innere eines Gegenstandes eins audringen, so wußte er doch Allem, was er fagte, durch Klarheit des Ausdrucks und durch Feinheit der Wens dungen einen Anstrich von Wahrheit zu geben. Da er den Philosophen und den schönen Geist in seinen Schriften immer zugleich sprechen ließ, so verleis tete er seine Nation, die längst von der ernsthaft ten Poesie einen falschen Begriff gehabt hatte, nun auch die wahre Philosophie für nichts Höheres, als ein leichtes Reflexionsspiel, zu halten, und die obers

flächlichs

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flächlichsten Bemerkungen, wenn sie mit rhetorischer Gewandtheit vorgetragen wurden, als philosophis sche Wahrheiten gelten zu lassen. Fontenelle, der ohne allen Enthusiasmus war, hatte auch von poes tischer Begeisterung keinen Begriff. Aus Allem, was er über Poesie geschrieben hat, sieht man klar, daß er von den Dichtern überhaupt nichts weiter verlangte, als die Kunst, den Geist angenehm zu unterhalten, und mit dieser Unterhaltung eine zweckmäßige und allgemein faßliche Belehrung zu verbinden. Nach seinen Grundsäßen durfte er sich selbst für keinen mittelmäßigen Dichter halten. Aber wer nur irs gend mit eigentlicher und wahrer Poefie vertraut geworden ist, kann sich bei Fontenelle's poetischen Werken der langen Weile nicht erwehren. Denn auch die artigsten Wendungen und Bilder in den elegantesten Formen der Sprache ermüden, wo man immer nur einen raffinirten Geschmack, und nirs und_nirs gends Wärme des Gefühls, nirgends die Kraft des Geistes wahrnimmt, die hinreißt und unwiders stehlich anzieht.

Fontenelle schrieb Schäfergedichte, und eine Abhandlung dazu, in der er beweisen will, daß Theofrit und selbst der feine Virgil nicht den rechten Begriff von der Schäferpoesie gehabt, weil sie ihren Hirten zu baurische Aeußerungen in den Mund gelegt hatten. Doch gesteht er dem Virgil den Vorrang vor Theokrit zu, weil Virgil's Hirten, nach Fontenelle's Ermessen, ihre Rusticität durch sehr artige und sehr galante Züge wieder gut machen *). Ein Kritiker, der so råsonnirte, hátte

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doch

☛) Ich lann_nicht umhin, diese Stelle aus der Vorrede.

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doch immer noch in der romantischen Schäferpoes fie, die sich von der antiken sehr unterscheidet, ets was Vorzügliches leisten können, wenn er fähig ges wesen wäre, wie Segrais, den Ton der romantis schen

Fontenelle's zu seinen Schäfergedichten hierher zu sehen. Ste. wirft ein helleres Licht auf seine Poesie überhaupt, als eine lange Erklärung.

Ces difcours ne fentent-ils pas trop la campagne, et ne conviennent-ils point à de vrais Paï fans, plûtôt qu'à des Bergers d'Eglogues?

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Virgile, qui ayant eu devant les yeux l'exemple de Theocrite, s'est trouvé en état d'encherir fur lui, a fait fes Bergers plus polis et plus agréables. Si l'on veut comparer fa troifiéme Eglogue avec celle de Lacon et de Comatas, on verra comment il a trouvé le fecret de rectifier et de furpaffer ce qu'il imitoit. Ce n'eft pas qu'il ne reffemble encore un peu trop à Theocrite, lors qu'il perd quelques Vers à faire dire à fes Bergers:

Mes Brebis, n'avancez pas tant fur le bord de la Riviere, le Belier qui y efi tombé, n'est pas encore bien féché;

Et, Titire empêche les Chevres d'approcher de la Riviere, je les laverai dans la Fontaine quand il en fera tems;

Et, Petits Bergers, faites rentrer les Brebis dans le Bercail; fi la chaleur defféchoit leur lait, comme il arriva l'autre jour, nous n'en tirerons

rien.

Tout cela eft d'autant moins agréable qu'il vient à la fuite de quelques traits d'amour fort jolis et fort galans, qui ont fait perdre au Lecteur le gout des chofes purement ruftiques.

Das war also, was Fontenelle an der Poesie vorzüglich schäßte, und folglich auch von der Schäferpoesie verlangte, daß sie nicht nach dem Lande schmecke, daß Als les in ihr poli und agréable sey, daß der nachahmende Dichter seine Vorbilder rectificire, daß er immer etwas recht Artiges und recht Galantes zu fas gen wisse.

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