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feiner Cultur, auf der einen Seite von dem Itas Tiener, dem Spanier und dem Portugiesen, auf der andern von dem Deutschen, dem Engländer, und dem Germanier überhaupt. Was bei den romani schen Nationen des südlicheren Europa flammender Enthusiasmus, bei den germanischen Nationen stille und tiefe Innigkeit des Gefühls war, wurde in Frankreich ein leichter, geselliger Geschmack, der sich überall mittheilen will. Die Franzosen fühlten also auch das Bedürfniß, ihre schöne Litteratur mit der wissenschaftlichen in Verbindung zu bringen, damit ihr Geschmack nirgends beleidigt würde, weit lebhafter, als Ihre südlicheren und nördlicheren Nachbaren, die zu ihrec ästhetischen Befriedigung noch etwas mehr verlangten, als jene musterhafte Eleganz, die sich auch mit dem Vors trage der Wissenschaften füglich vereinigen ließ. Dem Franzosen gab eine schön geschriebene Abhands lung ungefähr denselben Genuß, wie ein Gedicht nach seinem Nationalgeschmack.

Die französische Litteratur in ihrem ganzenz Umfange nahm also eine elegans Form an. Dies felbe Klarheit, Leichtigkeit, Präcision und Feinheir des Ausdrucks, die man von dem Dichter verlangs te, wurde bald auch den Gelehrten in Frankreich eigen. Wer unter ihnen zu wenig rhetorisches Tas lent hatte, um schön zu schreiben, schrieb wenigs stens, der Regel nach, nicht schlecht. So weit konnte es doch jeder bringen, daß er nicht gegen die Grammatik und das Lexikon fehlte, und nicht durch scholastische Trockenheit, oder durch canzlete mäßige Steifheit und Weitschweifigkeit seinen Styl entstellte. Die eifrigen Gelehrten und die Dichter B3 2

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und sogenannten schönen Geister bildeten in Franks reich weniger, als in allen übrigen Ländern, zwet Parteien, die einander neckten. Im Jahrhundert Ludwig's XIV. fuchten auch die schönen Geister noch von den Gelehrten zu lernen, um selbst belletristis schen Kleinigkeiten einen Austrich von litterarischer Würde zu geben. Damals mußte sich der wiķigë Kopf in den eleganten Zirkeln zu Paris noch durch etwas Reelleres empfehlen, als durch Wortspiele, Charaden und Logogryphen.

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Zur dauernden Ehre gereicht es den vorzugs lichsten unter den französischen Dichtern und schöner Geistern dieses Zeitraums, daß sie das Studium der alten classischen Litteratur nicht vernach; lässigten. Als sich der berühmte Streit über die Vorzüge der Alten und der Neueren unter den Mitgliedern der französischen Akademie entspann waren die besten Köpfe von der gelehrten Parš tel, die feine Herabwürdigung der Alten duldete. Eine andere Frage ist, ob sie diese Ultem recht verstanden, für deren classische Autorität sie mit se rühmlicher Wärme stritten. Aber sie waren doch nicht, wie ihre Gegner, ganz verblendet von Nas tionaleitelfeit. Sie waren wenigstens empfänglich für eine Schönheit und Denkart, die nicht durch; aus mit der französischen übereinstimmte. Sie wußs sen sich diese Verschiedenheit zwischen der antiken und der französischen Litteratur wenigstens auf eine gelehrte, wenn auch nicht philofophische Art aus den Sitten und Gebräuchen der Alten und der Neues ren so zu erklären, daß sie die Ehre der Alten rets ten konnten, ohne das Eigenthümliche der moders nen Kunst und Litteratur für geschmacklos zu erz

Flåren.

Plåren. Wäre Wäre ihnen nicht der wesentliche Unters schied zwischen antiker und romantischer Kunst ents gangen, so würden sie sich ein weit größeres Vers dienst um die schöne Littératur ihrer Nation haben erwerben können. Aber Eins lernten sie doch den Alten ab, und empfahlen es nachdrücklich ihrer Nation, Correctheit und Feinheit mit Simplicitåt und männlicher Würde zu verbinden, nicht geckens haft mit der Kunst und der Wahrheit zu tändeln, nicht von dem Verstande zu verlangen, daß er un: aufhörlich die Sprache des Wikes rede. Durch die Aufrechthaltung dieses Grundsaßes haben die guten Schriftsteller aus dem Zeitalter Ludwig's XIV. besonders vieles beigetragen, der wissenschaftlis chen Prose der Franzosen die musterhafte Bildung zu geben, durch die sich jetzt freilich fast nur noch die Schriften der Naturforscher unter den Wer: 'ken der französischen Gelehrten auszeichnen.

Desto weniger Vortheil zog die französische Poesie und Beredsamkeit im Jahrhundert Ludwig's XIV. voR der Philosophie. Denn schon damahls zeigte der französische Geist gegen alle tief eindringende, im eis gentlichen Sinne philosophische Meditation eine Abnets gung, die seitdem von Jahr zu Jahr so zugenommen hat, daß sich endlich sogar der wissenschaftliche Begriff der Philosophie in Frankreich völlig verlieren, und Derjenige vorzugsweise ein. Philosoph heißen fons te, der es unter seiner Würde hält, mit ausdaus erndem Ernst und wissenschaftlicher Strenge in die Tiefen seines eigenen Geistes zu blicken, um den Schlüssel zum Räthsel des Daseyns und der Beflims mung des Menschen zu suchen. Nachdem der Leberreft der alten Scholastik, in der sich sie französischen Meta

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Metaphysiker während der mittleren Jahrhunderte hervorgethan hatten, in die Klosterschulen zurückges Drängt war, zog der Cartesianismus eine kurze Zeit die Augen des größeren Publicums in Frankreich, seinem Vaterlande, auf sich. Aber schon in der zweis ten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts interessirte sich für ihn nur noch eine Schule,. auf deren Des finitionen und Demonstrationen man in der großen Welt eben so wenig, als auf die Quidditäten der alten Scholastikern achtete; und in der großen Welt bildete sich die französische Poesie, Beredsämkeit und Kritik. Ueberdieß standen die philosophischen lehs ren des Cartefius in gar keiner unmittelbaren Vers bindung mit der schönen Litteratur. Eben so weit außer dem Gebiete der Poesie, Veredsamkeit und Kritik lag das leibnitische System, das nach dem cartesianischen Epoche machte, und dem man auch in Frankreich Gerechtigkeit widerfahren ließ. Die metas physischen Gedanken des achtungswürdigen Malebrans che, die um dieselbe Zeit Aufsehen erregten, wirkten fast gar nicht auf die herrschende Vorstellungsart in Franks reich, ob sie gleich in ganz gutem Französisch vors getragen waren. Keinem französischen Dichter fiel es ein, diesen metaphysischen Systemen eine poetis sche Seite abzusehen; kein Kritiker hegte auch nur einmal die Vermuthung, daß sich das Schöne nach metaphysischen Principien beurtheilen ließe. Die schöne Litteratur schien dabei um so weniger zu vers lieren, da die wahre Poesie doch durchaus der Natur angehören und auf Gefühlen ruhen muß, also sogleich ausartet, wenn sie auf irgend eine Art sich unter das Joch speculativer Meinungen schmiegt Aber die französischen Dichter wußten auch wenig oder nichts von der philosophischen

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Geisteserhebung, durch die sich das poetische Genie, ohne einer Schule anzugehören, dem speculas tiven nähert. Ihre Philosophie, oder was sie für Philosophie hielten, war nur selten mit dem Gans zen des menschlichen Lebens vertraut; sie wollte nichts weiter seyn, als eine gewöhnliche Moral, veredelt durch eine bewundernswürdig feine Psychos logie. Die höhere Menschenkenntniß, die nur durch philosophische Richtung des Geistes auf das Ziel aller menschlichen Bestrebungen erworben wird, war ihnen beinahe fremd. Über in der Weltkenntniß, die man durch hellen und geübten Blick im gesels ligen Leben und durch Beobachtung der moralischen Varietäten der menschlichen Natur gewinnt, übers trafen die Franzosen bald alle Dichter des Alters thums und der neueren Zeit. Auch die Grundsäße des feinen, schon damals raffinirten Epikureismus, die in den gesellschaftlichen Zirkeln St. Evremond's und der Ninon l'Enclos die Seele der geistreichen Uns terhaltung waren, theilten sich bald mehreren guten Köpfen mit, die in Versen Gebrauch davon machten.

IV. In einem sonderbaren Verhältnisse, das aber freilich keinem Franzosen auffiel, stand die französische Poesie und Beredsamkeit während ihres goldenen Zeitalters zu den übrigen schönen und verschönernden Künsten.

Durch die Ukademien, die von Colbert gestiftet wurden, sollte das Kunstgenie von ganz Frankreich in Paris concentrirt und von Paris aus der gan: zen Nation nüglich werden. Es schien, als ob ein allgemeiner Wetteifer der französischen Künstler nichts Geringeres bewirken sollte, als ein neues Zeits 23 4

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