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after der Mediceer. In Italien war schon jede Kunst, die Musik ausgenommen, im Sinken; aber was die italienische Kunst im funfzehnten und sechs. zehnten Jahrhundert geleistet hatte, war Muster für ganz Europa Colbert's Absicht war auch nicht, Daß seine Franzosen ihrem Nationalgeschmack auf Kosten des italienischen folgen sollten. Schon uns ter Mazarin war eine glückliche Verbindung zwis schen den französischen und -italienischen Künstlern eingeleitet. Seit der Stiftung der Kunstakademien zu Paris wurde diese Verbindung noch enger; denn Colbert stiftete noch eine Akademie für französische Künstler in Rom selbst. Es wurde eine Beloh nung für junge Mahler, die bet der Akademie in Paris den Preis erhalten hatten, daß die Regies rung sie nach Rom reisen ließ, um dort ihr Talent nach italienischen Mustern auszubilden. So kam es, daß die Mahlerei der Franzosen, die kurz vors her durch mehrere Meister, besonders durch ihren Poussin, sich mit der italienischen verschwistert hats te, im Zeitalter Ludwig's XIV. fortfuhr, sich nach den italienischen Schulen zu bilden, da doch kein französischer Dichter einen italienischen zu seinem Vorbilde wählte. Auch die französischen Bildhauer und- Architekten huldigten, wenn gleich nicht unbes dingt, dem Geist und Styl der italienischen Kunst. Aber in der Poesie, entfernte man sich nach den Forderungen des französischen Geschmacks immer weiter von den Italienern, je mehr Fleiß man gerade auf die Dichtungsarten wandte, die in Itas lien zurückgeblieben waren. In diesen Dichtungss arten fonnte der französische Geschmack legislatorisch zu werden versuchen, weil er mit feinem modernen Vorbilde in Collision gerieth. Daß die Nachahe

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mung der petrarchischen Schwärmerei in lyrischen Gedichten dem französischen Geiste unnatürlich war, hatten die unzähligen Beispiele aus dem sechzehns ten Jahrhundert bewiesen. Ein großes Werk der romantischen Phantasie in der Manier des ariosti: schen Epos konnte feinem französischen Dichter ges lingen, weil es kaum einem gefallen konnte; denn es trug ja zu wenig das Gepräge jener mißverstans denek, halbantiken, dem Aristoteles und Horaz abs geborgten und auf die romantische Poesie nicht uno bedingt anwendbaren Regeln, deren sorgfältigste Befolgung das erste Augenmerk der französischen Kritik wurde. Tasso's epische Kunst nachzuahmen, fand man nicht der Mühe werth, weil man in Tasso selbst nur einen Nachahmer Homer's und Virgil's erblickte. Und da überdieß die Franzosen vorzüglich in der Beredsamkeit glänzten, in der die Italiener nur wenig geleistet hatten, so achtete man in Frankreich, seitdem die Sonettenpoesie dort aus der Mode gekommen war, überhaupt nicht sehr auf die italienische Litteratur. Aber in der Mahleret mußten die französischen Künstler, gern, oder ungern, den Fußtapfen der Italiener folgen, weil sie anders entweder gar nicht wußten, woran sie sich halten sollten, oder in eine so verzierte und affectirte Manier verfielen, daß ihnen selbst in ihs rem eigenen Vaterlande nur der Beifall des rohen Haufens zu Theil wurde.

Håtte dem Geschmacke der Franzosen im Zeits alter Ludwig's XIV. nicht die åsthetische Univers falität gefehlt, durch die eine Nation beweiset, daß sie überhaupt nichts Geschmackloses dulden will, so würde man damals in Paris, wie im alten Athen, auf eine Harmonie unter allen schönen und verschos

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verschönernden Künsten bedacht gewesen seyn. Aber welch eine Musik im nationalfranzösischen Styl erscholl damals neben der italienischen! Was für Gärten waren es, in deren steifen Ulleen die Herren und Damen gravitätisch, wie Ludwig mit feinem Hofstaate, spazieren schritten! Und welch eine enorme Geschmacklosigkeit in der Kleiders tracht dieser Herren und Damen gerade damals, als das französische Costum das schöne burgundische spanische in Europa verdrängte! Auch diese Bes weise der Einseitigkeit des französischen Geschmacks muß man nicht aus der Ucht lassen, wenn man die Autorität, die er sich, zum Theil mit Recht, in der Litteratur erwarb, gehörig würdigen will.

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Die Grenze zwischen diesem und dem folgens den Zeitalter der französischen Litteratur läßt sich nur sehr unbestimmt durch Jahrzahlen bezeichnen. Das Todesjahr des Königs Ludwig's XIV. kommt hier allerdings in Betracht, so wenig auch in den traurigen lekten zehn Jahren der Regierung dieses, vorher so gefürchteten, nun so tief gedemüthigten Monarchen am französischen Hofe für die Litteratur geschehen konnte. Denn so lange der persönliche Charakter Ludwig's XIV. auch nur noch einigen Eins fluß auf die Nation behielt, die seiner långst müde geworden war, erhielt sich in der öffentlichen Denks art der eleganten Welt zu Paris und im ganzen Reiche eine gewisse Würde und Rechtlichkeit, die immer auf die Litteratur mitwirkte und charakteri stisch zum Geschmacke des Jahrhunderts gehört, das sich nach Ludwig XIV. nennt. Von dem Augena blicke an, da der schamlose Herzog Regent an die Spike des französischen Hofes trat, hatte der Libers

tinismus in Frankreich freies Spiel, und mit der öffentlichen Denkart nahm nuch die schöne Litteras tur der Franzosen einen frivolen Charakter an. Aber nicht jeder geistreiche Schriftsteller in Franks reich folgte der neuen Denkart. Nicht jeder ents sagte der alten Rechtlichkeit und Würde. Selbst als der Herzog Regent seiner Nation ein Mus fter der Frechheit gab, erhielt sich in den Formen ihrer eleganten Geselligkeit die echtfranzösischen Des cenz. Der Geschmack, der in der französische Lits teratur nun schon überall eingeführt war, konnte fich nicht auf ein Mal ändern. Einige seiner viels geltenden Repräsentanten, besonders Fontenelle und Crebillon der Weltere, trugen ihn überdieß noch durch eine ungewöhnlich lange Lebensdauer tief in das achtzehnte Jahrhundert hinüber. Und im Gans zen und Wesentlichen blieben ja die Franzosen ims mer sich selbst gleich. Die Dichter und guten Schrifts steller aus dem Zeitalter Ludwig's XIV. blieben die anerkannten Classiker der französischen Litteratur. Die wahre Veränderung des Geistes dieser Litteras tur fångt mit der Verbreitung der kecken Frei denkerei an, die in Frankreich den Nahmen Ges funde Philosophie davon getragen hat. An der Spike der Repräsentanten dieses neuen Geistes der französischen Litteratur, in der nun der schöne Geist zugleich den Philosophen vorstellte, steht uns streitig Voltaire. Mit ihm fängt die folgende Epoche der französischen Poesie und Beredsamkeit an, ob gleich Voltaire sich in anderer Hinsicht als der Teßte eminente Dichter aus der Schule des Corneille und Racine unmittelbar an die Männer der Pes riode schließt, die mit Corneille anfängt.

Zweites Capitel.

Geschichte der französischen Voefie in diesem Beitraume.

Das

as berühmte Zeitalter der französischen Poesie von Corneille bis auf Voltaire ist so reich an Werken geistreicher Köpfe, die nicht ohne Glück nach classischer Bildung im Nationalgeschmack streb: ten, daß der unbefangene Geschichtschreiber der Sits teratur, der das poetische Verdienst noch mit einem andern, als dem französischen, Maßstabe mißt, wohl in Verlegenheit gerathen kann, wenn er unter der Menge befannter Dichternahmen aus dieser Periode Diejenigen hervorheben will, die einen besondern Ehrenplaß einnehmen sollen. Wo das Genie, um ein. Publicum zu finden, so vielen Regeln gehorchen muß, die es unter andern Umständen gar nicht anerkannt haben würde, und wo ein unpoetischer Verstand mit legislatorischer Strenge die poetische Phantasie so tyrannisch bewacht, wie damals in Frankreich, da verbirgt sich das wahrhaft poetische Verdienst oft, ohne es selbst zu wissen, hinter dem Zwange der immer wiederkehrenden Regeln, und das Fleine, nach den Regeln sorgfältig gebildete Talent schimmert zuweilen hell auf. Aber die Dich. ter, denen die französische Poesie in dieser Periode ihren Glanz und ihre Bildung vorzüglich verdankt, lassen sich doch nicht verkennen. Die Nation selbst

hat

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