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zofichen Beredsamkeit Epoche, macht, zugleich mit dem mathematischen Genie und der philosophischen Geistesgröße, durch die er in der Geschichte der Wissenschaften und der religiöfen Meinungen uns vergeßlich geworden ist. Mit Recht jählt man ihn auch chronologisch zu den Autoren des goldenen Zeitalters der französischen Litteratur; denn er starb im Jahre 1662. Von seiner allgemein bekannten Lebensgeschichte wird es genug seyn, hier nur einige Motizen zu wiederhohlen. Pascal war der Sohn eines angesehenen Mannes (président de la cour des Aides), der mit enthusiastischer Vorliebe Mathema tik trieb. Er genoß alle Vortheile einer guten Er: ziehung. Aber an der Entwickelung seiner Talente zu einer classischen Beredsamkeit konnte die Erzie hung wohl nicht mehreren Antheil haben, als an der Zeitigung feines mathematischen Entdeckungs geistes, der aller Unterweisung voreilte. Pascal scheint nie besonderen Fleiß auf das Studium der Redekünste gewandt zu haben. Es war ein und dasselbe Genie, das diesen außerordentlichen Mann zum Erfinder und Entdecker in der Mathematik und Physik, zum scharfsinnigen Metaphysiker, und zum beredten Schriftsteller machte. Es ist derselbe, man darf wohl sagen himmlische Wahrheitssinn, der aus Pascal's rhetorischem Styl, wie aus seinen wissenschaftlichen Speculationen, und aus seinen mos ralischen und religiösen Betrachtungen spricht. Selbst sein frånklicher Körper fonnte die Energie feines großen Geistes nicht schwächen, Die religiöse Or thodorie, mit welcher Pascal an den Grundlehren des katholischen Kirchensystems hing, stammte aus seinem Herzen ab. Ein Mann von seiner Gewiss senhaftigkeit und Zartheit des moralischen Gefühls

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founte um so leichter bewogen werden, sein Urtheil in Allem, was den Glauben betrifft, den Dogmen der Kirche zu unterwerfen, da er viel tiefer, als die Meisten, die sich Philosophen nennen, in das Innerste des Geistes geblickt, und die Grenzen der Möglichkeit eines philosophischen Wissens weit flas rer erkannt hatte, als die meisten Urheber berühms ter Systeme. Um nicht an der Wahrheit selbst zu verzweifeln, schränkte er die Befriedigung seiner Wißbegierde auf physikalische und mathematische Studien ein. Aber wo die Dogmen der Kirche, der er anhing, so gedeutet wurden, daß sein mo: ralisches Gefühl sich dagegen empörte, da griff sein Verstand nach den Waffen der feinsten Beredsams feit, um Lehren, die er für unmoralisch und uns katholisch hielt, eben so kunstreich, als folgerecht, zu bestreiten. Dann wußte er die Wahrheit, deren Partet er nahm, in das hellefte Licht der gesunden Bernunft zu stellen; und sein zartes Gewissen selbst begünstigte eine treffende Verspottung seiner Gegner, wenn er, um sie lächerlich zu machen, nur ihre Lehs ren im natürlichen Zusammenhange eines Sakes mit dem andern recht anschaulich darzustellen nöthig hatte. Aber aus dem moralischen Enthusiasmus und dem herrlichen Verstande Pascal's kann man doch die rhetorische Kraft seiner gemeinnüßigen Schriften nur zum Theil erklären. Diese Corrects heit, Leichtigkeit, Feinheit und Anmuth der Diction konnte nur einem Manne gelingen, der mit dem Genie zur Beredsamkeit, wie zur Mathematik, ges boren war. Håtte Pascal mit seiner Beredsamkeit glänzen wollen, er würde nicht so musterhaft ge schrieben haben. Aber er scheint sich der Vorzüge feines Styls kaum einmal bewußt gewesen zu seyn.

Die Worte flossen bei ihm, wie die Gedanken, ungesucht aus seiner schönen Seele, und nahmen von selbst die classische Form an, die ihm die beste scheinen mußte, weil sie die natürlichste und schicklichste war. Bewundernswürdig und fast eins zig in der Litteratur ist diese Vereinigung rhetoris scher Talente mit einer entschiedenen Neigung zu mathematischen und physikalischen Speculationen; Denn fast alle Mathematiker und Physiker der åltes ren sowohl, als der neueren Zeiten vernachlässigten entweder absichtlich die Kunst der schönen Prose, oder es fehlte ihnen ganz und gar an Geschicklich, keit, mit Geschmack zu schreiben. Pascal folgte nur seinem Gefühle, um sich immer auszudrücken, wie es sich gehört. Er schrieb, ohne einem Muster zu folgen, und ohne Originalität zeigen zu wollen, eine Prose, deren natürliche Schönheit unter allen Veränderungen, die der französischen Litteratur noch bevorstanden, bis auf diesen Tag nicht veraltet ist ).

Pascal's Provinzialbriefe (Les Provinciales) und seine Vermischten Gedanken (Les Pensées) sind unter seinen Werken diejenigen, durch die er als geistreicher und beredter Schriftsteller bes rühmt geworden ist. Die Provinzialbriefe gehören zu der sehr kleinen Anzahl polemischer Schriften, deren rhetorisches Interesse auch Leser fesseln muß, Denen

e) Pascal's sämmtliche Werke sind gesammelt in der eles ganten Ausgabe: Oeuvres de Blaife Pascal, à la Haye, 1779, in 5 Octavbånden. Der Inhalt der drei lehten Bände intereffirt mehr in theologischer, physikaltscher und mathematischer, als in rhetorischer Hinsicht. Die Pros vinzialbriefe und die Pensées find öfter auch einzeln gedruckt.

denen an dem Inhalte wenig gelegen ist. Pascal wollte, bekanntlich, durch diese Briefe die casuisti sche Moral der Jesuiten und, wo möglich, die Herrschaft zerstören, die sich der Jesuiten. Orden über die Gewissen und über die Welt anmaßte. Das Unternehmen war gefährlich. Pascal's Gut: achten in dieser Sache schien auch nicht unparteiisch zu seyn, weil man wußte, daß er zur Partei der Jansenisten gehörte, die mit den Jesuiten in theo, logischer Fehde lebte. Die strenge Moral der Jan: senisten, mit der Würde der ernsthaften Beredsams keit, der jesuitischen Moral gegenüber zu stellen, håtte wohl niemand beffer vermocht, als Pascal. Aber eine solche Streitschrift würde wenig auf das große Publicum gewirkt haben, am wenigsten in Frankreich. Pascal, der sein Publicum fannte, verbarg also sich selbst als Verfasser der Provins zialbriefe hinter dem angenommenen Nahmen Mon: talto, und den Ernst seiner Moral hinter der Miene des pikantesten Scherzes. Er versuchte, die Lehren Der Jesuiten zu perfiffliren; und wenn es je ein edles Persifflage gegeben hat, so ist es dieses, durch welches Pascal seinen Zweck erreichte. Im Tone der gutmüthigen Einfalt deckt er mit komis scher Beredsamkeit die Geheimnisse des schlauesten aller geistlichen Orden vor Jedermann. auf, wer nur mit dem Auge des gesunden Menschenverstandes sehen will. Die ersten dieser Provinzialbriefe sind für denjenigen, der sie nicht um des Inhalts willen Lieset, weniger anziehend, weil Pascal, um die je suitische Moral in ihrer Wurzel zu zerstören, mit der theologischen Analyse der Lehre von der göttlis chen Gnade anfangen mußte. Aber mit dem Fünf ten Briefe hört die Untersuchung auf, mystisch zu

seyn.

seyn. Sie betrifft nun Behauptungen, deren Sinn, oder Unsinn, sogleich einleuchtet. Da zeigt sich denn auch die rhetorische Kunst Pascal's in threr ganzen Stärke. Alle Gedanken sind so klar ents wickelt; der Ausdruck ist in jeder Zeile so natúrlich und bestimmt; der gerechte Spott so treffend; und die ganze Manier hat bei aller Bitterfeit der Fronte einen so hinreißenden Charakter der Wahrs heit, daß die Jesuiten sich schämen mußten, wenn Sie sich in diesem Spiegel erblickten d). Das war

es,

d) Pascal's Provinzialbriefe sind von ihrer rhetorischen Seite im deutschen Publicum so wenig bekannt, daß ich, um noch aufmerksamer auf sie zu machen, eine Stelle abs drucken laffen, will, in welcher man Voltaire zu lesen glauben könnte.

Pour moi j'eftimai ces bons Peres de l'excellence de leur politique: et je fus, felon fon confeil, trouver tm bon Cafuifte de la Societé. C'est une de mes anciennes connoiffances, que je voulus renouve ler exprés. Et comme l'etois inftruit de la maniere dont il le faloit traiter, je n'eus pas peine à le mettre en train. Il me fit d'abord mille careffes; car il m'aime toujours: et après quelque difcours indifférens, je pris ocafion du tems où nous fommes; pour apprendre de lui quelque chofe fur le jeune, afin d'entrer infenfiblement en matiere. Je lui te moignai donc que j'avois de la peine à le fupporter. Il m'exhorta à me faire violence: mais comme je continuai à me plaindre, il en fut touché, et se mit à chercher quelque caufe de difpenfe. Il m'en offrit en effet plufieurs qui ne me convennoient point; lorsqu'il s'avifu enfia de me demander fi je n'avois pas de peine à dormir fans fouper. Oui, Ini dis-je, mon Pere, et cela m'oblige fouvent à faire collation à midi, et à fouper le foir. Je fuis bien aife me repliqua-t-il, d'avoir trouvé ce moyen de vous fou lager fans peché: Allez, vous n'êtes point obligé à

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