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und scharfsinnige Bayle in einem andern Lands geboren gewesen, so würde er sein bewundernswürs diges historisch kritisches Wörterbuch wahrscheinlich mit nicht weniger Gelehrsamkeit und Scharfsinn aber wie ein Pedant, abgefaßt haben. In Franks reich und unter den unmittelbaren Einflüssen des Jahrhunderts Ludwig's XIV. hatte er, zwar auch nicht wie ein Meister in der Kunst des Styls, aber doch so zu schreiben gelernt, daß er den Vers stand seiner Leser nicht auf Kosten ihres Geschmacks befriedigt.

Absichtlich wurde die didaktische Prose der Franzosen damals nur von einigen geistreichen Måns nern cultivirt, die sich weniger mit Gegenstånden der Speculation und Gelehrsamkeit, als mit praks tischen Wahrheiten und Irrthümern aus der Sphåre der Philosophie des geselligen Lebens beschäftigten. Diese Philosophen wollten entweder auch mit den Dichtern in eine Reihe treten, oder wenigstens in Profe eben so elegant, wie die französischen Dichs ter in Versen, råsonniren. Die Verschiedenheit ihrer Manieren beweiset wieder, wie liberal man in Frankreich über rhetorische Schönheit dachte, und wie weit man von der thōrichten Idee einer allgemeinen Mußterprose entfernt war. Man gönnte Jedem seinen Styl, wie seinen Charakter; nur mußte er nicht geschmacklos seyn.

In dieser Classe von didaktischen Schriftstellern ist einer der merkwürdigsten der wikige Philosoph Charles de St. Denys, Herr von St. Evres mond, geboren im Jahre 1610 in der Normandie. Sein Nahme ist in dieser Geschichte schon einige Mal

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Mal genannt worden. St. Evremond spielte eine der glänzendsten Rollen in der Gesellschaft der geists reichen Epikureer, deren Schule bald einen so gros ßen Einfluß auf die französische Litteratur erhielt. Aber er wußte seine Zunge und seine Feder nicht so gut zu beherrschen, wie Chaulieu und Andere, die zu derselben Schule gehörten. Ein Mal batte er schon in der Bastille die Folgen seine Keckheit empfinden müssen, ohne dadurch vorsichtiger gewor den zu seyn. Als ihm zum zweiten Male dieselbe Strafe zuerkannt war, flüchtete er sich über Hollánd nach England, wo unter der Regierung Carl's II. eine Philosophie, wie die, zu welcher sich St. Eyres mond bekannte, bei Hofe und in den guten Ger sellschaften der Hauptstadt sehr zur Empfehlung ge reichte. St. Evremond, der auf keine stoische Tus gend Anspruch machte, war ein Mann von Ehre. Sein Betragen machte ihn nicht weniger beliebt, `als sein naiver Wiß und sein heller Verstand. Sein Vaterland sah er nicht wieder; aber er lebte in England so glücklich, als ein Verbannter leben konnte. Auch in seinem hohen Alter verließ ihn seine gesels lige Heiterkeit nicht. Er starb im Jahre 1713, dem neunzigsten seines Alters. Sein Denkmal in der Westminster: Abtei, wo er begraben, liegt, beweiset, wie man ihn auch in England nach seinem Tode ehrte. Noch immer werden seine Schriften fleißig gelesen ; und sie verdienen es. St. Evremond's Styl ist der nas türliche Abdruck feires Geistes; klar, ungezwungen bis zur angenehmen Nachlässigkeit, zuweilen so wikig und naiv, wie der Styl des Montagne, mit dem er überhaupt die meiste Zehnlichkeit hat. Absichts lich hat sich St. Evremond wohl nicht nach Mon: tagne gebildet. Beider Dent, und Sinnesart

stimmte so überein, daß auch die rhetortsche Form ihrer Gedanken ungefähr dieselbe werden mußte. Zur Erwähnung des Inhalts der Schriften des St. Evremond ist hier nicht der Ort. Auf den Ges schmack seiner Ration hat dieser interessante Autor weniger gewirkt, als auf die Entwickelung der Urt von Philosophie, zu welcher sich der französische Geist immer bestimmter neigte, obgleich Malebran che und Fenelon eine ganz andere Philosophie lehrs ten. St. Evremond gehört unstreitig zu den Vors arbeitern Voltaire's *). Seine poetischen Vers suche beweisen übrigens nur, daß er kein Dichter war. Seine kritischen Bemerkungen über die Werke mehrerer Dichter, besonders über die dramatische Litteratur der Franzosen, Engländer, Spanier und Italiener, find oberflächlich, aber hell gedacht, und mit derselben pikanten Anspruchlößigkeit ausgedrückt, mit welcher St. Evremond überhaupt råsonnirte, und schrieb ).

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Eine ganz andere Prose schrieb Fenelon in feinen didaktischen Werken. Eben so wenig Pe: dant, wie St. Evremond, mochte er doch mit der Wahrheit nicht scherzen. Ihm war sie, wie das Gute, heilig. Die stille Religiosität, die sein ganzes Wesen erfüllte, theilte sich seinen Unters

fuchun:

x) Wer es bezweifelt, lese nur z. B. die Converfation du Marechal d' Hocquincourt avec le pere Conaye in St. Evremond's Werken. y) Eine sehr ausführliche Geschichte des Lebens dieses Schriftstellers findet sich vor der Ausgabe der Oeuvres de Mr. de St. Evremond, publiées fur fes Manufcrits, par Mr. Des Maizeaux, Amfterdam, 1739, in 5 Octavbänden.

suchungen über alle Gegenstände mit, die ihn von der moralischen Seite interessirten; und über andere Gegenstände schrieb er keine Bücher. Aber feine Abhandlungen wurden weit weniger gelesen, als sein Telemach, der das Schicksal hatte, für eine Epopde angesehen zu werden ). Fenelon's didaktische Bes redsamkeit hat nichts Hinreißendes, nichts Pikantes; aber ihre Klarheit, Prácision und sanfte Würde muß jeden Leser anziehen, der rhetorische Schönheit auch da zu schäßen weiß, wo sie nicht blendet. Außer den Untersuchungen über das Daseyn Gottes) zeichnet sich unter Fenelon's didaktischen Werken auch seine Abhandlung über die Erziehung der Töchter) durch gefällige Natürlichkeit, und durch moralischen Ernst des Styls ohne Declama: tion, vor den meisten Schriften ähnlichen Inhelts aus, obgleich diese Abhandlung eine der frühesten litterarischen Arbeiten ihres Verfassfers ist ). Meh

z) Vergl. oben, S. 215.

a) Oeuvres philofophiques, ou Démonftration de l'exiftence de Dieu, par Mr. Salignac de la Motte Fenelon, Paris, 1726, in 12.

b) De l'Education des Filles, &c. Amfterdam, 1702,

in 12.

c) Eine schöne Stelle mag hier stehen, um auf die frühe Entwickelung der Beredsamkeit Fenelon's aufmerksam zu machen:

Le monde n'eft point un fantôme; c'est l'affemblage de toutes les familles; et qui eft-ce qui peut les policer avec un foin plus exact que les femmes, qui outre leur autorité naturelle et leur affiduité dans leur Maifons, out encore l'avantage d'être nées foigneufes, attentives au détail, industrieuses, infinuantes et perfuafives. Mais les hommes peuvent ils efpèrer pour eux-mêmes quelque douceur de vie, fi leur

plus

Mehrere französische Erziehungsschriften aus jener Periode trugen nicht wenig bei, die all: gemeinen Gesetze des guten Geschmacks in der didals` tischen Prose auch da einzuführen, wo man feine besondere Aufmerksamkeit auf methodischen Unters richt in der Redekunst wandte. Waren gleich diese Erziehungsschriften keine vollendeten Muster des Styls, so hatten doch auch sie einen Anstrich von der classischen Cultur, nach welcher, damals auch die Erzieher in Frankreich strebten, nachdem die bes rühmten Prinzenhofmeister Bossuet und Fenelon den Ton angegeben hatten. Wer aber seinen Geschmack in der Redekunst nach Regeln bilden wollte, hatte den Vortheil, in der französischen Litteratur feiner Zeit Lehrbücher zu finden, die nicht, wie die meisten Anweisungen zur Beredsamkeit in andern Sprachen der neueren Nationen, selbst gegen die Regeln fehlten, die sie vortrugen. Auch die Logik, die man, wie in den alten Zeiten, mit der Rheto `rif in Verbindung brachte, erhielt schon damals unter den Händen französischer Lehrer eine elegante Form. Das Lehrbuch der Logik unter dem Titel: Die Kunst, zu denken (L'Art de penfer) von Antoine Arnauld, einem damals sehr bewuns derten Kanzelredner und Doctor bei der Sorbonne, ist zwar kein Muster der philosophischen Gründlichs feit,

plus étroite focieté qui eft celle du mariage, fe tournè en amertume? Mais les enfans qui feront dans la fuite tout le genre humain, que deviendront-ils, fi les gâtent dès leurs premieres années?

Voilà donc les occupations des femmes qui ne font guères moins importantes au public que celles des hommes, puis qu'elles ont une Maifon à régler, un mari à rendre heureux, des enfans à bien élever.

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