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merksamkeit würdig fand. Vom Hofe erhielt der Dichter dafür durch Colbert's Verwendung eine Gratification von sechshundert Livres. Aus dieser Gratification wurde nachher eine beständige, immer erhöhte Pension. Würdiger des Dienstes der Mus fen zeigte sich Racine in feinem ersten Trauerspiele, Den feindlichen Brüdern, einer Nachahmung der Phönizierinnen des Euripides, der Sie ben vor Theba des Aeschylus, und der Thes baide des Seneca. Er war, als er dieses Traus erspiel schrieb, fünf und zwanzig Jahr alt. Die freundschaftliche Verbindung mit Boileau gab seiz ́yem® Geschmacke eine immer feinere Bildung, und beförderte die vollige Entwickelung seiner Talente. Doch durfte er noch nicht hoffen, neben Corneille als Nebenbuhler in der Gunst seines Publicums zu. treten. Auch der Alexander, sein zweites Traus erspiel, wurde mehr geschäßt und gut aufgenommen, als bewundert. Der alternde Corneille fällte das Urtheil, der junge Mann habe sehr viel Talente zur Poesie, aber nicht zum Trauerspiel. Aber als Racine's Andromache, im Jahr 1667, zum ers ften Male aufgeführt wurde, gerieth das Publicum in einen ähnlichen Enthusiasmus, wie dreißig Jahr vorher bei der Erscheinung des Cid. Corneille schadete seinem Ruhme noch mehr dadurch, daß er nicht aufhören wollte, mit sinkenden Kräften um den Preis zu ringen, den Racine ihm streitig zu machen anfing. Der Ruhm, den er sich schon ers worben hatte, blieb ihm ungeschmålert Aber man bewunderte ihm immer mehr aus der Ferne, und Racine wurde, was auch eine Partei, die sich gegen ihn erhob, sagen und schreiben mochte, ein Liebling des Hofes, der Stadt, und der ganzen Nation.

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Nach der Undromache wollte er sich auch ein Mal, im Komischen versuchen. Ein verdrießlicher Pros, zeß, in den er über eine Pfründe verwickelt wurde, die ihm zugedacht war, veranlaßte die Entstehung seines Lustspiels Die Prozeßluftigen (Les Plaideurs), einer Nachahmung der Wespen des Uris flophanes. Das Publicum war nicht ganz zufries den mit dieser Belustigung; aber sobald der Hof. gelacht hatte, klatschte auch die Stadt 9). Ras cine selbst sah sein Lustspiel nur als eine Gemüthss ergohung an. Er febrte sogleich zur tragischen Kunst zurück. In den acht Jahren von 1669 bis 1677 lieferte er noch sechs Trauerspiele. Nicht alle fans den gleichen Beifall; aber durch keines verlor er in der Gunst des Publicums und des Hofes. Bei Hofe wurde er zugleich als ein Weltmann beliebt. Seine glückliche Physiognomie, sein immer sich gleis ches, gewandtes, anständiges und vorsichtiges Bes tragen empfahlen ihn dem Könige selbst. Ludwig XIV. faßte eine persönliche Zuneigung zu dem eles, ganten Tragiker. Er beschenkte ihn auch mit königa. licher Freigebigkeit. Die Summe dieser Geschenke soll sich über vierzig tausend Livres belaufen haben. Im Jahre 1673 wurde Racine Mitglied der fran zösischen Akademie, bald darauf sogar, zugleich mit Boileau, ernannter Historiograph des Königs, und nebenher erhielt er noch ein, vermuthlich auch einträgliches, Amt bei den Finanzen. Einem fola

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q) Racine felbft faat es in der Vorrede: Le piece fut bientôt après joué à Verfailles. -- Ceux qui avoient cru fe deshonorer de rire à Paris, furent peut-êtrə obligés de rire à Verfailles, pour fe faire honneur.

chen Günftlinge des Hofes fonnte es nicht fehlen, auch von andern schönen Geistern, die sich den Hofe nähern durften, mit besonderer Auszeichnung geehrt zu werden. Aber nie scheint Racine sein Glück gemißbraucht zu haben, weder fremdes Vers dienst zu drücken, noch Andern auf eine beschwers liche Art zu imponiren. Sein vertrauterer Umgang mit Boileau dauerte, zur Ehre beider, ununterbros chen fort. Boileau pflegte auch als etwas Großes zu rühmen, daß Racine von ihm gelernt habe, mit Mühe zu reimen (de rimer difficilement). Racine's persönlicher Charakter zeigte sich auch sehr bestimmt in den lehten zwanzig Jahren feines ter bens, da er, von religiösen Betrachtungen ergrifs fen, mitten im Genusse seines Ruhms und feines Glücks, aus freier Wahl aufhörte, für das Thea: ter zu dichten, und sich sogar vom Hofe zurückzog, ob er gleich noch im Jahre 1690 zum königlichen Secretar und Cammerjunker ernannt wurde. Daß es nicht Erschöpfung war, was ihn zu dem Ente schlusse brachte, der dramatischen Poesie zu entsagen, bentes seine Rückkehr zu ihr, Er wollte nur nichts Weltliches mehr dichten. Aber als ihn die ans bächtige Maintenon um ein geistliches Schaus spiel ersuchte, wachte seine schlummernde Muse noch ein Mal wieder auf, Das Trauerspiel Esther wurde zwar nur von den Zöglingen der geifts lichen Erziehungsanstalt St. Cyr vor der Mains tenon und einem Theile des Hofes aufgeführt. Die Athalie, durch die Racine seine sämmts lichen Werke krönte, wurde dem großen Publicum damals kaum bekannt. Aber Boileau prophezeiete dem Dichter, die Nachwelt werde dieses leßte seis ner Trauerspiele für sein bestes erkennen. Racine

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war funfzig Jahr alt, als er die Athalie schrieb. Er starb im Jahre 1699).

Das Leben dieses Dichters ist ein Bild seiner Poesie. So wie er als Welt und Hofmann auf das forgfältigste, aber immer mit eleganter Leich: tigkeit, immer sich gleich, und mit der gefälligsten Würde, der Regel des Hofes folgte, so wußte er als Dichter feine Talente den Regeln der Kunst nach dem französischen Nationalgeschmack mit einer fots chen Gewandtheit zu unterwerfen, daß der Hof selbst in ihnen sich spiegeln, und die Kritik gestes ben mußte, glücklicher habe noch kein Dichter das Ziel der besondern Art von classischer Vollendung, nach der er strebte, erreicht. Racine, neben Cors neille gestellt, und nur mit Corneille verglichen, hat oft in den Augen der Kunstrichter verloren. Aber man beurtheile ihn zuerst, ohne Vergleichung, als den Mann seiner Zeit und seiner Nation; und es erklärt sich leicht, warum seine Trauerspiele bis diesen Tag auf dem französischen Theater glänzen, während Corneille fast nur noch gelesen und selbst von den meisten seiner Bewunderer weniger, als

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x) Ich bin in der Erzählung des Lebens des Racine größe ten Theils der Vie de Racine von Boisjer main ges folgt, dessen bekannte Ausgabe der Oeuvres de Racine (Paris, 1761, in 7 Octavbánden) ein Muster von Ges nauigkeit und in ihrer Art bei weitem mehr werth ist, als Voltaire's Ausgabe des Corneille.

Racine, geliebt wird. Wenn Corneille ein größerer Dichter war, so findet man doch die Vorzüge, durch die er sich über Racine erhebt, auch bei ans dern Tragikern, und in höherer Vollkommenheit, wieder; aber Racine, mit dieser Vereinigung von Vorzügen, denen er seinen triumphirenden Ruhm verdankt, hat als Trauerspieldichter in der neueren Litteratur nicht feines Gleichen. Die wahre Entscheidung des Streits über den Werth feiner bewunderten Werke hångt von der Beantwor tung der Frage ab: ob die tragische Kunst der Frans zosen im Jahrhundert Ludwig's XIV. auf dem rechs ten Wege war? Wer, mit den Franzosen selbst, Diese Frage bejahen zu müssen glaubt, der hat uns recht, wenn er Racine's Trauerspiele nicht für das Vollkommenste hält, was je die tragische Kunst hers vorbrachte. Wer aber die ganze Gattung, zu der diefe Trauerspiele gehören, tief unter der antiken so: wohl, als unter der echt romantischen, erblickt, der kann auch an Racine's Kunst nichts Höheres bewundern, als die Vollendung des Geistes und Styls einer echtfranzösischen Tragödie.

Racine ist der eleganteste aller tragischen Dichter. Er hat die Idee eines solchen Trauers fpiels, wie es nun einmal der Geschmack seiner Nas tion verlangte, viel reiner aufgefaßt, als Corneille. Er schwankte nicht zwischen streitenden Vorstellungss arten. Von dem spanischen Theater, das Corneille so fleißig studiert hatte, glaubte Racine, ob er gleich auch Spanisch verstand, nichts mehr lernen zu können, das der Mühe des Nachahmens werth fei, Die romantische Freiheit und Kühnheit der

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