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ein umgekehrtes Ideal und die höchste Steigerung der komischen Kunst, also nicht mit der unechten Caricatur zu verwechselt ist, die das Natürliche verzerrt und das Komische in ästhetische Monstrosität verwandelt. Tiefes Studium der Natur und der Schauspielkunst sind in Moliere's Werken auf das glücklichste vereinigt. Was die Schauspielkunst vers mag, eine mittelmäßige Dichtung zu heben, wußte er so gut, daß er jedes Mal, wenn er in der Eile arbeiten mußte, lieber den poetischen, als den thea: tralischen Effect vernachlässigte. Daher in den Vors reden zu seinen übereilten Stücken seine gewöhnliche Bitte an das Publicum, das gedruckte Schauspiel Hieber gar nicht zu lesen, wenn man die theatražis sche Vorstellung nicht hinzudenken wolle.

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Man schäßt die dramatischen Werke des Mos liere eben so unrichtig, wenn man sie alle mit Eis nem Maßstabe mißt, als, wenn man die Gattuns gen, in denen dieser große Komiker vorzüglich glänzt, geradezu für die vollkommensten ansieht, die auf dem komischen Theater möglich sind. Denn wer nicht das Poetische mit dem Moralischen verwechselt, wird nicht leugnen, daß auch Lustspiele in der kühnen, halb lyrischen, wenn gleich burlesken Manier des Aristophanes, von der überflüssigen Unsauberkeit ge reinigt, auf dem neueren Theater eingeführt zu wers den verdienten. Aber die rein dramatischen Chas rakterstücke ohne lyrischen Schwung und ohne kräfs tige Possen haben doch auch schon den Griechen im Zeitalter des Menander und Philemon, und nach ihnen den Römern, nicht ohne gute Ursachen ges fallen; denn mán hatte begriffen, daß das Komis fche an sich von dem Lyrischen ganz unabhängig ist,

und

und daß die komische Poesie ihrer ganzen Natur nach sich in denselben Verhältnissen zu den Formen der Prose des wirklichen Lebens neigt, in denen sich die tragis sche Poesie von ihnen entfernt. Moliere nahm unter den Alten, die er nachahmen zu müssen glaubte, unverkennbar den Plautus und Terenz zu seinem Mu ster; aber er fühlte sich durch die Nachahmung dies ser Muster so wenig beschränkt, daß er sie in ihren eigenen Formen zu übertreffen suchte, und zu gleis cher Zeit durch Lustspielé in anderm Geist und Style die Freiheit seines Geschmacks und die Gewandtheit feiner Talente geltend machte. Die Natur in fos mischer Wahrheit getreu darzustellen, blieb immer sein erstes Studium, auch wo er von andern Dich; tern lernte; und nie hat ein Dichter glücklicher, als Moliere, dem wirklichen Leben die komischen Seiten abgesehen, durch die das Schicksal den Mens schen, der noch lachen kann, in heiteren Augenblicken mit der Unvollkommenheit der menschlichen Dinge aussöhnt. Deßwegen schten ihm auch nicht nöthig, das Sittenrichteramt in allen seinen Lustspielen zu verwals ten. Nur ein einziges Mal, in seinen Misanthros pen, hat er den poetischen Effect dem moralischen aufgeopfert. Aber auch da hat er sich wohl gehüs ther, exemplarische Charaktere aufzustellen und der directen Moral vorzugreifen, die immer vom Exemplarischen ausgeht. Auf das Verhältniß des Komischen zum Moralischen in den verschiedenen Gattungen der Lustspiele des Moliere muß man vorzüglich merken, wenn man die Originalität dieses Dichters verstehen will.

Ein so vollendetes, in derselben gemeinschaftlis chen Haltung aller Züge moralisches und doch durchs aus komisches Charakterstück, wie der Tartuff,

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hat es vor Moliere nicht gegeben, und nfe hat die französische Kritif richtiger geurtheilt, als in der Schätzung dieses Stücks. Feinere Charakterstücke haben auch in der Folge den Tartuff nicht um den Ruhm eines Meisterwerks bringen können; denn alle Komiker, die durch Feinheit der Charakterzeich nung den Moliere übertreffen, haben sich nur von weitem dem Ziele genähert, das Moliere in feinem Tartuff erreichte, durch komische Kraft das moras lische Interesse so ganz in das åsthetische hinüberzus ziehen, daß selbst das Bild eines so verworfenen, Durch die ruchloseste Undankbarkeit das moralische Mitgefühl empörenden Bösewichts, wie dieser Heuch, ler ist, in Situationen erscheint, die-nicht komischer feyn können. Mit bewundernswürdiger Feinheit ist die Composition des Tartüff darauf berechnet, auch durch die Ausführung der übrigen Charaktere den Ton der guten Laune, ohne den es kein wahres Lusts spiel giebt, so zu behaupten, daß selbst die aus: drücklich eingeschaltete, zur Abwehrung réligidser Mißverständnisse damals noch nothwendige Moral dem komischen Ganzen nicht schadet. Die Steiges rung des Interesse von der ersten Scene bis zur lehten erhöhet noch das dramatische Leben dieses energischen Charaktergemåhldes, und die classische Cultur der Diction vollendet seinen ästhetischen Werth. Feiner erfunden und mit gleicher Corrects heit ausgeführt ist der Misanthrop; aber nur verkehrte Schäßung des poetischen Verdienstes hat die Kunstrichter aus Boileau's Schule bewegen föns nen, diesem Charakterstücke unter Moliere's Lust: sptelen den Preis vor dem Tartuff zuzuerkennen; Denn bei aller musterhaften Vortrefflichkeit der Cha rakterzeichnung ist es nicht nur kein wahres Luski

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spiel,

spiel, weil das komische Interesse der Situationen viel zu schwach ist, um den ernsthaften Geist des ganzen Stücks zu überwiegen; es zerstört sogar eis nen Theil seiner eigenen Wirkung durch Erregung des sanften Mitleids, mit dem wir uns für den, freilich eccentrischen, aber selbst in seiner rauhesten Derbheit edlen Sonderling um so mehr interessiren, da sein Menschenhaß durch die Art, wie ihm zum Beschlusse mitgespielt wird, nur zur Fortdauer ger reizt wird. In den gelehrten Frauen (Femmes favantes) sticht der didaktische Zweck ein wenig zu grell hervor; in der Männerschule (l'Ecole des Maris) hat die belehrende Satyre weit mehr komische Leichtigkeit. Alle diese und die übrigen mit ihnen zunächst verwandten Lustspiele des Moliere find versificirt in Alexandrinern. Der Vers erhöhet in ihnen die Bestimmtheit der Sprache, ohne ihrer Natürlichkeit zu schaden. Wie der Alerans driner, der nun einmal nach dem Geiste der fran zösischen Sprache sich allen Dichtungsarten, die lys rischen ausgenommen, anpassen mußte, im fomis schen Styl zu verarbeiten sen, konnte Moliere schon von Corneille lernen, dessen Lügner das erste mu sterhaft versificirte Lustspiel in der französischen Lits teratur ist; aber Moliere bedurfte kaum dieses Uns terrichts, da er mit derselben Leichtigkeit Alexandris ner reimte, wie Corneille, und dasselbe Gefühl für Correctheit der Sprache hatte. Seit Moliere wurde auch die Meinung, daß ein Lustspiel im edlen Styl nothwendig versificirt, und zwar in Alexandrinern versificirt seyn müsse, von dem Theile des französi schen Publicums, der bei dem Nationalgeschmacke beharrte, nie wieder zurückgenommen. Wie weit in solchen Lustspielen, die sich durch poetische Würde

auss

auszeichnen sollen, die aristotelischen Einhei ten beobachtet werden müßten, scheint man seit dieser Zeit auch nach den Mustern, die Moliere aufs gestellt, entschieden zu haben. Ueberhaupt gaben der Tartüff und der Misanthrop von Moliere den Franzosen das Richtmaß zur Bestimmung des Edels Komischen (haut comique) nach ihrer Theorie.

wo

In die zweite Classe von Lustspielen des Mo: Hiere gehören seine nicht versificirten, aber doch auch in fünf Acten ausgeführten Charakters stücke, unter denen der Geizige (l'Avare) der erste Versuch des Dichters war. Das französische Publicum straubte sich, nicht versificirte Lustspiele von diesem Umfange zu dulden. So fest hielt man, Regelmäßigkeit in Betracht kam, auf das Conven: tionelle, als ob von der Länge eines Stücks die Nothwendigkeit der Versification abhinge. Moliere, der eine Gattung neben der andern zu schäßen wußte und auf das Conventionelle nur so weit achtete, als es der Geschmack seiner Nation durchaus verlangte, schrieb in derselben Manier, wie seinen falt aufges nommenen Geizigen, den George Dandin und Den neugebackenen Edelmann (Bourgeois-gentilhomme). Das Publicum gab nach. Moliere wollte aber auch nicht, daß sich diese Lustspiele nur durch den Mangel des Reimes von dem Tartüff und dem Misanthropen unterscheiden sollten. Die Sprache ist in ihnen zwar eben so correct, prácis und zur rech ten Zeit elegant; aber die ganze Manier ist voltss mäßiger; die Scherze sind freier und derber; und selbst die Situationen haben etwas Possenhaftes. Gegen die Behandlung des Moralischen in diesen Lustspielen ließe sich Manches erinnern. Die fos

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