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Der Beduy ist nicht verschlossen und mürrisch, wie der Schoho; er ist heiter und artig; gesprächig und sogar zuvorkommend; er weifs seine schlechten Eigenschaften unter schmeichelnden Worten zu verbergen; doch macht er unwillkürlich den Eindruck eines verblühten abgelebten Volkes und dies besonders aus drei Ursachen.

In

Die erste ist der Mangel an moralischer Energie, die nur aus der Selbstachtung entspringt. Ich habe oft Gelegenheit gehabt, mich zu überzeugen, dass der Beduy nicht feig ist. Im Kampf mit wilden Thieren zeigt er oft eine bewundernswürdige Kaltblütigkeit. Ein Mann von Ailat wurde von einem Löwen angegriffen. Als man ihm nachher sagte, wie lang er damit zu ringen gehabt, sagte er, er hätte ihn schnell tödten können, das köstliche Fell habe ihn aber gereut. Einem andern wurde in der Nacht sein Kameel von einem Löwen angegriffen. Der Beduy stellt sich zwischen beide und furchtlos, aber respektvoll redet er den sitzenden Gegner an, wie er nur über seine Leiche weg könne. Der Löwe wartet ruhig bis er ausgeredet und als er sich zuletzt auf seine Beute stürzt, trifft ihn das schneidende Schwert. Kriegen haben sie oft Proben von Muth gegeben. Dessenungeachtet ist es ein paar hundert gar nicht gut bewaffneten Türken möglich, das ganze Land unterwürfig zu halten; sie haben den Beduan gegenüber einen Ton der Ueberlegenheit, dem diese sich fügen; sie verüben alle Unthaten ungestraft, drängen sich in das Haus und die Familie des Beduy frevlerisch ein und finden nie Wiederstand. Der Pascha regiert wie der leibhafte Satan und wird doch von den Beduan nur ein gestrenger Herr genannt. Revolution ist nie zu fürchten. Die Beduan haben sich selber aufgegeben, die guten Männer ohne Eigennutz und Ehrliebe fehlen. Jeder denkt nur für sich und steht daher allein, d. h. hülflos da. Der Name Bedau ist ein Schimpfwort geworden. Die Folge davon ist schmeichlerische Falschheit, die Intriguen spinnt und Treue unmöglich macht. Es fehlt nicht an guten Herzen, wohl aber an einem lebendigen Gefühl für nationale Ehre.

Das zweite Zeichen des Niedergangs ist der Hang zum Trunk, der im Stillen überhand nimmt. Der Trunk findet sich bei jungen Nationen wie bei abgelebten. So bei den Germanen und den Altvordern der Beduan. Seitdem aber der Islam gekommen ist, wurde aus dem leichten Uebel ein verderbliches Laster. Das Verbot giebt erst den Reiz der Sünde und unglücklicherweise üben die geistigen Getränke überall denselben ertödtenden Einfluss auf alle uncivilisirten Völker, und den Beduan sind sie ein Gift, wie den Indianern.

Das dritte bedenkliche Zeichen ist nicht die Unsittlichkeit, aber der Mangel an sittlichem Bewusstsein. Man ist hier nicht lasterhafter, als anderswo; aber man fühlt sich durch das Laster nicht gedrückt.

Man sieht das Sittengesetz nur mit dem Verstande, nicht mit dem Herzen an. Man weifs es, dafs man den Koran verletzt, empfindet aber doch keine Reue, denn diese ist die Reaction eines reinen Herzens und Reinheit des Herzens kennt der Koran nicht.

V.

Verkehrs- und Handelsverhältnisse des südamerikanischen Freistaates Neu-Granada.

Mitgetheilt von dem Königlichen Geschäftsträger bei den Regierungen von Central - Amerika und Neu- Granada, Geh. Finanzrath Dr. Hesse.

(Schlufs.)

Die Provinz Neyva umfafst im Magdalenen - Thale viele Quadratmeilen zwischen dem östlichen und dem Centralzuge der granadinischen Andes. Sie ist ebenfalls zu einer grofsen Ackerbau-Entwickelung berufen. Der Cacao, die Hüte von Jipijapa, die Rindviehheerden, Chinarinde und Taback sind ihre hauptsächlichsten Producte. Es finden sich dort auch einige goldhaltige Ländereien und man sammelt z. B. in dem Dorfe Cayaima einige Quantitäten von diesem Metall, die indess nicht von grofser Erheblichkeit sind.

Der Cacao war bisher der einträglichste Zweig des Ackerbaues; aber die gewonnene Menge genügte nicht immer für den Bedarf in Bogotá, Antioquia und Mariquita. Bis zum Jahre 1852 wurde Cacao zuweilen von dort ausgeführt, aber seit jener Zeit hat der innere Verbrauch durch die allmähliche Verbesserung der Lage der arbeitenden Klasse so zugenommen, dafs von Export keine Rede mehr ist.

In Suaza und anderen umliegenden Ortschaften im Quellgebiet des Magdalenenstroms beschäftigen sich Männer und Weiber mit der Anfertigung von Strohhüten aus dem Palmstroh, welches Jipijapa oder Nacuma genannt wird. Diese Industrie ist so entwickelt, dass einzelne Hüte im Orte der Fabrication bis zu 32 Piaster bezahlt werden. Das Stroh ist besser als das Palmstroh von Jiron und Pié de cuesta und nicht schlechter als das berühmte von Guayaquil. Der Hut bleibt sehr consistent und dauert mehr als zwei Jahre, kann auch verschiedene Male gewaschen werden. Einige machen so feine Hüte, dafs sie, doppelt gelegt, kein gröfseres Volumen als ein Taschentuch haben. Die Händler, welche Hüte kaufen und nach Habana und den anderen Antillen-Inseln exportiren, verdienen sehr viel Geld, und 8 bis 10 Kisten

von solchen feinen Hüten enthalten einen Werth von mehr als 10,000 Piastern. Es kann dieses granadinische Kunstproduct sich kühn in jeder europäischen Kunstausstellung sehen lassen.

Die Viehzucht bildet gleichfalls einen bedeutenden Industriezweig in Neyva und deckt nicht blofs den eigenen Bedarf, sondern liefert auch jährlich einige Tausend Häupter in die Provinzen von Bogotá und Mariquita. Vor einigen Jahren noch kostete ein Ochse in Neyva 10 Pesos und eine Haut 2 Franken, aber seit der Entwickelung der Tabacksund Chinarinde-Cultur ist der Tagelohn gestiegen und erlaubt den Arbeitern, sich besser zu beköstigen; der Preis des Fleisches ist deshalb um 100 Procent gestiegen. Nur mit Schwierigkeiten erlangt man jetzt einen Ochsen für 20 und eine Haut für 2 Pesos, und das Pfund Fleisch wird bereits bis zu einem halben Franc und darüber bezahlt. Die Häute von Neyva, welche man früher exportirte, genügen jetzt nicht mehr zum Verpacken des Tabacks von Ambalema.

Die Provinz entnahm bis vor kurzer Zeit alle ihre auswärtigen Waaren von Bogotá und aus diesem Grunde war ihr Consum unbedeutend. Die Waaren machten von Honda über Bogotá nach Neyva einen kostspieligen Umweg; die Ausdehnung dieses Umweges beträgt mindestens 70 Meilen und dies auf sehr schlechten Wegen, was die Fracht auf 13 bis 15 Pesos für jede 100 bis 125 Kilogr. Waaren erhöht, zumal für Verluste und Beschädigungen auf diesem Wege noch 5 Procent hinzu zu rechnen sind. Neyva fängt jetzt an, seinen Waaren-Bedarf auf dem natürlichsten und wohlfeilsten Wege durch den Magdalena zu beziehen, und da die Provinz eine civilisirte und wohlhabende Bevölkerung von mehr als 100,000 Seelen und aufserdem viele zwar halb wilde, aber producirende und consumirende Indianerstämme besitzt, so ist es klar, dafs ihr Verbrauch an auswärtigen Waaren in bedeutender Zunahme sich befinden muss.

Es ist nothwendig, die Dampfschifffahrt auf dem oberen Magdalenen-Strom auszudehnen. Von Honda bis Ambalema begegnet dieselbe keiner Schwierigkeit, und von Ambalema bis Neyva ist es wahrscheinlich, dafs es nicht unmöglich, ja nicht einmal sehr schwierig ist, an solchen Punkten wie Columbaima, wo der Strom sehr reissend ist und Klippen hat, einige Stromverbesserungen zu machen. Die Communication zwischen Honda und Ambalema wird durch Champanes und kleine Piraguas unterhalten und die Fahrt dauert in der Regel stromabwärts 7 Stunden und stromauf 2 Tage.

Die Reisenden, welche abwärts zu Schiffe von Ambalema kommen, bedienen sich der Pferde, um den Rückweg zu Lande zu machen, was in 12 Stunden geschieht und einen Kostenaufwand von 4 Pesos für ein Reitpferd und einen Diener erfordert. Ohne zur Herabsetzung der

Frachten genöthigt zu sein, könnten zwei Dampfboote von kleinen Dimensionen die Ladungen zwischen Honda und Ambalema befördern und wenigstens drei Reisen in jeder Woche machen. Die meisten Händler von Honda und Ambalema würden wenigstens einmal in der Woche die Reise machen und die Grundlage einer regelmässigen Passagier-Beförderung bilden, welche aufserdem auf die Reisenden aus der Provinz Neyva und von Tequendama her zu rechnen hätte; 4 Pesos würden als mäfsiges Passagiergeld erscheinen, wenn man bedenkt, dafs die Entfernung 14 bis 16 Leguas beträgt. Zwischen Ambalema und Neyva sieht man nur kleine Piraguas und sehr selten eine Champane. Diese brauchen 30 Tage aufwärts von Ambalema bis Neyva und 6 oder weniger abwärts. Die Fracht beträgt 4 bis 5 Pesos für die Carga von 2 Centner. Aber das Haupttransportmittel für Taback, Cacao und Chinarinde bilden die Flöfse, in welchen man abwärts durch 4 Ruderer 20 Cargas bringt. Sie sind es gewohnt, über den Salto von Honda bis nach Nare zu fahren, ohne dafs Schiffbrüche häufig wären oder dafs die Flöfse beträchtlichen Schaden erlitten.

Im Allgemeinen können die Provinzen Mariquita und Neyva sich als eine einzige ansehen. Die natürliche Einheit dieser schönen Gegenden macht, dass ihre Bewohner in Sitten und Bedürfnissen ebenso übereinstimmen wie die Erzeugnisse des Bodens und der Industrie. Beide Provinzen werden mit Recht zu den reichsten und wichtigsten der Republik gerechnet.

Die Provinz Bogotá behauptet den ersten Rang durch ihre zahlreiche Bevölkerung und ihre verschiedenen Erzeugnisse, ihren Viehreichthum, ihre Salinen, ihre Chinabäume, und als Wohnsitz der ersten Capitalisten des Landes. Dasselbe gilt auch von Tequendama und Zipaquirá, welche Provinzen vor etwa zwei Jahren noch Theile jener ersten waren. Es ist ein seltsames Phänomen, welches Beachtung verdient, dass eine zahlreiche und reiche Bevölkerung auf der Hochebene einer hohen Cordillere, mehr als 200 Meilen vom Meere und 18 vom Magdalenen-Strom entfernt, entstehen konnte, während die unermesslichen Landstriche an den Ufern dieses grofsen Stromes und seiner zahlreichen Nebenflüsse ohne Bevölkerung geblieben sind. Diese Thatsache hat Einfluss gehabt und wird noch lange Zeit verschiedenen Einflufs üben auf die gewerbliche und merkantile Entwickelung dieser Gegenden und auf den Geist unserer Gesetze.

Die hauptsächlichsten Producte dieser Gegend sind: China, Zucker, Weizen, Kartoffeln und die übrigen Früchte, die sonst noch den hochgelegenen Ländern eigen sind. Die Hochebene von Bogotá ist reich an Rindviehherden und an Pferden; Zipaquirá besitzt unerschöpfliche

Salinen 1), aus denen der Staat eine seiner ergiebigsten Renten bezieht, und in Pacho werden durch eine Compagnie Eisenminen ausgebeutet, welche schon jetzt den Ackerbau mit inländischen Werkzeugen versehen. Man findet die China in einer bestimmten Zone der Cordillere. Nachdem dieses granadinische Product auf den Märkten von Europa völlig discreditirt worden war, hatten die inländischen Speculanten dasselbe ganz aus dem Auge verloren, bis vor wenigen Jahren die Beharrlichkeit einiger derselben, in Verbindung mit der fühlbaren Verminderung der China-Ausfuhr aus Peru und Bolivia, diesem Artikel die Thore der europäischen Märkte wieder geöffnet und ihn fast plötzlich zum Gegenstande eines der wichtigsten. und vielleicht vortheilhaftesten Zweige des Handels erhoben hat 2).

In Facatativá, Fusagusugá und anderen Punkten sind unermefsliche Wälder, in welchen der China-Baum vorwaltet und alljährlich Tausende von Centnern dem Handel liefert. Der Staat besitzt dort ausgedehnte Gebiete von Chinabäumen, welche theils zu einem niedrigen Preise verpachtet sind, theils beliebig von allerlei Personen ausgebeutet werden, die dafür wenig oder gar keine Entschädigung zahlen. Die Regierung könnte in ihren Chinawäldern eine der nachhaltigsten Hilfsquellen finden, um mit ihren auswärtigen Gläubigern sich zu verständigen; allein bisher hat sie diese Wälder nur mit Geringschätzung betrachtet. Nach den Nachrichten, welche vorliegen, kosten 2 Centner Chinarinde, wovon jeder in eine Zurrone von Thierhaut verpackt ist, am Orte des Holzschlages 16 Pesos, und mit den Transportkosten nach Havre und London wird unseren Exporteurs das Kilogramm etwa 1 Franc 60 Cent. kosten. Gegenwärtig fangen die Preise an zu steigen, einmal weil der Arbeitslohn zunimmt, und zweitens weil die Preise von Europa im Lande jetzt bekannter sind als Anfangs.

Den Zucker producirt man in einem viel tiefer gelegenen Theile der Cordillere, in den Cantons von Guaduas und La Mesa; Guaduas, dessen Erzeugnifs eine bessere Qualität hat, verführte im Jahre 1848 an 5000 Centner nach England. Dessen ungeachtet ist die Concurrenz mit andern Ländern, die, wie Cuba, leichte Verbindungsmittel besitzen und grofse Zuckerplantagen durch Maschinenkraft bewirthschaften, un

1) In dem ersten Bande der kleineren Schriften von Alexander von Humboldt (Stuttgart, Cotta, 1853) enthält der Aufsatz über die Hochebene von Bogotá eine geognostische Darstellung der Steinsalz-Flötze von Zipaquira und aufserdem eine anziehende Schilderung des Wasserfalls von Tequendama, sowie der Fruchtbarkeit der ganzen Hochebene.

2) Durch ein Decret vom 27. October 1850 wurde im Staate Bolivia, wo bekanntlich die beste Chinarinde wächst, auf drei Jahre, vom 1. Januar 1851 bis dahin 1854, das Schlagen der Chinabäume untersagt. Dieses Verbot ist es besonders, welches die hiesige Chinarinde in rapiden Aufschwung gebracht hat.

Zeitschr. f. allg. Erdk. Neue Folge. Bd. VI.

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