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Kein unzufriedner Sinn zankt sich mit seinem Glücke.

Man ißt, man schläft, man liebt, und danket dem Geschicke.

S. 65. sagt unser Dichter:

Ein See, den nichts bewegt, wird stinkend und verdirbt.

Was glaubt man wohl, daß er aus diesem Beispiele folgern will? irgend, daß der Mensch seine Gemüths- und Leibeskräfte üben foll? nein! Man höre, wie unerwartet:

Verdorben ist der Mensch, der niemals was erwirbt.

Wir sind müde mehr zu kritisiren, und glauben, die angeführten Proben könnten allenfalls hinreichen, unsere Leser mit der Poesie in diesem Lehrgedichte etwas bekannt zu machen. Doch wir wollen nur noch ein kurzes Verzeichniß einiger offenbaren Ungereimtheiten anführen, die uns im währenden Durchlesen aufgestoßen sind. S. 8. findet man einen innern Wurm, der dem Menschen auf sauern Tritten nach folgt. S. 14. liebt uns der Schöpfer von Herzen" und hat ein zärtliches Gemüthe." S. 17. den ungezähmten Wahn, den die Vernunft nicht beugt, treibt Stock und Geißel an". S. 33. was heißt das Wachs der Jugend drücken"? Antw. Die Jugend erziehen. S. 38. der Elemente Stof"; vortrefflich! die Materie der einfachen Dinge! das ist noch mehr, als das Warum, das Warum. S. 45. kein Elend beißt so sehr, das Freude nicht versüßt". S. 46. quillt die wilde Regung aus einem düstern Grunde, verfinstert den Verstand, und haucht der Seele mit heißem Munde ein dunkles Bild vom Bösen und Guten ein". S. 60. schmückt sich der Morgen mit Gold und Rosen aus. S. 92. kniet ein Wurm. S. 110. ist es leicht Regein zu geben, danach zu thun aber Centner schwer.

Wir haben auch noch von ungefähr einige schöne Zeilen angetroffen; S. 86.:

Kaum schlug der Wahrheit Strahl des Irrthums Dünste nieder,
So kam der Aberglaub' in andrer Kleidung wieder.
Der alten Götter Schaar erseßt der Heil'gen Zahl,
Für Christen bindet Nom jezt Kezer an den Pfahl.
Ihn schüßt geweihtes Wachs statt Lorbers vor dem Blige,
Und heydnisch Fabelwerk weicht frommer Mönchen Wize.

Die Undeutlichkeit des dritten Verses ausgenommen, an die wir bereits oben erinnert, gehören diese Verse unter die besten im ganzen Gedichte.

Wir haben von der Zueignungsschrift in Versen an Se. Majestät, den König in Preußen, zu reden vergessen. Der Dichter hat das Wort Ode darüber sehen lassen; vielleicht weil sie in abgemessene Strophen, und in kürzere Verse eingetheilt ist, als das Lehrgedicht. Sie besteht aus vier Strophen, darunter folgende vielleicht die erträglichste ist:

König! der die Menschen kennt,

Der seine Völker Kinder nennt,

Die Unschuld schüßt, dem Unrecht wehret,
Und der, wie Gott, auch Bettler höret.
Auf den unwandelbaren Pflichten
Des Rechtes, die mein Buch berührt,
Beruht dein Recht, das uns regiert,

Und dein Gesez, darnach wir richten.

Die Wendung ist in dieser Strophe ziemlich artig, aber der Reim scheint hier dem Dichter ungehorsam gewesen zu seyn. Er hat ihn verleitet, immer am Ende des Verses weniger zu sagen, als uns der Anfang desselben erwarten ließ.

der die Menschen"

feine Völker Kinder

König!

etwa beglückt? Nein: kennt; der nennt; und der, wie Gott, auch

Bettler" glücklich macht? beschüßt? nein: höret". Die Pflichten, die mein Buch" berührt.

poetisch ausführt? Nicht doch!

Wenn es uns erlaubt wåre, so wollten wir dem Hrn. Verf. unmaaßgeblich rathen, auf die Verbesserung dieses Lehrgedichts keine Zeit zu wenden. Das Ganze wird doch niemals mehr als sehr mittelmäßig werden. Wir wünschten vielmehr, daß er sich auf eine Gattung der Poesie einschränkte, in welcher er gezeigt hat, daß er Meisterstücke liefern kann; und daß er sich von dem Vorurtheile nicht blenden lasse, als müßte einem vortrefflichen Fabeldichter auch ein schönes Lehrgedicht gelingen.

A philosophical Enquiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and Beautiful. London, printed for R. and I. Dodsley, in Pallmall MDCCLVII. 184 Seiten in 8°.

Das ist:

Philosophische Untersuchung des Ursprungs unserer Ideen vom Erhabenen und Schönen.

(aus der Bibliothek der schönen Wiss. und der fr. K. Bd. 3. Stück 2. 1758. G. 290-320.)

Die Theorie der menschlichen Empfindungen und Leidenschaften hat in den neuern Zeiten, da es mit den übrigen Theis len der Weltweisheit nicht mehr so recht fort will, die meisten Progressen gemacht. Unsere Nachbaren, und besonders die Engländer, gehen uns mit philosophischen Beobachtungen der Natur vor; wir folgen ihnen mit unsern Vernunftschlüssen auf dem Fuße nach; und wenn es so fort geht, daß unsere Nachbaren. beobachten und wir erklären, so können wir hoffen, mit der Zeit eine vollständige Theorie der Empfindungen zu bekommen, deren Nuhen in den schönen Wissenschaften gewiß nicht geringe seyn wird. Nur muß sich der Weltweise von den am allerseltsamsten scheinenden Beobachtungen nicht abschrecken lassen, und nicht an der Möglichkeit verzweifeln, sie aus psychologischen Gründen zu erklären. Gegenwärtige Schrift enthält so viel neue und seltsame Be= merkungen, daß sie einen unvorsichtigen Weltweisen in Versuchung führen können, an ihrer Wahrheit zu zweifeln oder sein System fahren zu lassen. Der ungenannte Herr Verfasser sucht auch alle bekannte Systeme niederzureißen. Allein seine Philosophie scheint uns an vielen Orten nicht gründlich genug, und er, die Systeme nicht recht untersucht zu haben, die er zu widerlegen. glaubt. Es wäre zu wünschen, daß die Engländer so fleißig unsere Philosophie studirten, als wir ihre Beobachtungen zu Rathe ziehen. Von denjenigen, welche unser Verf. gemacht hat, glauben wir, so hartnäckig sie auch Anfangs scheinen mögen, daß sie, von der rechten Seite angegriffen, sich willig in das

Joch des Systems bequemen dürften. Unsere Absicht verstattet indessen nicht, diese Arbeit über uns zu nehmen. Wir überlassen sie vielmehr mit Vergnügen einer andern Feder, welche diese schöne Schrift, wie in dem Meßcatalogus angezeigt worden, bald in einer deutschen übersehung, mit Anmerkungen und Zusågen vermehrt, liefern wird. Wir begnügen uns also mit einer kurzen Anzeige der merkwürdigen Dinge, die in dieser Schrift enthalten find, ohne uns in irgend eine Untersuchung einzulassen. Das erste Buch handelt von dem wesentlichen Unterschiede zwischen dem Erhabenen und dem Schönen. Die Neubegierde, sagt unser Verf, mischt sich bald mehr, bald weniger in alle Leidenschaften des Menschen. Ohne einen gewiffen Grad der Neuheit kann kein Gegenstand weder Wohlgefallen, noch ein sonderliches Mißfallen in uns erregen. Da aber die Neubegierde zwar ein heftiger, aber doch ein leicht vorübergehender Trieb ist, so muß die Lust und Unlust hinzukommen, um unsere Neigungen dauerhafter, und die Gegenstände bald angenehm, bald unangenehm zu machen. Lust und Unlust aber hält er für einfache Begriffe, die sich nicht weiter erklåren lassen.

Er widerlegt die Weltweisen, welche geglaubt haben, die Befreiung von einer Unluft sei als eine positive Luft, und die Beraubung einer Lust als eine positive Unlust zu betrachten; und beruft sich auf die Erfahrung, ob eine positive Lust fich nicht durch ganz andere Kennzeichen zu erkennen gebe, als diejenige, welche aus der Befreiung von einer Unlust entspringt. Wenn wir, heißt es, einem großen Unglücke entkommen sind, so zeigt sich in unsern Mienen nichts weniger als die Trunkenheit der Freude; sondern ein Erschüttern, eine Art von Schauer überfällt uns, die zwar angenehm ist, aber doch etwas von der Bitterkeit der Gefahr mit sich führt, der wir entronnen sind. Er nennt das positive Vergnügen pleasure; dasjenige hingegen, welches aus der Befreiung von einer Unlust entsteht, belegt er zum Unterschiede mit dem Namen delight; gesteht aber, daß der Gebrauch diesem lehtern Worte nicht eigentlich diese Bedeutung bestimmt habe, und solches nur von ihm zu mehrerer Bequemlichkeit angenommen worden sei *).

*) Ein Deutscher würde dieser Neuerung überhoben seyn können; denn unsere Sprache hat ein Wort, welches diese Empfindung ausdrückt. Wir sagen: ich bin froh, daß es éinmal vorüber ist, u. dgl.; wodurch

Gleichergestalt ist die Empfindung einer positiven Unlust von derjenigen, die aus der Beraubung eines angenehmen Gegenstandes entspringt, sehr weit unterschieden. Unter die Traurigkeit über die Abwesenheit eines Vergnügens mischt sich jederzeit eine Art von Vergnügen, welches aus dem Andenken des angenehmen Gegenstandes entspringt. Dieses Vergnügen gewinnt öfters die Oberhand in dem Affecte, und macht, daß uns unsere Schwermuth, unsere Traurigkeit selbst angenehmer ist, als andere wirklich belustigende Vorstellungen. Niemals aber wird sich ein Mensch eine Zeit lang von einer positiven Unlust quålen lassen, wenn er sich davon befreien kann. Der Englånder unterscheidet diese beiden Gattungen von Unlust durch pain und grief; der Deutsche würde sie durch Mißvergnügen und Traurigkeit geben.

Ferner werden die Leidenschaften überhaupt in solche, die auf die Selbsterhaltung, und in solche, welche auf das gesellschaftliche Leben abzielen, eingetheilt. Jene sind am heftigsten, wenn sie Schmerz, Gefahr und Tod zum Grunde haben; und der Verf. nennt einen Gegenstand erhaben, wenn er den Be= griff von Schmerz und Gefahr, oder überhaupt entweder Schrecken, oder eine Bewegung, die mit dem Schrecken ähnliche Wirkungen hat, erregen kann; d. h., wie er es erklärt: wenn er geschickt ist, die heftigste Bewegung hervorzubringen, deren unser Gemüth fähig ist. Wenn diese Vorstellungen uns allzu nahe find, so sind sie unangenehm; in einer gewissen Entfernung aber können fie angenehm werden. Die Ursache hiervon werden wir in der Folge hören.

Die Leidenschaften hingegen, welche auf das gesellschaftliche Leben abzielen, beziehen sich entweder auf das andere Geschlecht, und haben die Fortpflanzung zum Endzwecke; oder sie beziehen sich überhaupt auf alle Menschen und Thiere, und sogar auf leblose Dinge, mit welchen wir in einer Art von Gesellschaft leben. Diese gewähren mehrentheils ein sehr lebhaftes, entzückendes und heftiges Vergnügen. Der Mangel derselben aber erregt selten Mißvergnügen, und läßt uns oft in einer Art von

wir das Vergnügen ausdrücken, welches aus der Befreiung von einer Unlust entspringt. (S. Wolf's Psychol. emp. §. 855. Baumgarten's Met. ed. 4. §. 682.) Das Hauptwort müßte das Frohseyn, aber nicht, wie Wolf meint, die Fröhlichkeit heißen.

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