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Die Hochzeit geht vor sich:

Nun freut ein Haufen Anverwandten

Sich auf den Tanz,

Nun binden Mütter, Nichten, Tanten,
Den Jungfern - Kranz !

Nun schickt sich zu drey wilden Tagen
Das ganze Haus;

Und Priester gehn mit leeren Magen
3um Hochzeit - Schmauß.

Man führt sie in das Brautgemach:

Wie man ein Lamm zur Schlachtbank führet,
So führt man fie.

Seht, spricht Mama, wie sie sich zieret,
Die Närrinn die!

Den Beschluß macht folgende Strophe :

Beym Hören dieser Mordgeschichte

Sieht jedermann

Mit liebreich freundlichem Gesichte

Sein Weibgen an,

Und denkt: Wenn ich es einst so fände,

So dächt' ich diß;

Sie geben sich ja nun die Hånde,

Das ist gewiß!

Die Lieder sind eben diejenigen, welche im Jahre 1749 unter den Aufschriften Amsterdam und Zürich herauskamen. Man hat sie auch besonders als den dritten Theil zu dem ,,Versuch in scherzhaften Liedern" gedruckt, wohin sie sich auch besser schicken. Diese vortrefflichen Stücke sind zwar schon bekannt. Inzwischen wollen wir doch ein paar Proben anführen, um ihr Andenken zu erneuern, und zugleich unsere Leser zu nochmaliger Durchlesung der ganzen Sammlung aufzumuntern.

An die Muse.

du, durch die es mir gelungen,
Daß ich die Sorgen weggesungen,
Die oft um mich herum geschwärmt,
Laß mir noch manches Lied gelingen,
Und laß mich scherzen, lachen, singen,
Wenn Orgon seufzt und zankt und lärmt.
Er meynt zwar, daß ich ihn beneide;
Weswegen aber? Hat er Freude?

Nein, volle Kasten, leer Gehirn.
Es schielt die Dummheit und die Tücke
Aus jedem seiner trüben Blicke,
Und aus den Falten seiner Stirn.
Dft, wenn ich unter Rosen lache,
Und meine Tage frölich mache,
Brummt er wie ein gereizter Bår.
Er brummt, daß ich die Tugend hasse,
Weil ich den Himmel sorgen laffe,
Und sing', und nicht so bin wie er.

O Muse, Freundinn freyer Jugend,
Wie dich, so lieb' ich auch die Tugend.
Sie spottet, lacht, und scherzt, wie du
Als ich den Narren jüngst verlachte,
Bis er vor mir ein Kreuze machte,
Gab sie mir selber Wih dazu.

Amalia.

Als noch Amalia in unsern Schäferhütten, Die Unschuld selbst, das Muster frommer Sitten, Und aller Schäfer Ehrfurcht war,

Da schmückte noch ein Kranz ihr lockicht Haar.

Als sie noch gern auf einer Weide trieb,

Da waren ihr die kleinen Lieder lieb,

Die ich von ihr, und ihren frommen Sitten,
Dem Echo sang, oft wohl auf ihre Bitten.
Jeht aber, da sie in der Stadt

Biel stolze Schmeichler um sich hat,
Jeht liebt sie schweren Pomp von Gold,

Und ist nicht mehr den leichten Blümgen hold;
Jest liebet fie der Schmeichler Lügen sehr,

und hat kein zärtliches Gehör

Für meine kleine Lieder mehr,

Sie kennet sich, sie kennet mich nicht mehr.

An den Schlaf.

Auf Doris Nachttisch gelegt.

Falle doch auf Doris Augenlieder,
Holder Schlaf, leichtwallend sanft hernieder!
Drücke doch, du Geber süßer Ruh,
Nun das Paar der schönsten Augen zu!

Denn so laß der Schönen auf mein Flehen Bald im Traum doch dessen Bildniß sehen, Der nach ihr schon tausend Seufzer schickt, Seit er sie spazierend jüngst erblickt.

Aber ach! sollt' es ihr nicht gefallen,
, so flieh! entflieh mit schnellem Wallen,
Daß sie sich, wenn sie erwacht, erfreu',
Daß es nur ein Traum gewesen sey.

Dieses leste Stück ist zwar schön; aber kömmt an Zärtlichkeit, an nachdrucksvoller Kürze, und an feiner Ausarbeitung dem engländischen Stücke nicht bei, wovon es eigentlich eine Nachahmung ist:

Soft God of Sleep, when next you steal
To charming Celia's eyes,

In dreams to the déar Maid reveal

Whq 'tis that for her dies.

But should the fair-one be displeas'd

At the unwelcome theme,

Fly her, and let her heart be eas'd
By finding it a dream.

Einleitung in die schönen Wissenschaften, nach dem Fran, zösischen des Herrn Batteur, mit Zufäßen vermehrt von E. W. Ramler. Vier Bånde, Leipzig in der Weidmannischen Buchhandlung, 1758. fünftehalb Alphabet in kl. 8°. (aus der Bibliothek der schönen Wiss. und der fr. K. Bd. 3. Stück 2. 1758. G. 341-361.)

Wir haben mit der Anzeige der zwei ersten Bånde dieser wichtigen Schrift gewartet, bis in der vorigen Leipziger Messe auch die beiden legten erschienen sind, um das Ganze übersehen, und von allem, was Hr. Ramler dabei geliefert, Rechenschaft geben zu können. Das französische Werk des Hrn. Batteur ist allzu bekannt, als daß es nöthig wäre, dasselbe anzuzeigen. Die es in der Ursprache nicht lesen können, sollen hier keinen Auszug daraus finden, und genöthigt seyn, das System dieses scharfsinnigen Kunstrichters beim Hrn. Ramler zu suchen. Wir werden uns bloß mit den Veränderungen beschäftigen, welche der deutsche Schriftsteller mit dem Werke des Franzosen vorgeIV, 1.

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nommen hat. Ich habe zu den Erempeln meines Kunstrich,,ters", sagt er in der Vorrede, einige deutsche Proben hinzu,,gethan; ich habe meinen Autor verändert, wenn er von Sa ,,chen redete, die allein die Sprache seines Landes und die Ver,,fification angiengen; an einigen Orten habe ich ihn aus sich ,,felber, nåmlich aus der ersten Ausgabe seines Werks, ergänzt. „Ich habe aber gar nichts von unsern eigenen Dichtern ange,,führt, wenn der Vortrag des Verfassers deutlich, lehrreich und ,,auch weitläuftig genug war, seine Muster aber viel zu schön ,,waren, als daß ich sie hätte wegwerfen, und durch die unfri ,,gen ersehen können. Seine Grundsäge und Kritiken habe ich ,,unberührt gelassen“.

Man sieht also, daß sich Hr. Ramler von dem gemeinen Haufen der Überseßer unterscheidet, die sich unterstehen, ein kritisches Werk zu übersehen, ohne die Geschicklichkeit zu besißen, es auch in derjenigen Sprache, in welche sie übersehen, brauchbar und nüglich zu machen.

Es scheint Hr. Ramler zwar, wo er überseht hat, sich ganz besondere Regeln der übersehungskunst gemacht zu haben; Regeln, die wir nicht tadeln, aber auch keinesweges zur Nachahmung anpreisen wollen. Die Stellen aus dem Fléchier, aus der sehr schwer zu übersehenden Sevigné, einige Oden aus dem Horaz, und verschiedene andere poetische Stücke sind im Deutschen so vortrefflich gegeben, daß man alle Spuren der Übersehung vermißt; und bloß an die Worte seines Batteur scheint sich Hr. Ramler so genau gebunden zn haben, daß man sehr oft fremde und ungewöhnliche Wendungen, ausländische Wortfügungen und viele andere unverzeihliche Nachlässigkeiten sich ge= fallen lassen muß. Man merkt zwar, daß, weil Batteur Werk ein Lehrbuch ist, der überseher sich von desselben Worten und Ausdrückungen nicht hat entfernen wollen. Allein durch diese allzu gewissenhafte Genauigkeit ist der deutsche Styl nicht nur ziemlich hart und ungewöhnlich, sondern auch nicht selten undeutlich geworden. Ein Mann wie Hr. Ramler håtte der gleichen Nachlässigkeiten in der Schreibart am wenigsten autorifiren sollen.

Man wird z. B. sehr oft Perioden finden, die sich mit einem leidenden Participium anfangen, welche Wortfügung im Deutschen ganz ungewöhnlich klingt; z. B. S. 9. von den Künsten:,,bestimmt, der eine Theil uns zu nüßen, der andere

,,uns zu ergehen, und der dritte beydes zugleich zu thun, sind ,,sie gewisser maßen unsere zweyte Elemente worden“.

Das französische voilà! giebt Hr. Ramler allenthalben durch siehe da! da es doch im Deutschen mehrentheils nichts anders heißt als: dieses ist, diese sind. S. 54. des 1. Ban= des hat dieser kleine Fehler eine sehr unschickliche Periode ohne Zeitwort verursacht:,,das Wahre also, und das Gute, die Er,,kenntniß und der Geschmack, sehet da, alle unsere Gegenstånde und alle Wirkungen unseres Geistes; sehet da, unsere ,,Wissenschaften und unsere Künste!"

Was heißt das: das Antheil der Freunde muß vor dem „Antheil der andern richtig gemacht werden“? was ist eine „Ordnung der Einseßung" (ordre d'institution)? Sagt man im Deutschen:,,laßt uns die Autoren eröffnen" får ouvrons les auteurs? Dieses sind Fehler, aus welchen man bei einem ge= meinen überseher schließen würde, daß er seiner Sprache nicht mächtig sei. Der gegenwärtige aber zeigt durch das ganze Werk so viel Spuren des Gegentheils, und so viel Früchte des Nachdenkens über die schönen Wissenschaften überhaupt, daß man nicht anders schließen kann, als daß er diese Stellen mit gutem Vorbedachte also überseht habe, weil er diese Art für richtig und vielleicht für schön gehalten. Man muß ihm dieses, bei vielen andern Schönheiten, vergeben; aber wehe dem überseher, der bei weniger Schönheiten sich Freiheiten von solcher Art herausnehmen wollte!

Die deutschen Exempel, die Hr. Ramler hinzugethan, find mit nicht weniger Geschmack gewählt, als die vom Batteur angeführten französischen. Es scheint, daß Hr. Ramler zu einigen Figuren keine Beispiele habe finden können, wie z. B. von dem Anmuthigen S. 256., und von Symmetrie und Wiederholung in der Schäferpoesie S. 325. des 1. Bandes, u. a. m. Sollte die Schuld hiervon nicht mehr an den deutschen Poeten als an dem Kunstrichter liegen? Es wäre indessen zu wünschen, daß der Hr. Verf. wenigstens die französischen Exempel angeführt hätte, weil die Erklärungen in den schönen Wissenschaften selten ohne Erempel deutlich genug sind.

Ob aber Hr. Ramler wohl daran gethan, daß er die Grundsäge und Kritiken des Hrn. Batteur durchgehends unberührt gelassen, und seinen Autor nur alsdann verändert, wenn er von Sachen redete, die allein die Sprache seines Landes und

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