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,,Vorrecht eines einzelnen Substantivs unter den Nennwörtern?" Er will alle andern Nennwörter in Vergleichung mit diesem als wahre Beiwörter betrachtet wissen, und glaubt dieses folgendergestalt beweisen zu können: „Wenn ich sage, ein ausgedehn= ,,tes Wesen; so giebt man zu, daß unter diesen Wörtern ein ,,Substantiv und ein Adjectiv ist. Wenn sich diese beyden Wör,,ter in einem einzigen vereinigen könnten, wäre dieses Wort, ,,ob es gleich ein einzelnes ist, nicht ein Adjectiv? Diese Ver,,einigung geschieht in dem Worte Körper. Man sage, ein ,,ausgedehntes lebendiges Wesen, hier hat man zwen ,,Adjective; ein einziges Wort drückt sie aus; Pflanze ,,Sind diese Nennwörter nicht wahre Beywörter?" Wir antworten: keinesweges. Das Hauptwort drückt das Wesen eines Dinges, und das Beiwort eine wesentliche oder zufällige Bestimmung desselben aus. So lange ein Ding als zu einer obern Gattung gehörig betrachtet wird, so müssen die Bestimmungen, welche in dieser obern Gattung nicht wesentlich sind, nothwendig durch Beiwörter angedeutet werden. Referirt man dieses Ding aber zu einer untern Gattung oder zu einer Art, so verwandeln sich einige der zufälligen Bestimmungen in wesentliche; und alsdann hat man sie mit Recht dem Wesen einzuverleiben und durch ein einzelnes Wort auszudrücken gesucht. Die Ausdehnung ist bei einem Wesen zufällig, bei einem Körper nothwendig. Das Leben ist bei beiden zufällig, bei einer Pflanze hingegen nothwendig. Woher kömmt aber dieser Unterschied anders, als weil ich eben dasselbe Ding bald zu seiner Gattung, bald zu seiner Art referire?

Das Seyn, welches Hr. Batteur für die erste Beziehung zwischen zwei Gegenständen hålt, ist nichts anders, als das Verbindungszeichen zwischen zwei Begriffen, davon der eine das Subject, der andere das Prådicat ausmacht; und ist von dem existere wohl zu unterscheiden, welches man im Deutschen durch vorhanden seyn andeutet. Dieses Verbindungszeichen liegt in allen Zeitwörtern verborgen, weil ein jedes Verbum ein Prådicat entweder mit dem Subject verbindet oder von ihm trennt. Kann aber Hr. Batteur verlangen, daß dieses auch bei den Nennwörtern statt finden soll, da diese, an und für sich betrachtet, weder eine Verknüpfung, noch ein Trennung zweier Begriffe nothwendig andeuten?

Batteur hat vielleicht oft dergleichen unrichtige Schlüffe.

Allein so wie er ist, ist er dennoch das beste Lehrbuch in den schönen Wissenschaften, das wir haben. Der Schriftsteller, der Kritikus und der Liebhaber können, daraus lernen die Begriffe ordnen, Schönheiten aufsuchen und sie mit Geschmacke fühlen. Man halte nur sein System nicht durchgehends für untrüglich, und alle seine Säße nicht für Orakelsprüche. Man widerlege und vertheidige ihn in den Gedanken unter währendem Lesen, so wird man das Werk mit so viel Nuhen als Vergnügen mehr als einmal durchgehen. Hr. Ramler hat bei dieser rühmLichen Arbeit gezeigt, daß er in der Kritik nicht weniger, als in der Dichtkunst, noch mehr liefern kann als will. Welcher Kenner der schönen Wissenschaften wird nicht nach eigenen Werken eines solchen übersehers begierig seyn!

Aestheticorum pars altera.
pars altera. Scripsit Alexander
Gottlieb Baumgarten, Professor Philosophiae.
Francofurti cis Viadrum. Impensis Joannis Christiani
Kleyb. MDCCLVIII. 141⁄2 Bogen in 8o.

(aus der Bibl. der schönen Wiss. und der fr. K. Bd. 4. Stück 1. 1758. G. 438-456.)

So angenehm es den Liebhabern der Weltweisheit und der schönen Wissenschaften seyn muß, die Fortsegung der Ästhetik von dem Erfinder derselben mit der ihm eigenen philosophischen Bündigkeit abgehandelt zu sehen, eben so betrübt muß sie die Ankündigung in der Vorrede machen, daß dieses Bändchen vielleicht das lehte seyn dürfte, das der Herr Verfasser von der Ästhetik liefern wird. Eine beschwerliche und hartnäckige Krankheit, welche diesen vortrefflichen Mann nur allzu sehr für seinen überschwänglichen Fleiß büßen läßt, hatte bereits im Jahr 1750, als der erste Theil der Ästhetik herauskam, den Druck derselben unterbrochen; und da der Hr. Verf. bis auf die Stunde verzweifelt, jemals Kräfte genug zu erlangen, das Werk völlig ausarbeiten zu können, so hat er sich entschlossen, in diesem

kleinen Bande die Lehre von dem ästhetischen Lichte" völlig, und einen Theil der Lehre von der ästhetischen Gewißheit" zu liefern. Wir haben also von Hrn. Prof. Baumgarten kaum das erste Capitel der Ästhetik vollständig erhalten; zu dem 2ten und 3ten Hauptstücke aber, so wie zum 2ten Theile, in welchem die „practische Ästhetik håtte abgehandelt werden sollen", wird uns gar keine Hoffnung gemacht. Der Hr. Verf. beschließt seine Vorrede mit folgenden wehmüthigen Worten, welche uns Thrånen ausgepreßt haben.,,Si quis tamen superes", sagt er, ,,amice lector, qui me curas, qui me nosti, qui me amas ,,denique, disce fortunam ex aliis, ex me, qui jam octa„vum in annum per ambages aegritudinum circumerro, quae ,,videantur inextricabiles, quam necessarium sit, maturius ,,bene cogitandis optimis assuefieri. Quid enim agerem, ,,uti nunc sum, pro virili hoc agere nescius, profecto ne,,scio". Welcher Verlust für die in Verfall kommende Philosophie, daß dieser große Weltweise allen tiefsinnigen Meditatio= nen entsagen muß! er, der fast allein fähig war, die Grånzen der Weltweisheit noch zu erweitern, welche von dem gemeinen Haufen der Weltweisen kaum völlig übersehen werden.

Hr. Baumgarten hat sich in diesem Theile der Üsthetik, und vornehmlich in der Abhandlung vom åsthetischen Lichte, als Erfinder gezeigt, d. h. als einen Eigenthumsherrn, der auf seinem Grunde bauen und niederreißen kann, was er will. Verschiedene Materien, die Hr. Meier in seiner deutschen Ästhetik wortreich genug abhandelt, übergeht der Hr. Prof. Baumgarten; und seht hingegen andere in ein vortreffliches Licht, die Hr. Meier kaum zu berühren scheint. Wir wollen zum Besten derjenigen Leser, denen der Baumgarten'sche lakonische Styl nicht geläufig genug ist, einige der merkwürdigsten Stellen anführen, die wir in der deutschen Ästhetik vergebens gesucht haben. Wir werden aber einige. Definitionen und Säße, die auch bei Hrn. Meier vorkommen, mitnehmen müssen, weil sie zur Verständlichkeit des Folgenden unentbehrlich sind.

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In der Abhandlung von dem ästhetischen Lichte", oder nach Hrn. Prof. Meier's Verdeutschung von der Lebhaftigkeit der Gedanken", hat der Hr. Verf. die Kunstwörter von Licht und Schatten und von dem Colorit, welche in der Malerei gebräuchlich sind, in einem allgemeinen Verstande genommen und auf alle åsthetische Gedanken überhaupt angewendet. Wir haben

bereits in dem vorigen Stücke der Bibliothek diesen Kunstgriff für sehr fruchtbar gehalten; und hier zeigt sich der Nußen in der That, den er unter der Bearbeitung eines Baumgarten erlangt hat.

Er erklärt §. 614. das ästhetische Licht durch eine solche Klarheit und Faßlichkeit der Gedanken, in welcher nicht bloß der reine und logische Verstand, sondern auch der ästhetische Verstand, das Analogon rationis (der Bon-sens) dieses Ding von allen andern zu unterscheiden im Stande ist. Die Deutlichkeit der Gedanken ist zwar niemals der unmittelbare Endzweck der åsthetischen Vorstellung; sie kann aber öfters durch Umwege erhalten werden, wenn nämlich viele Theile eines Gegenstandes in einem solchen sinnlich klaren Lichte vorgestellt werden, daß daraus im Ganzen ein deutlicher Begriff entspringt, dessen Merkmale auch von dem schönen Geiste unterschieden werden können. Hr. Meier erläutert dieses durch ein Exempel aus dem 4ten Buche der Aeneis, wo Virgil die Fama auf eine solche Art beschreibt.

Einen höhern Grad der finnlichen Klarheit nennt der Verf. einen ästhetischen Glanz.

Lebhaft aber heißen ihm (§. 614.) solche Gedanken, in welchen eine besondere Mannigfaltigkeit und eine plößliche Geschwindigkeit der Merkmale, die sich einander gleichsam drången, wahrgenommen wird; dadurch zwar auf große Theile ein merk licher Glanz ausgebreitet, das Ganze aber faßlich und sinnlich klar werden muß. Hierauf werden Regeln vorgeschrieben, wie der natürliche Glanz von dem gekünftelten und geschmückten Wesen, welches er fucum aestheticum nennt, zu unterscheiden sei.

In dem folgenden Abschnitte handelt der Hr. Verf. von der ästhetischen Dunkelheit", welche er mit den Alten in obscuritatem κατ' αἴσθησιν und obscuritatem κατὰ νόησιν einge: theilt. Wir übergehen diesen Abschnitt, weil uns wichtigere Materien rufen.

§. 654. u. flgd. von dem åsthetischen Schatten. So wie man in der Malerei die nothwendigen Schatten nicht zu den Flecken zählen kann, eben so kann es in der schönen Erkenntniß überhaupt nicht allezeit für einen Fehler gehalten werden, wenn gewisse Gedanken weniger leuchten als die übrigen, oder gar mit einiger Dunkelheit umhüllt sind. Es kann Ausnahmen

geben, die höherer und wichtigerer Regeln der Schönheit wegen nothwendig statt haben müssen. Öfters kann die runde Kürze, die geziemende Würdigkeit und Größe, die Klarheit und Faßlichkeit des Ganzen, die Gewalt der Überredung oder die Erregung der Leidenschaften darunter leiden, wenn gewisse Gedanken in allen den Glanz, dessen sie fåhig sind, geseßt werden follten. Diesen unumgänglichen Mangel der stärkern sinnlichen Klarheit nennt der Verf. den ästhetischen Schatten". Vielleicht verdient bei dieser Gelegenheit angemerkt zu werden, daß die orientalischen Völker, welche in ihren Schriften den Glanz so sehr lieben, geneigt sind, die Schatten in unsern Gemälden für Flecken zu halten; wie solches hauptsächlich von den Chinesen ist angemerkt worden. Sie bleiben bei ihrer Art, die glänzendsten Farben neben einander aufzutragen, und verspotten die Gemälde der Europåer, in welchen ihnen alles düster und voller Flecken zu seyn scheint. Von den Regeln, die der Hr. Verf. vorschreibt, welche ästhetische Gedanken in einem Schatten zu verbergen sind, wollen wir uns begnügen die sechste anzuführen, weil uns das Erempel aus dem Virgil so glücklich gewählt zu seyn scheint. §. 662. heißt es: öfters können gewisse Umstände nicht übergangen werden, die aber die gewünschte Gemüthsbewegung entweder nicht genug erregen oder gar verhindern; daher müssen fie in den Schatten gesezt werden. Virgil sah wohl, daß es seinem Helden wenig Ehrfurcht zuwege bringen kann, wenn er sich unbekannt und heimlich in eine Stadt schleicht, ohne daß die Königinn oder sonst Jemand etwas von ihm weiß, und in dem Tempel der Juno Schuß sucht. Was war zu thun? Siehe :

Infert se tectus nebula. Mirabile dictu!

Aen. I. 443.

Auch dieses war seinem Helden nicht anständig, daß er die Seinigen vor Gericht führen sehen, und sich fürchten sollte ihnen beizustehen, weil

res animos incognita turbat.

Daher sagt Virgil, daß Aeneas und Achates

Dissimulant, et nube cava speculantur amicti.

v. 520.

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