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in Absicht auf ihr Daseyn in Zeit und Raum mit einander verbunden sind; oder in Ideal-Verbindung; und zwar a) als Grund und Folge, d. i. Rational-Verbindung, b) durch Gemeinschaft der Merkmale, welches die Verbindung der Einbildungskraft ausmacht.

Wenn in der Masse des Bewußtseyns die Real - Verbin= dung die herrschende ist, so sind wir im wachenden Zustande, und bei uns selbst. So lange das Bewußtseyn der RationalVerbindung herrscht, meditiren wir, d. i. wir lösen Begriffe auf, oder sehen sie zusammen; gehen von Grund auf Folge, oder von Folge auf Grund. Im Traume ist die Verbindung nach der Gemeinschaft der Merkmale (Ähnlichkeit, Gleichheit u. s. w.) die herrschende. Wenn alle diese Arten der Verbindung sich einander die Waage halten, und keine merklich hervorsticht, so hört das Bewußtseyn auf: wir schlafen.

In Absicht der Folge der Begriffe wird die Aufmerksamkeit, insoweit sie nicht von der Freiheit des Willens abhängt, geleitet: 1) von der Stärke des Eindrucks; 2) von dem Antheil, den wir daran nehmen; 3) von dem Vorsak, den wir gefaßt haben, eine gewisse Idee zu verfolgen. Die Stärke der unfreien Aufmerksamkeit ist also nach diesem dreifältigen Verhältniß zu schågen.

Man kann die Freiheit des Willens, mit welcher wir die Aufmerksamkeit zu lenken im Stande sind, die subjective Gewalt; so wie die Kraft der Vorstellungen selbst auf die Aufmerksamkeit, im Gegensaß mit jener, die objective Gewalt nennen. Die subjective Gewalt ist desto größer, je mehr objective Gewalt sie zu besiegen vermag, je mehr sie im Stande ist die Aufmerksamkeit, aller Hindernisse ungeachtet, nach Gutfinden zu lenken.

Mit jedem Fortschritt der Begriffe gleitet die Seele in Imaginations - Verbindungen aus, sobald eine Nebenidee die stärkste objective Gewalt erlangt. Sie kömmt von derselben in die Real-Verbindung zurück durch die Stärke des Eindrucks wirklicher Gegenstände; und in die Rational - Verbindung durch die Kraft des Vorsages, oder auch durch die Freiheit des Willens, welcher sie sowohl auf jene, als auf diese zurückrufen kann.

So lange wir es in unserer Gewalt haben, die Gedanken von jeder andern Reihe, bei der mindesten Veranlassung, in die Real-Verbindung zurückzurufen, so lange besigen wir Gegenwart

des Geistes (Besonnenheit). In den Augenblicken, in welchen wir dieser Freiheit beraubt sind, sagt man: wir seien abwesenden Geistes. Und zwar, wenn uns die Stärke des Vorsages, eine gewisse Idee zu verfolgen, überwältigt, so sind wir in Betrachtung vertieft. Ist es die Gewalt der Theilnehmung, die uns verhindert gegenwärtig zu seyn, so find wir in Empfindung verloren, oder durch Gemüthsbewegung außer uns. Reißt uns aber die Lebhaftigkeit der Einbildungen mit sich fort, so sind wir in Berzückung, Begeisterung u. dgl. Wer keinen festen Vorsat hat eine Idee zu verfolgen, auch keiner starken Theilnehmung, so wie keiner lebhaften Einbildung fähig ist, kann leicht gegen= wärtigen Geistes seyn. Je fester hingegen jener Vorsag ist, desto mehr Kraft der Seele wird zur Besonnenheit angestrengt wer den müssen.

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Aus der Real-Verbindung findet sich leicht ein Übergang in die Reihe des Vorsakes; denn diesen gefaßten Vorsak haben wir sehr oft mit dem Begriffe der Real - Verbindung zusammen gedacht, und also in Association. Es giebt also im wachenden Zustande mehr Übergänge aus den Nebenwegen der Imagination in die Reihe des Vorsages. Im Traume muß uns bloß die Stärke des Vorsages selbst zurückführen; im Wachen aber ge= schieht es durch die Stärke des Vorsages unmittelbar, und durch die Real-Verbindung, die in diesem Zustande herrschend ist, mittelbar.

Dieses mag die Ursache seyn, warum wir eine Meditation im Traume nur selten gehörig ausführen, und warum sie im wachenden Zustande besser von statten geht. Wir werden im Traume durch die herrschende Verbindung, vermittelst der Gemeinschaft der Merkmale, zu oft von unserm Vorfah abgeleitet; und der äußere Eindruck ist nicht mächtig genug, uns in die Real Verbindung und vermittelst derselben auf den Vorsah zurück zu führen.

Nach dieser psychologischen Einleitung komme ich zum_lyrischen Gedichte.

Das lyrische Gedicht soll die Veränderungen darstellen, die in einem von der Theilnehmung beherrschten Gemüthe vorgehen. Die Veranlassung dazu ist allezeit eine Begebenheit in der Real- Verbindung der Dinge. Diese kann also mit dargestellt werden.

Aber keine topische Beschreibung, auch keine chronistische.

Diese fehen Bewußtseyn der Real-Verbindung und Gegenwart des Geistes voraus.

Auch kein deutliches Bewußtseyn eines bestimmten Vorsages, diese oder jene Idee zu verfolgen. Wenn der Dichter einen solchen Vorsak hat, so muß er gleichsam tief in seiner Seele verborgen liegen, und durch die Theilnehmung gleichsam be deckt seyn.

Die Folge der Begriffe auf einander geschieht nach der Vers bindung der Theilnehmung. Bei jedem Fortschritt eine kurze oder längere Abschweifung in gleichartige Nebenbegriffe. Die Rückkehr geschieht durch Gemeinschaft der Merkmale, oder durch die Gewalt der Haupt-Theilnehmung, die in der Seele herrscht; niemals durch den Vorfah, noch weniger durch die Real-Verbindung. Sobald die Haupt-Theilnehmung nicht mehr lebhaft genug ist in Worte sich zu ergießen, so schließt sich das lyrische Gedicht.

Alle Nebenideen, die durch das stärkere Licht der Hauptideen in dem von der Theilnehmung beherrschten Geiste verdunkelt werden, muß der lyrische Dichter verschweigen. Daher die Sprünge, die plöglichen Übergänge, die versteckte Ordnung. Dieses ist eigentlich die Ordnung des Vorsages, die der Dichter zu verbergen sucht.

In keiner Dichtungsart kömmt die Natur der Kunst fo nahe, als in der lyrischen. Denn wenn der Dichter wirklich in dem befungenen Gemüthszustande sich befindet, so ist er sich selbst Gegenstand, also causa objectiva unb causa efficiens zugleich.

Alle Völker haben lyrische Gedichte, selbst die ungebildetsten nicht ausgenommen.

Die lyrischen Gedichte der Kunst unterscheiden sich durch die verborgene Ordnung des Vorsages (den Plan)..

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Untergattungen,

Lied. Der Gegenstand der Theilnehmung ist unbestimmt. Noch keine wirkliche Gemüthsbewegung, nur Anlage und Bereitschaft dazu. Die Ordnung ist zum Theil Ideal-Verbindung, durch die Association gleichartiger Empfindungen; zum Theil Rational-Verbindung; jedoch nicht ohne Theilnehmung. --Keine völlige Abwesenheit des Geistes. Keine eigentliche Ab

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schweifung; denn ihre Reihe und Ordnung schließt keine Nebenidee aus.

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Elegie. Der Gegenstand der Theilnehmung bestimmt. Die Veranlassung nicht mehr neu. Die Theilnehmung ist zwar in Affect übergegangen, hat aber durch die Zeit von ihrer stürmischen Gewalt verloren. Sie hat sich vielmehr tief in den Grund der Seele gesenkt, und mit allen dunklen Begriffen und verborgenen Triebfedern derselben auf das genaueste verbunden. In dem entferntesten Nebenbegriffe findet die Seele Gleichartigkeit mit dem herrschenden Interesse. Daher die sanften Übergänge. Kein Aufbrausen, keine Verwunderung, keine plögliche Abschweifungen und Rückkehr; sondern alles ist durch das Band der Theilnehmung aufs innigste verbunden.

Ode. Der Gegenstand. höchst bestimmt. Der Dichter kann nicht sagen:

Welche Gottheit soll auch mir

Heute einen Wunsch gewähren?
Unentschlossen irr' ich hier
Zwischen den Altären.

Dieses ist der Anfang eines Liedes, keiner Ode. Pindar, der eine seiner Oden mit einer ähnlichen Frage anfängt, hat die sehr gute Entschuldigung für sich, daß der Held, den er zu loben hatte, von so manchen Göttern und Halbgöttern abstammte, daß er natürlich in Zweifel seyn muß, welchen von dessen Ahnherrn er zuerst preisen soll. Die Ungewißheit entsprang also bei ihm gerade aus der Bestimmtheit des Gegenstandes. Inwieweit sich diese Entschuldigung auch bei Horaz und bei unserm Ramler, welche beide diesen Anfang nachgeahmt, anbringen läßt, mag ich nicht entscheiden. Die Veranlassung neu, unerwartet, Verwunderung erregend. Der Dichter unterliegt der Gewalt des Affects. Abwesenheit des Geistes Verzückung Begei= sterung. Er sieht erstaunliche Dinge, verspricht Wunder, und ist nicht an die Regel der Bescheidenheit gebunden, die Horaz jedem andern Dichter, und vornehmlich dem Heldendichter vorschreibt:

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ex fumo dare lucem.

Der Anfang der Ode ist mehrentheils da, wo die Begriffe lebhaft genug geworden, und sich aus der Seele gleichsam hervordrången; zuweilen gleich nach dem ersten Staunen, fobald

der Affect in Worte auszubrechen bemüht ist. Daher bei allen Odendichtern der entferntesten Völker die Redensarten: Ich thue meinen Mund auf! Mein Geist beginnt erhabene Dinge! Ich will reden, höret mich!

Der Fortgang

Der Schluß zuweilen im höchsten Grade des Affects; indem dieser nämlich durch Nebenbegriffe so vermehrt werden kann, daß ihm Worte fehlen, und der Dichter gleichsam in sich selbst zurückkehren muß; zuweilen mitten in der Abschweifung: wenn die Bilder und Begriffe, welche der Dichter auf dem Nebengange antrifft, wichtig genug sind, ihn von dem Hauptgegenstande völlig abzuführen, und ihm nun kein anderer Rückweg mehr offen ist, als durch die ihm verbotene Ordnung der RealVerbindung.

Beispiele aus den Psalmen.
Psalm 123.

Zu dir erheb' ich meine Augen,
Der du im Himmel thronest! .

Erbarm' dich, Ewiger! erbarm' dich unser!

Wir sind des Schmaches viel zu satt.

Ja, viel zu satt ist unsre Seele

Des Spotts der übermüthigen,

Der trosigen Verachtung.

Der Uffect verschließt hier dem Dichter gleichsam den Mund.

Psalm 126.

Wann aus dem Elend Gott noch Zion führet;

So find wir wie vom Traum erwacht.

Voll Lachens ist dann unser Mund,

Frohlockens voll die Zunge.

und alle Heiden sprechen:

Für sie hat Wunder Gott gethan!

Ja, Wunder thut der Herr für uns;

Deß sind wir herzensfroh

Ach, führ' uns aus dem Elend, Herr!

Wie Wasserström' in dürres Land.

Die mit Thränen säen,

Sammeln ein mit Freuden.

Er gehet hin und weinet,
Der Säemann mit seiner Last;
Jauchzend kommet er zurück,
Trägt seine Garben ein.

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